Cousins


Elrond wusste nicht wirklich, was ihn erwartete, als er der hübschen, kräftigen Elbe durch die Straßen Eregion in Richtung des Bezirks der Gwaith-i-Mirdain folgte. Sein Vater hatte ihm nur erzählt, dass Celebrimbor, Telperinquar, der Sohn Curufins war, sich allerdings von diesem abgewandt hatte. Außerdem hatte er natürlich Geschichten über den großartigen Handwerker gehört, der unter allen Elben gerühmt wurde. Würde er so jähzornig sein, wie sein Vater? So gebieterisch wie Feanor selbst?

Seine Kehle schnürte sich auf unangenehme Weise zu, als sie eine Art Empfangshalle erreichten.

„Nach dem Lord Celebrimbor wurde geschickt," sagte die Elbe, wobei sie Elronds schlimmste Befürchtungen über einen herrischen Lord zumindest zum Teil bestätigte, „er wird Euch in Kürze in Empfang nehmen."

Damit ließ sie Elrond allein, ohne ihn im Mindesten darauf vorzubereiten, was ihn erwartete. War es eine Machtdemonstration, dass Celebrimbor ihn diese quälend langen Minuten warten ließ? Endlich hörte er Schritte auf einer Treppe, die abwärts, führte, kurz darauf trat ein Elb ins Licht.

Nichts, wirklich gar nichts hätte Elrond auf die Person vorbereiten können, die jetzt vor ihm stand. „Lord... Celebrimbor?" Fragte er unsicher.

Sein Gegenüber hatte schwarzes, langes Haar. Dies allerdings war auch schon das einzige, worin er seinem stolzen Vorfahren aus den alten Geschichten ähnelte. Er war blass, so dürr, dass Elrond sich fragte, ob in Eregion eine Hungersnot ausgebrochen war und hatte dunkle Ringe unter den Augen. Außerdem war er sich sicher, dass die Haare über seiner ledernen Schürze in denen ein dunkelgrüner Mistelzweig steckte, angesengt waren.

„Nur Celebrimbor," winkte der Herr über die Gwaih-i-Mirdain ab, „setz dich," er wies mit der Hand in Richtung des Tischs, bevor er sich selbst auf einen der Stühle fallen ließ, „möchtest du etwas trinken?" Elrond schüttelte den Kopf. Trotz allem war er noch immer viel zu nervös.

„Mit wem habe ich die Ehre?"

Der Jüngere erhob sich, deutete eine Verbeugung an, kam sich bescheuert vor und setzte sich rasch wieder.

„Elrond," stellte er sich vor, wobei er spürte, dass er rot wurde, „von Lindon."

Plötzlich hellten sich Celebrimbors Augen auf. Mit offensichtlicher Begeisterung starrte er seinen Gast an.

„Elrond?" Fragte er, aufgeregt wie ein Elbling, „der Sohn von Earendil? Sag, hast du je das Nauglamir gesehen. Kannst du es mir zeichnen?"

Tapfer rang Elrond sich ein Lächeln ab.

„Nicht ganz," erwiderte er, woraufhin Celebrimbors Augenbraue in die Höhe wanderte.

„Du hast es nicht ganz gesehen?"
„Nicht ganz der Sohn Earendils," seine Worte trugen kaum dazu bei, die Verwirrung des anderen zu legen, weshalb er in kurzen Sätzen seine Herkunft umriss, „Ich bin also dein Cousin," schloss er etwas betreten, „technisch gesehen."

Lange schwieg Celebrimbor, ohne seinem Gast in die Augen zu sehen.

„Dass sich jemand freiwillig dafür entscheidet, zu dieser Familie zu gehören," wunderte er sich.

„Man kann sich seine Familie nicht aussuchen," erwiderte Elrond leise, wobei die Unsicherheit in seiner Stimme mitschwang. Die drängende Bitte, Celebrimbor würde seine Entscheidung, zu wessen Haus er gehörte akzeptieren. Würde ihn akzeptieren.

„Maglors Sohn, also," der Handwerker kicherte in sich hinein, „konnte er wirklich nur über seine Harfe mit Onkel Nelyo kommunizieren?"

