43. the order of serpents

TW: Beschreibung von
Verletzungen, Trauma

or perhaps in slytherin,
you'll make your real friends,
those cunning folk use any means,
to achieve their ends.

A M E L I E

Meine blutverschmierten Hände zitterten, als ich sie in mein sorgsam geflochtenes Haar brachte und mit aller Kraft an meinem Zöpfen zerrte— ein verzweifelter Versuch das hämische Lachen Lord Voldemorts zum Verstummen zu bringen, das wie ein Gewitter im Inneren meines Kopfes donnerte.

Weiße Blitze zuckten hinter meinen Augen hervor und verursachten mir Schwindel, woraufhin ich keuchend einen Schritt zurück taumelte und mit dem Rücken hart gegen die Fensterbank hinter mir stieß.

Was auch immer der dunkle Lord am Tag meiner Verlobung mit Mattheo dort platziert hatte, schien sich an meinem Schmerz zu ergötzen und legte sich wie ein Schatten um meine Seele, die ich dem schwarzen Magier in dieser Nacht so bereitwillig überlassen hatte, um das Leben meiner Freundin Astoria und das ihres ungeborenen Kindes zu retten.

Taubheit breitete sich über meinen Körper aus, während ich immer tiefer in meiner Panikattacke versank. »Nein«, schluchzte ich und streckte meine blutigen Hände nach Mattheos leblosem Körper aus.

Verzweifelt suchten meine Finger nach einem Puls, doch sein Herz hatte aufgehört zu schlagen.

»Komm zurück«, schluchzte ich. »Bitte Mattheo—«

»Amelie

Eine vertraute Stimme rief meinen Namen.

»Amelie, ich bin hier—«

Es war seine Stimme, doch es konnte nicht sein.

Mattheo lag hier vor mir— tot.

Tränen liefen mir über die Wangen und tropften wie Regen auf seine mit dunkelvioletten Blutergüssen verzierte Brust, während ich eine Hand ausstreckte und zärtlich durch seine weichen Locken kraulte.

Ich blinzelte verstört.

Sein Haar hatte die falsche Farbe.

»Amelie, bitte—«

Ich spürte eine sanfte Berührung an meinem Arm, doch wehrte mich, als mich plötzlich jemand von ihm wegzuziehen versuchte. »Nein«, schrie ich. »Theo—«

»Sweetie, sieh mich an.«

Seine Stimme.

Es war seine Stimme.

Ich erstarrte und blinzelte wie in Trance auf meine linke Hand hinab, von der nun ein helles Funkeln auszugehen schien, das den ganzen Raum mit silbrigem Licht flutete. Mein Verlobungsring.

Der wunderschöne filigrane Silberring, in dem Mattheo das Licht der Sterne für mich eingefangen hatte, damit ich mich in der Dunkelheit dieser Welt niemals verloren fühlte.

Nein.

Damit ich mich erinnerte.

Mich erinnerte an das, was er mir versprochen hatte.

Was wir einander versprochen hatten.

Selbst, wenn alles hoffnungslos erschien.

»Bis der letzte Stern am Nachthimmel verglüht ist«, flüsterte ich und sah dabei zu, wie das Sternenlicht die Dunkelheit aus meinem Kopf vertrieb und das boshafte Lachen zum verstummen brachte, sodass ich allmählich die Kontrolle über meine Gedanken und auch meinen Körper zurückbekam. Eine warme Hand umfasste mein Kinn und hob es an, woraufhin ich nun in das Gesicht des jungen Magiers blickte, den ich mehr liebte, als alles andere auf dieser Welt.

In die braunen Augen des Jungen, der nicht tot war.

Weil ich ihn zurückgeholt hatte.

Zurück zu mir.

»Amelie, sag mir was ich tun soll, bitte

Seine tiefe Stimme war ein einziges Flehen.

Genau wie der Blick, mit dem er mich jetzt ansah.

Der Kummer darin holte mich schlagartig zurück.

Ich riss die Augen auf, wirbelte herum und starrte voller Entsetzen auf den leblosen Theodore vor mir.

Und dann funktionierte ich nur noch.

»Drück fest auf seine Brust«, wies ich Mattheo mit fester Stimme an, der meiner Aufforderung sofort nachging, während ich zu meiner Tasche eilte und nach dem Elixier mit dem Herzmedikament griff.

Ich beugte mich über Theodore, während Mattheo weiter rhythmisch auf seine Brust drückte, stürzte den purpurfarbenen Zaubertrank seine Kehle hinab und schickte ihm dann mit einem geübten Schlenker meines Zauberstabs Sauerstoff in die Lungen.

Routiniert glitten meine Augen über den Diagnostikzauber über seinem Kopf, der mit jeder Sekunde weiter zu verblassen schien. »Drück fester«, sagte ich mit zittriger Stimme zu Mattheo und presste die Lippen aufeinander, als Theodores Rippen unter seiner Herzdruckmassage zu brechen begannen.

»Fuck—« Panik flackerte in Mattheos dunklen Augen auf, als er leicht das Kinn hob und mich ansah, doch ich schüttelte heftig den Kopf. »Mach weiter.«

Ich begann die Sekunden zu zählen.

Minuten verstrichen, doch jedes Mal wenn Mattheo die Hände von Theodores Brustkorb nahm, damit ich ihn beatmen konnte, blieb sein Herz still.

»Amelie—«

»Geh zurück«, sagte ich zu Mattheo und als er gehorchte, hob ich meinen Zauberstab und schoss einen weißen Lichtblitz in Theodores Brust, der seinen Körper einige Zentimeter in die Luft hob.

Nichts passierte.

Ich wiederholte meinen Zauber.

Doch sein Herz wollte einfach nicht schlagen.

