23. Ehre
Anmerkung der Autorin: Jo Partypeople! Ich bräuchte mal eure Hilfe. Da es mir sehr schwer fällt den Buchrückentext für meinen Verlag zu schreiben, hab ich mir gedacht, warum nicht nach Unterstützung fragen. Wie würdet ihr den Werbetext für den ersten Band schreiben? Welche Infos haben euch gepackt und neugierig gemacht? (max. 650 Zeichen inkl. Leerzeichen)
PS: viel Spaß beim neuen Kapitel.
Ein kleiner Junge und ein kleines Mädchen malten zusammen im Garten hinter ihrem Haus. Die Eltern saßen Kaffee trinkend auf der Veranda und erfreuten sich der Sonne. "Krieg ich die Grün?", fragte Brandon mit kindlicher Stimme und Kyrie gab sie ihm lächelnd. Die beiden malten ein verzaubertes Schloss zusammen und würden es dann in das gemeinsame Zimmer hängen. "Glaubst du wir brauchen noch einen Drachen?" Kyrie sah ihren Bruder stirnrunzelnd an. Brandon überlegte kurz und schüttelte dann verneinend den Kopf. "Ne, wir wollen dort ja leben. Ich will keine Monster in unserem Schloss." Kyrie nickte und malte stattdessen einen Regenbogen auf das Papier.
HONORA
Sie schrie! Seit Tagen schrie sie ohne Unterlass. Die Apparatur an ihrer Schläfe brachte unendliche Schmerzen mit sich und ließ sie die Welt anders wahrnehmen.
Ungefiltert schossen die Gedanken der Mensch durch ihr Gehirn und zu einem Computer der NKS. Jefferson hielt ihn lächelnd in den Händen. So also wollten sie Honoras Gabe für sich nutzen.
Sie sollte ein Werkzeug sein, kein Mensch. Nach und nach hatte Jefferson Teile ihres Körpers durch Maschinen ersetzt und war nun endlich zufrieden. Sie befand sich in dem grauen Raum, in dem die Operationen durchgeführt worden waren.
Mit bandagierten Fingern strich Honora über ihre Gesicht. Eine Seite ihres Kopfes war kahlgeschoren um den Metallteilen Platz zu machen. Verzweiflung überkam sie wie eine Welle und schluchzend kniete sie sich an die Wand. Ihr war so schrecklich übel.
"Na, na. Wir sind noch nicht fertig. Heute kommt General Washington um deine Fortschritte zu begutachten. Also sei brav.", drohte Jefferson obwohl Honora sich nicht mehr wehren würde. Sie wusste nicht wie viele Wochen sie in dieser Kammer zugebracht hatte, aber sie hatte keine Kraft mehr um zu rebellieren.
Ihr kalter Körper war erschöpft, ihre Sinne überfordert.
Sie wollte nur schlafen und all das hier vergessen. Die Aufzugtüren öffneten sich und Washington trat ein, gefolgt von zwei Gefangenen und mehreren Soldaten. Jefferson begrüßte seinen Vorgesetzten stolz und zeigte auf seine Kreation; Honora.
Je näher Washington und die Soldaten kamen umso penetranter waren ihre Gedanken. Sie fraßen an Honoras Verstand während sie flüssig in Jeffersons Computer landeten.
"Wie du siehst, ist mein Experiment ein voller Erfolg gewesen. Ich habe ihre Gabe erweitert, ihre Sinne sozusagen aufgesprengt. Es war ein blutiger Prozess aber das Resultat ist wahrlich beeindruckend. Über zwei Meter Entfernung hinweg ist sie in der Lage die Gehirne ihrer Zielpersonen zu durchforsten. Und das Beste ist, dass sie keine der Infos behalten kann. Um das schiere Datenvolumen zu überleben hat sie nur ein Ventil. Diesen Computer. Die Bilder werden hier herauf übertragen. Wir können dann anhand dieser entscheiden wie wir weiter vorgehen wollen. Wir sind nicht auf ihre Worte, die möglicherweise lügen gewesen wären, angewiesen." Washingtons Blick glitt über Honoras Körper. Was er wohl sah? Honora folgte seinem Blick. Das blutige Tshirt und die kurze Hose. Jefferson hatte lange Drähte von ihrem Hinterkopf über ihre Arme geleitet.
