24. Klassenfahrt
Auf dem Parkplatz der Schule war reger Betrieb. Ja, es war mal wieder Zeit für eine Klassenfahrt! Unser ganzer Jahrgang wird für eine Woche auf einem Campingausflug sein. Und wie eigentlich jeder Schüler hier schleppte auch ich meine Reisetasche, einen Schlafsack plus Luftmatratze und ein Zelt für Tess und mich mit. Verloren in diesem Haufen Schüler suchte ich Joana, Tess und Vicky. Ich hatte mich schon eben von Natasha und Happy verabschiedet, die mich hier her gebracht hatten. Mein Bruder war so lieb und hat mir heute morgen beim Frühstück kurz verschlafen auf die Schulter geklopft und müde ein „Viel Spaß beim campen!" zugemurmelt, was übersetzt soviel heißt wie: „Schön, dass du endlich weg bist! Hab dich lieb!". Ich weiß ehrlich nicht was von beidem ich besser finde.
Ist ja auch egal. In der Menge sah ich kurz einen blonden Haarschopf, den ich zweifelsfrei Jojo zuordnen konnte. Ich drängte mich zwischen den Leuten durch und trat ein paar mal absichtlich auf Füße, die mir nicht Platz machten. „Joana!!", rief ich in die Richtung, in der ich sie vermutete. Nur einen Moment später stieß ich mit Victoria zusammen. „Hi!", meinte ich überrascht: „Dich hatte ich zwar nicht erwartet, aber du bist auch gut! Hast du Jo gesehen?" „Hi zurück und ja, sie steht da vorne und lässt ihr Gepäck einräumen.", antwortete Vicky grinsend. Offensichtlich war sie ihr Gepäck schon los geworden, denn sie zog mich direkt in die Richtung eines der Schulbusse.
Als auch ich nach einer Weile meine Taschen abgegeben hatte, stellten wir drei uns zusammen etwas abseits der vielen Leute hin und unterhielten uns. „Wo ist Tess eigentlich abgeblieben? Habt ihr sie gesehen?", wollte ich wissen. „Nein, sie war noch gar nicht hier, wir haben sie nicht gesehen!", antwortete Joana. Wie auf Befehl klingelte nun eines unserer Telefone. „Oh, das ist meins!", meinte Vicky und zog ihr Handy hervor. Sie trat einen Schritt zurück und nahm ab: „Hallo? ... Nein! Wirklich? ... Oh! Gute Besserung! ... Danke! ... Tschau!" Sie legte auf und kam wieder zu uns. „Wer war das?", fragte Joana. „Tess! Sie ist krank, Grippe oder so. Sie kann nicht kommen, aber sie wünscht uns trotzdem viel Spaß!", antwortete Victoria und lächelte kurz niedergeschlagen. „Alle zu den Bussen!!", rief einer der Lehrer und wir reihten uns in die Schlange bei unserem Bus ein. Der Lehrer hakte uns auf der Liste ab und wir stiegen ein. Ich setzte mich neben ein Mädchen, das ich flüchtig kenne, mich aber ganz gut mit ihr verstehe. Ich glaube, sie hieß Michelle oder so ähnlich. Vor uns setzten sich Victoria und Joana. Ich sah, wie Liam gefolgt von Max hinterhältig grinsend auf uns zu gingen. Hinter ihnen kamen händchenhaltend Nicki und Jonah. Liam wollte sich gerade auf den leeren Doppelplatz hinter uns fallen lassen, als Nicki ihn zur Seite schob. „Was?!", kurrte er sie an. „Jonah und ich wollen da sitzen!", meinte Nicki kühl. Sie funkelten sich einen Moment lang an, bis Liam nachgab, mit der Faust gegen den Sitz boxte und mit Max weiterging. Nicki setzte sich zufrieden auf den Platz und neben sie ließ sich Jonah fallen, der sie kurz lachend anstieß und irgendwas flüsterte, was sie zum Lachen brachte. Ich drehte mich zu ihr und formte mit den Lippen lautlos ein „Danke!", was sie mit einem schmalen Lächeln und dezentem Kopfnicken abtat. Dann wandte sie sich dem Fenster zu und setzte ihre Kopfhörer auf, während ich mich wieder zurückdrehte und der Bus anfuhr.
