Kapitel 108
ZAYN - I Don't Mind
Ich bin froh, dass in zwei Wochen Weihnachtsferien sind, denn so wird Ardan nicht zu viel Lernstoff verpassen. Aber ich bin mir sicher, dass er auch an sich keine Sorgen haben muss, wenn er schon drei seiner vier Prüfungsfächer im Schlaf kann. Wenn er was braucht, kann er mich ja fragen. Ich gebe ihm gerne und sofort Nachhilfe. Ich weiß nicht, wann genau ich Ramzi von der Krankheit erzählen soll. Vielleicht am Freitag und dann könnten wir uns ja mit den anderen treffen und Ardan dann besuchen, wenn er das so in Ordnung findet und da nicht schon im Krankenhaus ist. Ich möchte ihn nicht alleine lassen, bevor er operiert wird. Ich will ihn gar nicht aus den Augen lassen, weshalb mein Handy die ganze Zeit neben mir liegt und ich gefühlt jede Stunde ein Foto von ihm haben möchte, um auch wirklich sicher zu gehen, dass es ihm gutgeht. Dass er mir auch Bilder von sich mit Roxy auf seiner Brust schickt, beruhigt mich. Es beruhigt mich auch, dass ich diesen Mittwoch keine neun Stunden habe, sondern nächste Woche. Das heißt im Umkehrschluss, dass ich mehr Zeit mit Ardan verbringen kann. Das Treffen kommt auch immer näher. Wir haben jetzt die zweite Pause, die wir im Klassenraum verbringen dürfen. Bei den kalten Temperaturen würde ich auch nicht freiwillig rausgehen wollen. In seinem Zimmer ist es sicherlich ganz warm. Verrückt! Eine Zeit lang war es echt frisch dort und jetzt schwitze ich schon.
"Ich vermisse mein Baby", seufzt Ramzi. Schon wieder frage ich mich, wann ich es ihm sagen soll. Später, wenn ich wieder nach Hause gehe? Soll ich dann kurz zu ihm gehen? Oder am Freitag? Dann treffen wir uns eher bei mir oder bei ihm und dann kann ich es auch Yasmin direkt sagen. Ich weiß es nicht. "Ja, ohne Ardan fehlt hier etwas." Ich muss Yasmin nicht ein einziges Mal angucken, um zu wissen, dass sie grinst. Oje. Sie weiß ja gar nicht, dass Ramzi es auch weiß. Ich schiele zu ihm, sehe, wie er spöttisch seine Augenbraue gegenüber seiner Schwester hebt. "Yasmin, ich habe richtig Lust, dir in dein hässliches Gesicht zu furzen. Mach mal deinen Mund auf." Und schon brechen Dilan und ich in Gelächter aus. "Was anderes kannst du auch nicht. Wären mal deine Leistungen so stark wie deine Fürze, du Ekliger!" "Neidisch, weil ich in Mathe besser als du bin?", erwidert Ramzi mokant, der vor Yasmin absichtlich zuckt, damit diese sich erschreckt. "War mein Zeugnis nicht besser als deins?", entgegnet Yasmin jetzt schnippisch, woraufhin Ramzi ihr seinen Hintern ausstreckt und durch sein angestrengtes Schreien signalisieren will, dass er sich einen Furz rauspresst. Yasmin rennt sofort aus der Schusslinie und schubst Amal dahin. "Mit wem hast du im Unterricht so schön geschrieben?", summt sie mir wissend in mein Ohr. Ouh. Ich hebe verlegen meine Schultern an, schweige aber, auch wenn es offensichtlich ist. "Aha", säuselt sie, entlockt uns beiden damit ein Kichern.
