10. Moment der zerstörten Herzen
Ich bin ein Gott! Für mein Land zumindest. Ich bin vielleicht kein erstgeborener Henotello wie mein Vater es gewesen war, doch nichts davon hat wert wenn du den Namen Bärenstein trägst. Und nun da mein Vater endlich tot ist und ich an der Macht bin, kann ich alles tun was ich will. Die Frau, die er mir aufgedrängt hat, gebar mir nur eine Tochter. Nutzlos und unwürdig den Namen Bärenstein zu tragen. Also suche ich mir eine andere Frau, die mir mehr geben kann. Aber wenn ich ehrlich bin, geht es mir nicht um einen Erben. Ich habe endlich die Freiheit zu tun, was immer ICH will und niemand wird mir diese Freiheit nehmen.
Brandon starrte seinem besten Freund ins Gesicht und versuchte herauszufinden, was in seinem Kopf vorging. Nates beinahe blaue Augenringe und die blasse Haut ließen ihn fast wie einen Zombie aussehen. Brandon hatte ihn noch nie so gesehen. Selbst im Bunker hatte Nate sich seine braune Haut erhalten und egal welche Uhrzeit es war, er hatte immer voller Energie gesteckt.
Nun allerdings war von dem alten Nate nichts mehr zu sehen und Brandons Besorgnis für seinen Freund vermischte sich mit seiner generellen Sorge um Ohama und diesen verdammten Krieg. Nichts lief wie geplant. Trotz der gemeinsamen Arbeit mit Bärenstein war den NKS nicht beizukommen. Ihre Flugzeuge warfen permanent Bomben auf OneSheeps Siedlungen und selbst Silny Syn schien nun endlich die harten Geschütze ihres Gegners zu begreifen. Killian berichtete von schweren Kämpfen und Bärensteins langsame Verzweiflung.
"Was ist es, dass du besprechen wolltest? Ich hab einiges zu tun.", brummte Nate ihm gegenüber und schob einige Berichte auf seinem Schreibtisch herum. Sie saßen in dem offenen Büro, das Nate sich mit seinen Mitarbeitern teilte.
Es war niemand da, Brandon hatte ihnen allen den Nachmittag frei gegeben um dieses Gespräch unter vier Augen haben zu können. Die Leere und Stille im Büro wirkte gespenstisch, doch von der Straße her konnte Brandon genügend Menschen hören um sich nicht unwohl zu fühlen. Ohama war eine volle Stadt, die aus allen Nähten platzte. Er war die Menschen und ihre Geräusche gewohnt und würde sie nicht missen wollen. Sie waren der Beweis, das seine Stadt noch lebte und kämpfte. Brandon schüttelte den Kopf.
Nates Mitarbeiter waren schon vor Tagen an ihn herangetreten und hatten von einer Arbeitsschwierigkeit gesprochen. Sie alle machten sich große Sorgen um Nate und als Brandon in dessen Gesicht sah, erkannte er auch warum. Die hektischen Augen seines Freundes wanderten ziellos über seinen Schreibtisch und das Büro. Offensichtlich war hier schon eine Weile keine Arbeit verrichtet worden.
"Ich mache mir Sorgen um dich.", meinte Brandon vorsichtig. Nate schnaubte.
"Das ist nicht nötig. Mir geht es gut. Siehst du alle Gliedmaßen noch da. Also geh und sorg dich um jemanden der es mehr nötig hat."
"Ich denke, du hast meine Sorge ebenso nötig. Du verhältst dich merkwürdig. Cassandra meint du schläfst schlecht und isst wenig."
"Ach was weiß die schon!", fuhr Nate aufgebracht dazwischen und ballte die Fäuste, "hinter meinem Rücken reden. Das ist eine beschissene Art."
"Sie hat versucht mit dir darüber zu sprechen, aber das hat ja nicht geklappt. Deshalb ist sie zu mir gekommen. Sie ist deine Frau, sie liebt dich und sorgt sich um dich."
"Das ist alles Schwachsinn. Wir haben Krieg, habt ihr nichts besseres zu tun als euch in meine Angelegenheiten einzumischen."