Nach vielen Stunden nerviger Busfahrt waren wir endlich im Harriman State Park angekommen. Den ganzen Weg über hatten Liam und seine Freunde irgendwelche Schnipsel auf mich und unseren Sitzplatz geworfen. Die Türen öffneten sich und wir stiegen aus, warteten jedoch, bis unser Gepäck ausgeräumt wurde. Dann teilte sich der Jahrgang in die verschiedenen Klassen ein. Wir liefen ein Stück durch den Wald bis zu einer großen Lichtung, an dessen Rand mehrere Waschräume versteckt lagen. Die Klasse bildete einen Kreis um unsere beiden Lehrer, die uns nun etwas in den Ablaufplan einweihten: „Also, zuerst werdet ihr gleich die Zelte aufbauen, in Gruppen, wie vorher im Unterricht festgelegt wurde. Dann werdet ihr bis heute Abend, 18 Uhr, Freizeit haben. Wir treffen uns wieder am Sammelplatz, genau in der Mitte dieser Lichtung, die Zelte werden rund um die Lichtung im Wald aufgebaut. Auf der Lichtung sind auch die Zelte der Lehrer. Am Rand befinden sich die Waschräume und eine Art schwarzes Brett. Dort hängt ein Plan aus, wo ihr euer Zelt aufbauen sollt. Jedes Zelt erhält eine Nummer. Ihr bekommt sie, heute Abend. An die Arbeit! Die Zelte bauen sich nunmal nicht von alleine auf!" Ich lief mit Joana, Victoria und dem Rest der Klasse zum schwarzen Brett, um nachzusehen, wo ich mein Zelt aufstellen sollte. Es lag blöderweise ziemlich weit von Joana und Victorias Zelt entfernt und da Tess ja krank ist, muss ich alleine in mein Zelt, das wird richtig schön langweilig. Nach einer halben Stunde hatte ich mein Zelt aufgebaut und traf mich wieder mit Joana und Victoria. Wir wollten in der freien Zeit, die uns noch blieb, ein wenig die Gegend erkunden. Wir liefen eine Weile nur durch den Wald, bis wir irgendwann wieder am Parkplatz waren. „Leute, ich glaube hier ist irgendwo ein Souvenirshop, hat jemand Geld dabei?", fragte ich und suchte in meinen Taschen nach etwas Kleingeld. Ein paar Münzen hatte ich zusammen gekratzt, etwa zwölf Dollar. „Ich hab noch sechs Dollar!", meinte Joana. „Neun Dollar!", antwortete Vicky und wir machten uns auf, um den Souvenirladen zu suchen.
„Ich hole mir auf jeden Fall diese drei Postkarten für Natasha, Happy und Dylan!", meinte ich und wedelte zur Bestätigung mit den Karten in der Luft herum. „Für deinen Dad nicht?", Joana schaute mich fragend an. „Oh nein, wir sind gerade in einer schwierigen Situation und verstehen uns im Moment nicht so unbedingt gut!", antwortete ich und suchte weiter nach einem netten Souvenir. Ich blieb an einem Stand mit Armbändern und Ketten hängen. Ich nahm ein Armband vom Haken und legte es mir um.
Es war aus Leder und sah so schön aus!Ich wollte dieses Armband unbedingt haben. Da mein Geld damit sowieso aufgebraucht war, ging ich zur Kasse und bezahlte. „Sie müssen unbedingt zum Sebago Lake!", meinte die ältere Dame an der Kasse zu mir und nickte wichtig mit dem Kopf, als hätte sie mir gerade verraten, dass die Nachbarn Drogendealer sind. Ich runzelte die Stirn: „Aha, was ist denn so besonders an dem See?" „Das Wasser ist ganz klar und die Umgebung ist traumhaft. Aber Sie müssen abends hin, die Sonnenuntergänge sind wunderschön!", antwortete die Frau. „Aber der Sonnenuntergang ist doch überall im Park ähnlich.", zweifelte ich. „Das schon, aber am Sebago Lake können Sie ihn am besten genießen. Gehen Sie einfach hin und sehen Sie selbst!", sagte sie und machte eine wegwischende Handbewegung. „Okay, dann vielen Dank für den Hinweis!", bedankte ich mich, nahm das Tütchen mit den Souvenirs und ging schnurstracks zu Joana und Victoria zurück. Sie schauten mich fragend an. „Die Frau meinte ich soll zum Sebago Lake! Der soll echt schön sein!", beantwortete ich ihre Blicke und öffnete das Tütchen um mein Armband herauszunehmen. Doch außer den Karten und dem Armband lag zusätzlich noch ein Plan von dem Park dabei. Ich musste lachen, die Frau nahm ihren Job echt ernst. Aber gut, ich kann mir den See ja mal angucken. „Es ist jetzt 17:47 Uhr. Wir sollten zurück, um 18 Uhr sollen wir uns sammeln.", unterbrach Vicky meine Gedanken und wir machten uns auf den Rückweg.
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