Episode 1
Angestrengt machte ich meine letzten Liegestützen, während die Musik laut durch meine Kopfhörer drang.
Sobald ich fertig war, stand ich auf und stellte mich vor den Spiegel in meinem unordentlichen Zimmer. Wäre er jetzt hier, würde er sagen: ,,Jaeryung, vergiss dein Frühstück nicht! Viel Spaß in der Schule! Bis nachher!".
Hastig band ich meine Haare zu einem Zopf und wechselte von Sportkleidung in Schuluniform. Um kurz vor acht verließ ich die Wohnung. Die Wohnung von meinem Vater und mir war im fünften Stock in einem abgelegenem Viertel von Seoul. Sie bestand aus zwei Schlafzimmern, einem Bad und einem Raum für Küche und Wohnzimmer. Wir hatten es recht gemütlich eingerichtet, doch seit mein Vater weg war, herrschte hier das reinste Chaos.
Vor dem Gebäude stand schon wieder das graue Auto von den Inspektoren. Jeden Morgen stellten sie Fragen über meinen Vater. Ich lief an dem Auto vorbei ohne ihnen einen Blick zuzuwerfen. ,,Hey Jaeryung, hat sich dein Vater bei dir gemeldet?" Mit schnellen Schritten ging ich weiter die kaputte Straße entlang. „Yong Jaeryung, hast du etwas von deinem Vater gehört?" Nun fuhren sie mir in langsamen Tempo nach. Ich ignorierte sie immer noch. ,,Hey! Antworte gefälligst wenn ein Erwachsener mit dir spricht!" Ich war nun fast am Schultor angekommen. Der andere Inspektor lehnte sich nun auch aus dem Autofenster. ,,Sag deinem Vater er soll sich unbedingt stellen, kapiert?", rief er. Ruhig lief ich durch das Tor auf den Schulhof. ,,Die Göre reagiert nicht einmal", sagte der eine Inspektor zum anderen.
Im Klassenzimmer angekommen, lief ich seelenruhig zu meinem Tisch und bemerkte das neue Kritzeleien da waren. Totenköpfe und blöde Sprüche wie ,,Drogensüchtige" und ,,Gangstertochter" waren mit roten und schwarzen Markern draufgeschmiert.
Ich war noch etwas früh dran, also stellte ich meine Rucksack unter den Tisch und steckte mir meine Kopfhörer in die Ohren um Musik zu hören.
Nach und nach füllte sich die Klasse mit Schülern und es wurde immer lauter, sodass ich durch die Kopfhörer nichts mehr hören konnte, also packte ich sie weg. Jemand kam zu meinem Tisch. Es war Kim Dayul. ,,Was macht die denn schon wieder hier, huh? So ne Drogensüchtige wie die gehört nicht auf unsere Schule!" Ihre zwei Schoßhäschen kicherten. ,,Kannst du dir nicht ne andere Schule suchen? Geh' doch auf irgendso'ne Sonderschule!" Eins der Schoßhäschen grinste. ,,Ey, lass sie in Ruhe, sonst kommt dich ihr Vater holen!"
,,Bei den vielen Polizisten hier traut er sich nicht und ich glaube ihr Vater ist längst tot. An seinen Drogen verreckt, oder?" Lachend verschwanden sie endlich.
***
Wir hatten zur letzten Stunde Sportunterricht, daher spazierten wir alle zum Sportplatz. Heute war Federball dran. Jeder suchte sich einen Partner, nur ich blieb ohne. War ja klar.
Unsere Lehrerin verkrümmelte sich ins Büro, sie musste „noch ein paar Sachen erledigen".