Brandon seufzte schwer und runzelte die Stirn. Er erkannte seinen Freund nicht wieder. Nate war nie so verschlossen gewesen. Brandon hatte ihn als weltoffenen und extrovertierten Menschen kennengelernt, jemand der keine Geheimnisse hatte und niemals grausam zu denen wäre die er liebte.
Er hatte immer vermutet, dass es der frühe Tod seiner Eltern gewesen war, der Nate zu solch einem starken Verfechter seiner Lieben machte und vor Cassandra hatte er niemandem sein Herz geschenkt. Brandon hätte nie geglaubt, dass sein Freund diese Liebe leichtsinnig aufs Spiel setzten würde. Doch mit jeder verstreichenden Minute zerstörte Nate das Vertrauen, dass er über Jahre aufgebaut hatte.
"Es geht mir wirklich gut, Bran. Geh einfach und mach deine Arbeit. Und ich mache meine.", brummte Nate und zog sich eine hellbraune Mappe hervor. Brandon bewegte sich nicht von seinem Platz. So leicht würde er nicht aufgeben.
"Mir ist auch aufgefallen, dass du viel Zeit mit Elodie verbringst." Nate lächelte schief als er den Namen der Botschafterin hörte. Misstrauisch beugte Brandon sich vor.
"Sie ist wunderschön."
"Diese Tatsache haben wir schon einmal besprochen. Aber sie gehört nicht zu uns. Sie ist Bärensteins Botschafterin und schon deswegen ist ihr nicht zu trauen. Außerdem meint Honora sie könne nicht in ihre Gedanken blicken. Irgendwas stimmt da nicht."
Brandon hatte noch ein paar Mal versucht Honora in Elodies Nähe zu bringen, doch jedes Mal fühlte sich das Mädchen danach furchtbar schlecht und schließlich sah auch Brandon die Zwecklosigkeit ein. Nate fuhr sich durch die Haare und stützte dann den Kopf in die Hände. Sein Brustkorb senkte sich schwer auf und ab.
"Das bildest du dir ein, Brandon. Sie ist hier als Verbündete. Und du hast recht, ich hab ihr die Stadt gezeigt und dabei viel Zeit mit ihr verbracht. Sie ist nicht gegen uns, vertrau mir."
Nates nervöses Fingerspielen und das unruhige Tippen mit seinem Fuß, ließen dessen Behauptung nicht unbedingt glaubwürdiger erscheinen. Es schien fast als hätte er diese Zeilen auswendig gelernt und würde sie nun aus Reflex wiederholen.
"Das würde ich gerne, wenn du mit Cassandra redest. Sie ist wirklich fertig. Das kannst du ihr nicht antun." Verwundert hob Nate die Augenbrauen.
"Was?" Nur widerwillig sprach Brandon die Worte aus.
"Wenn du sie mit Elodie betrügst oder sie verlassen möchtest, dann rede mit ihr. Sei kein Feigling und schleich hinter ihrem Rücken herum. Diese Heimlichtuerei bricht ihr das Herz jeden Tag aufs neue. Das hat sie nicht verdient." Nate öffnete und schloss den Mund innerhalb einer einzelnen Sekunde.
"Es gibt nichts zu bereden.", murmelte er in seine Hände und Brandon beschloss eine andere Taktik. Seufzend beugte er sich vor.
"Nichts das wir hier sagen, muss den Raum verlassen. Ich werde Cassandra kein Wort verraten, aber wenn du sie mit Elodie betrügst, muss ich dir leider schlechten Geschmack und einen schlechten Charakter vorwerfen. Ich bin dein bester Freund, wenn nicht ich, wer dann." Nate sprang überraschend auf und griff nach Brandons Shirtkragen.
"Ich betrüge sie nicht.", rief er beinahe verzweifelt und das erste Mal konnte Brandon die Hilflosigkeit in den Augen seines Freundes erkennen. Irgendwas stimmte hier ganz gewaltig nicht. Bevor er allerdings eine Erwiderung ausstießen konnte, hörten sie von draußen eine schrille Sirene losheulen. Es war das Zeichen eines Luftangriffs.