»Komm schon«, schluchzte ich und drückte mit den Händen rhythmisch auf die Brust des Slytherin.

Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Mattheo den Blick von Theodore nahm und mich ansah. »Amelie«, brachte er mit einer Schwere in der Stimme hervor, die mein Herz bluten ließ. »Vielleicht—«, er schluckte. »Vielleicht sollten wir aufhören.«

»Nein«, schrie ich ihm fast entgegen.

Ohne ihn anzusehen, wischte ich mir mit dem blutverschmierten Ärmel meines ehemals weißen Hemdes die Tränen davon und schüttelte den Kopf, umklammerte meinen Zauberstab noch fester.

»Rennervate«, sprach ich mit flehender Stimme den Zauberspruch, der mir auch Mattheo zurückgebracht hatte, doch Theodores Herz blieb weiter stumm.

Ich schockte ihn, immer und immer wieder.

»Amelie—«

Mattheo Stimme war ruhig, viel zu ruhig, als hätte er bereits akzeptiert, wogegen ich mich immer noch sträubte. »Lass mich—« Ich schlug seine Hand weg.

»Sweetie—«

»Ich hab es ihm versprochen«, flüsterte ich, während mir Tränen über die Wangen liefen. »Ich weiß«, hauchte Mattheos Stimme an meinem Ohr, der jetzt hinter mir stand und die Arme um mich legte.

Ganz langsam streckte er seine Hand aus, um mir den Zauberstab aus den zitternden Händen zu nehmen, doch ich ließ es nicht zu.

»Rennervate

Diesmal war der Lichtblitz, der aus der Spitze meines Zauberstabes empor brach, so gleißend hell, dass er mich einige Sekunden vollkommen erblinden ließ.

Einen quälend langen Augenblick war es nur mein Schluchzen, das die Hütte erfüllte und dann—

Ein schwaches, doch gleichmäßiges Pochen.

Ein Herzschlag.

Theodores Herzschlag.

Mattheo murmelte etwas, das sich nach einem verdammt schmutzigen Schimpfwort anhörte, bevor er mich eng an sich zog und erleichtert seufzte.

Meine Knie knickten weg, doch er hielt mich fest.

»Schon gut, ich hab dich, Sweetie«, murmelte der Slytherin mir ins Ohr und küsste mein Haar.

Ich schloss die Augen und ließ meinen Hinterkopf kraftlos gegen seine muskulöse Brust sinken. Ich zitterte wie Espenlaub in Mattheos Armen, der mir jetzt beruhigend durch mein Haar strich. »Es ist alles gut, meine Süße«, murmelte er, als mir erneut die Tränen kamen. »Du hast ihn zurückgeholt.«

Ich wehrte mich nicht, als er mich zu sich umdrehte und mein Kinn hob, sodass wir einander in die Augen sehen konnten. Mattheo sah genau so erschöpft aus, wie ich mich fühlte, mit getrockneten Tränen auf den Wangen und dunklen Schatten unter den Augen.

Plötzlich wurde ich mir der Nässe zwischen meinen Beinen bewusst und meine Wangen begannen vor Scham zu brennen. Meine Panikattacke, hatte die Unterleibskrämpfe, unter denen ich schon den ganzen Tag litt nur noch verstärkt und ich war mir sicher, dass ich durch meinen Slip geblutet hatte.

»Atme, Sweetie«, flüsterte Mattheo und strich mir mit dem Daumen liebevoll die letzten Tränen von den Wangen. »Deine Lippen sind schon ganz blau.«

Mit zauberstabloser Magie legte er mir einen Wärmezauber über die zitternden Schultern.

Ich nickte und konzentrierte mich auf meine Atmung und das regelmäßige Pochen von Theodores Herzen, bis sich ein weiteres Geräusch darunter mischte.

Schwere Stiefel, die über die Holzdielen donnerten.

Sekunden später sprang die Tür auf und Lestranges muskulöse Silhouette erschien im Türrahmen. Wortlos riss der Todesser sich seinen nachtschwarzen Umhang von den Schultern und warf ihn achtlos in eine Ecke, bevor er auf uns zu kam. Das Herz sank mir in die Knie, als ich im schwachen Licht der Hütte den Ausdruck in seinen tiefblauen Augen erkennen konnte, der nichts als pures Grauen widerspiegelte.

»Was ist passiert?«, fragte er mit monotoner Stimme und starrte erst einige Sekunden zu Theodore, auf dessen Brust sich durch die Rippenbrüche langsam ein weiterer dunkelvioletter Bluterguss formte und blickte dann zwischen Mattheo und mir hin und her.

Dunkelheit tropfte von seinen Schultern wie Regen und seine Aura war düster wie eine sternlose Nacht.

»Sein Herz hat—«, doch meine Worte wandelten sich prompt in einen ersticken Schrei, als ich die gläserne Phiole mit silbrig schimmernden Flüssigkeit sah, die der Todesser in seinen vernarbten Händen hielt.

Wortlos streckte Lucifer mir die Phiole entgegen.

Ich schob Mattheos Arm von meiner Taille und stolperte ihm entgegen. Erleichterung durchströmte mich, als sich meine Finger um die Phiole schlossen.

Meine Hände fingen an zu kribbeln, so als wollte mich meine Magie davor bewahren, etwas so verfluchtes wie das Blut eines Einhorns anzurühren, doch ich entkorkte die Phiole und träufelte etwas auf Theodores Bauchwunde, bevor ich ihn den Rest trinken ließ und mit einem Zauberspruch dafür sorgte, dass er es nicht erbrach, denn ich wusste, dass dies eine Reaktion seiner Magie sein konnte.

Und dann wartete ich.