,,Hey, ich hab Aufschlag. Ich, nicht du. Ist ja auch egal" Dayul schnappte sich den Ball und feuerte ihn ab, doch er landete bei mir. Na toll. Ich schaute zu ihr. ,,Was glotzt du so blöd, gib ihn her!", brüllt sie mich an. ,,Man diese Drogen-Bitch nervt mich total!", flüstert sie ihrer Partnerin Schoßhäschen Nummer 1 zu. Ich schlug den Ball zurück und machte weiter mit meinem eigenem Wurf gegen mich selbst. Der Ball flog weit und ich musste ihn holen. Nächster Schlag, holen und nochmal. So ging der Unterricht bald zuende und wir gingen unsere Sachen aus dem Klassenzimmer holen um uns nachhause zu begeben. Meine Klassenlehrerin hielt mich auf, als ich gehen wollte. ,,Jaeryung", sagte sie in einem Ton, der nichts Gutes verhieß. Ich ging nach Vorne zu ihr. ,,Die Schulleitung sagt, das du die Schule wechseln solltest. Ich bereite die notwendigen Unterlagen vor" Ich sah sie an. ,,Ich will keine andere Schule" Meine Lehrerin sah mich skeptisch an. ,,Auch wenn sich alle Schülerinnen wegen dir unwohl fühlen? Mich rufen täglich Eltern an, um sich über dich zu beschweren" Seufzend lehnte sie sich in ihrem Stuhl zurück. Mein Handy summte leise in meine Hand. Sie schaute kurz auf ihren Computer. ,,Hat dein Vater sich immer noch nicht gemeldet?" Ich schaute auf die Nachricht. Mein Vater hatte mir zum Geburtstag gratuliert. ,,Nein", sagte ich und verließ das Klassenzimmer.
***
Heute hatten wir erst zur zweiten Stunde. Ich ging in den Klassenraum, manche waren schon da. Ich quetsche mich durch die Menge. Auf dem Weg zu meinem Platz sah ich, wie Dayul eine Mitschülerin ein Bein stellte. Sie fiel, während Dayul ihr ihr Handy entriss. Das Mädchen rappelte sich auf. ,,Hey, das ist meins!", rief sie.
Dayul lachte. ,,Bitte? Das war mal deins"
An meinem Platz angekommen, entdeckte ich ein weißes Päckchen auf meinem Tisch. Dayul blickte in dem Moment in meine Richtung. ,,Oh man! Sind das etwa Drogen?!", rief Dayul gespielt empört. ,,Kann mal jemand die Bullen rufen?" Ich nehme das Päckchen mit dem weißen Pulver und lief zu ihr. ,,Woah, kannst du scheiße gucken", lachte sie höhnisch. Wütend schmeiße ich ihr das Päckchen ins Gesicht. Empört schnappt sie nach Luft. ,,Das gibt's ja wohl nicht", murmelte sie. ,,SAG MAL SPINNST DU EIGENTLICH TOTAL?!", schrie sie mich an. ,,ICH MACH DICH FERTIG!!" Sie holte mit der Faust aus um mir ins Gesicht zu schlagen, doch ich wich aus und schubste sie zu Boden. Schoßhäschen Nummer 1 kam auf mich zu. Ich entwehrte ihren versuchten Schlag und zog sie an ihren Haaren zu ihrem Tisch und ließ sie dort los.
,,Du gestörte Bitch!!", schrie sie und kam auf mich zu. ,,Ich schlag dich tot!!", brüllte sie und wollte mir erneut eine reinhauen, aber ich nahm ihren Arm und drehte ihn auf ihren Rücken. Dayul schrie auf und ich ließ sie los. Schoßhäschen Nummer 2 sprang auf mich. ,,Lass meine Freundin in Ruhe!", rief sie. Dayul war wieder auf den Beinen und zog ein Taschenmesser aus ihrer Rocktasche. Wütend schnitt sie damit durch die Luft. Ich wich aus und knallte ihren Kopf auf den Tisch vor ihr. Schwer atmend entfernte ich sie liegen und nahm das Handy, welches Dayul der Mitschülerin entrissen hatte und drückte es ihr grob in die Hand. Mit hastigen Schritten lief ich zu meinem Platz und nahm meinen Rucksack. Mit einen kalten Blick drehte ich mich zu den Mitschülerinnen zurück, die sich ängstlich an die Wände gedrückt hatten.
,,Wir Töchter von Gangsters sind eben so", sagte ich und verließ den Klassenraum.
Die Schüler in den Gängen murmelten. Ich sah meine Klassenlehrerin auf mich zu kommen. ,,Yong Jaeryung!" Verärgert sah sie mich an. Gleichgültig gab ich ihr meine Schulbrosche. ,,Ich verlasse die Schule", murmelte ich und lief zügig aus dem Gebäude nachhause.
