Kapitel 105
ZAYN - Natural
Ich halte inne. Sehe ich falsch? Das sind ganz klar grüne Augen. In meiner Familie hat keiner grüne Augen. Das ist ... unmöglich ist das Ardan. "Adam?" "Ja?" "Komm mal." Ich bezweifle, dass er etwas weiß, aber ... das wäre doch ein Zufall, wenn das Ardan wäre. "Was gibt's?" "Weißt du, wer das neben mir auf dem Foto ist?" Er nimmt das besagte Bild genauer unter die Lupe, summt nachdenklich. "Nein. Wieso?" "Grüne Augen ... wie lange kennen Mama und Ardans Mama sich?" "Keine Ahnung. Ich weiß nur, dass ich ihn sehr lange kenne. Denkst du, es ist er?" Mein Gefühl lässt etwas anderes gerade gar nicht zu. Ich nicke. Das wäre ... das wäre echt überwältigend für mich. Das würde erklären, warum er mir so vertraut vorkommt. Gibt es nur das Bild? Auf den nächsten Seiten finde ich noch mehr Bilder! Nicht viele, aber es sind immer dieselben schönen, grünen Augen. Wie Murmeln. Ich muss ihm diese Bilder schicken! Mir kommen wieder Opas Worte in den Sinn. Er meinte, dass im Koran geschrieben steht, dass wir in Paaren geschaffen wurden. Das muss ich Ardan erzählen! Aber was ist, wenn es nicht er ist? Aber diese Augen würde ich überall erkennen. Wie hell das Braun seiner Haare hier ist. Wie knuddelig er wirkt. Das sind heute alles so viele Offenbarungen, dass mir sogar leicht schwummrig wird. Ardan schläft offensichtlich. Die Nachrichten haben nur einen Haken.
Ich nehme das Fotoalbum mit ins Wohnzimmer, immer noch fassungslos über diesen Fund. So sehr, dass meine Gedanken bei dem Film abschweifen. Wie lange bleiben Amir und Baba weg? Erzählt er ihm von dem heutigen Tag? Wenn Mama bei Aiman doch so beschützend reagiert, obwohl er etwas getan hat, was sie nicht duldet, würde sie bei mir dann auch sanftmütiger reagieren? Soll ich es ihr sagen? Ich weiß nicht. Gerade ist doch so viel anderes los. So viel Wichtigeres. Um ehrlich zu sein, bin ich noch verschreckter jetzt nach der Auseinandersetzung. Es kann warten. Alles hat seine Zeit und kann in Ruhe angegangen werden. Das sollte vor allem ich mir zu Herzen nehmen. Ich darf Ardan nicht drängen, auch wenn es falsch ist, dass er oft schweigt. Ich weiß, dass es Gründe hat, aber das Schweigen bringt nichts. Ich seufze leise, futtere ein wenig vom Popcorn und Puffreis, der mich wieder an Ardan erinnert. Ich vermisse ihn. Montag wird er entlassen und Dienstag werden wir den Tag gemeinsam genießen können. "Wie schön Mama in dem Kleid aussieht", murmele ich. Ihr steht rot wie keiner anderen mit ihren Korkenzieherlocken. Adam summt, giggelt, als er sein kleines Ich auf Mamas Schoß sieht, die ihm in seine Brüste kneift. Wie geht es ihr? Was hat sie Oma erzählt? Wie wird es weitergehen? Wird sie lange fortbleiben? Und was passiert jetzt mit Aiman?
