20.Kapitel
Eine sehr lange Zeit war es ruhig im Raum. Liam schien einfach nur wütend und fassungslos zu sein. Er blinzelte auffällig mit den Augen und seine Muskeln waren immer noch angespannt. Ich senkte meinen Kopf und ließ meine Haare ins Gesicht fallen ,um meine sich mit Tränen füllenden Augen zu verbergen. Ich hasste es vor anderen zu weinen. Mein Stolz wollte es nicht zulassen, immer wollte ich stark wirken, obwohl ich wirklich alles andere als das war. Noch nie hatte ich vor jemanden geweint. Ich hatte eine wirkliche außerordentliche gute Tränen-Zurückhalten-Technik entwickelt. So hatte ich nie Schwäche vor meinen Mitschülern, die mir verachtende Blicke, die Lehrer, die mich wegen meinen plötzlich verschwunden Heften und Büchern, die sicher jemand versteckt hatte,angemotzt hatten und auch nicht vor meiner Mutter, die mich wegen jeder Kleinigkeit anpflaumte gezeigt
Aber als Liam mich auch einfach nur in den Arm nahm, war es mit meiner Beherrschung vorbei. Manchmal braucht ein Mensch keine großen Worte, sondern einfach nur eine Umarmung von einem Menschen, den man liebt und bei dem man sich wohlfühlt. Das tat mehr gut als gestammelte Beileidsbekundungen, weil man nicht wusste was man sagen wollte.
Ich schniefte an seiner Brust und heulte mir die Augen aus. Jetzt merkte ich, wie befreiend weinen sein konnte. Es schien mir als wäre eine riesige Tonne Steine von meinem Herz gefallen und das war ein wunderbares Gefühl. Seine Hand strich mir beruhigend über seinen Rücken. Früher hatte ich immer gedacht, Männer konnte nichts mit heulenden Frauen anfangen, aber Liam konnte das definitiv. Er schwieg einfach nur. Endlich versiegten die Wasserfälle aus meinen Augen.
Ich saß auf Liams Schoß, wie ein kleines Kind bei seinem Vater und hatte die Arme um seinen Nacken verschränkt. Liam lächelte mich an und strich mir über meine tränenassen Wangen.
"Wenn ich das gewusst hätte, Sandy. Ich bin so schockiert, ich weiß nicht was ich sagen soll. Doch ich Glaube nicht, das deine Mutter es damals ernst gemeint. Vermutlich hat sie das nur aus Zorn gesagt. Du bist wunderbar Sandy, wirklich.",versicherte er. Ich schnaubte durch die Nase.
"Das sagst auch nur du."
Er schürzte seine Lippen.
"Ach Sandy."meinte er nur. "Ich weiss nicht, wie ich es dir noch erklären soll. Ich fühle mich so hilflos, wenn ich dir zuhöre, wie du dich selbst runtermachst. Es tut mir so weh. Aber du kannst nicht begreifen, was für ein hübsches, intelligentes und tolles Mädchen du bist."
Wejl ich es die beste Lösung dafür hielt, nichts dazu zu sagen, nickte ich einfach. Dann rutschte ich von seinem Schoß herunter.
"Ich geh ein bisschen raus. Nachdem muss ich einfach ein bisschen alleine sein.",erklärte ich. Ernst blickte Liam mir in die Augen und formte seine Lippen zu einem lautlosen "Okay."
Nachdenklich wandte ich mich um und lief die Treppe hinunter, um meine Schuhe anzuziehen. Vor der Tür hielt mich Liam noch einmal fest und drückte überraschend seine Lippen auf meine.
"Ich liebe dich.",sagte er und sah mich mit Angst in den Augen an. Nun Begriff ich. Das letzte mal, das ich nach so einem ernsten Gespräch gegangen war, war ich vom Dach gesprungen und fast nicht mehr zurückgekehrt. Er hatte Angst, mich wieder zu verlieren.
"Du brauchst keine Angst haben, ich komme wieder.",versprach ich ehrlich. Erleichterung zeichnete sein Gesicht.
"Danke."
Lächelnd öffnete ich die Tür und lief auf dem Backsteinpflaster zum Tor.
"Liam? " erwartungsvoll drehte er micb nochmal um.
"Ich liebe dich auch.",rief ich.