Hier und dort konnte man sie unter der Haut entdecken. Das Gerät an Honoras Schläfe wurde mit Bewegungsenergie angetrieben und war daher mit ihren Gliedmaßen verbunden. Ihre Bewegung war der Schlüssel zu Jeffersons Wundermaschine.
Sie war ein Monster. Schlimmer noch. Sie war Jeffersons Monster.
"Ich hätte gerne eine Demonstration.", Washington deutete die Gefangenen nach vorne zu bringen. Seine Soldaten gehorchten sofort und stießen zwei Junge Männer vor Honora auf die Knie.
"Steh auf, Honora.", befahl Jefferson und drückte einen Knopf an seinem Computer. Sofort spürte Honora das vertraute Ziehen in ihrem Kopf und stand auf. Würde sie nicht auf dieses reagieren würde Schmerz folgen. Sie ging einige Schritte auf die Gefangenen zu und fühlte das Implantat leise arbeiten. Die beiden Männer kauerte ängstlich beieinander.
Honora konnte Angstschweiß riechen und in deren weit aufgerissenen Augen ihr furchtbares Spiegelbild erkennen. Zitternd ließ sie sich in die Gedankenwelten der beiden Männer fallen. Liebe färbte viele ihrer Erinnerungen. Sie sah ein gutes Leben und eine versteckte Leidenschaft. Die Gefangenen teilten tiefe Zuneigung. Es war dieselbe Art von Liebe die Cassandra für Nate empfunden hatte. Warm und heilend tröstete sie noch in den dunkelsten Zeiten. Washington runzelte die Stirn.
"Sind sie Henotellos?", fragte er neugierig und starrte wie Jefferson auf den Computer. Honora wollte die Antwort nicht finden. Washington würde einen Henotello nicht am Leben lassen.
"Warum sehen wir auf dem Computer nichts?", fragte Washington ungeduldig und biss die Zähne zusammen. Jefferson hob beruhigend die Hand.
"Geduld. Sie versucht die Bilder in ihrem Kopf einzusperren. Das versucht sie immer, aber am Ende wird sie es nicht schaffen. Es wird zu viel sein. Und wir werden unsere Antwort bekommen."
Angst machte sich in den Köpfen ihrer Gefangenen breit. Einer von ihnen war tatsächlich ein Henotello. Drittgeboren, aber mit dem Potential auf einen mit einer Gabe beschenkten Nachkömmling. Honora atmete schwer, mit aller Kraft versuchte sie die schneller aufkeimenden Bilder zu bewältigen. Vergebens. Mit schmerzendem Kopf und blutender Nase ergab sie sich ihrem Schicksal. Seufzend ließ sie die Daten über die Apparatur an ihrer Schläfe abfließen und erfuhr sofort Erleichterung.
Die Schmerzen verschwanden und gestatteten ihr so einen Moment ruhe. Was sie sah, sahen auch ihre Meister. Was sie wusste, wusste nun auch Washington. Lachend klopfte dieser seinem Untergebenen auf die Schulter und beglückwünschte ihn zu seiner Arbeit. Der Henotello wurde weggebracht, die Gegenwehr seines Freundes war nutzlos.
Schreien, Weinen, Betteln nichts zeigte Wirkung und würde es auch niemals. All dies hatte Honora bereits versucht. Die NKS hatten auch kein Mitleid mit ihr gehabt.
"Wirklich erstaunlich. Schick sie in das Lager in der Nähe der Akademie! Sie soll uns alle Henotellos ausforschen. Kein einziger darf überleben oder die Plage überlebt. Gute Arbeit Jefferson. Ich bin zufrieden."
Washington nickte seinem Untergegeben noch einmal anerkennend zu und verließ den grauen Raum wieder. Jefferson grinste von einem Ohr zu anderen. Er war so stolz auf das Monster, das er erschaffen hatte. Honora konnte sich nicht freuen. Sie hatte gerade einen Gleichgesinnten in den Tod geschickt und eine Liebe zerstört. Leise rannen die Tränen über ihre Wangen und fielen stumm auf den kalten Betonboden.