Adam und ich bleiben solange wach bis Baba und Amir wieder zurückkommen. Wir können nicht schlafen und wollen uns erst vergewissern, dass er sich beruhigt hat. Deshalb schauen wir uns ihre Hochzeit an. Wie jung sie da noch alle waren. "Onkel Ramazan ist immer noch derselbe", schmunzelt Adam. Er hat sich wirklich kein Stück verändert und tanzt bis heute noch so wild, wie er es auf der Aufnahme tut. Was Mama wohl Baba zugeflüstert hat? Wie wohl unsere Hochzeit aussehen wird? Ardan hat es sicherlich gern minimalistischer. Er hat es sogar vor mir in Erwägung gezogen, zu heiraten. Seine Mutter hat ihn zwar für verrückt erklärt, weil wir noch so jung sind, aber was ist denn genau so falsch daran? Islamisch gesehen ist das doch sogar besser. Mama ist doch auch wegen unserer Religion gegen unüberlegte Beziehungen. Klar, wir sind wirklich jung, aber nach dem Abitur? Was wäre so schlimm daran? Das ist doch ein Schritt in die richtige Richtung. Ein Schritt ins Erwachsenwerden. Ob jung oder alt, jeder kann sich scheiden lassen, wenn man nicht reif genug ist, aber Ardan alleine ist reifer als alle Jungs Hamburgs sicherlich. Seine Wortwahl ist ausgeprägter als die Gehirne der meisten Typen hier. Klar, Mama möchte es lieber haben, dass ich erst sicher im Studium bin, aber ich kann mir vorstellen, dass sie nichts dagegen hätte, wenn es doch früher kommen würde.
Die Tür wird aufgeschlossen und wir beide werden sofort aufmerksamer. Adam macht den Fernseher leise und die Hunde werden auch wieder wach, als sie Baba und Amir sehen. "Hallo", murmele ich. Mein Bauch zieht sich aufgeregt zusammen, als Baba mir zulächelt. "Seid ihr nicht müde?" Ich verneine es kopfschüttelnd. "Habt ihr Hunger?" Auch das verneine ich. Adam hingegen bestätigt es. "Gut. Ich mach uns was zu essen. Vielleicht willst du ja auch, Cana." Seine Stimme zeigt Erschöpfung. Sie ist so leise für seine Verhältnisse. Baba schaut zum Bildschirm, sieht sich und Mama, wie sie sich anlächeln. Mein Herz erwärmt beim Anblick meines Vaters. Er vermisst sie. Er ist traurig. Seine Schultern sinken. Ich will nach der Fernbedienung greifen, als er mich davon abhält, ohne einmal den Blick vom Fernseher zu nehmen. "Ich will das sehen." Oh, okay. Ich dachte, es wäre ein wenig unpassend, aber es weckt anscheinend Nostalgie in seinen goldenen Augen. "Amir, stell schon Mal die Nudeln auf den Topf." Baba setzt sich zwischen Adam und mich, lässt keine Sekunde vom Hochzeitsfilm ab. "Ihr vertragt euch doch schnell wieder, oder?", flüstere ich. In meinem Hals bildet sich ein Klos, weil Baba so traurig ist. Er nickt, zieht mich an sich. "Natürlich." Sein Stirnkuss beruhigt mich. "Es ist nur ein kleiner Streit", murmelt er rau, fährt seufzend durch Adams Haare. Nur ein kleiner Streit. Hoffentlich ist es bald vorbei.
Baba pausiert nach einer Weile den Film, damit wir ihm in der Küche Gesellschaft leisten, während er die Zwiebeln schneidet und die Soße vorbereitet. "Habt ihr morgen etwas vor?", fragt Baba uns. "Cana und ich wollten Ardan im Krankenhaus besuchen." Er nickt. Ich fühle mich irgendwie schuldig. Ich glaube, er möchte den Tag mit uns verbringen. "Bleibt ihr lange?" Er möchte nicht alleine sein und das verstehe ich auch. Adam schaut zu mir. Ich zucke ahnungslos die Schultern. "Was möchtest du denn morgen machen?", frage ich. Jetzt zuckt Baba mit seinen breiten Schultern. "Gemeinsam Frühstück vorbereiten, euch ein wenig Kochnachhilfe geben und vielleicht gemeinsam einen Kuchen backen oder so", murmelt er. Es tut mir so leid, dass er so verunsichert ist. So kenne ich meinen Baba doch gar nicht. "Gerne." Ich nicke den anderen zu. Ich schreibe es am besten Ardan, damit er Bescheid weiß, auch wenn er jetzt tief und fest schläft. So ein Krankenhausbett ist sicherlich ziemlich ungemütlich, wenn man sonst ein so himmlisch gemütliches Bett gewohnt ist. Oh Mann, ich will am liebsten sofort zu ihm! "Wollt ihr es ein wenig scharf haben?" Baba hält eine kleine, rote Chilischote hoch. Die Jungs bestätigen es. Ich glaube, ich werde doch ein wenig mitessen. "Wie ist die Schule? Studium?" "Alles gut, Baba", murmelt Adam. Amir bestätigt es ihm genauso. "Sicher?" Wir bejahen es. Man merkt ihm an, wie sehr ihn die Sache doch belastet.