"Sollen wir am Freitag was machen?", werfe ich in die Runde. "Was denn?", fragt Amal. Ich zucke mit meinen Schultern. "Einfach zu jemanden gehen und dort den Tag verbringen. Haben wir lange nicht mehr gemacht." "Kann Ardan auch?", fragt Ramzi. Das ist die Frage. "Wir könnten ja zu ihm." Ich halte inne. Fast wollte ich es aussprechen, aber das tue ich am Freitag. Die Schule ist kein passender Ort, vor allem da Didem auch hier ist und ihre anscheinend riesigen Ohren schon zu viel mitbekommen haben. Dass sie mit Kaya plötzlich abhängt, macht es nicht besser. Das macht ihn nur unsympathischer. Wenn er doch nur aufhören würde, mich immer wieder anzusehen! Wenigstens das! "Aber ich liege mit ihm im Bett", beharrt Ramzi eitel. Kann Yasmin mal aufhören, so zu prusten? Ich knuffe sie heimlich. "Dann ist das ja geklärt", erwidert sie nur amüsiert. Oh Gott. "Was hat Ardan eigentlich?", fragt Miran. Sein Herz ist aktuell so schwach, dass er bald deshalb operiert werden muss, damit sein armes, sanftes Herz es bis zur Transplantation durchhält. Wie lange denn noch?! Ist das kein eindeutiges Zeichen dafür, dass er es dringend braucht? Er ist jung, er ist krank! "Würdet ihr euch einen Organspendeausweis machen?" Ich schaue bei meiner Frage in keine Augen, sondern nur auf meine Beine, die über dem Tisch schaukeln. "Ich hab Angst, dass ich das spüre", antwortet Dilan als erste. Schon verrückt, wie wenig darüber eigentlich aufgeklärt wird. "Die werden dir nur entnommen, wenn du Hirntod bist. Da spürst du nichts mehr." Wer weiß, wie viele Familien hoffen und beten wie es Ardans Familie tut? Wie oft die Mutter wohl schlaflos am Bett ihres Sohnes stand, der wieder Schmerzen hatte?
"Hatte mal überlegt, Blut zu spenden. Da kriegt man wohl auch Geld." Geld ist immerhin ein gutes Mittel, um mehr Spender anzulocken. Hoffentlich macht Miran es. "Geld? Ich kriege Geld? Aber bei mir und meinem geilen Körper war es mir schon klar, dass man Geld von mir möchte." Ramzi stöhnt verstörend laut auf. Vielleicht animiert sie das, zu spenden. Ich sollte Mal Mama deshalb fragen. Vielleicht kann ich mir einen Spenderausweis beantragen lassen. Vielleicht erst, wenn ich 18 bin, aber das ist schon mal ein guter Schritt. Dann kann ich Menschen wie Ardan helfen. Auch wenn es dauern kann. Blut- und Plasma sind doch auch schon mal ein guter Schritt. Was macht Ardan gerade? Geht es ihm gut? "Würdest du es tun?" Ich schaue träger zu Yasmins braun-grünen Augen auf. "Ja." Was würde ich nur alles dafür tun, um Ardan zu helfen. Geht es ihm besser? Ich habe immer noch die Schokobons und Waffelröllchen im Rucksack. Yasmin lächelt sanft. "Ich finde das schön. Damit kann man sicherlich vielen helfen, auch wenn mir der Gedanke an eine Operation Angst macht. Aber Blutspenden geht ja noch." Nicht für Dilan, die jetzt schon zu würgen beginnt. Sie kann überhaupt kein Blut sehen und ich erinnere mich noch daran, als wäre es gestern gewesen, dass sie umgekippt ist, als wir alle von Mama unseren Blutzucker messen lassen wollten. Kaum hat sie Dilan in die Fingerbeere gepikst und den ersten Bluttropfen weggewischt, ist Dilan schon umgefallen. Das war lustig. Ich schmunzele deshalb wieder.