Niemand hatte ihre Schreie gehört, auch nicht ihre Familie. Einsamkeit verstärkte das Eis in ihren Adern. Der Gedanke einfach aufzugeben war überwältigen, doch dann sah sie Jeffersons stolzes Grinsen.
Dieser Bastard hatte ihr alles genommen! Wut rauschte in ihren Ohren und schweigend schwor sie sich Rache für sich selbst und alle die wegen den NKS ihr Leben verloren hatten.
Jefferson wusste es noch nicht, aber er hatte längst sein Todesurteil unterschrieben.
BRANDON
Es dauerte nicht lange und sie erreichten das Ende ihres Weges. Louis und Aurora blieben vor einer rostigen Leiter stehen und blickten hinauf.
"Da müssen wir rauf. Dann sollten wir im Keller des alten Gebäudes sein, das sie zur Verwaltung ihrer Flugzeuge verwenden."
"Was wird uns dort oben erwarten?", fragte Aurora nervös und blickte sich nach Brandon um. Dieser konnte ihr leider keine Antwort geben. Seine Informationen waren nicht so detailliert gewesen. Giselle trat neugierig vor und strich über die alte Leiter.
"Ich sollte zuerst gehen.", meinte Evangeline und drängte Giselle sanft in den Hintergrund. Giselle nickte knapp und stellte sich neben Brandon. Er hatte eine gewisse Spannung zwischen den beiden Frauen wahrgenommen, aber nie nach dem Grund gefragt. Solange ihre Probleme ihre Mission nicht gefährdeten, hatten sie im Moment keine Bedeutung.
"Wir sollten eine Entdeckung um jeden Preis verhindern. Sollte einer von uns auffliegen, haltet dicht. Zumindest bis der Morgen anbricht.", brummte Gabriel und öffnete den Rucksack in dem ihr Sprengstoff transportiert worden war. Brandon verteilte ihn gleichmäßig.
"Wir gehen in Zweiterteams.", meinte er und hatte auch einen genauen Plan im Kopf. Gabriel kam ihm zuvor.
"Evangeline und Louis. Ich nehm die Kleine und du Brandon gehst mit Giselle."
"Warte, nein. Ich werde Aurora nehmen." Gabriel schüttelte vehement den Kopf.
"Du kannst nicht denken, wenn die Kleine bei dir ist. Zu viel Beschützerinstinkt. Vertrau mir. Ich passe auf sie auf. Ganz zu schweigen davon, dass ich keine Ahnung habe, wie Giselles Gabe aussieht oder wirkt und ich es nicht auf die harte Tour herausfinden möchte. So bist es besser."
Nur ungern gab Brandon ihm Recht. Nickend zeigte er sein Einverständnis. Jeder von ihnen war mit einer ordentlichen Ladung Sprengstoff versehen und bis an die Zähne bewaffnet. Sie hofften nicht auf einen gewaltsamen Ausgang, aber niemand von ihnen würde leichtsinnig mit der Situation umgehen. Evangeline und Louis kletterten hinauf, danach kamen Gabriel und Aurora.
Den Schluss bildeten Brandon und Giselle. Den Lagerplänen folgend schlich jedes Team zu einem strategisch wichtigen Punkt im Flughangar um dort den Sprengstoff zu verstecken. Sobald sie alle wieder sicher im Kanalsystem wären würden sie das gesamte Gebäude auf einmal sprengen. Brandons Herz schlug wie wild als er mit Giselle im Schlepptau durch das nur notdürftig beleuchtete Untergeschoss schlich.
Immer wieder mussten sie sich in Ecken und Nischen verstecken um Soldaten auszuweichen, doch verglichen mit Ohama patronierten wenige Wachen die Gänge. Es musste etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang sein und damit die perfekte Zeit. Die Wachen wären müde und ihre Reaktionszeit verzögert. Brandon war stolz auf seinen Plan, obwohl er das niemals zugegeben hätte. Über einen Treppenaufgang gelangte Brandon in den riesigen Flughangar.