Baba serviert jedem etwas von den Nudeln. Er hat eine Menge gemacht, aber so hungrig, wie er gerade scheint, wird nichts übrigbleiben. "Ist eure Mutter angekommen?" Ich bejahe es. Es ist so still am Tisch. "Fühlt ihr euch von uns unter Druck gesetzt?" Oh. Ich lasse meine Gabel nieder. Amir und Adam schauen zu mir und zu sich. Baba wartet auf die Antwort, lässt seinen Blick auf seinen Teller gesenkt. "Nein, eigentlich nicht", antwortet Adam. Ich weiß bei mir nicht. Ich weiß, dass meine Eltern nur das Beste für mich wollen und ich verstehe auch, dass sie möchten, dass wir der Bildung mehr Aufmerksamkeit schenken als Beziehungen. Ich verstehe sie voll und ganz, aber ich habe mich trotzdem unter Druck gesetzt gefühlt, aber zum Teil lag es an meinen eigenen hohen Erwartungen und meinem verzweifelten Versuch, wie meine Mutter zu sein. "Schulisch?", hakt Baba nach, was wir alle verneinen. "Fühlt ihr euch in eurer Freizeit eingeschränkt?" Auch das verneinen wir. Wir besitzen wirklich viele Freiheiten, nur wollen uns unsere Eltern vor Schädlichem und Dingen, die in unserer Religion nicht gestattet sind, fernhalten und das ist gut so. "Tut ihr ... ihr nehmt keine Substanzen ... oder?" Der Griff um seine Gabel verstärkt sich. Erst jetzt blickt er auf. "Nein." Ich werde sie auch niemals nehmen. Auch Adam und Amir verneinen es. "Wirklich?" "Wirklich, Baba. Bi xwedê", beteuert Amir vollkommen ernst. Baba nickt, belässt es beim Schwören Amirs und isst weiter.
"Schmeckt es euch?" Es tut mir so verdammt leid, dass er so verunsichert ist. "Toll wie immer. Hast du oder Mama öfter während eurer Beziehung gekocht?" Vielleicht bringt ihn meine Frage ja auf andere Gedanken. "Ich. Sie liebt mein Essen." Wir lächeln alle gleichzeitig. "Sie ist mein Feuer." Ich schmolle. Es ist so süß zu sehen, wie er sich nach ihr sehnt. "Bist du auch so streng, was Beziehungen angeht oder nur Mama?", fragt Adam, woraufhin Baba zu seufzen beginnt. "Ich war früher katastrophal, was Frauen anging. Jedes Mal hatte ich eine neue. Ich war weit weg vom Glauben und hab mit 17 meine erste Liebe kennenlernen dürfen." 17. Wie der Mythos der Mädels! "Mama, oder?" Er bestätigt es mir. "Wenn ich darüber nachdenke, wie ich damals war, will ich nicht, dass ihr so werdet. Lasst euch bitte Zeit damit und geht verantwortungsvoll damit um. Vergesst euren Glauben und eure Prinzipien dabei nicht, sowie ich es damals gemacht habe. Ich kann euch es nur sagen." Er wirkt gerade so verständnisvoll, so als ob er es gut verkraften würde, wenn ich es ihm sagen würde. Soll ich? Ich weiß nicht. Ich bin trotzdem verschreckt. Nein, ich belasse es dabei. "Sucht euch eine rechtschaffende Frau, die euch so rechtleitet wie meine Frau mich. Wer weiß, ob ich jemals mit dem Beten angefangen hätte, wenn Shana nicht da wäre." Das ist mein Zeichen, es auch zu tun. Wenn ich mich in den meisten Fällen an niemanden wenden kann, wieso dann nicht an Gott?
