13.Kapitel
Der Krankenwagen kam, nahm Sandy mit, verschwand wieder. Ich schaute ihnen nicht nach. Das konnte ich nicht. Alle Ereignisse zogen an mir vorbei wie Nebel. Ich war in meine Trauer versunken und beachtete meine Umwelt nicht mehr.
Sandy war fort.
Für immer.
Was sollte ich da noch tun? Sandy war weg. Ich sah keinen Sinn mehr, warum ich noch leben sollte. Ich hatte im Leben nichts mehr zu suchen. Es war aus. Wahrscheinlich würde ich mich auch irgendwie umbringen. Irgendwann. Ich würde auch in Depressionen fallen. Ich würde nicht mehr leben, wie vorher. Die Band würde ohne mich weitermachen müssen. Ich existierte nicht mehr. Ich nutze nichts mehr. Wie gesagt, es hatte für mich keinen Sinn, weiter zu leben. So sah ich es zumindest. Ich wusste, Sandy sah das anders. Ganz anders. Aber sie konnte meine Gefühle, meine Gedanken nicht steuern. Nicht so. Nicht hier. Und nicht jetzt. Auch in der Zukunft nicht mehr. Sie war tot.
Ein Anruf genügte. Ein Anruf genügte, um mich auf die Beine zu bekommen. Ich lag immer noch im Gras, vor mir Sandys Blut. Mein Handy klingelte. Ich hatte eigentlich nicht vor, ran zu gehen, aber ich tat es trotzdem. Es war eine Nummer, die ich nicht kannte, also war es wahrscheinlich niemand aus der Band, der mich trösten wollte, zum Glück.
,,Hallo?", fragte ich, ,,Hallo? Wer ist da?"
,,Guten Tag, Herr. Payne Ich bin Dr. Brown. Ich habe gerade ihre verunglückte Freundin behandelt und will Ihnen mitteilen, dass sie im Koma ist, aber..." -Sie war im Koma!?! Sie lebte noch! Noch lebte sie! Oh mein Gott! Sandy lebte noch!- ,,...man kann noch nicht sagen, ob sie gesund wird und wir sie wieder aus dem Koma holen werden können."
,,Oh, danke Herr Dr. Brown! "
Mehr brachte ich nicht raus. Das war alles, was ich sagen konnte. Ich war so über glücklich. Es war der schönste Moment meines ganzen Lebens, zumindest fühlte sich das so an. Es war nicht vorbei! Wenn man Sandy wieder aus dem Koma holen konnte, wäre alles wieder gut. Ich schluchzte. Jetzt weinte ich vor Glück.
,,Gern geschehen", antwortete der Arzt freundlich und legte auf.
Sofort stand ich auf. Zum Glück standen die anderen vier Jungs noch an der Straße. Ich rannte hin, ignorierte meine schmerzenden Beine.
,,Louis! Harry! Niall! Zayn!", rief ich, so laut ich konnte.
Sofort drehten sich alle gleichzeitig um. "Sandy lebt"
Die Jungs sahen mich etwas perplex an.
"Toll.",sagte Niall. "Freut mich ",erwiderte Louis etwas herzlicher. Harry stand nur stumm da. Ich würdigte ihn keines Blickes.
"Ich muss sofort ins Krankenhaus."
Eine halbe Stunde später saß ich auf einem unbequemen Stuhl. Sandy wurde noch operiert. Sie hatte innere Blutungen. Meine Glückgefühle waren wieder verschwunden. Vielleicht würde sie nie wieder aus dem Koma aufwachen? Oder einfach nicht überleben? Und wenn, würde sie Folgen davontragen? Ich würde für sie da sein, egal was geschah . Selbst wenn es meine Karriere kosten sollte. Da war ich fest entschlossen. Das war ich ihr schuldig. Schon das Ritzen war ein Hilferuf gewesen. Auch die Tatsache, dass sie schoneinmal versucht hatte sich umzubringen, hätte mich aufmerksam machen sollen. Sie hatte mir erzählt, dass sie sich selbst verletzte. War das eine verzweifelte Aufforderung gewesen, dass sie wollte, dass ich nachfragte, wieso sie das machte? Hätte ich sagen sollen, dass sie mir alles erzählen konnte? Ich hatte das belastende Gefühl, dass ich das alles zu einfach hingenommen hatte. Ich hätte sie nach ihren Problemen fragen sollen.Das alles würde ich machen, wenn sie aufwachte.Wenn.
"Mr. Payne? ",wurde ich aus meinen bedrückenden Gedanken gerissen.
"Die Operation ist gut gelaufen. Sie liegt aber auf der Intensivstation. Diese Nacht wird entscheidend sein. Aber danach ist auch nicht sicher ob sie jemals wieder aufwachen wird. Sind irgendwelche Verwandte in der Nähe? "
Ich verneinte.
"Nein ihre Mutter ist in Deutschland."
"Gut. Würden sie sie bitte informieren? Wenn es so sein sollte, dass sie nicht mehr aufwacht, muss sie entschieden, ob die Maschinen abgestellt werden.",erklärte der Arzt sachlich. Ich zuckte zusammen. Das würde nicht passieren!
"Mir ist noch etwas eingefallen.",sagte er und sah mich scharf an.