Sekunde um Sekunde verstrich und dann— endlich, nach vier langen Minuten in denen sein Herz ein weiteres Mal so kurz vor dem Stillstand stand, stabilisierte sich sein Puls, sowie sein Blutdruck.

Und dann kehrte das Leben in Theodores Gesicht zurück und seine Magie blühte auf, wie die ersten Frühlingsblumen nach einem bitterkalten Winter.

Die kleinen Kratzer auf seiner Haut begannen zu heilen und die Haut um die Nähte auf seinem Bauch herum, färbte sich von Schwarz in ein dunkles Blau.

Der pfeifende Alarm des Diagnostikzauber erstarb und seine Werte begannen sich zu normalisieren.

Theodore hatte überlebt.

Auch wenn ich wusste, dass er durch die komplizierte Trümmerfraktur in seiner Schulter, die Dianas ruhige Hand und Madam Pomfreys jahrelange Erfahrung benötigte und den anderen zahlreichen Verletzungen wahrscheinlich nie wieder ganz der alte sein würde.

Doch er lebte.

Mit zittrigen Fingern überprüfte ich noch einmal den Diagnostikzauber und heilte dann mit einem Episkey Zauber seine Rippen, bevor ich den Kopf hob um Lestrange zu danken, doch der Todesser war bereits in einem Nebenzimmer verschwunden.

Als ich Anstalten machte ihm zu folgen, zog Mattheo mich zurück. »Gib ihm einen Moment«, murmelte er.

Ich zögerte, doch dann nickte ich.

Meine Magie war beinahe gänzlich erschöpft und mit dem letzten Rest der noch übrig war, verwandelte ich den Tisch auf dem Theodore lag in ein Bett mit flauschigen Kissen und weichen Laken, wie jene, die für die Verletzten im Krankenflügel bereitstanden.

Mit dem Hinterkopf lehnte ich mich an Mattheo und ließ mich von ihm stützen. Ich schloss die Augen, nur um sie eine Sekunde später wieder aufzureißen, als mich plötzlich ein Gedanke wie ein Blitz durchzuckte.

»Enzo«, brachte ich heiser hervor. »Wo ist—«

»Ich bin hier«, unterbrach mich die Stimme meines Bruders, der in diesem Augenblick im Türrahmen erschien, das Gesicht leichenblass. Mein Puls raste, während meine Augen ganze drei Mal über seinen Körper huschten, der in der eleganten Uniform der Todesser steckte und erst als ich sicher war, dass er unverletzt war, erlaubte ich mir wieder zu atmen.

Seine Augen taten dasselbe bei mir, bevor sie zu Mattheo, dann zu Theodore huschten und zum Schluss prüfend über die magische Tabelle über seinem Kopf glitten, die jetzt überwiegend in orangefarbenen, statt roten Farbnuancen schillerte und seinen Zustand als stabil kennzeichnete.

»Oh bei Merlin«, stieß er heiser hervor, dann war er bei mir, zog mich aus Mattheos Armen in seine und drückte mich fest an sich. »Bist du okay, Liebes?«

Erschöpft nickte ich und ignorierte das krampfartige Ziehen in meinem Unterleib. Später würde ich eine lange heiße Dusche nehmen und schlafen.

Viele viele Stunden schlafen.

»Herzstillstand?«, murmelte Enzo, während er mit einer Hand durch mein Haar strich und mit der anderen an dem Diagnostikzauber zupfte.

Erneut nickte ich, zu müde um zu sprechen.

Mein Herz krampfte sich zusammen, als ich die flüsternde dunkle Magie vernahm, die wie eine mondlose Nacht aus seiner Haut zu sickern schien.

Mein Bruder hatte heute Nacht gemordet.

Und das wahrscheinlich nicht nur ein Mal.

Zitternd vergrub ich das Gesicht an seinem Hals und atmete seinen vertrauten Duft ein, während nun auch Daphne, Draco, der den Arm um Astoria gelegt hatte, Pansy, gefolgt von Blaise— und zu meiner Überraschung auch Gabrielle in die Hütte stürzten, allesamt bleich und mit besorgten Gesichtern.

Gleichzeitig schrien die Greengrass Schwestern auf, als sie Theodores zugerichteten Körper in dem Bett liegen sahen, woraufhin Enzo sie beruhigte und erklärte, dass er schon wieder in Ordnung kommen würde. Die Mädchen schluchzten und ich sah, wie sich Gabrielle und Daphne an seinem Bett niederließen und besorgt seine Hände ergriffen.

Blaise war ausnahmsweise mal sprachlos und Pansy stand einen Augenblick kreidebleich im Zimmer und starrte mit einem Ausdruck puren Entsetzens auf Theodore, bevor ihr Blick umherstreifte. Und als Lestrange genau in dieser Sekunde aus dem Nebenzimmer zurückkehrte, stürzte die Hexe sich mit einem erleichterten Schluchzen auf ihn.

Doch der Lestrange Erbe stand nur regungslos da, bevor er nach einer gefühlten Ewigkeit den Arm um ihre Taille legte und sie kraftlos an sich drückte, eine Flasche Feuerwhiskey umklammert und den Blick ins Leere gerichtet, als wäre er nur körperlich anwesend.

Das, was er im Wald getan hatte um Theodore zu retten, hatte tiefe Risse in seiner Seele hinterlassen.

Ich konnte es in seinen Augen sehen.

Als Enzo mich losließ und sich auf einen der ramponierten Holzstühle sinken ließ, ergriff Mattheo auch schon meine Hand und nahm sie fest in seine.

Plötzlich versteifte er sich. Ich folgte seinem Blick und sah zu Draco, der immer noch im Türrahmen stand, den Arm um Astorias fragile Schultern gelegt, deren Augen sich beim Anblick von Theodores Verletzungen mit Tränen gefüllt hatten. Die Hand, die sanft auf ihrem Babybauch ruhte, zitterte.