Zwei große Flugträger standen nebeneinander. Er hatte zuvor noch nie Flugzeuge von nahem gesehen und deren Anblick alleine reichte um ihn sprachlos zu machen. Bärenstein hatte den Bau dieser Flugobjekte immer unterbunden. Nun musste Brandon sich eingestehen, dass sie faszinierend waren. Es kostete ihn viel Kraft nicht zu einem der Flugzeuge zu laufen und es von nahem zu bestaunen.
Wie es wohl wäre eines davon zu fliegen? Über den Wolken zu schweben und die Welt von oben zu sehen? Giselle zog ihn weiter. Ihr Ziel war die Kommandozentrale. Sie navigierte die Flugzeuge in Beerellon und ohne sie würde die komplette Kommunikation mit den Piloten ausfallen.
Gabriel und Aurora würden einzelne Sprengkörper an den Flugzeugen anbringen während Evangeline und Louis die Treibstoffreserven verkabelten. Die Zündung würde per Funkt erfolgen. Reina hatte das alles noch vor ihrer Abreise fertiggestellt.
Als hätte sie gewusst, dass Brandon irgendwann etwas in die Luft sprengen musste. Vielleicht war es aber auch nur ihr Willen auf alles vorbereitet zu sein. Ein trauriges Lächeln auf dem Gesicht liefen sie weiter. Sie erklommen eine steile Treppe bis sie in dem am höchsten gelegenen Raum des Gebäudes ankamen und davor innehielten.
Vier Männer arbeiteten darin. Brandon zog seine Pistole und atmete tief durch. Er musste schnell schießen. Verfehlen war keine Option und doch plagte ihn der Gedanke zu töten. Hatte er eine andere Wahl? Schnell kalkulierte er seine Optionen. Gegen vier Männer kam er im Nahkampf nicht an. Er hatte nichts, mit dem er sie betäuben konnte.
Die Pistole war die einzige Möglichkeit sein Ziel zu erreichen und mit schweren Herzen nickte er Giselle zu. Auch sie nahm ihre Waffe und entsicherte sie. Blitzschnell öffnete Brandon die Tür und schoss.
Er traf zwei von ihnen in den Rücken noch bevor sich die anderen umdrehen konnten. Erschrockene Gesichter starrten ihn an während Giselle die anderen Zwei erschoss. Das Blut spritzte und färbte den Boden rot. Brandon würde sie nie an diesen Anblick gewöhnen können.
Er fragte sich wann das Töten wohl ein Ende haben würde.
"Wer seid ihr?", stöhnte einer ihrer Feinde. Er lag am Boden und sein Bauchschuss blutete stark. Mitfühlend beugte Brandon sich zu ihm und beschloss dem sterbenden Mann die Wahrheit zu sagen.
"Wir sind Beerelloner. Mein Name ist Brandon. Wie lautet deiner?" Sein Feind hustete und ein Schwall Blut floss aus seinem Mund. Seine Zeit verging. Unsicher sah Brandon sich nach Giselle um. Fachmännisch befestigte sie den Sprengstoff unter dem Schreibtisch und blickte ihn dann an.
"Ferdinand. Ich bin Ferdinand... Mir ist so kalt." Brandons Aufmerksamkeit war wieder bei seinem sterbenden Feind.
"Ich weiß. Es ist bald vorbei." Was anderes sollte er diesem Mann sagen? Es gab keine Möglichkeit ihm zu helfen, selbst wenn Brandon über die Tatsache hinweg sah, dass dies sein Feind war. Giselle trat zu ihm und nahm seinen Platz an Ferdinands Seite ein. Sanft strich Giselle dem Mann über das feuchte Haar und lächelte durch ihren Beißkorb.
"Ich habe...Angst.", flüsterte Ferdinand zitternd. Brandon ließ die Schultern hängen und machte den Sprengstoff scharf. Alles war bereit.
Die Fernbedienung in seiner Hand wog schwer, genauso wie sein Gewissen. Ferdinand starb leise, Giselles Hand haltend.
Ein weiterer sinnloser Tod in einem sinnlosen Krieg, dachte Brandon und schloss seinem Feind die Augen. Giselle nickte verständnisvoll und drückte seine Hand. Auch ohne Worte konnte er ihre tröstenden Worte in seinem Kopf hören. Laute Schüsse lenkte ihre Aufmerksamkeit nach draußen.