Die Frage kam so unerwartet, dass Elrond lachen musste. „Tatsächlich, das konnte er," erwiderte er, sich an die allgegenwärtige Musik seines Vaters erinnernd. Doch auch ihm fielen Dinge ein: „hat Curvo wirklich mal versucht, Flügel zu konstruieren und sich deswegen das Bein gebrochen?"

Celebrimbors Kichern wurde zu einem herzhaften Lachen: „Wie oft hat Onkel Nelyo dir die Geschichte erzählt?"

„Etwa einmal im Monat."

Einige Zeit saßen sie beieinander, während Elronds Anspannung sich langsam löste. Mit Celebrimbor zu lachen und sich über ihre seltsame Familie lustig zu machen, war so viel besser als alles, was er sich vorgestellt hatte. Nach einigen Minuten, in denen sie aufgeregt miteinander geredet hatten, entstand ein angenehmes Schweigen.

„Ein Cousin," murmelte Celebrimbor plötzlich, „ich habe einen Cousin," er lächelte Elrond scheu an, als hätten sie sich eben nicht ausführlich unterhalten, „ein Cousin ist so ähnlich, wie ein Bruder, oder?"

Für einen Moment musste Elrond wirklich darüber nachdenken. Er hatte einen Bruder gehabt, für den er alles getan hätte. Niemand würde ihn je ersetzen können. Niemand sollte ihn je ersetzen. Auf der anderen Seite musste er feststellen, dass er den Elben vor sich bereits nach dem ersten Treffen wirklich gern hatte. Celebrimbor war chaotisch, unorganisiert, begeisterungsfähig wie ein Elbling und schien immer mindestens vier Dinge gleichzeitig im Kopf zu haben. Elrond konnte sich wirklich vorstellen, dass sie mit der Zeit enger zusammenwachsen würden. Nicht so, wie er und Elros, aber vielleicht wie gewöhnliche Brüder.

„Ja," bestätigte er deshalb, wobei ihn das Lächeln, das Celebrimbors Gesicht erstrahlen ließ, ein warmes Gefühl in ihm auslöste.

„Das ist verrückt," murmelte er, hilflos lachend, „ich bin Tyelpe, willkommen in der Familie," er schaute, wie ein verwirrter Vogel, „Eru Illuvatar," murmelte er eher zu sich selbst, „ich bin echt furchtbar in sowas," dann, in Richtung der Treppe: „Narvi? NARVI!" Ratlos drehte er sich wieder zu Elrond, der seine Verwirrung mit einem aufmunternden Lächeln überspielte, "Ich dachte, er wäre vorgestern gekommen, aber vielleicht ist er auch schon wieder weg. NARVI!" Eigentlich sollte Elrond nichts mehr wundern, doch staunte er nicht schlecht, als ein rotbärtiger Zwerg auf der Treppe erschien, ein paar Mal zwischen ihm und Tyelpe hin und her sah und sich dann an den Schmied wandte: "Du hast Besuch. Du musst mir sagen, wenn du Besuch hast," murmelte er grimmig. Tyelpe grummelte etwas, das sich nach mein Haus anhörte: "Ich wusste ja nicht, dass du da bist," verteidigte er sich dann laut, woraufhin Narvi ungläubig den Kopf schüttelte:" Du hast nach mir geschrien, dass mein Hammer fast zersprungen wäre."

"Die Wahrscheinlichkeit war hoch, dass du da bist," Celebrimbor verdrehte die Augen, bevor er mit einer eleganten Handbewegung auf Elrond deutete, „darf ich dir meinen Cousin vorstellen? Das ist Elrond"

„Sehr erfreut," es hätte ihn eigentlich nicht wundern müssen, dass Tyelpe eine enge Freundschaft mit einem Zwerg pflegte. Immerhin war er ein Schmied.

Narvis Augenbrauen wanderten in die Höhe, als er Elrond zweifelnd musterte:" Dein Vater hat doch das Nauglamir besessen, oder?"



Ich bin ein bisschen im Stress, ein bisschen müde und ein bisschen genervt. Daher keine langen Nachworte heute.  Ich mag die Wellenlänge, auf der Celebimbors und Narvis Gehirne arbeiten. Punkt.

Ihr lest von mir, 

Alice 🙃

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