Ihr Blick traf meinen und als ihre Lippen ein stummes »Bist du okay?«, formten, nickte ich nur.

Ich spürte wie Mattheo sämtliche Muskeln seines Oberkörpers anspannte, als Draco ihm etwas vor die Füße warf, das aussah wie geschmolzenes Metall.

Ich kniff die Augen zusammen und starrte den Gegenstand an, der vor seiner Zerstörung vielleicht einmal ein wunderschönes altes Relikt gewesen war.

Ein Trinkpokal oder—

»Sechs von Sieben.«

Draco Stimme war kalt wie Eis.

»Was soll das bedeuten?«, fragte ich Mattheo leise, doch seine Augen waren fest auf Dracos gerichtet.

»Du hättest sie nicht herbringen sollen.« Mattheo ließ mich los, bevor er seine Hände zu Fäusten ballte.

»Du sagst mir nicht, was ich zu tun oder zu lassen habe«, entgegnete Draco mit einer gefährlichen Ruhe, woraufhin sich alle Blicke auf ihn richteten. Jeder von uns kannte ihn gut genug um den warnenden Unterton in seiner Stimme zu erkennen.

»Du tust verflucht nochmal was ich dir sage, Malfoy«, zischte Mattheo, woraufhin sich der Sturm in Dracos Augen allmählich zu einem Blizzard verdichtete.

Seine Zauberstabhand zuckte.

»Reicht es dir nicht, dass der dunkle Lord bereits die Kontrolle über mein Leben hat?«, brachte der blonde Todesser zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. »Musst du mir jetzt auch noch Befehle geben, Mattheo?« Draco spuckte den Namen seines Freundes aus, als wäre er Gift auf seinen Lippen.

Mattheo schnaubte vor Zorn laut auf. »Wie kannst du sie einer solchen Gefahr aussetzen und hier her bringen? Bei Salazar, Tori ist schwanger, Malfoy«

Doch jetzt war es Draco der schnaubte und mit zornentbranntem Gesicht einen Schritt auf Mattheo zutrat, der dasselbe tat, bis sie dicht voreinander standen und sich anfunkelten, als wären all die Jahre ihrer engen Freundschaft plötzlich vergessen.

»Halt dich einfach raus, Riddle«, zischte Draco.

Mattheos Hand glitt zu seinem Zauberstab, doch bevor ich reagieren konnte, war Enzo zwischen die beiden getreten und hatte sie auseinander geschoben. Der Sohn des dunklen Lords straffte die Schultern und als er auf Draco losgehen konnte, packte ich sein Handgelenk und zog ihn zurück, sah aus dem Augenwinkel, dass Astoria bei Draco dasselbe tat.

»Ich werde meine Verlobte nicht länger anlügen«, sagte Draco, bevor er seine sturmgrauen Augen auf mich richtete und die Kälte in ihnen ein wenig wich, als er bemerkte, wie sehr ich immer noch zitterte. Er sah mir noch einen Moment in die Augen, bevor er sich wieder Mattheo zuwandte. »Und wie ich sehe, hast du dich dazu entschieden, dasselbe zu tun.«

Mattheo ließ ein dunkles Knurren hören.

»Aber Tori—«

»Mir geht es gut, Mattheo«, besänftigte Astoria den Sohn des dunklen Lords und zwang sich zu einem schwachen Lächeln. »Und dem Baby auch.«

Mattheos dunkle Augen fielen auf ihren Babybauch und sein Zorn verwandelte sich plötzlich in Sorge.

Die Stille die jetzt folgte, dröhnte mir in den Ohren.

»Also—«, begann ich diese eine Frage auszusprechen, die mir auf der Seele brannte, seit ich diese Hütte betreten hatte. »Was ist das hier für ein Ort?«

Mattheos Kopf zuckte wieder in meine Richtung.

Er öffnete den Mund um mir zu antworten, doch Lestrange, der sich in der Zwischenzeit zusammen mit Pansy auf dem Sofa in der Ecke niedergelassen hatte, die bereits halb leere Flasche mit Whiskey in der narbigen Hand umklammert, kam ihm zuvor.

»Das hier, Miss Berkshire—«

Mit einer ausladenden Handbewegung deutete er in die Hütte. »Ist das Hauptquartier des Ordens.«

Mit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an und klammerte mich an Mattheos muskulöse Schulter, angesichts der Erinnerungen, die plötzlich verschwommen vor meinen Augen flimmerten.

Flashbacks vom Ende der Schlacht von Hogwarts.

Leblose Körper, deren Gliedmaßen fehlten, die Augen ausgerissen— oder gleich die Köpfe abgeschlagen.

Mitglieder des Orden des Phönix.

In den Trümmern des beinahe vollends zerstörten Hogwarts, hatte der dunkle Lord sie alle getötet.

Der Magier, dessen Dunkelheit sich in dieser Nacht über die gesamte magische Gemeinschaft Europas gelegt hatte, hatte die, die sich nicht hatten beugen wollen regelrecht abgeschlachtet und den Rest von ihnen zu Sklaven gemacht— sie entweder als Versuchskaninchen experimenteller Zauber nach Askaban verbannt oder von den reinblütigen Familien ersteigern lassen, in dessen Anwesen sie dann neben deren Hauselfen schuften mussten.

Ich spürte meine Schultern vor Schuld schwerer werden, als ich an Pavarti Patil und Oliver Wood dachte, die unser Grundstück nie verlassen durften.

Sie waren zwar in Sicherheit, doch nicht frei.

Ich schluckte schwer und holte tief Luft.

