~11~

|Überarbeitet am 04/11/2018|


"Ich möchte.. mich bei dir entschuldigen"

Ungläubig siehst du dem Mann vor dir in die stahlgrauen Augen.
Hatte er das gerade wirklich gesagt ? Das kann doch nur ein Scherz sein.

"Ja ist klar. Jetzt lassen Sie mich los, so etwas können sie doch gar nicht" Mit einem leisen Lachen versuchst du zur Seite zu weichen, jedoch haut er seine Hände neben deinem Kopf an die Wand und hält dich somit an Ort und Stelle. Erneut.
"Ich meine es ernst" Der Blick in seinen Augen verrät nichts, nicht eine Emotion ist darin zu sehen.

Unsicher und erschrocken drückst du dich fest an die Wand, um etwas Platz zwischen euch zu schaffen. "Wie kommen Sie denn so plötzlich dadrauf ?"
Ein kurzes Schmunzeln erscheint auf seinen Lippen. "Du bist wirklich ein wenig dumm, habe ich recht ?" - "Wa- Nein !"

Wütend funkelst du ihn an. Erst meint er, er will sich entschuldigen und dann wieder sowas.
Der Mann vor dir ist hier derjenige, der dumm ist !

"Mach doch nicht so ein wütendes Gesicht. Du hast mir doch die Zettel gegeben, obwohl, eher auf den Tisch geknallt" Während er redet streift er mit seinem Mund, erst an deinem Ohr entlang und geht dann bis hin zu deinem Hals.
Dieses vertraute Gefühl lässt deinen Kopf sich drehen, so das du etwas brauchst um seine Worte zu verstehen.

Stimmt, du hattest ihm ja alle Grundlagen des nett-seins aufgeschrieben. Darunter war auch einen Punkt zum entschuldigen. "S-Sie lernen aber schnell.."
Deine Atmung ist flach und du presst die Lippen aufeinander, während seine Lippen deinen Hals streicheln wie warmer Sommerwind.

Ein raues Lachen ertönt an deinem Hals und sendet ein Vibrieren deine Haut hinab.
"So bin ich nunmal. Also komm" Er entfernt seinen Kopf von deinem Hals und du hättest ihn fast zurück gezogen.

Doch er geht bloß zu seinem Schreibtisch, setzt sich hin und nimmt einen Schluck Tee.
Ist das jetzt sein Ernst ?
Dein Unterbewusstsein ist außer sich und auch du selbst kann es nicht fassen.

Warum tut er jetzt so als sei nichts gewesen ?

"Na los, komm. Dein Tee wird sonst kalt" Für einen Moment verziehst du das Gesicht und gehst dann langsam zu ihm rüber, da deine Beine noch ein wenig wackelig sind.
"Was wollen Sie jetzt ?" Er holt die von dir geschriebenen Zettel aus einer Schublade und legt sie vor sich.

"Ich wollte dich etwas fragen" Verwirrt ziehst du eine Augenbraue nach oben. "Was denn ?" 
Den Zettel mit dem Stichpunkt Entschuldigungen dreht er in deine Richtung und tippt auf eines der Beispiele.
"Was meinst du damit ?" Du liest dir den Punkt durch und siehst ihn danach entsetzt an.
Der Punkt lautet:

Wenn Sie jemanden verletzen -sowohl physisch, als auch psychisch- entschuldigen Sie sich bei dem jenigen angemessen und achten sie auf die Reaktion, die sie dabei bekommen.

Ein kurzer Punkt der doch eigentlich leicht zu verstehen ist, oder ?

Du hebst den Blick und siehst ihn unsicher an. "Ehm, sorry aber was genau meinen Sie ? Ich meine Sie sollen sich ent-" - "Jaja, dass mit dem entschuldigen habe ich verstanden"

Ok, erst eine Frage stellen und dann nicht ausreden lassen. Mhm, super Levi.

"Aber was denn dann ?" Also jetzt stehst du echt auf'm Schlauch. Was meint er denn ?
"Tch, ich meine das mit der Reaktion. Wie meinst du das mit, auf die Reaktion achten ?"

Ach.. Oh man, versteht er das echt nicht ?

