Das 8.5 Kapitel oder Wetten und Neuigkeiten

"Nein, Max, jetzt hast du völlig danebengeschossen!", rief William entsetzt aus und klatschte sich die Hand gegen die Stirn. Lucas und Henry standen ein wenig abseits und hatten Mühe, ihren Lachanfall zu unterdrücken. 

Als Max, mit vollem Namen Maxwell, ein weiteres Mal völlig daneben zielte, sodass der Pfeil im Gebüsch dahinter verschwand, hatte William genug. Mit einem finsteren Blick stapfte er zu den beiden anderen, die nun ihr Gelächter nicht mehr zurückhielten und laut losprusteten. 

"Ich geb's auf, es ist hoffnungslos ihm Bogenschiessen beibringen zu wollen." Mit einem Schmollmund zog er zehn Pfund heraus und drückte es Lucas und Henry in die Hand. 

"Schon wieder eine Wette verloren, ist wohl nicht deine Woche, was?", fragte Henry feixend, "um so besser, bis nächsten Montag sind wir um fünfzig Pfund reicher."

Dabei stiess er Lucas freudig mit voller Wucht in die Rippen, der gequält die Luft einsog. 

"Gentlemen, gehen wir rein? Ich glaube kaum, dass Max das Bogenschiessen noch lernt, er hat bestimmt schon vierzig Pfeile in's Gebüsch geschossen.", meinte Henry und zog Lucas einfach mit.

William rief ihnen hinterher:

"Und wer holt denn jetzt die Pfeile aus dem Gebüsch?", doch er bekam keine Antwort.

Grinsend beeilte sich Henry noch mehr, in's Haus zu kommen und raste wie ein kleiner Junge die Treppe hinauf, nur um dann mit einem der Dienstmädchen zusammenzustossen, dass er jedoch galant auffing, als es sein Gleichgewicht verlor.

Lucas hatte Mühe, ernst zu bleiben, besonders als Henry dem Dienstmädchen ein Kompliment nach dem anderen machte, dieses errötete und verzweifelt nach Luft schnappte, während er munter weiterplauderte.

"Henry, ich habe gemeint, du wolltest rein?", fragte Lucas verschmitzt und zog seine linke Augenbraue hoch.

"Aber warum denn, ich bin doch schon drinnen und ausserdem unterhalte ich mich im Moment gerade mit dieser Schönheit, ich habe keine Zeit für dich.", antwortete Henry und drehte sich demonstrativ ab. Das war zuviel für das Dienstmädchen, es schnappte noch einmal verzweifelt nach Luft, dann verdrehte es die Augen und Henry bewahrte es ein zweites Mal davor, auf dem Boden aufzuschlagen.

"Was haben auch immer alle?", fragte er verwundert und hob sie hoch. 

Mit schnellen Schritten lief er den Dienstbotengang hinunter in die Küche, Lucas dicht auf seinen Fersen. 

Als die Köchin und ihre Gehilfen ihnen gewahr wurden, versanken sie erst einmal in einem tiefen Knicks um gleich darauf entsetzt nachzufragen, was den passiert sei. 

Henry tischte ihnen wieder eine seiner Heldengeschichten auf, die Lucas lautlos mitsprach, da er sie mittlerweile auswendig kannte.

Die gesamte Belegschaft hing an seinen Lippen und er nutzte das völlig aus, indem er sich ein paar der Scones schnappte und sie heimlich Lucas reichte, der sie schnell in seiner Hosentasche verschwinden liess. Mit einem knappen Gruss türmten die beiden Gebäckräuber und sprangen den Flur wieder hinauf zum Eingang. Dort trafen sie auf Maxwell und William und verfielen erneut einem Lachanfall.

Da Max seine Pfeile in's Gebüsch geschossen hatte, hatten die beiden in die Büsche krabbeln müssen, um alle Pfeile zusammenzusammeln und dementsprechend sahen sie auch aus. In Maxwell's strohblondem Haar steckten Zweige, sodass sogar Vögel darin hätten nisten können und William hatte die Knie seiner Hose mit Erde beschmiert.

"Oh, ich will gar nicht wissen, was eure alten Herrschaften sagen werden, wenn sie euch so sehen.", kicherte Henry und klang dabei wie ein kleines Mädchen, was wiederum Lucas einen erneuten Lachanfall bescherte.

"Kommt jetzt, wir sollten doch um drei Uhr oben im drawing room sein. Jetzt sind wir schon siebzehn Minuten zu spät.", meinte William, ohne auch nur eine Miene zu verziehen und lief voraus. Die anderen folgten grinsend, Maxwell schaute ins wenig beschämt drein, sagte jedoch sofort:

"Ich hab' euch ja gewarnt, dass ich eine Niete darin bin."