Die Stunden sind gut und angenehm vergangen. Dass ich Didems Stimme öfter im Unterricht ertragen musste als sonst, war der einzige Störfaktor, aber ich will nicht deshalb nicht weiter beirren lassen, weil ich gleich bei Ardan bin, dem ich schon schreibe. Seine Mama weiß auch schon Bescheid und hat wieder die leckeren Nudeln gemacht, die ich so sehr liebe. Jetzt habe ich auch wieder Lust auf Kakao. Ich schreibe gerade der Mutter, ob Ardan einen Kakao trinken darf und bemerke, dass wir schon in unserer Siedlung sind. Ramzi ist von der anderen Seite reingefahren, damit er mich als erstes ablassen kann. "Du kannst mich bei Ardan ablassen." Ich sehe Yasmin auf dem Beifahrersitz überrascht die Augenbrauen anheben. Sie weiß ja gar nicht, dass Ramzi nun auch Bescheid weiß. Ich erzähle es ihr einfach später per WhatsApp oder über Anruf. Wir fahren jetzt an den 40er-Hausnummern vorbei. 48, 46, 44! Wir sind da! Mein Herz schlägt vor Aufregung viel schneller. "Grüß Ardastoteles schön von mir", lächelt Ramzi mir zu. Ich umarme beide, ehe ich mit neu gewonnener Energie aussteige und übermotiviert an der Tür klopfe. Sofort höre ich Roxys Bellen und ihr aktives Tapsen gegen die Tür. Das ist schon eine kleine Routine geworden sowie mein schnell schlagendes Herz. Dieses Mal öffnet mir die Mutter die Tür und nicht Ardan, aber bei seinem aktuellen Zustand würde ich auch nicht wollen, dass er vor die Tür kommt. "Hallo, Liebes." Sie zieht mich in ihre Arme, drückt mich fest an sich wie ich sie an mich. Ich mag seine Mutter so unfassbar. Sie ist so liebevoll und strahlt etwas so Warmes und Beruhigendes aus. "Die Nudeln sind schon fertig. Lasst sie nur ein wenig Abkühlen. Kakao und Milch haben wir auch da. Kann ich euch beide alleine lassen? Ich muss mich noch um einen Auftrag kümmern, komme aber so schnell es geht wieder." "Lass dir Zeit, alles gut. Wir kommen schon klar." Sie lächelt sanft. Ihre grünen Augen sind blasser als die von Ardan. "Gut. Wenn was ist, ruf mich sofort an, okay?" Ich nicke, werde wieder in eine Umarmung gezogen, bevor sie geht. Roxy ist schon ganz auf meine Schnürsenkel fixiert, die sie mir öffnen will. "Mach mir die Schuhe auf, Roxy", schmunzele ich, beobachte sie amüsiert dabei, sie sie schon fast mit ihnen kämpft, bis ihre Pfoten sie mir ausziehen. Dafür kriegt sie erst einmal ausgiebig den Bauch gekrault, bevor ich mich auf dem Weg zu Ardan mache.
Selbst an der Treppe ist ein Notfallknopf installiert. Erschreckend und verständlich zu gleich. Mein Herz schlägt bei jeder Treppenstufe schneller, weil ich mich so sehr auf ihn freue. Die Tür steht einen Spalt weit offen und doch sehe ich genau seine leuchtend grünen Augen, die schon auf mich warten. Er liegt im Bett, lächelt mich so wunderschön an, als ich in sein Zimmer trete. "Hi", flüstere ich ganz euphorisch. "Hallo, Mopsi. Schön, dich zu sehen." Ardan schlägt die Decke auf, rutscht schon wissend zur Seite, als ich mich hektisch von Jacke und Rucksack befreie. Ich drücke ihn sofort an mich, als ich mich zu ihm lege. Wie angenehm warm er ist. Oh Mann, habe ich ihn vermisst. "Rieche ich nach Zwiebeln?" Seine Frage kommt so unerwartet, dass ich kichern muss. "Nein, wieso?" "Ich muss duschen." "Riechst wunderbar." Und das ist nicht gelogen. Ardans natürlicher Duft ist nicht zu beschreiben. Er riecht so sanft, so weich. Ich habe immer Wolken an einem blauen Himmel vor Augen, wenn ich seinen Duft wahrnehme. Ich stelle mir dann vor, wie ich mit ihm auf einer warmen Wiese bin, umgeben von beruhigender, grüner Natur. Grün wie seine Augen, warm wie sein Herz, beruhigend wie seine Stimme. "Wie geht es dir?", murmele ich gegen seine warme Halsbeuge. "Den Umständen entsprechend. Ich habe mir gestern gesagt, dass ich duschen muss, aber ich habe es verschoben." "Warum? Schaffst du es nicht? Soll ich dir helfen? Komm." Ich bin schon dran, aufzustehen, als Ardan mich zurückzieht. "Wieso?" "Wir haben noch Zeit, Mopsi. Magst du nicht erst essen und Spongebob gucken?" Ouh. Das wäre schön, ja. Ich nicke lächelnd, drücke seine Hände. Er ist viel wärmer als gestern. Das ist doch ein gutes Zeichen.
