.:69:. Die beste Schattenseele von allen

Sie musste eingeschlafen sein, denn als sie wieder etwas wahrnahm, lag sie auf etwas Weichem. Ein Bett, wie sie nach einem Drucktest herausfand.

„Du bist wach", wurde sie von einer schwachen, weiblichen Stimme begrüßt.

Neugierig streckte sie ihre Sinne aus. Nein, nicht schwach. Verweint. Schwer schluckend tastete sie ihr Umfeld ab, bevor sie sich vorsichtig aufsetzte. Diese Stimme. „Adele." Neben Eleasar und Eilean war Adele die Person, die sie am allermeisten vermisst hatte.

Freude, Trauer und unendlich große Erleichterung schlugen ihr entgegen. „Darf ich dich umarmen?"

Sie nickte leicht, woraufhin sie umgerissen und in die Kissen gedrückt wurde. Überrascht klammerte sie sich an die Arme ihrer Freundin. „Das war... unerwartet."

„Ria", schluchzte Adele und zog sie enger an sich. „Du bist wirklich wieder da."

Wortlos legte sie ihre Arme um sie. Ja, sie war wieder da. Endlich.

Eine gefühlte Ewigkeit lagen sie einander in den Armen und genossen einfach nur die Gegenwart des anderen. Auch hier schien es, als hätte die Zeit ihrer Beziehung nichts anhaben können.

Schließlich räusperte sich Adele. „Dein Mann hat mich gebeten, dir in der nächsten Zeit behilflich zu sein. Er meinte, du würdest meine Gesellschaft der eines Dienstmädchens vorziehen."

„Du bist mir nicht böse, weil ich einfach so verschwunden bin?" Sie konnte es nicht fassen. Da verschwand sie einfach so und niemand war ihr böse. Wäre jemand anderes verschwunden, sie hätte ihm oder ihr ordentlich die Leviten gelesen.

Adele lachte leise. „Oh, wir haben so ziemlich alle bekannten Stadien der Trauer durchlaufen. Eleasar hat sich nie von deinem Verschwinden erholt. Wir haben uns schon gefragt, ob er es noch lange überlebt." Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. „Mit der Zeit haben wir begriffen, dass du nicht freiwillig fortgegangen bist. Wir hatten einiges an Zeit, um damit fertig zu werden."

Ria musste sich räuspern, um ihre Stimmbänder frei zu bekommen. „Ihr seid unglaublich." Anders ließ es sich einfach nicht in Worte fassen.

„Der einzige, der dir das nachtragen darf, ist dein Mann. Und der ist einfach nur unendlich froh, dich wieder bei sich zu haben."

Da konnte sie ihrer Freundin nur zustimmen. Eleasar machte ihr keine Vorhaltungen - aus für sie unerfindlichen Gründen. „Alles okay zwischen uns?" Sie konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme hoffnungsvoll klang. Wie immens wichtig ihr Adeles Antwort war, erkannte sie erst, als sie auf ihr geradezu verständnisloses „Na, was denkst du denn?" erleichtert aufatmete. Es war, als fielen ihr Lawinen voll Geröll vom Herzen.

Sanft strich Adele ihr durchs Haar. „Du wirkst viel zierlicher. Oder ist das nur in meiner Erinnerung so?"

Diese Aussage machte sie stutzig. Alle behandelten sie, als sei sie zerbrechlich. „Eigentlich bin ich stärker als vorher. Vielleicht liegt das daran, dass ich blind bin."

Erschrocken zuckte Adele zusammen, was sie augenblicklich in Alarmbereitschaft versetzte. Hatte sie etwas verpasst? „Entschuldige." Ihre Freundin beeilte sich so sehr mit dem sprechen, dass sie währenddessen über ihre Zunge stolperte. „Es ist nur so ungewohnt. Deine Augen... sie sind so hell, wie zuvor. Du wirkst nicht blind."

„Jetzt muss ich mich entschuldigen." Betreten rappelte sie sich auf. „Das ist, weil ich mein jetziges Aussehen nicht offen tragen kann. Es würde zu viele Leute verschrecken.

Die Matratze bebte, als Adele sich ebenfalls aufsetzte. „War es das, was wir kurz gesehen haben, als du Kilian auf den Boden geworfen hast?"

Ratlos hob sie ihre Schultern. „Ich habe gar nichts gesehen." Sie hatte erwartet, dass es sie bedrücken würde, über ihr verlorenes Augenlicht zu sprechen. Aber mitzuerleben, was für Schwierigkeiten die anderen damit hatten, erheiterte sie irgendwie, was es ihr gleichzeitig leichter machte, damit umzugehen. Hoffentlich fanden sie sich schnell damit ab. „Aber es ist gut möglich."

