3. Kapitel
Mein Wecker klingelte um vier Uhr morgens und ich stand auf ohne mich zu beschweren. Ich hatte gelernt das beschweren bei meinem Dad nichts brachte. Ich wusch schnell mein Gesicht, wechselte in Sport Klamotten und eilte runter in den Flur, um mir meine Sneaker anzuziehen.
"Helen du bist wieder die letzte", kommentierte mein Vater, der sich draußen mit den Jungs bereits aufwärmte.
"Sorry", gab ich von mir und fing auch an mich zu dehnen. Ophelia durfte noch ausschlafen, da sie jung war und den Schlaf unbedingt 'benötigte'. Gosh, wie gerne würde ich mit dieser manipulativen Schlange tauschen...
"Okay los gehts, ihr wollt ja nicht zu spät in die Schule kommen", sprach mein Dad bevor wir alle in die Richtung des Fitnessstudios joggten, was ungefähr zehn Minuten dauerte. Das Studio gehörte meinem Vater und manchmal hatte ich das Gefühl, dass er es mehr liebte als uns. Odys, Kaine und ich durften an Schultagen, außer montags und donnerstags, um vier Uhr aufstehen, mit unserem Dad in sein Fitnessstudio joggen, dort noch etwas Cardio und Krafttraining betreiben, um Viertel vor sechs zurückjoggen und danach uns für die Schule richten.
Ich muss sagen anfangs hätte ich mich lieber umgebracht, aber irgendwann gewöhnte man sich daran und außerdem half es meiner Gesundheit. An Wochenenden schlief ich meist bis acht oder neun Uhr aus und ging dann Kickboxen, ebenfalls in unserem Fitnessstudio.
Mein Dad switchte täglich von der Firma, die er mit seinen Brüdern hatte, in seinen Gym, ohne von der ganzen Arbeit überhaupt müde zu werden. Es war bewundernswert wie viel Energie er an den Tag legte.
Zurück daheim saßen wir, fertig hergerichtet für die Schule, am Frühstückstisch und scheffelten uns wortwörtlich das Essen rein. Ophelia sah uns derweil unbeeindruckt zu. Sie war den unappetitlichen Anblick bereits gewohnt.
"Schatz was machen wir heute? Bin seit Tagen nicht mehr aus dem Haus gegangen", fragte meine Mum süß an meinen Dad gewandt, der heute frei hatte.
"Ich habe gehört küssen verbrennt 6,4 Kalorien pro Minute, warum nicht das ausprobieren?", schlug mein Dad mit einem schelmischen Grinsen vor und ich wusste nicht ob ich kotzen oder ihn wegen der Antwort applaudieren sollte.
"Nennst du mich gerade fett?!", kam es plötzlich fassungslos von meiner Mum und ich konnte nicht anders als schmunzelnd wegzuschauen.
Ups...
Odys sowie Kaine und Ophelia waren sichtlich amüsiert während mein Dad meine Mum perplex ansah. Er war immer noch mit ihren Stimmungsschwankungen überfordert, obwohl er es nach vier Kindern endlich mal raffen sollte.
"Princesa das habe ich doch gar nicht gesagt", antwortete mein Vater mit zusammengezogenen Augenbrauen.
"Ach so jetzt bin ich auch noch eine Lügnerin! Weißt du was Alec? Du kannst mich mal!", schrie meine Mum nun und stürmte aus der Küche.
"Hat er doch schon längst", murmelte Kaine unter seinem Atem, weshalb ich ihm mit geweiteten Augen auf den Hinterkopf schlug, dennoch zuckten meine Mundwinkel nach oben.
"Princesa!", rief mein Dad frustriert und wollte ihr gerade hinterherlaufen als sie wieder zurück in die Küche stürmte und ihn dabei zur Seite stieß.
"Princesa mich nicht!", maulte sie nur bevor sie ihren Teller mit dem Essen nahm und erneut aus der Küche lief.