Draußen entschied ich mich dafür, nach rechts zu gehen. Es war wunderschönes Wetter. Die Sonne schien wie im Hochsommer vom strahlend blauen Himmel, eine sanfte Brise wehte und die Luft war klar und roch nach Blumen. Ich sog den frischen Sauerstoff gierig in die Lungen ein. Kein Mensch war zu sehen und so fühlte ich mich gleich wohler, denn ich wollte nicht irgendwie angestarrt werden, weil ich mit einem dicken Sweater und verheulten Gesicht rumlief.
Puh, war das heiß! Ich strich mir die Haare aus meiner Strin. Mir fiel ein, das ich bei Liam gar keine Stimmen mehr gehört hatte. Entweder hatte er die Jungs weggeschickt oder sie waren freiwillig gegangen . Wir hatten ja nicht das beste Verhältnis, aber heute hatten ihre Gesichter deutlich gezeigt, das sie zu mir hielten. Und auch, das sie schockiert waren.Ich war Directioner und wusste auch, das Harry sich verändert hatte. Doch den Grund weshalb wusste ich nicht, obwohl es mich brennend interessierte.
Ich bog in eine Straße ein, wo kaum Häuser standen. Es gab dort nur Riesenvillen, die fast das ganze Jahr über leerstanden, da die reichen Leute die sie bewohnten oft auf Reisen waren.
Dicke Bäume säumten die Straße und spendeten den wohltuenden Schatten bei der Hitze. Ich kramte in meiner Hosentasche, den dort mussten irgendwo meine Kopfhörer sein. Ich zog sie heraus und fing an sie zu entwirren. Wieso verknoteten die Dinger sich auch immer, egal wie ordentlich man sie einpackt? Endlich schaffte ich es und steckte sie in mein Handy. Bald war ich in einer anderen Welt, der Musik Welt.
So bemerkte ich auch nicht ,dass ein Auto die Straße herankam. Ohne nach links oder nach rechts zu sehen, lief ich über die Straße, als ich ein lautes Hupen hörte. Erschrocken blieb ich ruckartig stehen und trat auf den Gehsteig zurück. Aber das Auto fuhr nicht weiter. Verwirrt überquerte ich nun die Straße und warf einen kurzen Blick ins Auto. Ich konnte nur einen Mann mit einer Sonnenbrille und einem schwarzen T-Shirt erkennen. Er startete das Auto wieder aber würgte den Motor ab und schließlich schlingerte langsam die Straße. War der besoffen oder hatte kein Führerschein? Kopfschüttelnd lief ich weiter und erreichte die nächste Ecke. Ohne langsamer zu werden bog ich ab und prallte mit voller Wucht in jemanden herein. Dieser Jemand hielt mich fest. Ich hatte mein Gleichgewicht wieder gefunden und wollte mich befreien, aber der eiserne Griff um meinen Arm blieb. Plötzlich legte sich eine Hand vor meinen Mund. Panisch fing ich an zu zappeln umd versuchte um mich zu treten, doch mein Gegner war erstaunlich stark. Meine Schreie wurden von der nach Alkohol stinkenden Hand erstickt und langsam fing meine Brust an zu schmerzen, da ich keine Luft bekam. Angst überrollte mich in großen Wellen. Wieso war hier kein Mensch? Was würde jetzt mit mir passieren? Eine dumpfes Gefühl, dass alles schon erlebt zu haben kroch in mir hoch. Auf einmal wurde ich hochgehoben und der Griff um meinen Mund lockerte sich ein wenig, sodass ich Luft bekam. Die Person bewegte sich schwankend fort und ich fühlte mich wie auf einem schiff auf starkem Seegang. Was wollte der von mir? "Hilfe " ,wollte ich schreien doch ich konnte keinen Ton mehr hervorbringen. Mein ganzer Körper lähmte sich vor Angst. Ich war wehrlos. Scharf stiegen die Erinnerungen in mir auf. Es waren so furchtbare Bilder, jetzt verstand ich wieder, weshalb ich sterben wollte. Ich schloss die Augen, Tränen rannen über mein Gesicht und hinterließen salzige Spuren auf meinen Lippen. Ein klappern war durch das rauschen in meinen Ohren zu hören und ich wurde unsanft in einen Kofferraum geworfen. Der Deckel fiel zu.
Es war dunkel.
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