Sie hätten gut zwanzig Minuten um zu einem der Bunker der Stadt zu laufen und dort auf die Bomben zu warten. Da es in Ohama regelmäßige Übungen gab, reagierten sowohl Nate als auch Brandon routiniert. Sie griffen sich die wichtigsten Dokumente aus dem Safe in Nates Büro und liefen los. Draußen herrschte geordnetes Chaos. Jeder wusste, dass sie rechtzeitig in den Bunkern sein würden und drängten daher nicht, aber die unterschwellige Panik war greifbar in der Luft.
Es wurde leise miteinander geredet und hier und da weinte jemand. Die Sirene heulte währenddessen weiter und unterstrich die Dringlichkeit. Die zusätzliche Zeit hatten sie ihren fliegenden Spähern zu verdanken. Henotellos, die den Luftraum über Ohama patrollierten und gefahren bereits früh erkennen konnten.
"Mama, ich hab meinen Stoffhasen vergessen.", meinte ein kleines Mädchen neben Brandon und unterdrückte nur mit Mühe die ängstlichen Tränen. Die Mutter neben ihr, sah sich hilflos um.
"Es tut mir leid, mein Engel, dein Häschen wird auf uns warten müssen." Zu Brandons Überraschung nickte das Mädchen nur stoisch und drückte die Hand ihrer Mutter fest.
"Elodie! Hast du Elodie gesehen?", panischer als das kleine Mädchen streckte Nate sich um über die Menschen zu blicken.
"Sie wird in einem der Bunker landen. Ich mache mir allerdings mehr Sorgen um Reina und Cassandra."
"Oh, richtig Cassandra.", flüsterte Nate als wäre ihm erst in diesem Moment wieder eingefallen, dass er eine liebende Frau hatte. Viktorias Stadtwache drängte die Menschen in geordnete Reihen und stellte so sicher, dass die Bewohner der Stadt gleichmäßig verteilt waren. Wieder einmal bewunderte er die Disziplin von Viktorias Soldaten.
Teil der Stadtwache zu sein, war ein großes Privileg und als solches waren die Aufnahmetests rigoros. Viktoria war strenger als so mancher seiner Ausbilder in der Militärakademie von Bärenstein, dennoch war Brandon froh über ihr Engagement. Nach ein paar Minuten kam Noahs Schule in Sicht. Unter diesem alten Gebäude befand sich der größte Bunker der Stadt. Er war absichtlich gleich unter der Schule eingerichtet worden.
Die Kinder sollten zuerst gerettet werden und nicht so viel laufen müssen. Ihre Sicherheit war jedem in der Stadt am wichtigsten gewesen.
"Ich hoffe deine Mutter ist auch hier.", meinte ein älterer Herr hinter Brandon zu einer jungen Frau.
"Sie wird da sein, Papa. Wir müssen nur auf sie warten. Wie in den Übungen. Alles wird gut." Fasziniert lauschte Brandon den leisen Gesprächen der Flüchtigen.
"Ob unsere Wohnung es übersteht? Ich habe noch alte Fotografien dort versteckt. Von deinem Vater und mir auf unserer Hochzeit."
"Die Sirene ist so laut. Ich habe Angst."
"Wir werden unseren Bruder im Bunker wieder sehen."
"Wann hören diese Teufel nur auf Bomben auf unsere Köpfe zu werfen?"
"Wir müssen nur ruhig bleiben und auf unsere Regierung vertrauen, auf Wolf, alles wird gut."
Vorsichtig drehte Brandon seinen Kopf in die Richtung aus der die letzte Stimme gekommen war. Er erkannte einen der Henotellos aus der Akademie. Sie hatten zusammen gekämpft, Seite an Seite. Sein Vertrauen wurzelte aus echter Kameradschaft.
