anthrophobia
the fear of people and society

Arya kannte nur mich.
Denn Arya war lieber alleine.
Sie versteckte sich zu gern in ihrem Zimmer, um niemandem zu begegnen.
Sie verschlang Buch um Buch und genoss Lied um Lied - hielt ihre Augen geschlossen und erträumte sich ihr ganz eigenes Leben, in dem sie sein und werden konnte, wen sie sich erwünschte.
Ihr Balkon war ihr Lieblingsplatz, denn dort störte sie niemand.
Ganze Nächte verbrachte sie dort und wachte früh morgens auf, um in aller Ruhe die Kunst des neuen Tages - des Sonnenuntergangs - zu betrachten.
Nicht einmal ich durfte ihren Rückzugsort betreten.
Privatsphäre war ihr Heiligtum, das sie schützte und pflegte - niemandem bereitstellen wollte.
Arya war eine ganz eigene Person, die ich so noch nie kennengelernt hatte.
Doch sie war wundervoll.
Einzigartig in ihrem Element des Alleinseins, das sie mit niemandem teilen wollte.

Außer mit mir.
Manchmal.

Und so entführte ich sie eines Tages; eines Nachts.
Und beanspruchte sie vollkommen für mich.
Es schien ihr nichts auszumachen; lächelte in meiner Gegenwart.
So Gott will, würde ich dich beschützen, Arya.
Das versprach ich ihr.
Und mit diesen Worten, wurden unsere Treffen öfter;
doch Arya veränderte sich.
So gut es ging, versuchte sie es sich nicht anmerken zu lassen.
Doch ich sah, wie ihr Lächeln nicht mehr bis zu ihren glitzernden Augen reichte und wie ihre Stimme nicht mehr die Glückseeligkeit ausstrahlte, die sie einst auszustrahlen vermochte.
Wenn ich sie mit honiggelben Sonnenblumen beschenkte, freute sie sich nicht mehr so, wie damals.
Und so weihte mich Arya in ihre Ängste ein.
Und erzählte mir von ihren Schwierigkeiten; dass ich diese mit jedem meiner Treffen verschlimmern würde.
Mein Herz zerbrach, wie schon so oft, doch ich lächelte und gab Arya einen letzten, sanften Kuss auf die Wange.
Denn in diesem Moment verabschiedete sie sich von mir und zog sich vollkommen zurück.
Zurück von der Menschlichkeit, dem Leben und von mir.
Oh, Arya.
Warum musst du diese Ängste spüren
- und nicht ich?

Und so wurde Aryas größte Angst durch mich Wirklichkeit
und sie zog sich für immer zurück.