"Na dann, lass uns nach unten." Jetzt bin ich diejenige, die Ardan zurückhält. Ich will noch ein wenig kuscheln. "Ist Mopsi wieder im Kuschelmodus?" Ich nicke brummend, drücke meine Wange an seine Brust. "Dann ist ja gut. Wie war die Schule?" "War okay. Ramzi vermisst dich und grüßt dich." "Er hat mir schon heute Morgen gedroht, dass er mich in meinem Bett zerstören will, wenn ich heute nicht in der Schule erscheine. Es scheint wohl so, als ob wir hier bald nicht mehr in Ruhe kuscheln können", schmunzelt er. Ich nicke, drücke mich fester an ihn. Ich bin gerade wirklich verdammt kuschelbedürftig. "Mopsi, lass doch bitte noch meinen Brustkorb heile." "Nein", murmele ich, setze mich schon auf seinen Schoß, als ich meine Arme um seinen Hals lege. Ich habe ihn so schrecklich vermisst. Ich will ihn gar nicht verlassen. "Unglaublich, diese selbstsüchtige Mopsi. Man sollte sie bestrafen." Ich kichere frech, beiße ihm sanft in den Hals. "Jetzt ist sie auch noch eine Vampirin. So viel Blut wie sie saugt, ist es kein Wunder, wieso sie überall Spuren hinterlässt." "Ardan!", murre ich. Muss er mich wieder an meine blutigen Zwischenfälle erinnern? Ich verstehe nicht, wie er sie bis heute noch so urkomisch finden kann. "Nicht lustig!" "Ist doch die Wahrheit", lacht er weiter. "Gleich blutest du!" So sehr ich mich auch bemühe, ihn ernst anzusehen, so sehr muss ich schmunzeln bei seinem herzhaften Lachen. "Sicher, dass ich nicht einfach nur deinen blutigen Stempel abkriege?" Argh! Ich kreische frustriert.
"Dein Humor ist grauenhaft!" "Ich finde ihn ziemlich anregend, Mopsi. Nicht, dass du gleich noch etwas rauspresst." "Ich habe nicht meine Tage!" Ich tippe ihm warnend auf seine rosa Lippen, die sich dümmlich unter ihm verziehen. "Du hattest sie ziemlich lange nicht mehr. Solltest du keinen Test-," Ich halte ihm den Mund zu. "Noch ein Wort, Ardan", warne ich, doch mein geliebter Freund hört nicht auf zu lachen. "Ein Mann ein Wort. Eine Mopsi, eine große Binde", murmelt er. Ich dreh noch durch mit ihm! "Womit kann ich dir dein gesprächiges Maul stopfen?" Meine Finger drücken seine Wangen zusammen, in der Hoffnung, dass das was bringt. "Deine Binden-," Und schon wieder halte ich ihn den Mund zu, nehme es seufzend hin, dass er sich über seine grausigen Witze schlapplacht. Wäre seine Lache nicht so ansteckend, könnte ich überwiegend ernst gucken, aber ich kriege es einfach nicht hin. Ardan atmet tief durch. "Ach, das tat gut", seufzt er. Immerhin konnte ich ihm gute Laune bescheren. "Sind Sie fertig mit Ihren komischen Gedanken zu meiner Periode, Herr und Meister?" "Meister ist eine gute Anrede, die Sie immer im Hinterkopf behalten sollten, liebste Mopsi." Oh ... stimmt. Da war ja was. Ich lächele verlegen, bewege meine Hüften, als er diese tätschelt. "Magst du jetzt essen?" Ich nicke, steige von ihm ab und halte ihm daraufhin meine Hände hin, um ihm aufzuhelfen. "Geht es?" Ardan nickt, presst aber seine Augenlider aufeinander, als er steht. "Alles in Ordnung?" "Alles gut, Mopsi", keucht er. Ich trete vorsichtshalber näher an ihn heran, blinzele meine Tränen weg.
"Mein Kreislauf muss sich nur daran gewöhnen. Es geht schon wieder. Könntest du mir vielleicht Socken geben?" "Klar!" Ich gehe erst sicher, dass Ardan sitzt, bevor ich ihm schwarze Socken hole und ihm direkt anziehe. "Das hätte ich auch selbst hingekriegt." "Sei leise und lass mich dir helfen", murmele ich besorgt. Wenn es sein muss, reiche ich ihm auch das Essen an. Gott, macht mich das emotional! Ich muss selbst durchatmen. Ich helfe ihm wieder auf, umschlinge ihn seitlich bis er sich auf dem Sitz niederlassen kann, der ihn die Treppen problemlos hinabtransportiert. Roxy beobachtet uns schon neugierig und steigt die Treppen auf, um ihr Herrchen zu begleiten. Die Decke im Wohnzimmer lege ich schon einmal für ihn bereit, stütze ihn aufs Sofa und will mich schon auf den Weg in die Küche machen, als Ardan mich festhält. "Mach dir nicht so viel Druck, Cana. Es ist alles in Ordnung." Ich muss tief einatmen, damit ich nicht in Tränen ausbreche. Er weiß gar nicht, wie hilflos ich mir vorkomme. "Okay", entweicht es mir leise. Ich kann es mir trotzdem nicht verkneifen, ihm die Decke über die Schultern zu legen und ihm einen Kuss auf die Schläfe zu drücken. Am liebsten würde ich Ardan in meine Tasche packen und überall mit mir hinnehmen. "Hast du eine Lieblingsstaffel?", fragt er mich, als ich uns zwei Teller raussuche. "Ich mag die ersten drei. Die dritte Staffel ist lustig. Kennst du die Folge von Spongebob in der Steinzeit?" Er lacht schon wissend. "Ja, ein Klassiker. Ich such die Folge eben raus."