„Zeigst du es mir?" Adeles Bitte klang so zaghaft, schüchtern und ängstlich, dass sie sie ihr nicht verwehren konnte.

„Nicht erschrecken", mahnte sie eindringlich, ehe sie die Illusion fallenließ.

Wie nicht anders zu erwarten, schnappte Adele nach Luft. Doch wider ihren Erwartungen, war das kein ängstliches Luftholen, sondern ein fasziniertes. „Darf ich deine Haut anfassen?"

Mit einem erleichterten Lächeln hielt sie ihr die Hände hin. „Nur zu. Ich begrabble euch ja auch."

„Das ist etwas anderes", kam die prompte Antwort. „Du siehst halt mit deinen Händen."

Liebevoll die Augen verdrehend wedelte sie Adele mit ihren Händen vor der Nase herum. Wie gut, dass zwischen ihnen alles in Ordnung war.

Vorsichtig tastete ihre Freundin ihre Haut ab.

„Ich bin kein zerbrechliches Baby." Ihre neue Haut war noch stabiler und widerstandsfähiger als ihre vorherige. Es bedurfte schon einiges, um sie zu verletzen. „Wie spät ist es? Habe ich lange geschlafen?"

Adele stand auf und zog sie mit sich zum Bettrand. „Es ist früher Abend. Eilean sollte gleich wieder da sein und dein Mann arbeitet. Er wollte uns ein wenig Zeit für uns lassen." Sie verschränkte ihre Finger mit Rias und stand langsam auf. „Wenn du magst, helfe ich dir und wir leisten den anderen Gesellschaft. Marjan und Sara wollen dich auch noch begrüßen."

Eilean. Betreten biss Ria sich auf ihre Unterlippe. Ihre Tochter. Ihr Herz wurde ihr schwer. „Sie ist eine Fremde", hauchte sie tonlos. „Meine Kleine, mein Engel ist erwachsen und ich habe sie nicht aufwachsen sehen."

Tränen rannen ihre Wangen hinab. Bestürzt drückte Adele ihre engste Freundin an sich. „Sie ist ein tolles Mädchen. Eleasar war ihr ein guter Vater. Sie sieht euch beiden ähnlich." Aufmunternd drückte sie sie. „Lass euch beiden Zeit. Schließlich bist du erst seit gestern wieder da. Das ist für uns alle eine neue und ungewohnte Situation und wir werden das Beste daraus machen."

Vom Optimismus ihrer Freundin besänftigt, ließ Ria sich aufhelfen und von ihr einkleiden. Angeblich trug sie ein hinreißendes orangenes Kleid. Ihr war es egal, solange sie endlich wieder zu ihrem Mann konnte. Denn so gern sie auch bei ihrer Freundin war, sie sehnte sich nahezu ohne Unterlass nach ihm. Eleasar war ihr Ruhepol und Quelle ihrer Kraft.

Ein wenig ratlos folgte sie Adele durch die Gänge. Wo genau lagen nun eigentlich ihre Gemächer? Eleasars und ihre Palastwohnung von früher war es jedenfalls nicht. Etwa die kaiserlichen Privatgemächer? Waren es sogar die Räume, die Raphael und Isla zuvor bewohnt hatten? Raphael und Isla. Bei der Erinnerung an die beiden, wurde ihr unwohl zumute. Was war nur mit ihnen geschehen, dass Elea Kaiser war? Kaiser... das musste auch erst einmal zu ihr durchsickern. Schließlich bedeutete es eine weitere Wendung, die das Leben ihrer Liebsten während ihrer Abwesenheit genommen hatte.

Auf ihrem Weg zu ihm wurde sie von Stimmen abgelenkt. Fragend deutete sie in die Richtung, aus der die Geräusche kamen. „Was für ein Palastteil ist da drüben?"

„Der öffentliche", antwortete Adele ruhig. „Möchtest du dorthin?"

Angestrengt lauschte sie nach den Stimmen. Es klang nach einer Art Streitgespräch.

„... schon Linchen." Diese Stimme klang unbekannt. Linchen? War damit etwa ihr Engel gemeint?

„Lasst sie. Sie..." Das war Cians Stimme, da war sie sich sicher.

„Sie hat ... versprochen..."

Wieder erklang Cians Stimme, doch dieses Mal konnte sie seine Worte nicht verstehen. Es schien, als hätten er und Eilean Probleme.

„Ja", beantwortete sie Adeles Frage. Sie musste sich einfach vergewissern, dass es ihrer Kleinen gut ging.