Mit einem spitzbübischen Grinsen erreichten sie den drawing room und folgten William, der wohl jetzt beleidigt war, hinein.

Sobald sie eingetreten waren und die Tür hinter sich geschlossen hatten, wurden sie sich der Blicke ihrer Eltern bewusst und zogen schon einmal vorsichtshalber den Kopf ein.

"William Andrew John, was hast du wieder angestellt?", schimpfte William's Mutter, Lady Dorset, sofort los und zog ihren Sohn am Ohr, der schmerzerfüllt aufjaulte. Lucas versteckte sein Lächeln hinter seiner Hand und wandte sich vorsichtshalber ab, doch sein Vater hatte es trotzdem gesehen.

"Lucas, wie kannst du nur so verantwortungslos sein? Du bist der Älteste, von dir hätte ich wenigstens erwartet, dass du die anderen im Zaum hältst!", tadelte der Duke of Somerset mit finsterem Blick, während er seine Barthaare zwischen seinen Fingern zwirbelte.

Sein Sohn biss sich auf die Lippe, aber nicht etwa, weil er beschämt war, sondern weil er sich wieder einmal von einem Lachanfall bewahren musste, den ihm William verursachte. Dieser wurde nämlich immer noch von seiner Mutter ausgeschimpft. Nun wollte sie ihn sogar dazu bringen, sich über ihr Knie zu legen, damit sie ihm den Hintern versohlen konnte. Verständlicherweise weigerte er sich standhaft und so ging die Diskussion weiter bis sein Vater, Lord Spencer, der Earl of Dorset, einschritt und seine Frau mit leisen Worten beruhigte.

"Können wir mit dem Theater aufhören?", meinte Lady Seymour, Lucas Mutter, genervt und klopfte ungeduldig mit ihrem Fuss.

Sofort entschuldigten sich alle und sahen abwartend zu ihr. Nun war es an ihr, triumphierend zu lächeln, bevor sie Henry's Vater, Lord Graham, Marquess of Northampton, der bis dahin geschwiegen hatte, auffordernd zunickte.

Seufzend erhob sich dieser und begann:

"Nun, ihr habt euch sicher schon gewundert, warum wir euch alle zusammengerufen haben. Die Antwort darauf sollt ihr nun bekommen."

Er machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr fort:

"Ihr seid nun alle schon über zwanzig Jahre alt und noch immer völlig unverantwortungsvoll. Deshalb haben wir beschlossen, dass es nun an der Zeit ist, etwas daran zu verändern."

Wieder machte er eine Pause, die Maxwell nutzte, um zu fragen:

"Und wie gedenkt ihr, Lord Graham, dies umzusetzen?"

Dieser schaute Max genervt an und sprach weiter:

Wir, eure Eltern, werden auch nicht jünger und wollen vor unserem Tod sicherstellen, dass unsere Blutlinie weitergeführt wird. Deshalb-"

"Also bei Henry wird das kein Problem sein. Ich wundere mich, warum er bis jetzt noch kein Kind mit einer seiner Bekanntschaften hat.", murmelte William leise, doch seine Mutter hatte ihn trotzdem gehört und verpasste ihm eine saftige Ohrfeige.

"Unanständig, höchst unanständig!", fauchte diese und blickte ihren Sohn finster an.

"Deshalb haben wir entschieden, dass es für euch nun an der Zeit ist zu heiraten.", beendete Lord Graham seine kleine Rede.

Lucas blickte entsetzt zu Henry, der angewidert das Gesicht verzog und mit William, der ebenfalls seine Nase gerümpft hatte, einen erschrockenen Blick austauschte. Maxwell reagierte überhaupt nicht, er stand völlig erstarrt da.

"Aber father, ich bin mir sicher, dass dazu keine Ehe notwenig ist. wir werden auch so verantwortungsbewusst. Und ausserdem dauert es bestimmt noch lange, bis Ihr sterbt. Und ausserdem-", wagte Henry einen Versuch, doch sein Vater unterbrach ihn, bevor er weitersprechen konnte.

"Es ist entschieden. Wir erwarten , dass ihr euch während unseres Aufenthalts von der besten Seite zeigt. Habt ihr verstanden?", fragte er streng und ein schwaches Kopfnicken seitens der jungen Männer folgte.

"Also fahren wir nach London?", fragte Lucas, als sie sich schon erhoben hatten und zur Tür geschlurft waren.

Der Marquess of Northampton lächelte geheimnisvoll:

"London ist nur unsere zweite Wahl. Als erste Wahl haben wir etwas viel Besseres."



ja, liebe Leute, das erste Kapitel aus einer zusätzlichen Sicht...ich denke, ihr wisst bestimmt, wohin sie fahren werden, oder?;)

wie immer bitte Vote und ein kurzes Feedback

lg Lou

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