Der nächste Tag steht an. Ich bin noch lange mit Baba aufgeblieben und am Ende im Ehebett auf seiner Seite eingenickt. Er hat auf Mamas Seite geschlafen, die mir geschrieben hat, dass alles gut ist. Wann sie zurückkommen, wissen sie nicht, aber lange möchten sie auch nicht bleiben. Ich habe ihr gesagt, dass ich Ardan im Krankenhaus besuchen gehe und soll ihm auch liebe Grüße und gute Besserung wünschen. Ich habe ihr auch erzählt, wie Baba sich gefühlt hat und dass er heute den Tag mit uns verbringen möchte. Es hat mich besänftigt, dass sie sich freut und auch mit ihm telefonieren möchte. So kann ich beruhigter mit Adam jetzt ins Krankenhaus fahren. Das Frühstück lief gut. Baba wirkte vitaler und hat uns viele alte Geschichten erzählt und viele gute Werte vermittelt. Er ist auch viel kuschelbedürftiger. Zur Begrüßung zum Morgen mussten wir ihn alle umarmen und haben liebevolle Küsse auf die Wange bekommen. Ob ich Ardan gleich auch einen geben kann? Adam schmeiße ich dann einfach kurz raus. Gleich sind wir da. Der Aufzug muss sich nur wieder öffnen und ich muss nur noch die Tür öffnen und sehe ihn. Da ist er. Mein Ardan. Er lächelt uns schon zu, während die Fachpflegekraft seinen Blutdruck misst. Wir sind auch ziemlich früh da. Kann sie nicht schneller machen? Ich werde ungeduldig. Sie soll schneller die Manschette entfernen! Und sie soll schneller aus dem Zimmer. Jetzt kann ich zu ihm.
"Hi", flüstere ich, lasse ihn nicht einmal zu Wort kommen, als ich mich zu ihm runterbeuge und umarme. "Hallo, Mopsi. Du bist aber früh wach. Hallo, Adam. Freut mich, dich zu sehen." Eine Hand löst sich, um Adam die Hand zu geben. "Scheinst mich ganz schön vermisst zu haben", raunt er. Ich nicke, drücke noch fester zu, sodass er ächzt. "Mopsi, mein Herz." Oh Gott! Ich löse mich sofort von ihm. "Hat dir das wehgetan?" Mist, wieso belaste ich ihn weiter? "Alles gut. War nur ein kleiner Witz", grinst er. Argh! Idiot! Ich erwürge ihn gleich mit seinem Ladekabel! Er sieht so schön aus. So frisch. Wie gerne ich mich zu ihm legen würde. "Was ist passiert? Wieso liegst du auf der Kardio-Station?" Oh ... Adam weiß ja gar nichts von seinem Schicksal. "Hatte einen Schwächeanfall und bleibe bis morgen noch zur Beobachtung." "Was? Wie? Wann ist das passiert?" "Am Freitag", murmele ich. Weil ich ihn gestresst habe. "Ich hatte wegen des Sportunterrichts keine Luft mehr bekommen und danach bin ich im Krankenhaus aufgewacht." Was hat die Ärztin letztens zu ihm gesagt? Kann ich den Befund nicht sehen? "Alter, Cana, pass mal mehr auf ihn auf!" Adam schnalzt mit gespielter Empörung seine Zunge. Ich muss. Am Dienstag wird er keinen einzigen Finger krumm machen! "Tut sie schon", versichert Ardan ihm lächelnd. Wenn er nur von meinen Schuldgefühlen wüsste. "Hat sie dir von der Beichte gestern erzählt?" "Nein, was möchtest du mir beichten?" Ich lehne mich an sein Bett.