Ihre Freundin tat ihr den Gefallen. Je näher sie dem Geschehen kamen, desto klarer wurde das Gesagte. Offenbar versuchten einige Eilean zu etwas zu überreden. Sie war dagegen und Cian versuchte es den anderen begreiflich zu machen.

„Ach komm Linchen, das ist doch Mist. Wir haben hier schon oft gemeinsam gelernt."

„Heute geht aber nicht", entgegnete Eilean genervt.

„Da habt ihr's." Cian.

„Aber..."

„Wenn die beiden Nein gesagt haben, dann habt ihr das zu akzeptieren", mischte Ria sich ein. Sie spürte die Notlage ihrer Tochter und deren innere Unruhe überdeutlich. Sie konnte es nicht ertragen, ihre Kleine in Bedrängnis zu sehen.

Verwunderung und Verärgerung schlugen ihr entgegen. „Tante." Cians Schritte waren zu hören. Kurz vor ihr brachen sie ab. „Wie geht es dir?"

„Ich bin neugierig", gestand sie frei heraus. „Ist schon eine Weile her, dass ich das letzte Mal hier war. Elea wird mir bei Gelegenheit alle Umbaumaßnahmen erklären müssen."

Ihr Neffe lachte leise. „Ich bin mir sicher, dass er sich die Zeit nehmen wird. Wart ihr auf dem Weg zu ihm?"

Ria nickte. Ihre Aufmerksamkeit lag jedoch bei ihrer Tochter. Wie sollte sie sich verhalten? Sollte sie etwas zu ihr sagen? Sie wollte es gerne. Aber was?

Ihre Hilflosigkeit musste ihr anzusehen gewesen sein, denn Cian ergriff ihre Hand und führte sie ein paar Schritte nach vorne. „Eileans Freundinnen wollen mit ihr Lernen, aber sie möchte heute nicht." Ein Schmunzeln schwang in seinen Worten mit, als er hinzufügte: „Es geht um Seelenbindung."

Seelenbindung. „Man muss nicht immer alles wissen", entgegnete sie matt. Wäre sie nicht an Eleasar gebunden, hätte er die letzten Jahre nutzen und sich ein neues Leben aufbauen können. So aber hatte er leiden müssen. An sich war diese Bindung ja eine tolle Sache, wenn es nicht so schwerwiegende Nachteile mit sich brächte.

Ihr Neffe drückte ihr aufmunternd die Hand. „Du kannst deiner Tochter ja erklären, was es damit auf sich hat."

Ria schnaubte. „Das soll Elea machen. Schließlich hat der damals versucht zu verhindern, dass wir uns näher kommen." Letzten Endes wäre das auch die vernünftigere Wahl gewesen.

„Hör auf." Scharf hallten die strengen Worte durch den Eingangsbereich in den privaten Palastteil.

Eileans Gäste reagieren ehrfürchtig und geschockt, Eilean angespannt und Cian und Adele eher erleichtert. Eleasar hingegen war schlecht gelaunt. Mit schnellen Schritten war er bei ihr und legte ihr die Hand unters Kinn und hob es an, als wollte er ihr in die Augen sehen. „Hör endlich auf, dir Vorwürfe zu machen. Das ist unerträglich."

Peinlich berührt erinnerte sie sich daran, dass er jetzt ja wieder in ihrem Kopf war. Aber es stimmt doch, sagte sie ihm mental. Ohne dieses Band hättest du weiterleben können. So ging es dir in den letzten Jahren doch richtig schlecht. Ich habe gehört, dass du fast daran zugrunde gegangen bist. Es hatte sie schwer getroffen, davon zu hören, dass er sich fast aufgegeben hatte.

Red keinen Unsinn. Du tust geradezu so, als hättest du nicht unter unserer Trennung gelitten.

Aber ich wusste, dass ihr lebt! Ihr wusstet nichts über meinen Verbleib.

Hat es dir das leichter gemacht? Sein Ton besagte deutlich, dass er in diesem Punkt nicht mit sich diskutieren ließ. Und wo er recht hatte...

Hast du meinetwegen jetzt deine Arbeit unterbrochen? Sie wollte nicht dafür verantwortlich sein, dass er seinen Pflichten nicht mehr nachkam.

Das ist meine eigene Entscheidung.

Zögerlich lenkte sie ein. Noch immer fühlte sie sich schlecht, weil sie damals ihre Familie verlassen hatte.

„Mama!"