"Vorsichtig beim Abstieg, die Stiegen könnten rutschig sein.", warnte eine der Stadtwachen vorm betreten des Gebäudes. Nickend trat Brandon mit Nate an seiner Seite durch die geöffnete Doppeltür und folgte dem Strom der Menschen, durch das alte Gemäuer und seinen endlosen Gängen, hinab in den Keller. Die notdürftig beleuchtete Wendeltreppe führte tief hinab ins dunkle Erdreich und öffnete sich zu einem großen Raum, dessen offene Türen zu weiteren Räumen führten.
"Weitergehen bitte! Gehen Sie weiter bis in die hintersten Räume, damit die anderen nachkommen können.", forderte eine Stadtwache und Brandon tat wie ihm befohlen. Nate jedoch schien immer unruhiger zu werden.
"Ich sehe Elodie nirgends. Du?" Brandon schüttelte verwirrt den Kopf. Er interessierte sich einen Dreck um Elodie. Seine Augen suchten nach Reina, Honora, Diana und Zosia. Sein Herz verkrampfte sich als er an ihren möglichen Tod oben in der Stadt dachte.
"Bran!", rief plötzlich jemand vor ihm und sofort wandte Brandon sich um. Honora rannte ihm entgegen. In ihren hellgrünen Augen schimmerten Tränen der Erleichterung.
"Ich bin so froh, dich zu sehen.", flüsterte sie an seiner Schulter und ebenso glücklich umarmte Brandon das Mädchen fest. Ihre lebendige Wärme zu spüren, war Balsam für seine verzweifelten Nerven.
"Hast du Reina, Diana oder die anderen gesehen?", fragte er aufgeregt und bekam die gewünschte Antwort. Honora lächelte und zog ihn und Nate in eine Ecke des hintersten Raumes. Die Wände waren trocken, aber sehr kalt. Die Stadtwachen gaben Decken aus und heißen Tee. Wohin man auch blickte, saßen Männer, Frauen und Kinder zusammen oder alleine und wärmten einander in dieser schweren Stunde. Und dort in der Ecke saß Reina mit einem geöffneten Radio auf dem Schoss und den langen Haaren im Gesicht.
"Reina, schau wen ich gefunden hab.", beschwor Honora und angespannt blickte seine Geliebte auf. Ihre Augen trafen sich und eine immense Schwere glitt von seinen Schultern. Sie war hier und in Sicherheit. Ohne zu zögern überwand er die letzten Schritte die sie trennten und riss sie in seine Arme. Das Radio polterte zu Boden.
"Du bist hier.", hauchte sie und drückte sich mit aller Gewalt an ihn. Brandon spürte sein wildes Herz schlagen und die Angst wie Flüssigkeit aus ihm fließen.
"Weißt du was von Diana, Erik und Zosia?" Reina schüttelte den Kopf.
"Leider nicht, aber vielleicht sind sie hier noch irgendwo oder aber sie sind im Bunker in der Nähe des Henotello- Hauses von Nasreen." Sorgenvoll strich Brandon über ihr Haar und versuchte sich einzureden, dass es ihnen gut gehe.
Ihre Notfallpläne waren immer gut gewesen, sie verloren hauptsächlich Material und Werkzeug in den Angriffen, aber die Gefahr bestand weiterhin. Brandon wollte nicht an seine kleine Nichte denken, die ängstlich nach Killian suchte und ihn nicht fand. Wieder nagten die Zweifel und Schuldgefühle an ihm.
"Nate!", rief Cassandra neben ihnen und schloss ihren Ehemann ebenso in die Arme, doch schien dieser die liebevolle Geste nicht zu erwidern.
"Was ist passiert? Hast du mit ihm geredet?", fragte Reina so leise, dass nur er es hören konnte.
"Ich habe es versucht.", erwiderte er vorsichtig und beobachtete wie der Rest der Anwesenden die grausame Szene. Nate riss sich von Cassandra los und starrte suchend in die Menschenmassen. Sein Blick war ziellos und die Anspannung in seinem Körper unübersehbar.
"Elodie! Ich muss Elodie finden. Vielleicht hat sie die Notfallpläne vergessen und irrt da draußen jetzt herum.", rief er aufgebracht. Fassungslos wich jede Körperspannung aus Cassandra und mit hängenden Schultern schien sie zu begreifen.