Vor dem Parkplatz des Wohnhauses stand schon wieder das Auto der Inspektoren. Schnell lief ich in deren Richtung und trat wütend nach dem Seitenspiegel und warf meinen Rucksack auf die Kühlerhaube. ,,Hey, was soll das!", rief der eine Inspektor. ,,Na warte, das wird dir noch leidtun!"
Ich fing an zu rennen. ,,Hey! Bleib stehen!", rief er. ,,Fahr mir nach", sagte er zu seinem Kollegen, stieg aus dem Auto und rannte mir nach. ,,Ich mach dich fertig!"
Ich rannte was das Zeug hielt. ,,Wo willst du hin du Göre!!"
Ich rannte die lange Treppe zum Hafen hoch, wo sie mir mit dem Auto nicht folgen konnten. Hier war es ruhig, nur ein paar Boote fuhren hin und her.
Außer Puste versteckte ich mich beim Steg und nahm mein Handy raus. Ich scrollte durch die alten Bilder von meinem Vater und mir. Wir sahen fröhlich aus. So sorgenfrei und glücklich.
***
Es dämmerte schon, als ich aufstand um nachhause zu gehen. Vor dem Wohnhaus sah ich wieder das Auto, doch ich ging einfach daran vorbei und ignorierte jegliche Rufe. ,,Hast du dich mit deinem Vater getroffen?", fragte einer von ihnen. Ich ignorierte ihn und ging weiter. ,,Er hat dich was gefragt!" Sein Kollege wollte auf mich zu gehen, doch der andere hielt ihn zurück. ,,Du willst 'ne Ohrfeige, huh?"
,,Ah ah ah, nicht doch" Sein Kollege hielt ihn fester. Ich betrat das Wohnhaus und rannte die Stufen zu der Wohnung hinauf. Vor der Tür lag ein Blumenstrauß und ein rosa Paket, doch ich kickte sie weg und schloss die Tür auf. Drinnen machte ich mir etwas zu essen. Plötzlich klingelte mein Handy. Genervt nahm ich ab.
,,Hey Jaeryung, ich bin's, Papa! Sag mal, wieso gehst du nicht ans Telefon? Ich hab heute den ganzen Tag versucht dich zu erreichen!" Er hustete räusperte sich kurz. ,,Ich wünsch dir alles Gute zu deinem Geburtstag liebe Jaeryung! Hach, ich habe es als dein Vater nicht einmal geschafft dir deine Lieblingssuppe zu kochen... Hast du eigentlich mein Geschenk bekommen? Das Ipad? Das war richtig teuer!" Seine Stimme klang fröhlich und doch stimmte etwas nicht. ,,Hallo??! Was hast du heute gemacht Jaeryung, huh? Warst du wieder mit deinen Freunden beim Karaoke?" Ich hörte das Auspusten von Zigarrettenrauch. Er räusperte sich. ,,Jaeryung? Jaeryung!!? Sag doch was?!!" Ich legte meine Stäbchen hin und atmete genervt aus.
,,Seit drei Monaten werde ich hier deinetwegen beschattet. In der Schule halten mich alle für eine Gangstertochter und mobben mich wo sie können", sagte ich in einem kalten Ton.
,,Jaeryung...was soll das denn heißen? Und wieso hast du mir bis jetzt denn gar nichts davon gesagt??" Besoffen war er anscheinend auch noch..
,,WIE DENN?! Dein Handy ist aus, ich weiß nicht was du machst und wo du steckst!!!", schrie ich. ,,Was führst du diesmal im Schilde! Und wieso tust du mir das an??!"
Mein Vater seufzte. ,,Hör zu, es ist nicht so wie du denkst. Jaeryung, ich regle noch ein paar Sachen und dann komme ich zu dir zurück. Also warte noch ein bisschen" Stumm hörte ich zu. Tränen liefen mir über die Wangen. ,,Nein, ich warte nicht länger. Komm nicht zurück, für mich bist du gestorben", sagte ich und legte auf. Erst lässt er mich für drei Monate alleine und dann ruft er mich an, als wäre nicht passiert! Verärgert, traurig und enttäuscht legte ich mich einfach auf den Teppich und schlief mit der Musik dir mir durch die Kopfhörer lief ein.
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