Du hältst die Brücke deiner Nase fest und überlegst wie du es ihm am besten erklären kannst. "Gucken Sie. Wenn Sie jemanden beleidigen -was Sie wirklich ziemlich oft tun- sind die Leute entweder verletzt, traurig oder wütend.
Und wenn Sie sich dann entschuldigen, wird das ziemlich überraschend für diese Person sein. Die Reaktion darauf, dass Sie sich entschuldigen wird jedes Mal anders sein. Es ist einfach so untypisch, dass alle vollkommen durcheinander sein werden"

Während deiner kleinen Rede sieht er dich intensiv an und wendet kein einziges Mal den Blick von dir.

Etwas unwohl war dir dabei schon, vor allem weil du nicht weißt was hinter den kleinen Denkfalten auf seiner Stirn vor sich geht.
Es sieht so aus als würde er deine Worte verarbeiten, diese kleine Pause nutzt du um ein paar Schlucke von deinem Tee zu nehmen.

Der Honig hat sich aufgelöst und versüßt das Aroma der Blüten. So einen leckeren Tee hattest du schon lange nicht mehr getrunken und würdest du bestimmt so schnell auch nicht mehr trinken.

Levi würde es mit Sicherheit mitbekommen wenn du an seinen Honig gehst, vor allem wüsste er sofort das du es warst, weil ja anscheinend nur du jetzt weißt, wo er sich befindet.
Aber trotzdem war es nett von ihm, dir etwas abzugeben.

Du hältst die Tasse zwischen deinen Händen damit sie dich wärmt.
Diesen Tee würdest du genießen.

Levi's Stimme reißt dich aus deinen Tee-Gedanken.
"Aber warum sollte ich mich entschuldigen ?" 
Dein Unterbewusstsein ist bereit ihm eine zu klatschen. Wie kann man das denn nicht verstehen ?

So langsam glaubst du das dass Ganze nichts wird, wenn er schon bei der Ersten Sache nichts peilt.

"Wie bitte ? Wieso Sie sich entschuldigen sollen !?
Ganz einfach: Weil Sie die Gefühle der Leute verletzen ! Wenn Sie jemanden als dumm bezeichnen, nur weil er etwas nicht ganz verstanden, oder auf Anhieb richtig gemacht hat, heißt das noch lange nicht, dass sie dumm oder ähnliches sind.

Es können nicht alle so perfekt und präzise sein, wie Sie ! Es gibt auch Leute mit Ecken und Kanten . Oder sind Sie schon so auf die Welt gekommen ? So, so kaltherzig und perfekt in allem ? Sie werden nicht ohne Grund 'der stärkste Mann der Menschheit' genannt ! Nicht alle können so gut kämpfen, wie Sie!"

Du hast dich so in deine plötzliche Wut hineingesteigert, dass du nun völlig aus der Puste bist. Dein Brustkorb hebt und senkt sich schnell und deine Atmung ist laut. Mit zusammen gezogenen Augenbrauen starrst du ihn an, auch wenn der böse Blick bereits weh tut.

Du kannst es einfach nicht fassen, wie begriffsstutzig er ist.

Aber dein kleiner Ausraster scheint Wirkung gehabt zu haben.
Levi sitzt in seinem Stuhl zurück gelehnt und sieht dich mit großen Augen an. Seine grauen Pupillen scheinen verwirrt, denn sie sehen aufgewühlt aus.

Rasch greifst du nach deiner Tasse und nimmst einen Schluck, wobei die süße Flüssigkeit dich wieder ein wenig runterfährt.
Du stellst die Tasse zurück auf den Tisch und siehst ihn an. Da er immer noch nichts gesagt hat, ergreifst du erneut das Wort.

"Haben Sie das jetzt verstanden ? Jeder Mensch hat seinen Stolz und ist in gewissen Punkten unantastbar. Jeder hat seine Grenzen, die einen haben Angst vor der Dunkelheit, andere vor der Höhe.
Das ist aber nichts was einen dumm macht. Schwäche bedeutet nicht auch gleich Dummheit. Sie sollten lernen auch Respekt vor anderen zu haben und nicht nur sich selber welchem zu verschaffen"

Dieses Mal ist deine Stimme ruhiger und klingt dadurch auch etwas ernster. Innerlich bist du ziemlich stolz auf dich, dass du ihm so die Meinung gegeigt hast. Irgendwer muss das ja mal tun.