"Was kümmert dich die Botschafterin dieses Monsters.", hauchte sie, und Brandon wusste, dass ihr die folgenden Worte nur wehtun konnten. Nate schien die Kreuzung auf der er sich befand, nicht zu bemerken.
"Weil ich sie liebe!", fuhr er seine Ehefrau an und stürmte hastig davon. Hinterließ gebrochene Herzen und verwirrte Seelen. Cassandras Körper begann zu zittern und Sekunden später war Reina bei ihr um sie zu stützen.
"Was...? Ich..dachte..", murmelte Honora neben ihm und blieb mit offenem Mund wie angewurzelt stehen. Brandon konnte nicht glauben, dass sein bester Freund, tatsächlich diesen Weg eingeschlagen hatte. Cassandra schluchzte atemlos, klammerte sich hilfesuchend an Reina während ihre Beine nachgaben.
Brandon kam ihr zu Hilfe, hob sie hoch und trug sie zu dem Deckenlager, das Reina und die anderen schon vor seiner Ankunft bereitet hatten. Reina hielt Cassandra fest umklammert, als diese ihrer Trauer in unzähligen Tränen Ausdruck verlieh.
"Warum?", flüsterte Cassandra immer wieder und Brandon hatte beim besten Willen keine Antwort für sie. Von weitem hörten sie Nate verzweifelt rufen. Es wurde erst still als die erste Bombe die Erde zittern ließ. Staub und Dreck rieselte von der Decke und ängstlich klammerten die Menschen sich aneinander. Es kümmerte niemanden mehr wer der Fremde neben einem war, wichtig war nur, nicht alleine zu sein.
Die Furcht schweißte sie ebenso zusammen wie der Hass auf die Teufel, die ihnen diesen Bombenregen zukommen ließen. Die NKS hielt sich nicht zurück. Immer wieder knallte es. Honora klammerte sich an ihn während er Reinas Hand hielt.
Der Angstschweiß tropfte von seiner Stirn und die Sorge um seine Nichte wuchs mit jeder verstreichenden Minute. Waren sie in Sicherheit? Reina blickte ihm entgegen und formte lautlos mit ihren Lippen die Worte "Ich liebe dich". Brandon erwiderte es ernst und nahm sich vor, diese Frau zu heiraten.
Seine Entscheidung endgültig, keine Zweifel, keine Bedenken. Niemals würde er ohne sie leben wollen.
DIANA
Das kleine Mädchen in ihren Armen sah sich ängstlich um, schrie jedoch nicht. Zusammen mit den anderen Henotellokindern- und jugendlichen saß sie im kleinen Bunker unterhalb des Henotellohauses. Nasreen war mit dem ersten Aufheulen der Sirene mit Wasser und Tabletten herumgegangen. Sobald alle Leute im Bunker waren hatten sie die Medikamente genommen. Diana wollte es ihnen gleichtun, doch Nasreen hatte sie aufgehalten.
"Das sind Schlaftabletten. Du bist keine Henotello mit Gabe und brauchst sie nicht. Aber die Kinder und Jugendlichen, die ihre Gabe nicht richtig kontrollieren können, würden den Stress der Bomben nicht aushalten und uns in Gefahr bringen."
"Also schickst du sie schlafen?" Nasreen hatte ernst genickt. Diana hatte ihr angesehen, dass ihr diese Tat nicht leichtfiel, sie aber dennoch notwendig war.
"So ist es für alle sicherer. Diese Gaben können tödlich sein. Es ist besser wenn alle schlafen. In ein paar Stunden wachen sie auf und alles ist wieder in Ordnung."
Sofern der Bunker hielt und sie nicht durch eine gezielte Bombe starben, wollte Diana erwidern hielt jedoch den Mund. Erik hatte ebenso wie die anderen Kinder die Tablette genommen und war an ihrer Seite eingeschlafen. Seine zierliche Gestalt drückte sich unbewusst an sie als suche er die Nähe einer vertrauten Person. Zosia natürlich nicht. Das Mädchen war zunächst neugierig gewesen, hatte sich umgesehen, gebrabbelt und gelacht.