»Aber der Orden des Phönix ist—«

»Tot?«

Die Lippen zu einem düsteren Grinsen verzogen, erhob Lestrange seinen Whiskey, als wollte er auf etwas anstoßen. »Lang lebe der Orden«, sagte er sarkastisch, bevor er den Kopf in den Nacken legte und sich den restlichen Alkohol hinunter kippte.

Ich brauchte einige Sekunden um diese Information zu verarbeiten. Doch gerade als ich den Mund öffnen wollte um zu sprechen, kam Astoria mir zuvor.

Leichenblass saß die ehemalige Slytherin auf einem der Sessel unter dem Fenster, hinter dem die Nacht bereits über den verbotenen Wald hereingebrochen war. »Ihr... Ihr wollt das dunkle Regime stürzen?«

»Das ist der Plan«, antwortete Blaise ihr ruhig.

»Und das habt ihr mir einfach verschwiegen?«

Ungläubig blickte Astoria zwischen Draco und ihrer älteren Schwester Daphne hin und her, unteren deren Augen, wie ich jetzt besorgt feststellte, tiefe Schatten lagen. Die blonde Greengrass Erbin war nicht nur dünner geworden, sie sah regelrecht kränklich aus.

Daphne war blass, viel zu blass.

Ich drehte mich zu Mattheo, der ganz still geworden war. Seine Hand ruhte immer noch auf meinem unteren Rücken, doch sein Blick war zu Boden gesenkt, sodass seine Locken seine Augen verdeckten. Doch ich musste nicht hineinsehen um zu wissen, welche Emotion sich in ihren Tiefen widerspiegelte.

Schuld.

Mattheo gab sich die Schuld für all die Dunkelheit, die Lord Voldemort über unsere Welt gebracht hatte.

Über seine Freunde.

Seine— unsere Familie.

Und vor allem über mich.

Ich wusste, dass er meinen Gedanken gelauscht hatte, denn sein Unterkiefer verspannte sich plötzlich.

»Sieh mich an, Theo«, verlangte ich flüsternd.

Quälend langsam hob er den Kopf und sah mich an.

»Aber ich dachte der dunkle Lord ist unsterblich?«, hörte ich Astoria fragen. Draco räusperte sich, um seiner Verlobten zu antworten, doch ich kam ihm zuvor, sah jedoch weiterhin den Jungen mit den dunklen Locken vor mir an, während ich sprach.

»Sie haben einen Weg gefunden, ihn zu vernichten«, sagte ich und blickte Mattheo tief in die Augen. In seine wunderschönen, tiefbraunen Augen mit den zarten goldenen Sprenkeln, in die ich mich schon als kleines Mädchen so sehr verliebt hatte, dass ich Tag und Nacht an nichts anderes hatte denken können.

»Ist es nicht so, Theo?«

Zärtlich strich ich ihm eine Locke aus der Stirn.

Mattheo zögerte und nickte dann langsam.

Ich spürte wie alle Augen auf uns gerichtet waren, als der Sohn des dunklen Lords zärtlich mein Kinn hob.

»Ich habe dir versprochen, es wieder gut zu machen und das werde ich, Amelie. Ich werde den dunklen Lord—«, er hielt inne und zog scharf Luft in seine Lungen. »Meinen Vater—«, spuckte er hervor, als wäre dieses Wort Gift. »Für all das bezahlen lassen, was er meinen Freunden angetan hat. Was er meiner Familie angetan hat.« Er lehnte seine Stirn an meine.

In seinen Augen glitzerten Tränen.

»Was er dir angetan hat, Amelie«, hauchte er und seine Stimme war so voller Qual, dass ich beinahe geschluchzt hätte. »Dieses Leben—«, brachte Mattheo heiser hervor und schüttelte den Kopf, wobei mir einige seiner Locken in die Stirn fielen.

»Du verdienst etwas besseres. Etwas so viel besseres als diese düstere Welt und etwas besseres als—«

»Wag es nicht diesen Satz zu beenden.«

Mattheo schluckte schwer, doch schwieg.

Etwas besseres als ihn.

Das war es, was er hatte sagen wollen. Das ich etwas besseres verdiente, als ein Leben an seiner Seite.

Ein Leben im Schatten des dunklen Lords, dem wir nur auf einem einzigen Weg entkommen konnten.

»Ich werde ihn töten, Amelie«, sagte er ruhig.

»Und wie willst du ihn töten?« Ich wagte es kaum zu atmen, so furchtbare Angst hatte ich vor der Antwort.

Doch noch mehr Angst hatte ich davor, dass er gar nicht antwortete— oder mich wieder belog.

Mattheo überlegte einen Augenblick, bevor er sprach. Kurz blickte er zu Astoria, die wie gebannt an seinen Lippen hing, die Augen aufgerissen und die blassen Hände fest in das zerschlissene Leder des Sessels gekrallt. »Schon vor Potters Tod, hat er damit begonnen Teile seiner Seele zu spalten, um—«

»Horkruxe«, stieß ich atemlos hervor.

»Er hat Horkruxe geschaffen, um sich unsterblich zu machen?« Mein Kopf zuckte zu dem geschmolzenen Metall, das immer noch zu unseren Füßen lag und dann wieder zu ihm. »Sieben verfluchte Horkruxe?«

Mattheo starrte mich entgeistert an.

Genau wie mein Bruder— und alle anderen.

Einen langen Moment sagte niemand ein Wort, bis Lestranges beeindrucktes Pfeifen die Stille zwischen uns unterbrach. »Ich sag ja, deine Verlobte nicht von Anfang an miteinzubeziehen war eine der dümmsten Ideen, die du jemals hattest, Theo. Eine Ravenclaw in unseren kleinen Rebellionsclub aufzunehmen, hätte uns sicher ne gewaltige Menge Scheiße erspart.«

Er nickte mit dem blutigen Kinn in Richtung Theodores Bett. »Bin mir sicher, sobald Nott aus seinem Koma erwacht, wird er mir zustimmen.«

Der Todesser zwinkerte mir zu und mein Herz erwärmte sich, als Pansy neben ihm lächelte.

