.:59:. Ein Ausweg
Mit einem leisen Lächeln auf den Lippen betrachtete Ria das zarte Pflänzlein, das sich aus dem Boden gekämpft hatte. Es war ein Zeichen dafür, dass diese Welt sich erholte. Endlich.
Neben ihr erhellte eine Flamme das Dämmerlicht, das dieser Region anhaftete. „Wie es aussieht, ist unser Werk vollbracht", stellte Ifrit zufrieden fest.
Ragnarök brummte zustimmend. „Noch ist aber nicht alles vorbei. Es gibt noch Unruhen im Felsenriff. Ein Leviathan soll immer wieder vorbeiziehende Wesen angreifen und sie zu sich nach unten in die Tiefe ziehen."
„Man könnte meinen, wir hätten dort noch nicht genug getan", grollte Ifrit. „So langsam bin ich es leid."
Einfühlsam klopfte Ria dem Feuerwesen auf die Schulter. „Ich kümmere mich darum. Wenn es derselbe ist wie vor einem Jahr, wird das schnell geregelt sein." Anstatt wie sonst auch sofort loszustürmen, zögerte sie kurz.
Ifrit bemerkte es und sah sie fragend an. „Was liegt dir auf dem Herzen?"
Nach einem schweren Seufzen sah sie zu ihm auf. „Ich vermisse meine Familie." Niedergeschlagen und mit vor Sehnsucht schmerzendem Herzen senkte sie ihren Kopf. „Ich habe getan, was abgesprochen war. Jetzt möchte ich wieder nach Hause. Aber ich kann nicht." Frustriert stampfte sie auf den Boden und Tränen drohten ihr in die Augen zu treten. Sie konnte sie gerade noch am Ausbrechen hindern. „Jedes Mal, wenn ich versuche die Welten zu wechseln, habe ich das Gefühl gegen eine unsichtbare Mauer zu rennen."
Der Ifrit musterte das junge Wesen vor sich eindringlich. Sie hatte recht. Ihre Absprache war erfüllt. Jetzt ging es nur noch darum, den erreichten Status Quo abzusichern und die Welten wieder miteinander zu verbinden. Letzteres konnten sie nicht beeinflussen. Sie konnten nur die Voraussetzungen schaffen, dann lag es an ihrer Welt selbst, die Verbindungen zu etablieren. Geisterwesen konnten bereits wieder zwischen den Welten wechseln. Aber auch da gab es noch Beschränkungen, denn nur die schwachen oder kleinen Geister waren bislang dazu in der Lage. Es würde dauern, bis die Welt sich soweit erholt hatte, dass auch die machtvollen Wesen wie er oder die Schattenseele neben ihm wieder frei wechseln konnten. Wie viele Jahre bis dahin vergehen würden, konnte er nur schätzen. In den nächsten paar würde das aber noch nicht der Fall sein. Es tat ihm für die junge Frau leid. Sie hatte alles aufgegeben, um die Welten zu retten und nun hing sie hier fest, abgeschnitten von den meisten Wesen, die ihr etwas bedeuteten.
„Es gibt ein Wesen, das dir vielleicht helfen kann", begann er andächtig.
Augenblicklich ruckte ihr Kopf hoch. Beinahe unerträglich viel Hoffnung funkelte in ihren Augen. „Wirklich?" Schlagartig war ihr Schwermut verschwunden. „Wo ist er? Was muss ich dafür tun?" Die Aussicht, Eleasar und Eilean wiederzusehen, gab ihr neue Kraft. All ihre Versuche, mit ihren Lieben in Kontakt zu treten waren bislang vergebens gewesen. Wenn es auch nur die geringste Möglichkeit gab, sie wiederzusehen, wollte sie es versuchen. Sie vermisste sie so schrecklich doll.
Ifrit nickte leicht. „Es wird nicht einfach werden, ihn zu finden und ich kann dir nicht versprechen, dass er dir einen Weg zeigen kann. Aber wenn es eine Möglichkeit für dich gibt, wieder zurück zu reisen, bevor die Welten wieder völlig mit sich im Einklang sind und dauerhafte Verbindungen entstehen können, dann kennt er sie."
„Ich werde alles tun, um sie nicht länger im Stich zu lassen. Die Welt hier ist wieder im Gleichgewicht, damit ist meine Schuld beglichen." Ein wenig melancholisch ließ sie ihren Blick über die Einöde schweifen. „Ich werde meine Verantwortung weiterhin tragen, aber meine Familie braucht mich. Und ich brauche sie."
Ragnarök brummte zustimmend. Auch er wollte seine Kinder und Freund wiedersehen. „Lass uns den Leviathan zur Ordnung rufen und dann zusehen, dass wir einen Weg finden."
Erfüllt von neuem Mut und Zuversicht, machten sich die beiden auf die Reise. Dabei entging ihnen der besorgte Blick Ifrits. Nur ungern hatte er ihnen vor ihrem Aufbruch noch verraten, in welcher Region dieses Wesen hauste. Er fragte sich, welchen Preis die junge Schattenseele für ihr Ziel würde zahlen müssen.
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