Wie der Blitz war Brandon auf den Beinen und lief mit Giselle aus dem Raum. Im Hangar erkannten sie Louis und Evangeline.
Die junge Frau war verwundet und stützte sich auf ihren Bruder. Mehrere Soldaten der NKS waren ihnen dicht auf den Fersen. Beide Parteien schossen blind mit Verzweiflung im Gesicht.
"Wir müssen ihnen helfen!", rief Brandon und rannte los. Giselle hielt ihn auf. Entschlossen deutete sie auf ihre Kameraden und schließlich auf sich selbst. Brandon verstand sofort. Sie wollte sich um ihre Feinde kümmern. Brandon sollte Louis und Evangeline retten.
Ein Risiko, schoss es Brandon durch den Kopf. Giselle könnte bei dieser Aktion sterben und was sollte er dann Noah sagen? Was sollte er Esmeralda, Giselles Tochter sagen? Nein, das konnte er nicht verantworten. Kopfschüttelnd zog er sie weg.
"Ich werde mich um sie kümmern. Du suchst nach Aurora und Gabriel. Macht das ihr hier rauskommt und zündet den Sprengstoff." Giselle verdrehte die Augen. Vor den Kopf gestoßen runzelte Brandon die Stirn. Giselle zeigte auf die Fernbedienung in seiner Hand und rannte davon.
"Giselle! Warte!", zischte er, doch ohne Erfolg. Giselle lief ihren Kameraden entgegen während Brandon kopflos nach Gabriel und Aurora suchte.
GISELLE
Was für eine Wahl hatte sie? Brandon wäre alleine doch nie in der Lage gewesen Evangeline und Louis zu retten. Sie schon. Giselle kannte ihre Fähigkeiten und wusste genau was zu tun war. In einer schnellen Abfolge von Bewegungen warf sie sich vor ihre Kameraden und öffnete den Beißkorb und ihren Mund. Das schwarze Loch mit einer enormen Saugkraft lenkte alle Kugeln ihrer Feinde ab und schützte sie vor deren Feuerkraft.
"Danke, oh Giselle! Danke." stammelte Louis vor sich hin. Hilflos und überwältigt. Giselle konnte Evangelines schmerzhaftes Stöhnen hören und nickte. Ohne sich umzudrehen, das wäre das Todesurteil für ihre Kameraden gewesen, deutete sie ihnen mit der Hand zu verschwinden.
Mit Sicherheit konnte Giselle nicht sagen, ob sie ihre Geste verstanden hatten, doch sie musste sich zu sehr auf ihren Mund konzentrieren. Nacheinander flogen Gegenstände und Männer hinein, füllten ihren Bauch und sorgten für ein warmes Gefühl in ihrem Magen.
Genüsslich schloss sie die Augen. Es war herrlich endlich wieder den Mund zu öffnen. Selbst wenn sie nicht reden konnte, war es ungeheuer befriedigend. Plötzlich war der Beißkorb wieder vor ihrem Mund, verschloss ihn und entsagte Giselle das angenehme Gefühl vollkommen.
Wütend drehte sie sich um und erkannte Gabriel. Er schwitzte stark und hinter ihm lagen die Leichen von mehreren Feinden. Sie hatten sich von hinten an Giselle herangeschlichen. Er hatte sie gerettet.
Gabriel sah die Dankbarkeit in ihren Augen und zuckte abwertend die Schultern.
"Ist nichts dabei. Komm die anderen sind längst fort. Wir haben nicht viel Zeit und ich weiß, deine Tochter würde dich gerne lebend wiedersehen." Verwundert ließ sie sich von Gabriel durch das hellwache Fluggebäude zerren. Woher wusste er von Esmeralda? Ein schriller Alarm dröhnte in ihren Ohren. Schüsse flogen über ihre Köpfe.
Es war die Schlacht auf die Giselle liebend gerne verzichtet hätte. Brandons perfekter Plan war damit auch hinfällig.
"Komm weiter! Wir sind gleich da!", rief Gabriel und packte ihren Oberarm fester. Sie wollte sich beschweren, sein Griff war zu fest. Dann jedoch sah sie den roten Fleck auf Gabriel Brust, der sich stetig weiter ausbreitete. Blut. Blut lief seine Brust hinunter, verlangsamte seine Schritte und ihre Chance diese Situation zu überleben. Panik stieg in ihr auf. Sie hatte längst die Orientierung verloren. Alle Flure sahen gleich aus.