"Ihre Freundin hat Narben am Arm. Was hat es damit auf sich?"
Ich schluckte schwer.
"Sie hat... sie ritzt sich."
"Das habe ich mir gedacht. Haben Sie mit ihr darüber gerdet? "
Musste er so vorwurfsvoll machen?
"Ich habe versucht, sie zum Aufhören zu bewegen. Aber was dahintersteckt, habe ich nicht gefragt",gestand ich.
Der Arzt nickte ernst
"Das hätten Sie wohl besser gemacht. Für viele Betroffenen tut es gut, wenn man nachfragt. Besonders wenn sie sich jemanden anvertrauen. Das ist meistens eine stille Aufforderung um Hilfe. Wenn sie aufwacht, dann reden Sie bitte mit ihr und bohren auch weiter nach, wenn sie abblockt. Es wird ihr gut tun. Sie müsste auf jedenfalls auch noch eine Therapie machen. Aber es würde ihr bestimmt gut tun, mit jemandem Vertrauten zu reden. Aber das alles nur kann geschehen, wenn sie aufwacht und diese Möglichkeit ist momentan sehr gering.",machte er unsensibel alle meine Hoffnungen zunichte
Frustriert sah ich auf den Boden. Ich wollte nicht weiter sein pessimistisches Gerede hören! Ich wollte Sandy sehen! Das schien auch er merken.
"Sicher wollen Sie jetzt ihre Freundin sehen",fragte er endlich.Hastig nickte ich.
"Gut. Gleich kommt eine Schwester zu ihnen und wird sie zu ihr führen. Viel Glück."
Damit rauschte er ab.Mit Menschen konnte der Wohl nicht so gut umgehen. Ein paar mitfühlende Worte hätte er ja noch rausquetschen können. Aber das war jetzt egal. Ungeduldig wartete ich doch gleichzeitig hatte ich Angst, vor dem was mich Erwarten würde. Endlich erschien eine rundliche ältere Frau mit kurzen blonden Haaren. Sie lächelte mich an umd führte mich zur Intensivstation. Was der Arzt an Gefühlen zu wenig hatte, hatte sie zu viel. Dem ganzen Weg überschüttete sie mich mit Beileidsbekundungen und Mitleid. Trotzdem war sie sehr freundlich. Sie öffnete eine weiße Tür in diesem unendlich langen Flur. Überall lag der typische Geruch nach Desinfiktionsmittel. Im Raum war es gespenstisch still. Nur ein leises Rattern war zu hören.
"Hier liegt sie. Ich werde Sie jetzt mal allein lassen. Rufen Sie mich, wenn sie was brauchen.", flüsterte sie und verschwand. Zögernd stand ich kurz da. Ich hatte plötzlich Hemmungen rein zu gehen.Schließlich trat ich ein. Es war ein kleiner weißer Raum. Licht strahlte durch ein kleines Fenster an der rechten Wand durch. In der Mitte stand das Bett. Atemlos näherte ich mich ihm. Da lag sie. Sandy. Sie war an einen Monitor angeschlossen, der ihren Herzschlag überwachte und noch mit andern Kabeln verbunden. Ein Schlauch, der von dem Beutel in ihren Arm verlief versorgte sie mit Flüssigkeit. Klein und blass lag sie in diesem riesigen Bett. Es sah nichtmal so aus, als würde sie atmen. Als wäre sie wirklich tot. Mir kamen die Tränen
Ich entschloss mich auf den Stuhl neben dem Bett niederzulassen. Minutenlang starrte ich auf sie. Der Gedanke, dass sie sterben könnte, machte mich krank. Sie war so besonders. Sie hatte viele Fehler aber da machte sie so einzigartig. Vorsichtig nahm ich ihren Arm hoch. Er war frei. Ihre Narben gut sehbar. Weiße und rote Striemen über ihren Armen. Alle in eine Richtung. Jede erzählte eine Geschichte. Meine Finger strichen über ihre Arme zu der dickeren Narbe von ihrem ersten Selbstmordversuch. Sie fühlte sich glatt an, wie ein Berg in einem Tal.
Ich hätte für sie dasein sollen
Ich konnte nicht aufhören, mir Vorwürfe zu machen. Ich war Schuld, wenn sie starb! Eine Träne tropfte genau auf die Narbe. Schniefend wischte ich sie weg.
"Sandy! Bitte wach auf! Ich werde wirklich für dich da sein! Ich werde nicht dich die ganze Zeit auffodern, aufzuhören, sondenr dir zuhören! Du kannst mit alles erzählen! Alles was dich belastet! Wirklich alles! Du musst dich nicht ritzen. Erzähl mir wieso du das machst! Du kannst mich nicht alleine lassen. Ich helfe dir. Ich liebe dich doch. Ich werde auch zu dor halten, wenn Harry irgendetwas macht! Du wirst eine Therapie machen! Wolltest du, als du mir erzählt hast, das ich nachfrage wieso? Sandy bitte!"
Ich führte praktisch Monologe. Sandy konnte mich nicht hören! Frustriert vergrub ich mein Gesicht in meinen Händen. Plötzlich wusste ich wie Sandy sich fühlte. Gefühlt hatte. Ich könnte vor Schmerz zerspringen.
Bitte Sandy, du darfst nicht sterben
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