Ich gebe eine gute Menge auf unsere Teller, bringe aber erst Gläser und Besteck und oh! Die Mutter hat wieder diese leckere Limonade gemacht. "Könntest du mir auch bitte Wasser und meine Medikamente bringen? Sie legen in der kleinen, weißen Aufbewahrungsbox neben dem Kühlschrank." Ich nicke, eile sofort dahin und bringe ihm alles sowie unsere Nudeln. "Danke, Mopsi. Magst du dich von deinem Marathon erholen?", schmunzelt er. Es freut mich, dass er gut gestimmt ist. Das beruhigt mich. Ich schlüpfe zu ihm unter die Decke, sowie Roxy. Hoffentlich halten wir ihn warm genug. Ardan beginnt schon bei der Einleitung der Folge zu lachen, amüsiert sich daran, wie Patchy und Potty über Steinzeit und das moderne Zeitalter diskutieren. "Die beiden erinnern mich an uns", schmunzelt er. Ich hebe meine Augenbrauen. "Und wer ist der kleine, schrille Papagei?" "Wer kann es nur sein?" Sein Grinsen bleibt und es steckt mich sofort an. Spitzbübisch sauge ich die Nudeln auf, zucke zurück, als eine der Nudeln gegen meine Nasenspitze peitscht. "Mopsi, muss ich dich wieder saubermachen?" Ich erinnere mich sofort wieder an das erste Mal, spüre das wohlige Gefühl im Bauch bei der schönen Erinnerung. Guck mal, Mopsi. Wie sanft er in dem Moment gesprochen hat und wie warm mir wurde, als er mein Kinn umschlossen hat ... hach, ich könnte direkt über ihn herfallen, wenn er nicht so friedlich seine Nudeln kauen würde. "Potty ist ja fast so frech wie du." "Ich bin nicht frech", schmunzele ich. "Ich fand es ziemlich frech, dass du von mir fantasiert hast, während ich dir mitteilen wollte, wie eifersüchtig ich war." Oh ... mir fällt erst jetzt auf, dass er eine graue Jogginghose trägt ... hm. Steht ihm. Die Nudeln schmecken bei dem Anblick viel besser.
"Ich glaube es ja nicht! Kaum spreche ich ein Problem an, starren Sie mir indiskret zwischen meine Beine. Roxy, hilf mir doch!" Ich pruste los. "Ich kann nichts dafür, dass du dich immer wieder in diese schöne Farbe wirfst. Sie steht dir und schmeichelt dir", murmele ich am Ende. Ich kann nicht anders. Ich muss dahin schauen! Es sieht so schön aus, wenn er graue Jogginghosen trägt, auch wenn ich manchmal nichts sehe ... einfach ein Traum. "Solltest sie öfter tragen." Und ich sollte viel öfter diese Nudeln essen. Die sind der Hammer! "Wie wäre es, wenn du deine goldenen Augen lieber auf den Bildschirm wendest, statt mir die Sorge zu bereiten, dass du mich zum Nachtisch verspeist?" "Vielleicht will ich ja Ardan zum Nachtisch. Hört sich doch gut an, oder?" "Ich bin leider noch nie in den Genuss gekommen, aber ich denke, dass er eine Delikatesse ist." "Da bin ich mir ziemlich sicher", schmunzele ich. "Solange kannst du dich ja mit diesen Kleinigkeiten vergnügen." Ardan hält mir eine aufgespießte Garnele hin, die ich mir von der Gabel schnappe. Sein Gesicht verzieht sich leicht, weil ich auf die Gabel beiße. "Die Größe ist mir vertraut." "Ach, ist das so?" Ich nicke verschmitzt. "Mopsi, du redest ziemlich groß dafür, dass deine Beine sich aneinandergepresst haben." Oh mein Gott! Ich drücke sofort meine Hand auf seinen Mund, errege damit Roxys Aufmerksamkeit, die sofort mit ihrer Route schwingt. Oh Gott! Mir wird wieder so warm!