Mattheo warf ihm einen vernichtenden Blick zu, dem der Todesser zu meiner Erleichterung mit einem Grinsen begegnete, wenngleich es ihm auch nicht das übliche Funkeln in die blauen Augen zurückbrachte.

Mein Blick begegnete dem von Enzo, der mich mit einer Mischung aus Stolz und Sorge in den Augen ansah, bevor ich wieder zu Mattheo blickte, der mich immer noch anstarrte, als wäre ich eine Erscheinung.

»Wenn du mir das nächste Mal ein Buch in die Tasche stopfst, solltest du davon ausgehen, dass ich es auch lese.« Mein Ton war härter als beabsichtigt.

Mattheos Mundwinkel zuckten.

Draco begann Astoria zu erklären, was es mit den Horkruxen auf sich hatte, doch ich hörte ihm nicht mehr zu. »Das habt ihr also getan, wenn ihr das Schloss verlassen habt«, flüsterte ich Mattheo zu.

»Ja«, entgegnete er knapp.

»Und jetzt ist also nur noch ein Horkrux übrig?«, hakte ich nach. »Und wenn er zerstört wird, kann man den dunklen Lord töten? Mit dem Todesfluch?«

Bei der Erinnerung daran, wie es sich angefühlt hatte einen solch dunklen Zauber auszusprechen, fröstelte ich. Wieder nickte Mattheo. »Und womit kann er zerstört werden?«, bohrte ich weiter. Sein Blick glitt zum Sofa und als ich ihm folgte, sah ich das Schwert, das Lestrange gegen das Sofa gelehnt hatte.

»Du hast das Schwert gestohlen?«

Mattheos Augen verengten sich und er atmete zischend aus, als neben uns ein Hüsteln erklang.

»Pardon wenn ich mich in eure Gespräch einmische, aber ich habe dieses hübsche Ding gestohlen«, säuselte Gabrielle in ihrem französischen Akzent, die nur wenige Meter entfernt immer noch mit übereinander geschlagenen Beinen neben Theodores Bett auf einem Stuhl saß und sein Haar kraulte.

Irritiert sah ich zwischen der hübschen Blondine und Mattheo hin und her, dessen Augen jedoch immer noch auf meinen lagen, so als weigerte er sich das bildhübsche Mädchen anzusehen, dass ihm einst versprochen war. »Gabrielle ist auf unserer Seite«, erklärte er mir grimmig. »Ihre Schwester Fleur ist seit Jahren ein aktives Mitglied des Ordens und konnte flüchten, als Enzo Luna aus Askaban befreit hat. Und die Hochzeit—« Seine Kiefermuskeln verspannten sich und der Blick mit dem er sie kurz ansah, rührte von nichts als purer Verachtung.

»Das war alles ein abgekartetes Spiel von ihnen. Hätte ich sie geheiratet, hätte sie mir nachts die Kehle aufgeschlitzt«, zischte er und funkelte sie zornig an.

Ungläubig sah ich zu Gabrielle, die mit ihren perfekt manikürten Fingern abwinkte. »Diese Slytherin Jungs sind so unglaublisch nachtragend«, seufzte sie und schob sich eine Haarsträhne hinters Ohr. »Keine Sorge, Amelie. Dein Theo hat nichts mehr vor mir zu befürchten.« Sie schenkte mir ein schwaches Lächeln, dass ich jedoch nicht erwidern konnte, denn in meinen Adern hatte das Blut zu kochen begonnen.

Mattheo spürte es. »Sie ist erst seit ein paar Wochen dabei«, versuchte er mich schnell zu besänftigen. »An dem Abend an dem du Dolohov getötet hast, hat Blaise sie ein wenig unter die Lupe genommen—«

Gabrielle schnaubte verächtlich.

»Merde«, schimpfte sie. »Ihr Engländer habt wirklisch seltsame Arten euch auszudrücken. Zabini hat so lang rücksichtslos in meinem Geist herumgewühlt, bis er etwas gefunden hat. Ich habe immer noch schrecklische Kopfschmerzen davon.«

Sie warf erst Blaise, dann Mattheo einen zornigen Blick zu. »Einzig und allein Theodore war eine Gentleman zu mir«, sagte die Französin, lehnte sich über das Bett und kraulte ihm wieder das Haar.

Mattheo verdrehte die Augen.

»Als wir herausgefunden haben, was sie vorgehabt hat, haben wir ihr eine Chance gegeben ihre Loyalität zu beweisen, indem—«

»Indem ihr ihr aufgetragen habt, das Schwert für euch zu beschaffen«, beendete ich seinen Satz. Als Mattheo nickte, sah ich wieder zu Gabrielle, die nun dabei war, Theodore einen kühlen Waschlappen auf die fiebrige Stirn zu legen.

Ich schluckte die Eifersucht, die ich angesichts der Tatsache fühlte, dass sie selbst Gabrielle eingeweiht hatten, während ich im Dunkeln gelassen worden war und sah eine Weile zu Boden, bevor Mattheos raue Finger zärtlich mein Kinn hoben. Einen Moment überlegte ich, die Arme um ihn zu schlingen und mein Gesicht in seiner Halsbeuge zu verbergen, mich von ihm umarmen und halten zu lassen, doch dann—

»Lass mich mitkommen, wenn ihr den letzten Horkrux zerstört«, bat ich ihn. Mattheos Augen huschten einen Moment zwischen meinen hin und her, dann schüttelte er den Kopf. Ich öffnete den Mund um zu protestieren, doch er kam mir zuvor.