"Gott, warum?", atmete mein Vater erschöpft aus.
"Okay also, wenn Frauen schwanger sind dann- oder warte ich fang von Anfang an damit du es besser nachvollziehen kannst und diesen Fehler nicht noch mal begehst. Und zwar, wenn eine Frau und ein Mann sich sehr lieben-", versuchte ich ihn gerade aufzuklären ehe er mich unterbrach.
"Helen, wenn du den Satz beendest darfst du morgen die Männerumkleide im Studio putzen", drohte er mir herausfordernd, weshalb ich sofort schwieg.
"Und jetzt alle ab in die Schule. Helen du nimmst Ophelia heute auch noch mit. Ich muss jetzt erst mal deine Mum mit Ben & Jerrys bestechen", teilte mein Dad uns mit und ich konnte nicht anders als genervt aufzuseufzen.
"Aber Dad-", wollte ich mich beschweren, doch schwieg in dem selben Moment, in dem ich seinen Blick sah.
"Als ob Mum um die Uhrzeit Eis isst", sagte ich dann trotzdem.
"Es ist deine Mum, Helen. Natürlich isst sie Eis um halb acht am Morgen", antwortete er kopfschüttelnd und enttäuscht, dass ich meine Mutter so schlecht kannte.
Nachdem ich die drei Kinder des Grauens in ihren Schulen abgesetzt hatte, kam ich gerade noch rechtzeitig zum ersten Gong an und atmete erleichtert aus.
Ich war schon zweimal zu spät gekommen und beim dritten Mal müsste ich nachsitzen also nein danke.
Früher, als ich noch naiv war, dachte ich, dass das College so viel besser sein würde als die High-School, aber falsch gedacht, da das ein Elite-College war, war es um einiges schlimmer als die High-School.
Ich lief bereits genervt in meinen ersten Kurs, in dem auch Evan saß. Ohne ihn eines Blickes zu würdigen setzte ich mich auf meinen Platz und nahm mein Zeug für die Stunde raus.
Unwillkürlich verglich ich ihn mit dem Jungen aus Marisols Schule und kam zu dem Entschluss, dass Evan neben ihm wie ein Stück Scheiße aussah.
Der Schultag verging ohne Zwischenfälle. Ich saß allein, aß allein und lief als wir aushatten, direkt an mein Auto.
Doch kaum saß ich drin, bekam ich einen Anruf von Marisol.
"Ja?", fragte ich in den Hörer und schnallte mich parallel dazu an.
"Hey Helen, meine Lieblingscousine. Wie geht's dir? Alles gut bei dir, du Schönheit aller Schönheiten?", kam es von ihr zurück, weshalb ich meine Augen rollte.
"Was willst du?", hakte ich seufzend nach.
"Pff, ich was wollen? Wann wollte ich das letzte Mal etwas von dir?", spielte sie es sofort runter.
"Gestern Abend. Du hast meine Tasche ausgeliehen", antwortete ich mit hochgezogenen Augenbrauen, obwohl sie es nicht sehen konnte.
"Touché", gab sie niedergeschlagen von sich.
"Also was ist?", kam ich wieder auf den eigentlichen Punkt zurück.
"Kannst du mich abholen und mit mir in die Mall fahren? Ich brauche ein neues Outfit für Freitag", bat sie mich in ihrer süßesten Stimme.
"Was krieg ich im Gegenzug?", fragte ich unbeeindruckt.
Ich sage es euch, die einzige in der Familie mit einem Auto zu sein war das Schlimmste. Sam hatte zwar ein Auto, aber hasste es zu fahren, weil sie lieber herumkutschiert werden wollte. Marisol hatte nicht mal einen Führerschein, weil sie vier Mal durchgefallen war und Dylan hatte zwar ein Führerschein, aber kein Auto, weil Onkel Xavier meinte, er solle sein Geld für das Auto selbst verdienen.