"Sie sind ein guter Captain und man kann von Ihnen auch wirklich viel lernen, aber das ist beruflich. Im Privaten ist das was anderes. Auf Missionen ist alles ernst, man muss sich konzentrieren und auf den anderen vertrauen. Aber wenn man zusammen isst oder sonst etwas macht, sollte man die Zeit genießen und Spaß haben. Aber das geht nicht, wenn man immer Angst haben muss, runtergemacht zu werden"

Du hast genug gesagt und willst auch gar nicht weiter reden. Du trinkst den Rest des Tees und rückst den Stuhl zurück um aufzustehen.
Levi sitzt wie versteinert da und du blickst ihn noch ein letztes mal an, bevor du dich umdrehst und in Richtung Tür gehst.

Plötzlich hörst du hinter dir, wie Levi seinen Stuhl ruckartig nach hinten schiebt, gefolgt von Schritten und im nächsten Moment schnappt er sich dein rechtes Handgelenk. "Warte.. bitte"
Du drehst dich leicht zu ihm um. Verwundert über sein Handeln.

Er hat den Kopf nach unten hängen, so das sein schwarzes Haar sein Gesicht verdeckt.
"Ich weiß das ich nicht das Recht habe, so mit anderen umzugehen, aber mir wurde es nie anders beigebracht. Ich habe nie gelernt wie es ist, richtig Spaß zu haben und nett zu anderen zu sein. Ich habe Leute verloren die mir viel bedeutet haben und diesen Schmerz.. werde ich nie vergessen.

Weißt du ? Sie waren wie eine Familie für mich und ich habe Angst das ich diesen Schmerz noch einmal durchleben muss. Also versuche ich alle von mir fernzuhalten, aber bei dir ist es anders. Ich weiß auch nicht so recht wieso, aber ich habe das Gefühl das dass bei dir nicht der Fall sein wird. Ich will nicht noch mehr verlieren, aber ich möchte eigentlich auch nicht jeden von mir weisen oder jedem Angst einjagen. Ich meine, ich bin auch nur ein Mensch.."

Nun bist du diejenige, die sprachlos ist und ihn bloß anstarrt.
Du hattest mit deiner Vermutung Recht gehabt. Er hat Angst anderen zu vertrauen, weil er verletzt wurde.

Und nun weiß er nicht was er tun soll, und aus Angst erneut verletzt zu werden, weist er alle von sich.

"Levi.." Erschrocken sieht er hoch. "Du hast meinen Namen gesagt" Du lachst leise. "Ja, so macht man das schließlich"
Unsicher blickt er dich an. Er wirkt wie ein kleines Kind, so zerbrechlich und einsam. "Kommen Sie her" - "Was ?" Du drehst den Spieß um und schnappst sein Handgelenk, um ihn danach an dich zu ziehen.

"Ich werde Ihnen helfen. Aber Sie müssen das auch ernst nehmen, in Ordnung ?" Levi's Augen sind groß und etwas unsicher legt er seine Arme um dich.
Dieser Moment ist einfach einzigartig. Levi hat dir gerade zwar keine Einzelheiten erzählt, jedoch hast du das Gefühl ihn nun besser zu kennen und zu verstehen.

Die Wärme seines Körpers geht erneut auf dich über und du würdest am liebsten Stunden so stehen bleiben.
"Levi ?" Du drehst den Kopf leicht und siehst das Levi seinen Kopf auf deiner Schulter liegen hat. Seine Augen sind geschlossen und auf seinen Lippen liegt ein richtiges Lächeln, so wie du es noch nie gesehen hattest bei ihm.

Es wirkt so als wäre er zum ersten mal seit langer Zeit wieder richtig glücklich.
"Vielen Dank, (V/N). Ich werde mich bemühen und es tut mir leid das ich heute so gemein zu dir war. Wirklich"

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