.:53:. Das Ende der Vierten Union
Ihr graute schon jetzt vor ihrem Teil der Abmachung. Doch solange Eileans Leben noch auf dem Spiel stand, war das unwichtig. Ihre Kleine musste leben. Ihre Kleine und Elea. Entschieden nickte sie und trat aus der Astralebene hinein in eine Höhle voller Soldaten. Direkt vor ihr stand ein großer, hagerer Mann mit eingefallenem Gesicht und grauen Zügen.
Als er sie erblickte, lächelte er kalt und zog eine sehr verängstigte Eilean auf seinen Schoß. „Sieh an, die Schattenseele, die meine Freunde und Kollegen getötet hat", sprach er mit äußerst dünner Stimme. „Von uns Anführern bin nur noch ich da."
Schnaubend beschwor sie Ragnas Schwertgestalt herauf. Sie spürte so deutlich wie noch nie zuvor, dass noch mehr in ihr steckte. Das Schwert war nicht nur eine Waffe. Es war ein Teil von ihr. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war das Mädchen, das sie mit großen Augen anflehte, sie zu retten. Ihr tapferes kleines Mädchen. Ihre Tochter. Das Wunder, das Elea und sie geschaffen hatten. „Lass sie gehen", forderte sie kalt. Sie musste an sich halten, ihm nicht ein grauenvolles Gefühl entgegen zu schleudern. Denn das würde auch Eilean erwischen. Ihre Kleine hat schon genug durchmachen müssen.
Doch der Widerling zog ihre Kleine nur noch enger an sich. „Nein. Sie ist meine Lebensversicherung und ein unersetzbarer Teil meiner neuen Weltordnung. Du wirst hier nicht lebendig herauskommen, Schattenseele."
Knurrend stürzte sie sich auf ihn. Leider hatten die anwesenden Soldaten damit gerechnet und stellten sich ihr in den Weg. Immer mehr Fußvolk drängte auf sie zu und schob sie immer weiter von ihrer Tochter fort. In ihr begehrte etwas auf. Ihr Wesen verlangte danach freigelassen zu werden, um endlich und endgültig mit diesen feigen Widerlingen abzurechnen.
Mit jedem Millimeter, den die Kämpfer sie weg drängten, wurde dieser Drang größer. Sie spürte, dass ihr Mann da war, aber auch er war nicht mehr auf der Höhe seiner Kräfte. Das Reisen und der vorherige Kampf, um einen der Anführer gefangen zu nehmen, hatten auch ihn geschwächt. Reihenweise fielen die Leute einfach um oder starben durch Schwerthiebe. Irgendwann war sie zu schwach, um sich länger gegen den in ihrem Innern tobenden Drang nachzugeben. Es bedurfte nur einer kleinen Ermutigung Ragnaröks und sie gab den zusätzlichen Kampf mit sich selbst auf. Die Veränderungen traten sofort ein. Ihre Sicht verschleierte sich, dann wurde sie schärfer. Ihr Verstand schaltete sich aus. Instinktiv wusste sie wo Eleasar war und dass sie ihm nicht in die Quere kommen durfte. Auch Marjan konnte sie jetzt spüren. Eigenartig, denn bislang war er immer unter ihrem Radar geblieben. Doch so interessant dieser Gedanke auch war, Eileans plötzlich durch den Raum hallender entsetzter Schrei ließ sie all ihre Kräfte mobilisieren. Die Masse an Soldaten schrumpfte zusammen, bis du noch ein erbärmliches Grüppchen übrig blieb.
Mit Macht drängte sie das entfesselte Wesen wieder zurück in ihr Inneres. Sie wollte diesen Mistkerl mit eigenen Händen töten. Sie wandte sich nach ihm um und was sie sah, ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren. Der Mistkerl hatte Eilean an einen Stein gekettet. Auf dem Boden unter ihr waren merkwürdige Zeichen, die nur so nach Magie oder derartigen Tricks schrien. Er wollte ihre Kleine opfern! Der Dolch in seiner Hand sprach eine eindeutige Sprache. Nein! So schnell sie konnte rannte sie an den übrig gebliebenen Feinden vorbei und auf ihre Tochter zu. Mit Horror in den Augen musste sie zusehen, wie der Arm des Mannes sich immer weiter hob, um sich dann viel schneller abzusenken. Dabei murmelte er merkwürdige Worte vor sich hin. Im letzten Moment sprang sie auf ihre Tochter zu. Ihre Arme schlossen sich fest um sie, während das Messer ihren eigenen Rücken streifte und sich schließlich in ihren Rücken grub. Der Schmerz war beinahe überwältigend. Entschieden kämpfte sie ihn zurück. Dafür hatte sie gerade keine Zeit. Mit zusammengebissenen Zähnen gab sie ihrem Geist eine Anweisung. „Ragna, halt ihn fest."
Der Schattendrache folgte ihrem Befehl und sorgte dafür, dass sie Eilean problemlos vom Kampfgeschehen entfernen konnte. Sie von dem Stein zu befreien, stellte keine große Herausforderung dar. Es war nicht das erste Mal, dass sie mit Ketten und Schlössern hantierte. Mit einem lauten Klappern fielen die Ketten zu Boden.
„Mein Engel." Liebevoll und unendlich erleichtert zog sie ihre Tochter in ihre Arme. „Mein Engel, du bist in Sicherheit." Immer wieder strich sie ihr durchs weiche braune Haar. „Ich liebe dich, meine Kleine." Und dann flüsterte sie ganz leise die Worte, die nur für ihre Tochter bestimmt waren. „Pass mir gut auf deinen Papa auf. Ich liebe euch beide ganz doll."