Kaine und Odys hatten ihr Wagen geschrottet, also war ich als einzige übrig.
"Du hast die Gelegenheit deinen Loverboy zu sehen, der wie gestern Basketball spielt. Und an deiner Stelle würde ich mich beeilen, weil er gerade sein Shirt auszieht", antwortete sie, wobei ich ihr Grinsen raushören konnte.
"Im Gegenzug bekomme ich etwas von Taco Bell", sprach ich nur, ohne auf ihre Aussage einzugehen und legte dann auf bevor ich losfuhr.
Niemals telefonieren und fahren gleichzeitig, Kids.
Angekommen rief ich sie wieder an, weil die Madame nicht selbst darauf gekommen war, an den Parkplätzen zu warten. Aber was hatte ich auch schon groß erwartet? Es war Marisol.
Nach fünf vergeblichen Versuchen sie anzurufen, stieg ich genervt aus dem Wagen.
Was hatte sie gemacht? Ihr Handy weggeschmissen?
Ich schüttelte angepisst meinen Kopf als ich darauf kam, was das eigentlich sollte.
Ich kannte meine Cousine gut genug, um zu wissen, dass sie das nur machte damit ich an das Schulgelände lief und dort zufällig auf den Typen von gestern traf. Sie dachte wahrscheinlich von sich, sie wäre Amor selbst.
"Ich hasse sie", atmete ich aus ehe ich das machte, was die Hexe von Anfang an geplant hatte.
Okay zugegeben, ein Teil von mir liebte sie deswegen, denn irgendwie wollte ich ihn wiedersehen damit er mit seiner Schönheit wieder meine Augen segnen konnte.
Wie beim letzten Mal wurde ich angestarrt als wäre ich aus einer anderen Dimension als ich durch den Schulhof lief. Urgh.
Meine Augen wanderten von hier nach dort, auf der Suche nach der blonden Ziege, jedoch ohne Erfolg.
"Helen!", hörte ich Dylans Stimme meinen Namen rufen und drehte mich in die Richtung von der sie kam, welches ausgerechnet in der Richtung des Basketballplatzes war, die ich vermieden hatte.
Er stand Oberkörperfrei bei den anderen Jungs und bei dem Adonis selbst, der auch kein Shirt anhatte. Holy mother of God...
Ich brauchte definitiv neue Unterwäsche.
Nicht wissend was ich tun sollte, winkte ich Dylan zu, weshalb er mich mit einem 'The Fuck?'-Blick ansah und dann selbst zu mir joggte.
"Hey", grüßte er mich, nicht mal annähernd außer Atem und bevor ich reagieren konnte umarmte er mich mit seinem Schweiß-durchströmten Körper.
"Ew, ew, ew!", konnte ich nur sagen und stieß ihn angewidert von mir weg.
"Dylan! Du widerlicher Vollidiot! Jetzt kann ich die Sachen schon wieder waschen!", sprach ich dann gereizt.
Schon bemerkt, dass ich dauerhaft nur genervt war? Aber konnte es mir jemand bei meiner scheiß Schule und anstrengenden Familie verübeln?
"Aww, ich liebe dich auch Cousinchen", sagte er ehe er mich wieder in seine Arme nahm. Sein Schweißgeruch brannte regelrecht in meiner Nase, weswegen ich sie mit einem schmerzverzogenen Gesicht zu hielt.
"Wenn du mich nicht loslässt, kotz ich auf dich", drohte ich ihm, was eigentlich mehr eine Mahnung war, da ich echt bald kotzen würde.
Sofort trennte er sich von mir und ich atmete erleichtert aus. Für einen kurzen Augenblick sah ich auf den Basketballplatz und mein Blick traf sich mit dem von Hottie. Ich blickte wieder zurück zu Dylan und räusperte mich kurz. Gosh, wie konnte jemand nur so gut aussehen? Wie?!