Doch als die Bomben fielen, bekam auch sie Angst. Diana drückte ihr Pflegekind fest an sich und strich über ihren blonden Haarschopf. So hatte sie sich den Tag wirklich nicht vorgestellt. Eigentlich hätte es ein schöner Tag werden sollen. Sie war mit den Kindern spazieren gegangen, hatte Erik ein paar neue Dinge über die Natur beigebracht und Zosia Märchen erzählt. Sie genoss das Leben mit den Kindern sehr und jeden Tag sah sie das Vertrauen zwischen ihnen wachsen.
Es war genauso wie Anna und sie es sich immer gewünscht hatten. Eine Familie. Nun konnte Diana auch Killians Unwillen zu gehen nachvollziehen. Es musste ihm das Herz gebrochen haben, diese Kinder zurück zu lassen. Besonders Zosia fremdelte noch etwas wenn Diana sie schlafen legen wollte. Erik musste immer dabei sein und die Hand des kleinen Mädchens halten, oder sie würde nicht einschlafen. Das Mädchen vermisste ihren Vater und Diana konnte das sehr gut verstehen.
"Alles in Ordnung?" flüsterte Nasreen neben ihr angespannt. Sie und die älteren Henotellos, die kampferprobten Henotellos hatten keine Tablette genommen. Diana vermutete, dass sie während ihrer Ausbildung genügend Stress ausgesetzt gewesen waren um eine gewisse Härte dagegen entwickelt zu haben.
"Ich wünschte Killian wäre da," erwiderte Diana ehrlich. Nasreen runzelte die Stirn.
"Ich wusste nicht, dass ihr euch nahestandet."
"Taten wir auch nicht, aber dies hier sind seine Kinder. Es tut mir in der Seele weh, daran zu denken, dass sie ihn vielleicht nicht wiedersehen bevor.."
"Dazu wird es nicht kommen. Dieser Bunker hat schon viele Male gehalten und uns wird nichts passieren. Wir müssen nur durchhalten." Diana nickte, konnte jedoch das schlechte Gefühl in ihrer Magengrube nicht völlig vertreiben. Nasreen legte eine Hand um ihre Schulter und betrachtete Zosia liebevoll.
"Meine Tochter wäre sicher auch so hübsch geworden wie du.", hauchte sie dem Kleinkind zu und lächelte traurig. Diana verarbeitete die Worte ihres Sitznachbarn und konnte sich doch nicht daran hindern neugierig zu sein.
"Was ist passiert?", fragte sie zaghaft. Nasreen blickte sie an. Das Lächeln sprach von einer persönlichen Tragödie.
"Ich habe mein Kind im fünften Monat verloren. Es war eine Fehlgeburt. Hat lange Zeit weggetan, aber ich habe mich damit abgefunden."
"Vermisst du die Aussicht Mutter zu werden?", fragte Diana und sah etwas von sich selbst in Nasreens nachdenklichem Gesicht.
"Ja und nein. Das Kind war nicht meine Wahl. Es entstand in der Akademie und obwohl ich dem Vater sehr verbunden war und immer noch bin, wäre doch ein Schatten über unserer Beziehung gelegen."
"Das kann ich verstehen. Ich liebe dieses Mädchen und Erik auch. Aber ich bin nicht deren Mutter oder gar Vormund. Ich bin der Grund weshalb ihr geliebter Vater fortgehen musste und das wird sich auch nicht ändern." Nasreen sah zu Erik.
"Sie werden es verstehen. Irgendwann. Und vielleicht bekommst du die Chance selbst Mutter zu werden." Diana schüttelte traurig den Kopf. Diese Vorstellung hatte sie längst aufgegeben. Bekümmert seufzte sie.
"Ohne meine Liebste möchte ich diesen Weg nicht gehen."
Anmerkung der Authorin: Warum gestaltet sich dieses Buch so verdammt schwer?...Ich sollte nicht so streng mit mir sein oder? Immerhin ist es meine erste Buchreihe. Ich hab sowas noch nie gemacht. Trotzdem....
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