»Das muss ich allein tun, Amelie«, erklärte er mir.

Ich schüttelte heftig den Kopf.

»Aber—«

»Theodore wäre heute fast gestorben, als er die Barriere zerstört hat, hinter dem der Horkrux lag«, brachte Mattheo mit bitterer Stimme hervor und nickte mit dem Kinn in Richtung des Pokals.

»Er wäre gestorben, wenn du nicht—«, er schluckte und schüttelte schwer atmend den Kopf, bevor er seinen Blick zu jedem seiner Freunde gleiten ließ.

Zu Theodore, der sich langsam vor Schmerz zu regen begann. Zu Daphne, die sich besorgt über ihn beugte, zu meinem Bruder, der immer noch erschöpft auf seinem Stuhl saß, zu Draco und Astoria, die sich blass an seine und Blaises Schulter klammerte und schließlich zu Lestrange, der mit leeren Augen neben Pansy auf dem Sofa kauerte und von Merlin weiß woher eine neue Flasche Whiskey aufgetrieben hatte.

»Sie alle riskieren seit Monaten ihr Leben. Den letzten werde ich allein zerstören, damit Lestrange den dunklen Lord—«, doch er hielt inne, als er den panischen Ausdruck auf meinem Gesicht bemerkte.

Denn ich hatte sofort verstanden, was das bedeutete.

Lestrange würde den dunklen Lord töten.

Nicht Mattheo.

Und dann ergab alles einen Sinn.

Die Traurigkeit in seinen Augen, jedes Mal wenn wir über unsere Zukunft sprachen. Die Augenblicke in denen ich ihn dabei erwischte, wie er mich anstarrte, als wollte er sich jedes Detail von mir einprägen.

Ich konnte nicht atmen, als ich realisierte, was der wahre Grund dafür gewesen war, als er vor einigen Monaten versucht hatte, mich meine Gefühle— meine Liebe für ihn vergessen zu lassen. Denn Mattheo ging nicht davon aus, dass er all das hier überlebte. Nicht, weil es so verdammt gefährlich war, hinter dem Rücken des dunklen Lords Teile seiner Seele zu zerstören, um ihn wieder sterblich zu machen.

Sondern weil er vorhatte sich zu opfern.

Zu sterben, damit wir alle frei sein konnten.

Langsam trat ich einen Schritt zurück und als er meine Hand ergriff, schüttelte ich seine Finger ab, als wäre seine Berührung Gift für mich. »Amelie—«

Seine Stimme war ein einziges Flehen.

»Nein«, entgegnete ich kühl.

»Sweetie, bitte hör mir zu—«

Ich wandte mich ab, wollte es nicht hören.

»Amelie, bitte«, flehte Mattheo hinter mir, versuchte jedoch nicht noch einmal meine Hand zu ergreifen.

»Nein«, wiederholte ich und fühlte die Tränen langsam zurückkehren. »Es muss einen anderen Weg geben«, presste ich schwer atmend hervor und ballte die Hände so fest zu Fäusten, dass meine Nägel tief in die Innenseiten meiner Handflächen schnitten.

»Es gibt keinen anderen—«

»Warum nicht?« Zornig wirbelte ich herum.

»Weil nur ich es tun kann, Amelie.«

Unter Tränen blickte ich zu ihm auf.

»Der letzte Horkrux ist durch einen mächtigen Blutzauber geschützt, den nur ein Erbe Slytherins durchdringen kann«, erklärte er mir mit gedämpfter Stimme. »Das Problem ist, dass ich dem dunklen Lord schon vor Jahren geschworen habe ihn zu schützen, weshalb mir wahrscheinlich nur eine Sekunde bleibt ihn zu zerstören, bis der unbrechbare Schwur mich tötet. Doch es ist die einzige Chance, die wir haben und ich werde sie nicht vergeuden.«

Es war das ehrlichste, was er mir seit Jahren gesagt hatte und doch wünschte ich, er hätte es nicht getan.

»Nein, nein, NEIN.«

Das letzte Nein hatte ich so laut geschrien, dass es plötzlich totenstill in der Hütte geworden war.

»Ich tue es für dich, Sweetie. Für dich und—«

Doch er verstummte, als ich meine Hände flach auf seine uniformierte Brust legte und ihn schubste.

»Mattheo—«

Ich schubste ihn erneut.

»Marvolo—«

Wieder schubste ich ihn.

»Riddle.«

Die Dunkelheit in meinem Kopf verdichtete sich allmählich, als hätte mein Zorn sie wortlos herbeigerufen. Ich wusste, dass mich alle anstarrten, doch es war mir in diesem Moment vollkommen egal.

Ich schubste ihn ein weiteres Mal, sodass er beinahe mit dem Rücken gegen die Wand neben dem Fenster prallte, doch diesmal packte Mattheo meine zittrigen Hände, drückte sie auf seine Brust und hielt sie fest.

Auch seine Hände zitterten.

Ich befreite mich aus seiner Berührung und begann mit meinen Fäusten kraftlos auf seine Brust einzuschlagen. Mattheo blinzelte, doch er rührte sich nicht, schien es wahrscheinlich nicht einmal zu spüren. »Wenn du denkst—« Tränen der Verzweiflung liefen mir jetzt über die Wangen. »Ich würde dich noch einmal in den Tod gehen lassen, dann hast du wirklich den Verstand verloren, Theo.«

Mattheo starrte mich irritiert an.

»Noch einmal? Amelie, wovon redest du?«

»Du warst tot«, brüllte ich ihm jetzt mit heiserer Stimme entgegen, während ich immer und immer wieder auf seine Brust einschlug. »Du warst tot

Hinter uns hörte ich Enzo plötzlich scharf nach Luft schnappen, als hätte er eine Eingebung gehabt. »Oh beim allmächtigen Merlin, wie konnte mir das nur entgehen?«, keuchte mein Bruder auf und sprang so heftig von seinem Stuhl, dass er ihn zu Boden warf.

