Kapitel 9
Seufzend sperre ich völlig mit den Nerven am Ende die Tür zu meinem Hotelzimmer auf. Schon drei Tage sind vergangen, seit ich weiß, wer mein Battle-Partner ist. Wie sich herausstellte, ist Michael nicht nur gutaussehend und hält Frauen freundlicherweise davon ab, den Boden zu küssen, sondern auch ein richtiger Flirtkönig.
Immer wieder, während wir in den letzten Tagen probten, flirtete er mit mir, was mir nach ein paar Stunden einfach auf dem Keks ging. Zum Glück bekam Samu es nicht mit, denn so wie ich meinen Vater nun kennengelernt habe, wird er sonst alles tun, dass Michael mich in Zukunft in Ruhe lässt. Und irgendwie will ich das nicht. Verrückt, oder?
Erneut seufze ich auf und schmeiße meine Jacke mit Tasche achtlos auf das Bett. Ich ziehe mein Handy aus meiner hinteren Hosentasche heraus und runzle die Stirn, als ich einige Nachrichten von Anja habe. Augenverdrehend, da diese Masse an Nachrichten einfach nur lachhaft ist, lasse ich mich auf die freie Stelle des Betts fallen und öffne die Nachrichten.
Zuerst beschimpft sie mich, warum ich ihr nie gesagt habe, dass ich mich bei ‚The Voice of Germany' angemeldet habe. Ich runzle die Stirn. Wie hat sie das herausbekommen?
Ich scrolle weiter durch ihre Nachrichten und öffne das Foto, was sie mir geschickt hat. Es ist ein Screenshot von einem Artikel aus dem Internet. Es verlässt wieder ein Seufzer meine Lippen, als ich erneut auf das Bild klicke, damit es größer wird und ich es somit besser erkennen kann.
Gelangweilt sehe ich mir zuerst das Bild an, bis in meinem Gehirn langsam die Nachricht ankommt, dass das auf dem Bild Samu und ich sind. In einer Umarmung, die mehr als nur Coach und Talent ist.
Hektisch richte ich mich auf und starre mein Handy an, als würde es gerade in Flammen aufgehen. Eine große Überschrift, die jedem eigentlich sofort ins Auge springt, außer mir anscheinend, lässt mir das Blut in den Adern gefrieren.
>> GEHT SAMU HABER SEINER FREUNDIN MIT EINEM TALENT VON ‚THE VIOCE OF GERMANY' FREMD?<<
Minutenlang starre ich die Überschrift und das Bild an. Ich weiß genau, wann das wohl entstanden ist. Wo uns die Journalisten gefunden haben.
Es ist heute nach den Trainings entstanden, vor dem Voicegebäude, als ich Samu bat, mich wirklich wie die anderen zu bewerten, wenn ich den Auftritt mit Michael habe. Er hat es sofort verstanden und zog mich in seine Arme. Sagte mir immer wieder auf Finnisch, wie froh er ist, mich endlich bei sich zu haben. Ich fühlte mich in diesem Moment so sicher und geborgen, sodass ich meine Augen schloss und mich nur noch auf meinen Vater konzentrierte, weswegen ich einfach nicht bemerkte, dass irgendjemand uns fotografierte. Und das natürlich auch noch in diesem Moment, wo Samu mir einen Kuss auf die Haare drückte. Klasse. Jetzt muss ich diese Suppe irgendwie wieder auslöffeln.
Ich schlucke, mache das Bild kleiner und sehe mir weiter die Nachrichten an, welche mir Anja wütend schickte. Jetzt beschimpft sie mich sogar als verlogenes Miststück, weil ich ihr nicht gesagt hätte, dass doch ein Mann im Spiel wäre und dann auch noch Samu aber, welchen sie seit Jahren anschmachtet. Wenn sie nur wüsste, wer Samu wirklich ist.
Aber ich sehe meinen Fehler sofort ein. Ich hätte ihr sagen sollen, warum ich nach Deutschland geflogen bin und sie nicht im Glauben lassen sollen, dass ich nach Wohnungen suchen würde und zuletzt, meinen Vater finden wollte. Ja, ich hätte ihr es sagen sollen, dass ich mich bei der Castingshow angemeldet habe und das Samu mein Vater ist, aber... Ändern kann man es jetzt eh nicht mehr.
Tief atme ich aus und überfliege die restlichen Nachrichten, welche jedoch ungefähr vom dem Gleichen wie vorhin handelten. Wütend schalte ich mein Handy aus und werfe es von mir, sodass es mit einem lauten Krach gegen die Wand knallt, aber im ersten Moment noch heil aussieht. Und wenn, dann kaufe ich mir halt ein neues.