"Ich hab Amir von uns erzählt. Er möchte dich am Samstag kennenlernen." Seine grünen Augen werden ganz groß. "Dann muss ich mich ja von meiner besten Seite zeigen. Hat er eine Lieblingsschokolade?" Adam und ich giggeln. "Er wird dich lieben. Keine Sorge." Nur noch Gutes. Keine Negativität. Mist! Ich habe vergessen, die Bilder mitzunehmen. Am Dienstag nehme ich mir das fest vor. "Hast du meine Nachrichten gelesen? Sie haben immer noch einen Haken." "Ich habe mein Handy über Nacht ausgeschaltet. Gab es etwas Wichtiges?" Oh, ach so. Es ist mir unangenehm, ihm das persönlich sagen zu müssen. Per WhatsApp fand ich das angenehmer. "Baba wollte heute etwas mit uns unternehmen." Ardan winkt ab. Ich habe seine Hand vermisst. Wie schön sie doch ist. So gepflegt. So groß. "Meine Familie kommt mich sowieso heute besuchen. Alles gut. Habt viel Spaß." Es wird still. Ardan nimmt vorsichtig meine Hand in seine. An seinem Handrücken sehe ich erst jetzt die Blutergüsse. Die sind ja ganz dunkel! "Keine Sorge. Das kommt vom falschen Legen der Viggo. Nichts, was ich nicht kenne." Und doch wünsche ich mir, dass es ihm bald fremd ist. Wie schön sanft er spricht. Alles an ihm wirkt so sanft und beruhigend. Seine braunen Haare, seine schönen Lippen, seine weiche Haut, seine samtige Stimme. "Wie laufen die Abiturvorbereitungen?" Adam seufzt nur.
"Ich muss meine Ausdauer für den Sporttest verbessern. Langsam bereue ich es, Sport als Leistungskurs genommen zu haben. Wie steht's bei dir und Mathe? Immer noch das alte Genie?" Ich schmunzele. "Wäre doch eine Schande, wenn nicht, oder?" "Wenn du das Thema nicht verstehst, versteht es niemand. Hast du Physik auch als LK?" "Nein, Mathe und Philosophie. Physik ist mein viertes Fach." "Willst du es immer noch als Präsentationsprüfung vortragen?" Ardan nickt ganz aufgeregt. Ich kann nicht glauben, dass er so viel Spaß an so einem Fach empfinden kann, dass er sogar eine Präsentation darüber halten will. "Physik ist simpel." Mein angeekelter Ausdruck lässt ihn nur leise lachen. "Ist es nicht." "Doch. Physik wirst du auch im Studium haben." Oh Gott! Mein Albtraum ... aber mit Ardan an meiner Seite hört sich das doch ganz schön verlockend an. Vor allem, wenn wir gemeinsam in einer Wohnung leben. Das wäre traumhaft. "Ardan ist ein krankes Genie, was Zahlen angeht. Als sein Taschenrechner bei der letzten Aufgabe der Matheklausur ausgegangen ist, hat er die Scheiße einfach im Kopf ausgerechnet! Das waren Funktionen!" Ich kann Funktionen nicht einmal korrekt in den Taschenrechner eingeben und dieser wunderschöne Mathefanatiker rechnet es mal so lockerflockig im Kopf aus? Ich wünschte, ich könnte ihm eine realistische Maske meines Gesichts aufsetzen, damit er für mich all meine Matheklausuren schreibt. Das wäre ein Traum!
"Wie geht es den anderen?", erkundigt Ardan sich. "Die schlafen sicherlich noch. Denen geht es gut. Wie geht es dir? Konntest du gut schlafen auf diesem unbequemen Bett?" "Alles eine Sache der Gewöhnung." Wie beherrscht er doch ist und für alles eine Antwort hat. Was für eine Ruhe er doch ausstrahlt. Da könnte ich mich direkt an ihn lehnen. Wäre Adam nicht hier, dann würde ich das auch tun, aber sie unterhalten sich gerade so prächtig. Je öfter Ardan redet, desto weniger kann ich mich auf das Gespräch konzentrieren. Immer wieder ziehen mich seine rosa Lippen in ihren Bann. Wie geschmeidig sie sich bewegen und aufeinandertreffen. Oh Mann, wie gern ich ihn gerade küssen will. Wie schön sein linkes Grübchen hervorsticht. Ich will meinen Daumen in die Kuhle legen. Die Sehnsucht zum Dienstag steigt immer weiter. Ich will die ganze Zeit im Bett mit ihm liegen und seine Wärme genießen. Ich will ihn nur einmal küssen. Das reicht mir für heute. Dafür muss Adam aber gehen. Wenn wir aufbrechen, lasse ich ihn einfach vorlaufen und genieße die wenigen Minuten der Zweisamkeit noch. Dafür müssen die beiden aber erst einmal aufhören zu reden und so wie es scheint, dauert das noch eine Weile. "Dann euch noch viel Glück." Glück? Wofür? Ich blinzele fragend. Wobei wünscht Ardan Glück? "Hast du geträumt?", fragt er mich lächelnd. Ja, schon. Ich ziehe nichtssagend die Unterlippe hervor.