Mattheo starrte mich immer noch an.

»W—Was?«

»In der Nacht vor Weihnachten—« Meine Stimme war jetzt nur noch ein heiseres Flüstern. »Bist du in meinen Armen gestorben.« Jedes dieser Worte riss eine weitere Narbe in meine Seele. »Du bist gestorben«, wiederholte ich wimmernd und krallte meine eisigen Hände kraftlos in seine Uniform.

Ich wollte mir weh tun, sehnte mich so heftig wie schon seit Wochen nicht mehr nach der Rasierklinge, die ich in meiner Kommode in meinem Schlafsaal zwischen meiner Unterwäsche versteckt hatte.

»Und beinahe hätten wir dich nicht zurückholen können. Und ich werde nicht— Ich kann nicht—«, mein Brustkorb zitterte und mein Atem ging jetzt stoßweise. »Ich habe es dir am Abend unserer Verlobung gesagt und ich sage es dir noch einmal. Wenn du stirbst, dann werde ich dir folgen, Theo. Die Jahre ohne dich waren die pure Hölle. Ich liebe dich und ich will keinen verfluchten Tag mehr ohne—«

Doch die Worte blieben mir im Hals stecken als ich sah, dass seine Lippen zu einem Lächeln verzogen waren. Er lächelte und dann— dann lachte er.

Er lachte aus tiefstem Herzen sein typisches kehliges Lachen, in das ich mich so verliebt hatte. Verstört sah ich ihn an, immer noch Tränen auf meinen Wangen.

Meine Welt zerbrach und er lachte.

Mattheo legte die Arme um meine Taille und wirbelte mich herum, bis mir ganz schwindelig im Kopf war.

»Ich liebe dich.« Seine Stimme war in meinem Kopf und wiederholte die Worte immer und immer wieder, bis ich vor Tränen kaum noch etwas sehen konnte.

Ich liebe dich.

Ich liebe dich.

Ich liebe dich.

Mattheo ließ mich los und sank auf die Knie.

Dicke heiße Tränen quollen zwischen seinen Fingern hervor, die er fest auf sein Gesicht presste, während seine muskulösen Schultern immer wieder von heftigen Schluchzern durchgeschüttelt wurden.

Mein Herz blutete, als ich ebenfalls auf die Knie sank und ihn an mich zog. Mattheo erwiderte meine Umarmung und klammerte sich regelrecht an mich.

Hilflos blickte ich zu meinem Bruder auf, aus dessen Gesicht nun auch der letzte Rest Farbe gewichen war.

Doch in seinen braunen Augen lag ein Leuchten, das ich nur allzugut kannte und mir verriet, dass der Slytherin in seinem Kopf bereits Pläne schmiedete.

Mein Blick wanderte zu Lestrange.

Der Todesser hatte den Kopf gegen die Sofalehne gelehnt, die Augen geschlossen und— grinste.

Sie hatten eindeutig den Verstand verloren.

»Wie lang war er tot?«, hakte Draco nach, der weder grinste, noch sonst irgendeine Emotion zeigte.

»Vier Minuten, Siebzehn Sekunden«, antwortete ich mit einem Schaudern und schluckte schwer, würde keine einzige Sekunde davon jemals vergessen.

»Fucking Hell«, stieß Lestrange hervor. »Hätte nie gedacht, dass ich deinen vorübergehenden Tod mal mit billigem Whiskey feiere Theo— aber hier sind wir— Cheers, Bruder.« Amüsiert erhob er die Flasche, doch Mattheos Kopf blieb auf meiner Schulter liegen.

Mittlerweile zitterte sein ganzer Körper.

»Theo«, murmelte ich und streichelte ihm tröstend durch die zerzausten Locken. »Liebling, warum—«

Und dann verstand ich.

Und der Schock dieser Erkenntnis fuhr wie ein Blitz durch meinen Körper und entlockte mir einen Schrei.

Langsam hob Mattheo den Kopf und sah mich an.

Doch es waren keine Tränen des Kummers, die auf seinen blutbefleckten Wangen wie Diamanten glitzerten— es waren Tränen der Erleichterung.

Der Sohn des dunklen Lords lächelte mich an.

»Theo«, keuchte ich und hatte das Gefühl, mein Herz würde mir jeden Augenblick aus der Brust springen.

»Ja, Sweetie?« Jetzt begann er zu grinsen.

Mit aufgerissenen Augen starrte ich ihn an. »Der unbrechbare Schwur—«, doch bevor ich den Satz beenden konnte, lehnte er sich vor und küsste mich.

Es war ein kurzer und bittersüßer Kuss, den wir umgeben von unseren Freunden teilten, ganz salzig von all den Tränen, die wir beide vergossen hatten.

Doch er war auch voller Hoffnung.

Genau wie das Funkeln in Mattheos dunklen Augen, als er sich zurücklehnte, mit seinen Händen mein Gesicht umfasste und seine Stirn an meine lehnte.

»Er ist gebrochen, Amelie.«

𓆙

happy end?
Oder lieber ein Ende, bei dem ich euch
wieder mal das Herz herausreiße? 🤭🤍

(Erklärung: in der magischen Welt verlieren Zauber ihre Wirkung, wenn der Zauberer stirbt und da Mattheo in Kapitel 20 für einige Minuten tot war, bevor Amelie ihn zurückgeholt hat, ist der unbrechbare Schwur gebrochen und er muss die Befehle des dunklen Lords jetzt nicht mehr ausführen)

Keiner kann leben,
während der andere überlebt ⚡️

Bitte denkt ans voten, danke <3

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top