Erschrocken fuhr sie zusammen. Prompt legte Eleasar eine Hand in ihr Kreuz. Durch ihre Verbindung flackerte ein Bild. Eine wunderhübsche junge Frau mit langen lockigen braunen Haaren, femininen Zügen und strahlendblauen Augen stand vor ihr, die Hände entrüstet in die Seiten gestemmt und funkelte sie vorwurfsvoll an. Was für eine hübsche junge Frau. Adele hatte recht, ihr Engel war wunderschön. Ehe sie es zurückhalten konnte, kullerte eine gerührte Träne nach der anderen über ihre Wangen.

„Du bist so hübsch."

Sie spürte, wie ihre Tochter ins Schwanken geriet.

Eleasar drückte sie besänftigend an sich. Ja, das ist sie, bestätigte er stolz. „Wir sollten uns zurückziehen, damit ihr miteinander reden könnt."

Zustimmung strömte ihr von Eilean entgegen. „Es ist ja unerträglich, was du dir für Vorwürfe machst. Ich will gar nicht wissen, was du alles denkst."

„Eilean", tadelte ihr Vater sie sanft. „Es ist nicht einfach."

Sie schnaubte, wie ihre Mutter es tun würde, wäre sie an ihrer Stelle. „Du kannst es doch auch nicht ertragen."

„Sie ist immer noch deine Mutter", stellte er klar. „Egal, was ihr gestern vereinbart habt."

Ria horchte auf. „Elea!" Das war eine Sache zwischen ihr und ihrer Tochter. Es ging ihn nichts an. „Sie hat alles Recht der Welt, mich zu kritisieren und dafür zu hassen."

Auf einmal kippte die Stimmung und wurde eisig. Eleasar war es leid, seine Laune zu verbergen. „Du hasst dich dafür doch am allermeisten." Fest fasste er sie an den Schultern. „Und jetzt lern endlich damit umzugehen, dass wir alle dir keinen Vorwurf machen." Du zweifelst doch nicht wirklich an der Richtigkeit deiner Entscheidung. Es ist die Unsicherheit, wie du dich Eilean gegenüber verhalten sollst, die aus dir spricht.

Seufzend gab sie sich geschlagen. Er hatte ja recht. „Ich hasse es, wenn du mich besser kennst, als ich mich selbst."

Sie konnte spüren, wie er lächelte. Seine Hand strich zärtlich über ihre Wange. „Sprecht euch aus. Ich habe noch einen wichtigen Termin, danach werde ich nach euch sehen."

Seine Lippen streiften kurz ihre Stirn, dann ließ er von ihr ab und wandte sich an seine Tochter. Eilean stand ein wenig verloren vor ihren Freundinnen, die aus dem Konzept gebracht wirkten. Natürlich hatte seine Frau den Streit schlichten müssen. Für sie war Eilean noch das kleine hilflose Mädchen von vor zwanzig Jahren. „Bringst du deine Mutter bitte ins Wohnzimmer? Solltest du Fragen haben, kann sie dir auch einige beantworten."

Seine Tochter nickte ein wenig befangen. Aufmunternd lächelte er ihr zu. „Ich muss euch nicht erst sagen, dass eure Gefühle ähnlich sind."

Sowohl Eilean als auch Ria sahen ihn überrascht an. Er seufzte. „Da ist man von Schattenseelen umgeben und muss ihnen erklären, wie sie die Welt wahrnehmen."

Ria begann zu kichern und auch Eilean konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Du bist die beste Schattenseele von allen", bemerkte seine Frau wesentlich besser gestimmt und schlang ihre Arme um ihn, sodass sie sich an seinen Rücken schmiegte. Es war erstaunlich, wie sehr die Abwesenheit ihrer Ängste sie veränderte. Jetzt war sie wieder die, die er kennen und lieben gelernt hatte.

Er wollte sie gerade darauf aufmerksam machen, dass er jetzt los musste, da ließ sie von ihm ab und streckte Eilean ihre Hände hin. „Bist du so gut? Ich befürchte, ohne Führung werde ich mich verlaufen."

Lachend verschwand Eleasar aus dem Vorraum. Seine beiden Frauen hatten alles im Griff, dessen war er sich sicher.

„Hat Papa gerade gelacht?", erkundigte Eilean sich sprachlos.

Ria lachte leise. „Ja." Mit einem Zwinkern erklärte sie: „Ich habe mich früher immer in Marjans Schloss verlaufen. Andauernd musste er mich suchen und aus irgendwelchen... Situationen retten."

Adele kicherte. „Ja, das war lustig. Später hat er sie keine fünf Minuten mehr aus den Augen gelassen."

„Das klingt aber gar nicht nach Onkelchen", gab Cian zu bedenken.