"Jetzt will Sie mir auch noch den Mund verbieten. Unmöglich, diese kleine Mopsi!" Sein neckisches Grinsen bleibt, selbst als ich meine Hand von seinem Mund nehme. "Was ist los? Gerade warst du noch ganz vorlaut und jetzt scheint dein Mund so verschlossen zu sein wie damals etwas anderes." "Ardan!", warne ich schmunzelnd. "Bitte, liebste Freundin." Er lehnt sich zu mir vor, stiehlt sich einen Kuss von meinen lächelnden Lippen. "Iss deine Nudeln. Sie werden noch kalt." Stimmt. Ich könnte noch gut eine weitere Portion vertragen. Ich lehne mich an ihn, esse mit einer Hand, während ich mit der anderen über seinen Schenkel fahre. Am liebsten würde ich wieder mit ihm im Bett liegen und ihn erdrücken. "Wir können später auch noch ein wenig für Mathe lernen, wenn du magst." Ich verziehe lustlos das Gesicht. "Will nicht." "Mopsi, das Medizinstudium kommt nicht auf dich zu." "Vielleicht doch?" "Wir können ja die Wahrscheinlichkeit berechnen. Stochastik wirst du ja auch haben." Oh Gott, bitte nicht schon wieder seine Matheaffinität! "Ich hätte dir statt Pummeluff ein Kuscheltier holen sollen, das mit Mathe zu tun hat. Keine Ahnung, ein Plus mit Kulleraugen oder so." "Ich mag das Dividierzeichen von allen am meisten." "Dann weiß ich ja, was ich dir zum Zwanzigsten schenke", schmunzele ich. Es wird sicherlich süß aussehen, wenn Ardan mit einem Geteiltzeichen im Bett liegt und sein schöner Oberarm sich beim Kuscheln anspannt.
"Hast du den Pummeluff eigentlich ausgepackt?" Ardans sanftes Lächeln lässt nach. "Nach meinem Geburtstag habe ich mich schwergetan, mir die Geschenke anzuschauen. Das Armband ging noch, aber ... ich kann es nicht erklären. Sei mir bitte nicht sauer deshalb. Ich nehme meine Plüsch-Mopsi mit in die Klinik, ja?" Ich nicke, küsse seine Schulter einmal. Ich bin ihm deshalb nicht sauer. Wieso auch? Er hat einen berechtigten Grund. So ein niedergeschlagener Geburtstag lässt sich nur schwer verarbeiten. Es tut mir immer wieder im Herzen weh, wie glücklich und aufgeregt Ardan an seinem Geburtstag war und wie niederschmetternd es im Laufe des Tages wurde. Ich hole Ardan und mir noch Nachschlag, woraufhin wir unseren warmen Kakao auf dem Sofa genießen. "Magst du deinen Kakao kalt oder warm mehr?" "Warm, du?" "Kalt", antworte ich. Er wirkt so dann viel erfrischender. "Ich finde, warm wirkt der Kakao viel süßer." "Wenn du magst, können wir ja nach einigen Recherchen schauen und die Zuckerkonzentration in kalten und warmen Kakao berechnen. Wer weiß? Vielleicht hast du ja recht?" Es ist nicht zu fassen, wie sehr er an der Mathematik hängt. Wie kann ein Mensch so viel sofort damit verbinden? Das ist doch nicht mehr normal! "Denkst du auch an etwas anders als an Mathe?" "Gibt es denn etwas anders, das genau so wunderbar ist wie die Mathematik?" Meine Augenbraue hebt sich warnend. Spiel nicht mit mir, Ardan. "Ich gebe dir jetzt die Chance, dich zu korrigieren", warne ich ihn. Sein Grinsen kann ihm gleich vergehen. "Wie konnte ich nur meine liebste Mopsi außer Acht lassen? Schande über mich!" Noch mal Glück gehabt.