Sobald Anja sich beruhigt hat, werde ich ihr alles erklären. Vorausgesetzt, sie will mir zuhören.
Doch auf einmal packt mich eine weitere Angst mein Herz und drückt fest zu. – Meine Mutter.
Was ist, wenn sie genau jetzt davon erfährt? Wird sie sofort verlangen, dass ich zurück nach Helsinki fliege? Und wenn ich es nicht tue, dann wird sie sich bestimmt selbst aus dem Krankenhaus entlassen und mich holen. Ich raufe mir die Haare. Verdammte Scheiße!
Wie konnte alles so schnell aus dem Ruder laufen? Wie konnte ich einfach den Überblick verlieren? Das passiert mir doch sonst nicht!
Frustriert schreie ich auf und boxe auf ein armes Kissen ein. Gerade als ich mich aufrapple und eine Vase auf dem Boden pfeffern will, klopft es an meiner Tür.
Sofort halte ich inne und sehe verwirrt die Tür an. Wer ist das jetzt bitte? Wer auch immer es ist, ich kann ihn definitiv jetzt nicht gebrauchen!
Als es jedoch nochmal klopft, stapfe ich auf Finnisch fluchend zur Tür und reiße diese auf. Doch mein nächster Fluch bleibt mir im Hals stecken, da gegen den Türrahmen Michael lehnt, der grinsend mit seinem Handy wackelt und mir diesmal den Artikel auf Deutsch unter die Nase hält.
„Soso, steigst du etwa mit unserem Lieblingsfinnen ins Bett?"
Er grinst wie ein kleines Kind, welches gerade eine Kugel Eis bekommen hat.
Ich schnaube genervt, reiße ihm sein Handy aus der Hand und schließe den Tab.
„Nein! Tu ich nicht! Glaube doch nicht immer, was die Presse sagt!", fluche ich vor mich her, als mir was einfällt. Moment mal...
„Woher weißt du eigentlich, welches Hotelzimmer ich habe?!"
Michael lacht leicht und schiebt mich ins Zimmer zurück, sodass er in den Raum gehen kann. Hinter ihm schließt er die Tür. Entrüstet schnaube ich auf. Was fällt ihm ein?
„Tja, Süße. Du bist im Hotel meiner Eltern. Da ich mittlerweile deinen Namen weiß, war es nicht schwer, deine Zimmernummer herauszufinden."
Ich schlucke und gehe weiter rückwärts, da er immer weiter auf mich zugeht. Mein Herz schlägt mir hektisch gegen die Brust und ich schlucke. Was hat er bloß vor?
Als ich gegen eine Wand stoße, verfluche ich mich innerlich. Mist! Jetzt bin ich gefangen. Zwischen der Wand und ihm, da er seine Arme links und rechts von meinem Kopf abstützt. Er beugt sich zu mir herunter und streift mit seinem Atem meinen Hals. Sofort bekomme ich eine Gänsehaut. Ich schlucke.
„Du bist mir, seit du hier bist, schon aufgefallen. Doch nun hast du noch mehr mein Interesse geweckt", flüstert er und küsst meinen Hals. Was?
Schwer schlucke ich und versuche wieder meine Stimme zu bekommen, da diese gerade irgendwie weg ist. Heiliger Mist.
Ich atme tief durch und öffne meinen Mund, um was zu sagen. Michael lacht anschließend leicht auf.
„Tut mir leid, Süße. Ich verstehe kein Finnisch", flüstert er an meinen Hals.
Ich habe Finnisch geredet? Oh verdammt.
„Ich fragte, warum ich dein Interesse geweckt habe", sage ich diesmal auf Deutsch und ich spüre, wie Michael an meinen Hals lächelt.
„Ich mag geheimnisvolle, hübsche Mädchen. Ich sehe schon, du musst noch viel lernen."
Als er sich leicht von mir löst, atme ich erleichtert auf, da ich wieder das Gefühl habe, richtig atmen zu können. Jedoch nicht lange, da er eine Hand in meinen Nacken legt, mich zu sich zieht und mich küsst. Steif stehe ich da, bis ich einfach nicht anders kann und seinen Kuss erwidere. Innerlich schlage ich mich bereits, da ich eigentlich nicht so bin. Eigentlich sollte ihn von mir stoßen und nicht den Kuss erwidern!
So schnell es auch gerade passierte, löst er sich wieder von mir. Er schmunzelt.
„Wir sehen uns morgen beim Training, Amanda. Träume was Schönes."
Damit dreht er sich um und verlässt mein Zimmer. Lässt mich einfach verwirrt und mit klopfenden Herzen zurück.
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