"Da. Endlich.", murmelte Gabriel und öffnete eine braune Tür. Nur undeutlich erinnerte Giselle sich daran durch diese Tür aus dem Keller gestiegen zu sein. Im Keller herrschte ein schummriges Licht durch die Notbeleuchtung. Der Alarm war nur noch gedämpft.
"Giselle! Gabriel!", Brandon kletterte aus der Lucke und rannte ihnen entgegen, "alle anderen sind da. Oh Gott! Gabriel, du bist verwundet."
"Ja, hab ich auch schon mitbekommen.", schwach lächelnd blickte Gabriel auf den Fernsender in Brandons Hand.
"Ist alles startklar?" Unwillig schüttelte Brandon den Kopf.
"Ich habe kein Signal im Tunnel. Ich dachte es würde funktionieren, aber..." Ohne Kommentar nahm Gabriel ihm den Sender ab und schob Giselle und Brandon zur Lucke. Er hustete schwer. Beide wehrten sie sich. Gabriel wurde wütend.
"Ich weiß, ihr meint es nur gut, aber...ich schaffe es nicht. Geht und schaut nicht zurück!" Gabriels Beine gaben nach, doch bevor er stürzen konnte fingen sie ihn auf. Vorsichtig legten sie ihn auf den Boden. Es war wie ein Deja-vu. Nur war es kein Feind dem sie nun die letzte Ehre erweisen mussten. Es war ein Freund.
"Geht. Jetzt.", stöhnte Gabriel und schweren Herzen musste Giselle seinen Wunsch erfüllen. Stur zog sie Brandon zur Lucke und kletterte nach ihm in die Kanalisation.
Mit einem letzten Blick nickte sie Gabriel zu und sah ein stolzes Lächeln auf seinen Lippen. Brandon und Louis nahmen die verletzte Evangeline in ihre Mitte. Aurora lief vor ihnen, Giselle hinter ihnen. Sie blickten nicht zurück, auch nicht als eine gewaltige Explosion die Decke über ihnen zittern ließ und Staub hinunter rieselte.
WASHINGTON
Wütend stand Washington vor den Ruinen seines Flughafens. Nichts war davon übrig geblieben. OneSheep hatte alle Flugzeuge, den gesamten Treibstoff und wichtige Elektronik vollkommen zerstört. Niemand konnte sich erklären wie sie überhaupt in das Gebäude gelangt waren.
Die elektrischen Zäune und bewachten Mauern waren undurchdringlich. Washington hatte da so eine Idee. Roosevelt. Er war für den Bau des Flughafens verantwortlich gewesen. Es war sein Genie, das es ihnen bis zu diesem Zeitpunkt erlaubt hatte die Oberhand in diesem Krieg zu bewahren. Nun ohne ihre stärkste Waffe war es aus.
Sieg war keine Option mehr. Washingtons Atmung ging unregelmäßig. Die Fäuste waren geballt und die Kiefer zusammengepresst. Sein Traum war in diesen Flammen gestorben. Niemals würde aus diesem Land seine neue Heimat werden können. Alles war vorbei!
"Sir. Unsere Armee erwartet Befehle. Wie sollen wir mit dieser...Situation umgehen?", fragte ein Offizier neben ihm. Washingtons Gedanken rasten und kamen dann zu einer kristallklaren Ruhe. Seine Hände öffneten sich langsam und ruhig atmete er durch.
"Unsere Armee wird die Akademie angreifen."
"Wie alle? Was ist mit den anderen Fronten?"
"Die sind egal. Setz alles was wir haben in der Akademie ein. Nichts hat darüber Priorität. Die Henotellos müssen sterben."
Der Offizier nickte ergeben. Washington verabschiedete sich von seinem Traum und stieg wieder in den wartenden Helikopter ein. Er würde noch genügend Benzin haben um ihn zurück nach Sankt Sandrina zu bringen. Und danach auf ein Schiff zurück in die Heimat.
Dieses Projekt war zum Sterben verurteilt, aber er würde nicht mit ihm sterben.
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