2. verliere
-Yoongi-
Ich wachte auf.
Es war warm und weich.
Das war nicht meine Wohnung.
Was war als letztes passiert?
Wo war ich?
War ich tot?
Fühlte sich so der Tot an?
Wenn es so war, konnte ich mich nicht beschweren.
Ich würde einfach den Rest meines Lebens- oder meines Totseins, so verbringen. In dem Seligen Zustand zwischen wach und schlafen, an einem warmen und weichem Ort ...
Dann riss ich meine Augen auf. Ich war nicht tot, verdammt. Stattdessen erinnerte ich mich wieder. Die Brücke, der Junge, seine festen Arme die mich vom Springen abgehalten hatten. Er hatte mich wohl gerettet. Zählte es überhaupt als retten wenn ich nicht gerettet werden wollte? Warum hatte ich mich auch in der Stadt umbringen wollen, und nicht in meiner Wohnung? Natürlich wusste ich es, ich hatte nicht die letzte Tat meines Lebens eingeengt, an einem Ort den ich hasste, ausführen wollen.
„Du bist wach“
Ich zuckte bei der weichen Stimme zusammen und richtete mich schnell auf, was mein Kopf mit einem schmerzhaften Pochen zur Kenntnis nahm. Wo auch immer ich war, es war dunkel, mehr erkannte ich nicht.
„Leg dich wieder hin“
Während ich meinen Kopf mit einer Hand hielt, und mein Gesicht in Schmerzen verzog, spürte ich zwei weiche Hände die mich sanft nach unten drückten.
Ich war doch nicht in einer Psychiatrie, oder?
„Wo bin ich?“, fragte ich mit kratziger Stimme.
„Alles gut, du bist bei mir Zuhause. Mach dir keine Sorgen, schlaf einfach“
Am liebsten hätte ich geantwortet, aber mein Körper zog mich bereits wieder in die tiefen des Schlafes zurück. Weg von der verwirrenden Realität.
Wie lange ich noch schlief wusste ich nicht, das einzige was ich wusste das ich irgendwann wach war. Und es war hell.
Noch schläfrig blickte ich mich in dem Raum um. Durch ein großes Fenster auf der Wand fiel Sonnenlicht herein, auch wenn vor dem Fenster ein Baum stand. Im Zimmer waren einige weiße Regale und ein großer Schrank, jedoch alles was ich sah wirkte noch neu und unbenutzt, so als wäre der Raum gar nicht bewohnt.
Ich sah an mir herunter. Wenigstens trug ich immer noch meine Kleidung, auch wenn deren schwarz nicht in die weiße, helle Umgebung passte. Aber nicht nur meine Kleidung passte nicht hier her, auch ich nicht. Alles wirkte teuer, ich hoffte zutiefst, für meinen Aufenthalt wurde kein Geld verlangt, zumal ich ja nicht einmal hier hatte sein wollen. Und alles war weiß, alles war klar und fröhlich, auch wenn noch die Wärme eines Menschen in der Einrichtung fehlte. Noch unpassender könnte dieser Ort, für mich, wohl kaum sein können.
Langsam stand ich auf. Mein Magen knurrte. Wie lange ich wohl nichts mehr gegessen hatte... Ich wollte es gar nicht wissen.
Vorsichtig ging ich zu der weißen Tür, öffnete sie leise,
und blickte direkt in ein paar braune Augen. Kein normales braun, eher eines voller Goldener Sprenkel, welche das Braun wie flüssigen Bernstein aussehen ließen. Gebannt blinzelte ich. Als mein Gehirn endlich wieder zu einer richtigen Handlung fähig war, trat ich einen Schritt zurück. Vor mir stand ein Junge in meinem Alter, der, der mich „gerettet“ hatte, zumindest nach dem an was ich mich noch träge erinnere. Er hatte blonde Haare, welche ihm leicht in der Stirn hängen und ich spürte den Drang sie ihm aus dem Gesicht zu streichen. Er hat volle Lippen und war etwa so groß wie ich, eher etwas kleiner. Seine Haut war rein und wirkte weich, ich würde sie liebend gerne einmal anfassen. Vorsichtig biss ich mir auf meine Lippe.
„Hi“ sagte mein Gegenüber. Es war dieselbe Stimme, die ich gehört hatte als ich das letzte mal wach gewesen war. „Ich bin Jimin und du?“ Er sprach seinen Namen so aus als wäre er stolz auf sich selbst, darauf wer er war. Wahrscheinlich unbeabsichtigt. Aber trotzdem, so hatte ich meinen Namen lange nicht mehr ausgesprochen. Einige Sekunden herrschte Stille und Jimin lachte verlegen. „Yoongi.“ bracht ich leise hervor. Jimins Augen leuchteten auf. „Das ist ein schöner Name!“ sagte er enthusiastisch. „Finde ich nicht.“
Jimin zuckte nur mit den Schultern und zog mich an meinem Arm mit. Er führte mich eine Treppe runter, in das Erdgeschoss. Ich wehrte mich nicht. Warum auch, es würde eh nichts bringen. Schließlich hielt er mit mir in einem Raum an in welchem ein Sofa, ein Fernseher und ein Tisch mit Stühlen war.