„Dein Onkel ist ein Blödmann", erklärte Ria frei heraus. Zwar war sie unendlich froh, dass sie ihren Mann endlich wieder hatte, doch brauchte sie sich über seinen Charakter noch immer keine Illusionen machen.

„Ria!" Adele wirkte schockiert. „Ich dachte, wenigstens das hätte sich gelegt. Dein Mann sorgt sich doch rührend um dich."

Sie musste grinsen. „Man sollte meinen, du hättest dich damit abgefunden."

„So spricht man doch nicht über seinen Mann."

„Ach, sag bloß du hättest Aram noch nie an den Kopf geknallt, dass er ein Idiot ist." Seit Eleasars Standpauke ergriff langsam aber sicher eine euphorische Stimmung von ihr Besitz. Als hätte er einen Schalter in ihr umgelegt und sie nun die positiven Gefühle in sich zulassen konnte.

Adele seufzte. „Komm, du solltest aus dem öffentlichen Teil raus. Das überfordert dich noch."

Amüsiert schüttelte Ria ihren Kopf. „Du tust ja geradezu so, als hätte ich im Nichts festgesessen."

„Na, so ist dem doch auch."

Von außen wehte eine Welle von Emotionen und Stimmen herein. Alarmiert sprang Ria zurück, darauf achtend, dass sie eine Wand in ihrem Rücken hatte.

„Tantchen." Cian zog sie an sich und strich ihr beruhigend über den Rücken. „Ganz ruhig. Das sind nur Gruppen, die im öffentlichen Teil verkehren. Hier hat sich einiges verändert. Lass dir das von deinem Mann erklären."

Ria schnaubte. „Ich glaube, ich sollte deinen Vater fragen. Immerhin war Aram mein wandelndes Geschichtslexikon. Elea hat sich ja immer gedrückt."

Adele lachte. „Ja, das war ganz lustig."

„Fand ich nicht", brummte Ria. „Ich war hochschwanger und er hatte nichts Besseres zu tun, als mit dir und Cian im Pool zu planschen."

„Na, er hat dich nach Strich und Faden verwöhnt."

Die beiden Frauen sahen sich an und begannen dann im Chor zu lachen. „Weißt du noch, als er meine Wehen vor mit gemerkt hat?"

Adele bekam einen Lachanfall. „Ja, das war gut. Oder als wir die beiden beim Billard abgezockt haben."

Ria grinste. „Schade, dass ich das nicht mehr spielen kann."

Adele stutzte kurz, fing sich aber schnell wieder. Für einen kleinen Augenblick hatte sie vergessen, dass Ria blind war. „Wir finden schon noch eine Möglichkeit, wie wir das wieder zusammen spielen können." Ihre Miene wurde nachdenklich. „Hast du gerade Eilean gesehen?" Sie hatte doch gesagt, Eilean sei hübsch.

Die Schwarzhaarige lächelte wehmütig. „Gestern und eben hat Elea mir gezeigt, wie ihr ausseht. Es sind aber beide Male nur kurze Eindrücke gewesen, nicht länger als ein Blinzeln." Sie trat von Cian fort und wandte sich an ihre Tochter. „Bereit, mir den Weg in diese wahrscheinlich hoffnungslos prunkvolle neue Wohnung zu zeigen, die ich ab jetzt mein Zuhause schimpfen darf?"

Unwillkürlich musste Eilean lächeln. So natürlich wie jetzt hatte sie sie in Erinnerung. Wenn sie sich so verhielt, war es leicht, sich an sie zu erinnern und sie als die Person zu sehen, die sie war - ihre Mutter und Vorbild seit Kindheitstagen. „Klar. Ich finde sie auch so schrecklich unpersönlich."

Ihre Mutter lächelte. „Dein Kinderzimmer haben dein Papa und ich damals eingerichtet. Das war ganz lustig, weil Ragna meinte, er müsste auch seinen Teil dazu beitragen. Wir hatten regelmäßig Drachentatzen an den Wänden."

Überrascht lachte Eilean auf. „Das wusste ich noch gar nicht."

Die Miene ihrer Mutter verdüsterte sich ein wenig. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass Elea in den letzten Jahren sehr gesprächig war."

Da musste sie ihr zustimmen. „Also, wollen wir? Ich bin mir sicher, dass er uns den Kopf abreißt, wenn wir hier weiter reden." Sie warf einen Blick in Richtung Tür. „Und ich glaube nicht, dass du so begeistert bist, wenn weitere Gruppen hier entlang kommen."

Nachdem das geklärt war, machten sich Mutter und Tochter auf den Weg in ihr Zuhause.

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