Ich räume und spüle alles ab, bevor ich Ardan zur Treppenstufe stütze und schon mal ins Bad laufe, um seine Wanne aufzufüllen für sein Bad. Ich spüle sie erst heiß ab, damit es auch nirgends kalt für seine Haut wird, ehe ich sie mit warmem Wasser volllaufen lasse, ein Handtuch auf den zugeklappten Klodeckel für gleich lege und zurück zu Ardan gehe, der schon nach oben gefahren wurde. Roxy hat sich verabschiedet, um mit dem Nachbarshund zu spielen. "Ich habe dir schon Mal Wasser eingelassen. Hoffentlich ist es nicht zu warm, aber ich wollte nicht, dass es zu kalt für dich ist." Ich drücke bestärkend seine großen Hände, lege dann meine Hand um seinen Rumpf, um ihn zu stützen. "Alles gut, Mopsi. Du kannst solange im Zimmer entspannen." "Nein, ich helfe dir." Wieso sollte ich ihn jetzt alleine lassen, wenn ich ihn doch entlasten kann? "Das brauchst du nicht." "Ich will aber." Wieso habe ich das Gefühl, dass es ihm nicht gefällt, dass ich dabei sein will? Ich halte seine Hand wieder fest, als er sich auf den bedeckten Klodeckel setzt. Er wippt mit seinem Bein. "Kannst du bitte die die Heizung aufdrehen? Du musst einfach nur den Regler nach links drehen." Ardan zeigt an mir vorbei auf den kleinen, hochmodernen, schwarzen Bildschirm, den ich betätige. Man kann sogar einzelne Bereiche hier wärmen, interessant.
Ardan hat sich noch nicht ausgezogen, aber die Wanne ist noch nicht sonderlich voll. "Ist das so okay?" Ardan beugt sich vor und streckt seine Hand zur Wanne aus, die ich anfeuchte. "Ist gut so. Danke." Seine Finger spielen am Silberarmband. Ihn bedrückt etwas. "Was ist los?" Ich stelle mich wieder vor ihn hin, hebe sein gesenktes Gesicht an. "Nichts", murmelt er. Das ist gelogen. Ich kenne ihn doch. Mein Herz spürt es, wenn es ihm nicht gut geht. "Wieso bist du dann plötzlich so ruhig?" Vielleicht entspannen meine Finger ihn, wenn sie seine Wangen und Kopfhaut berühren. "Willst du mich nicht dabeihaben? Wenn es dir unangenehm ist, dann gehe ich raus. Ich wollte mich nur um dich sorg-," "Alles gut, Cana. Ich bin nur ... ach, schon gut. Du kannst das Wasser abschalten." Er zeigt signalisierend auf die gut gefüllte Wanne, ehe er sich seinen Pullover auszieht. Ich schaue länger als gewollt aufs fließende Wasser, bevor ich es abschalte. Ardan sitzt noch in Jogginghose vor mir. Der Boden ist schon angenehm warm. Sein Blick ist auf ihn gerichtet, seine Hände reiben sich. Ardan wirkt so betrübt. Gerade war er aber noch so positiv gestimmt. Was ist passiert? "Sag mir bitte, wenn du mich nicht dabeihaben möchtest. Ich will dich zu nichts zwingen." "Tust du nicht." "Wieso bist du dann plötzlich so betrübt?" Ich hocke mich runter, halte mich an seinen Knien fest. Was hat mein Ardan?
Er gibt mir keine Antwort, seufzt stattdessen nur. "Schon okay, Cana. Komm." Ardan stützt sich langsam am Waschbecken ab, zieht sich mit der anderen die Jogginghose runter, die ich ihm samt Socken abstreife. "Wenn es dir unangenehm ist, kannst du ja in Boxershorts bleiben." Wieder keine Antwort. Ardan setzt sich wortlos in die warme Wanne, zieht seine Knie an, um seine Arme darauf zu stützen, sowie sein Kinn. Es bedrückt mich, ihn so zu sehen. Hat er etwas erfahren? Hat sich einer seiner Ärzte bei ihm gemeldet? Ich nehme seine Zahnbürste und Zahnpasta aus dem Glas über dem Waschbecken, schöpfe Wasser auf und lasse es langsam über seine Haare fließen. Immer und immer wieder, bis sie ganz nass sind. "Sollen wir uns gleich ins Bett legen oder willst du weiter Spongebob gucken?" "Mir egal. Das, was du magst." "Was dir lieber ist. Ich mag beides", erwidere ich sanft. Ich beginne mit dem sanften Massieren seiner Kopfhaut, ziehe ihn dafür näher an mich heran. Ab und zu muss ich mich ein wenig aufsetzen, weil sich der Wannenrand in meinen Schenkel schneidet, aber immerhin ist sie warm. Sie wird ebenfalls beheizt, echt faszinierend. "Wenn ich so eine beheizte Wanne hätte, würde ich im Winter wahrscheinlich niemals aus der Dusche kommen." Ich nehme mir das Shampoo zur Hand, komme mit der Verschlussklappe ein wenig ins Straucheln, weil sie fester sitzt als es mir sonst bekannt ist, aber nachdem ich fast meine Nagelbretter abgerissen habe, schaffe ich es, sie aufzukriegen.