Eilean sah sie noch mit großen Augen an, da überreichte Ria sie dem einzigen anwesenden Vertreter der Reißzahnfraktion. Eleasar war noch mit den übrig gebliebenen Soldaten beschäftigt. Davon abgesehen, hatten sie noch einen Anführer zu töten. Wichtig war, dass Eilean das Geschehen verließ. Es war kein Ort für ihre sechsjährige Tochter.
Marjan klangen auf einmal Harus letzte Worte in den Ohren. Sie wird gehen und euch alle retten. Aber der Preis, den sie zahlen wird, der ist hoch. Schütze die Deinen, alter Freund. Es war mir eine Ehre, dich kennen zu dürfen. Mit einer sehr schlechten Vorahnung schloss er seine Enkelin in seine Arme und brachte sie aus der unterirdisch gelegenen Höhle. Es war kein schlechtes Versteck, bedachte man diese provisorische Festung. Er kam auf einer mit üppigem Gras bewachsenen Erhöhung zum Stehen. Von hier aus hatte er einen guten Blick auf das Geschehen innerhalb der doch erstaunlich massiven Holzmauern.
Er stand nicht lange dort, da erschien der Kaiser neben ihm. Wortlos übergab er ihm die zitternde Eilean. „Ich muss mich um meinen Sohn kümmern", erklärte er auf den erstaunten Blick seines Herrschers hin.
Raphael war irritiert, fügte sich aber vorerst und unternahm alles, um die Kleine zu beruhigen.
Unterdessen hatten Ria und Eleasar sich den angeblich letzten Anführer dieser Verräter vorgenommen. Nachdem Elea seinen Geist durchsucht und seine Frau provisorisch verarztet hatte, hatte Ria mit Freuden ihre Wut an dem nunmehr gebrochenen Wesen ausgelassen.
Eleasar betrachtete seine Frau, wie sie den Mann systematisch auseinandernahm. Es war Folter, aber der Mistkerl hatte es nicht anders verdient. Was ihn beunruhigte, war die dunkelgraue Färbung ihrer Haut und die roten Augen. Sie war nicht mehr sie selbst. Seit sie von Eileans Entführung erfahren hatte, war eine Veränderung mit seiner Frau vorgegangen. Er hatte es gespürt, es jedoch nicht benennen können. Jetzt war klar, was dieses eigenartige Gefühl bedeutet hatte. Vorhin beim Kampf gegen die schiere Übermacht an Feinden hatte sie ihn überrascht. Hätte er nicht gewusst, dass es seine Frau war, die an seiner Seite um ihre Tochter kämpfte, er hätte sich von ihr fern gehalten. Ihre Haut war gänzlich schwarz gewesen und es schien, als würde sie einfach nur durch ihre Feinde greifen müssen, um sie zu töten. Erst danach waren ihm die klauenartigen Spuren an den Leichen aufgefallen. Welche Waffe sie auch immer gewählt hatte, es hatte ihnen sehr geholfen. Nun war ihre Haut grau.
Ein letztes Mal ertönte der Schrei des Gefangenen, dann schwieg er für immer.
Das Schwert verschwand aus Rias Hand und die graue Farbe ihrer Haut schien sich in Rauch aufzulösen. Doch der Rauch verschwand nicht, sondern umwaberte ihre zierliche Gestalt. Er machte einen Schritt auf sie zu, um sie in seine Arme zu schließen. Es war vorbei. Endlich. Die letzten Abtrünnigen, die dieser Vernichtung entgangen waren, würden sie schon noch aufspüren.
Nach viel zu kurzer Zeit löste sie sich wieder von ihm. Tiefes Bedauern und unendliche, bedingungslose Liebe zeichneten sich in ihrem verstörten Blick ab. Unendlich langsam legte sie ihre viel zu warme Hand an seine Wange und küsste ihn sanft. Der Rauch begann ihren Körper einzuhüllen. „Ich liebe dich", hauchte sie.
Er konnte noch einmal den leichten Druck ihrer weichen Lippen auf seinen spüren, dann war sie fort.
Marjan beobachtete, wie seine Schwiegertochter von Rauch umgeben vor seinem erstarrten Sohn stand, ihn küsste und offenkundig Abschied nahm. Das Herz wurde ihm schwer. Das durfte nicht geschehen! Nein!
Doch Ria war fort, ehe er etwas sagen konnte. Eleasar stand noch einen Augenblick da, ehe das Unvermeidliche folgte.
Ein Wesen, das seinen Seelenpartner verlor, konnte nicht weiterleben.
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Halli hallöchen =)
bevor ihr mich dafür jetzt alle zum Teufel wünscht: Die Geschichte endet hier nicht. Ich weiß, Spoiler und so.
An dieser Stelle benötige ich EURE Hilfe. Es geht darum, dass eine gewisse Zeit vergeht, bevor die Geschichte wieder einsetzt. Die Zwischenzeit möchte ich mit kurzen Einblicken füllen. Dafür fehlen mir momentan jedoch ein wenig die Ideen. Ich werde 3 kurze Kapitel verfassen, in denen kurz beschrieben wird, wie es den einzelnen Charakteren ergeht. Momentan bin ich dafür, Eilean, Marjan und Ria zu nehmen. Was haltet ihr davon? Habt ihr irgendwelche Ideen/Wünsche für das, was ich da rein schreiben soll? Bei Eilean zum Beispiel könnte ich mir vorstellen, dass es darum geht, einen Freund zu finden, sich an einen Geist zu binden, usw.
Liebe Grüße, Ama
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