„Komm setz dich“ Sagte Jimin lächelnd. Zögernd ließ ich mich auf dem Sofa nieder. Würde er jetzt seine Forderungen stellen, dafür das er mich eine Nacht hier hatte schlafen lassen? Oder wollte er mich in eine Psychiatrie bringen, wie es wohl jeder vernünftige Mensch tun würde? In Gedanken vertieft bemerkte ich fast nicht als Jimin sprach, blickte ihn jedoch, bei dem was er sagte, an.
„Warum wolltest du dich umbringen?“
Ich öffnete meinen Mund. Und schloss ihn wieder. Was sollte ich sagen? Dieser Jimin schien nie auch nur Probleme gehabt zu haben, so wie er mich ansah. Was wollte er denn von mir hören? Innerlich seufzte ich. „Warum nicht?“ sagte ich schließlich leise und lehnte meinen Kopf nach hinten um an die weiße Decke zu sehen. Wieder herrschte Stille. Wahrscheinlich hatte Jimin nicht mit so einer sinnlosen Antwort gerechnet. Freudlos lachte ich und blickte wieder nach vorne in seine braunen Augen die mich stumm ansahen. „Es gibt ja keinen Grund noch weiter zu leben“ murmelte ich. Jimins Augen weiteten sich ganz leicht, aber er sagte immer noch nichts. Stattdessen sah ich etwas wie Mitleid in seinen verdammten Augen. Der Typ war ja fast noch schlimmer als ein Psychat, hatte wahrscheinlich noch nie irgendwas schlechtes erlebt.
Mitleid brachte nichts. Und das würde es auch nie. Mit Mitleid alleine half man niemandem. Wenn mit Mitleid Taten folgen würden, wäre es vielleicht anders, aber welche Taten wären denn angebracht, und wer würde das schon tun? Würde sich nicht jeder von diesen schlechten Menschen wie mir einfach wegdrehen und das Leben wie vorher weiterleben? Wenn man mich in eine Psychiatrie steckte, nachdem ich mich umbringen wollte, steigert das nicht meinen Wert, warum war ich denn noch nicht würdig gesehen zu werden bevor ich auf diese verdammte Brücke gestiegen war?
Mein Kopf fiel wieder nach hinten auf die Lehne und ich schloss meine Augen um meine sinnlosen Gedanken zu stoppen. Nach vielen Minuten, hörte ich Jimin aufstehen.
Endlich würde er gehen, mich rausschicken und weiter sein perfektes Leben leben während ich dem ganzen diesmal wirklich ein Ende setzen würde.
Und dann umarmte er mich. Seine Arme umschlungen mich und er krallte sich in meinen Hoodie, wie auf der Brücke. Starr saß ich da, während seine Wärme auf mich überging. Zitternd atmete ich aus, ich hatte gar nicht bemerkt das ich die Luft angehalten hatte. Er war mir so nah... Warum tat er das? Sein Kopf lag auf meiner Brust und ungewollt schlug mein Herz schneller. Warum ...?
Aber ehe ich irgendwie reagieren konnte, löste Jimin sich wieder von mir. Sanft lächelte er mich an und ging wieder ein paar Schritte von mir weg. Immer noch starr und sprachlos sah ich ihn an.
„Hast du einen Ort wo du hingehen kannst? Oder eine Person die auf dich aufpasst?“ Fragte Jimin nach einer Weile.
Erst wollte ich nicken. Ich hatte einen Job, auch wenn er schlecht war und mich wohl kaum zufrieden machte und ich hatte eine Wohnung, zwar klein und dreckig, aber ich hatte sie.
Jedoch hatte ich niemanden der auf mich aufpasste. Mein Vater war tot, und mit meiner Mutter hatte ich das letzte mal an meinem Schulabschluss geredet.
„Ich habe eine Wohnung...“ sagte ich zu Jimin, während ich ihn auf seine Reaktion beobachtete.
„Ähm, das ist gut schätz ich..?“ Zögernd antwortete Jimin mit einem leichten Lächeln. „Na dann bringen wir dich mal zu dir nach Hause!“ Enthusiastisch grinste er mich nach dem gesagten an.
Nach Hause...
Vielleicht hätte ich ihm sagen sollen das ich zwar eine Wohnung hatte, aber kein Zuhause.
Nächstes Update: 12. November
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