"Bald beginnt schon das neue Jahr. Hättest du jemals gedacht, dass es so ... vollbeladen ist?" Ardan schüttelt den Kopf, den ich danach schamponiere. "Ich auch nicht, aber ich mag dieses Jahr. Das liegt aber auch daran, dass ich dich kennenlernen durfte. Es war sehr ereignisreich und oft waren unsere Herzen mit Zweifeln bepflastert, aber dennoch haben wir sie entlasten können." Ich würde mir wünschen, dass Ardan antwortet. Sei es auf philosophische Art und Weise oder sogar mit einer Matheverbindung, aber auch jetzt bleibt er still. "Findest du nicht?", hake ich hoffnungsvoll nach, doch leider bekomme ich keine Antwort. Ich seufze leise, lasse mit dem Glas das Wasser über seinen Rücken fließen, ehe ich seine Haare ausspüle. Ich wische ihm noch über sein Gesicht, um das überschüssige Wasser zu entfernen und massiere wieder seine Kopfhaut. Ich will mir Zeit lassen, weil dieser intime Moment mir mehr Verbundenheit schenkt. Es ist ein Zustand tiefster Vertrautheit, ihn zu waschen und zu pflegen und ich könnte mir vorstellen, es noch hundert weitere Male zu tun. "Du kannst mir immer Bescheid geben, wenn du dich nicht mehr frisch fühlst. Ich komme dann sofort zu dir." Ich bemühe mich, alle Stellen seiner Kopfhaut zu berühren, fahre mit meinen Nägeln auch über seinen Nacken und Rücken, damit er sich wohlfühlt. Möchte er sich nicht zurücklehnen? Ist das nicht unangenehm für seinen Rücken? "Willst du dich nicht zurücklehnen? Das tut mit der Zeit im Rücken weh."
"Würdest du dich vor mir ekeln, wenn du mich nach der OP siehst?" Ich halte in meiner Bewegung inne. Weder habe ich mit einer Antwort noch mit so einer Frage gerechnet. "Nein, wieso sollte ich?" Vermittele ich ihm etwa das Gefühl? Unmöglich. Das kann nur an den dummen Versagern seiner Vergangenheit liegen. Alleine der Gedanke daran macht mich wütend. "Ardan, niemals würde ich mich vor dir ekeln. Denk niemals so." Ich drücke ihn an mich, spüre seinen Kiefer an meinem Arm zittern. "Wie lange würdest du brauchen, bis du mich vergisst?", flüstert er. Mir steigen sofort die Tränen auf. Wieso denkt er an sowas? Das tut weder seinem noch meinem Herzen gut. "Ardan, was redest du da?" Ich traue mich nicht, meine Stimme anzuheben, weil ich weiß, dass sie sofort brechen würde. Ich will in seine Augen schauen, doch er weicht meinem Blick aus. Das macht mir Angst. Er macht mir Angst. "Ardan, wieso denkst du so? Ich würde dich niemals vergessen. Du bist seit unserer ersten Begegnung unvergesslich für mich!" Wie verletzt muss sein armes Herz sein, dass er selbst bei mir solche Zweifel hegt? Meine Tränen verschleiern mir immer mehr die Sicht und oh mein Herz! Über seine schönen Lippen platzt ein vergeblich unterdrücktes Schluchzen. Ardan weint. Er fürchtet sich. Er macht sich Sorgen. Ich drücke ihn an meine Brust, bemühe mich, nicht laut zu schluchzen. "Ardan", setze ich an, ohne weiter zu reden. Ich kann nicht reden. Ich weiß nicht, was ich tun soll. Ich weiß nur, was sein Herz gerade fühlt.
"Ich habe Angst zu sterben, Cana."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top