"Adam hat mir von seiner Beziehung mit Dilan erzählt." Oh! Die Tage bestehen wirklich aus Offenbarung über Offenbarung. Was die Nächste ist, weiß nur Gott. "Ich gebe euch genau fünf Minuten Zeit. Baba wartet schon auf uns." Fünf Minuten? Das kann er doch nicht ernstmeinen. Ich schaue entgeistert zu Adam, der Ardan angrinst. "Zehn Minuten kriegt ihr, wenn ihr verheiratet seid." Idiot! Ich erröte, obwohl ich genau daran denke. "Bis gleich", säuselt er, nachdem er sich von Ardan verabschiedet. Ich seufze. "Was ist los, Mopsi?" Ich umarme ihn wieder. Wie gut er riecht. "Hab dich vermisst." "Der gestrige Tag ist nicht einmal 24 Stunden her." Ich murre, beiße ihm strafend in seinen warmen Nacken. "Saug mir nicht mein letztes Blut raus, es sei denn, du kannst es ersetzen, roter Stempel." "Ardan!", kreische ich. Jetzt habe ich wieder seine angeblutete Jogginghose wieder vor Augen. "Wir sollten für den Notfall sammeln, Mopsi." "Ich hau dich gleich!", drohe ich. Mein Gesicht ist so heiß und sein Lachen macht es nicht besser. "Ich spüre dein heißes Gesicht an meiner Haut." Und sofort entferne ich mich von ihm, nur um sein hinreißendes, freches Lächeln sehen zu dürfen. "Oh, rot." "Ardan!", warne ich. Er lacht nur wieder und so unangenehm es mir auch ist, beruhigt mich seine schöne, melodische Lache. Seine grünen Augen leuchten so unbeschwert. Sie sind so tiefgrün. Wunderschön.
"Ich wollte einige Dinge ansprechen, aber da mein nerviger Bruder ja dazwischenfunkt, erzähle ich es am Dienstag. Es sind einige interessante Dinge." "Mach mich nicht neugierig, Mopsi. Ansonsten lässt du mir keine andere Wahl, als dich hier zu fesseln." Ich würde es sogar zulassen. "Ich will einen schönen und beruhigten Dienstag haben. Am liebsten würde ich bei dir übernachten. Du kannst dir meine Sehnsucht aktuell zu dir gar nicht vorstellen!" Ich würde am liebsten in sein Zimmer ziehen. Ich habe das starke Bedürfnis, die nächsten Tage nur mit ihm zu verbringen. "Wir hoffen, dass wir irgendwann in naher Zukunft wieder das Privileg bekommen, dich in meinem Bett willkommen zu heißen." Oder in unserem gemeinsamen. Ich weiß, dass ich noch zu jung bin, aber das muss nicht unbedingt etwas heißen. "Das wäre echt schön." "Wäre es tatsächlich. Ich sehne mich auch nach dir, Cana." Wie ein gesungenes Lied. Genau so hört sich mein Name von seinen Lippen an. So wunderschön. Adam schreibt mir schon, dass er wartet. Ich will mir noch einen Kuss abholen, bevor ich gehen muss, nähere mich meinem schönen Philosophen, dessen Lippen sich auch meinen nähern, aber es klopft! Ich schrecke zurück, argh! Seine Eltern und weitere Familienmitglieder kommen rein. Na toll. Dann müssen wir auch das leider verschieben. Ich muss leider lernen, dass Dinge nicht so laufen, wie ich es möchte.
Mein Herz muss lernen, Geduld in sich zu tragen.
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