"Ehm hast du eine Ahnung wo Marisol steckt?", fragte ich und musste mich dabei konzentrieren nicht wieder zu dem Typen zu sehen.
"Nope. Ich versuche meist so zu tun als würde ich sie nicht kennen", antwortete er schulterzuckend, was mich leicht zum schmunzeln brachte.
"Ah Helen! Da bist du ja", kam es dann von Marisol selbst, die gerade zu uns eilte.
"Was heißt da bin ich ja? Ich habe deinen Arsch gesucht", gab ich mit zusammengezogenen Augenbrauen von mir.
"Wieso suchst du mich? Ich habe auf dem Mädchenklo auf dich gewartet", kam es verwirrt von ihr zurück. Dylan und ich sahen sie daraufhin synchron mit einem 'What the fuck?'- Blick an. Gut, dass ich nicht die einzige war, die deswegen verwirrt war.
"Warum zur Hölle wartest du auf dem Mädchenklo?", hakte ich nach.
"Dachte das ist ab jetzt unser offizieller Treffpunkt, weil wir uns gestern auch dort getroffen haben?", antwortete sie als wäre ich die dumme.
Ich schlug mir selbst auf die Stirn.
"Wieso zur Hölle- Ach egal, komm jetzt einfach", sagte ich bereits fertig mit diesem Mädchen und nahm sie am Arm.
Ich hatte ihr zu viel angerechnet mit dem, dass es ihr 'Plan' gewesen war, dass ich den scharfen Typen wiedersehe.
"Okay, bye Dylan", verabschiedete sich Marisol von ihrem Bruder bevor sie glücklich voran lief.
"Ich bring deine Schwester irgendwann noch um", teilte ich Dylan mit.
"Gott bitte, das wäre das Beste, was mir passieren würde", scherzte er. Also ich hoffte zumindest, dass er scherzte.
"Was ist am Freitag, dass du dafür ein Outfit brauchst?", fragte ich als wir zur Mall fuhren.
"Wir gehen da auf 'ne Party", informierte sie mich gleichgültig.
"Wir?!", schoss es ungläubig aus mir. Bevor mein Dad mir erlauben würde auf eine Party zu gehen, würde er sich beide Augen ausstechen.
"Jup, du, Sam und ich", bestätigte sie es.
"Du weißt ganz genau wie mein Dad bei sowas ist und ich bezweifle, dass Onkel Caleb auch einverstanden damit ist seine unschuldige Tochter auf eine Party zu lassen", sprach ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Deshalb schleicht ihr euch ja raus", kam es von Sol zurück als wäre es offensichtlich.
"Keine Chance."
"Komm schon Helen. Du bist schon 20 und warst noch nie auf einer Party. Leb ein bisschen", versuchte sie mich umzustimmen.
"Du hast leicht reden. Deine Eltern sind die chilligsten Leute, die ich kenne", gab ich unbeeindruckt von mir. Ohne Witz, Marisol könnte sagen: 'Hey, ich mach einen Roadtrip mit der Motorrad-Gang, die ich vor zehn Sekunden kennengelernt habe' und ihre Mutter würde antworten: 'Oh mein Gott, wie cool. In meiner Jugend war ich selbst in einer Motorrad-Gang' oder so.
"Okay...auf der Party ist aber zufällig auch Loverboy...", merkte sie ganz nebensächlich an.
Natürlich sollte dies nichts an meinem Standpunkt ändern...aber das tat es.
Ich mein könnt ihr mich verurteilen?
"Und wie willst du Sam davon überzeugen ihren Dad anzulügen und sich rauszuschleichen? Sie ist schließlich Papas kleine Prinzessin und würde sowas nur in Notfällen machen", fragte ich, ohne direkt einzuwilligen, weil mich Marisol ansonsten deswegen verarschen würde.
"Wir entführen sie einfach", antwortete Fräulein Schlaumeier.
"Ah klar...", sagte ich, zweifelnd an ihrem Plan.
Weil das auch gut enden würde...
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