24. midnight kisses and promises
TW: Mord, Sklaverei
& eine düstere Welt
fear makes men more dangerous,
than magic ever could.
M A T T H E O
Eine gespenstische Ruhe lag über dem langen Mahagoni Holztisch im Versammlungsraum des Malfoy Manor, vermischte sich mit der nebelartigen Aura des Todes, die über den Köpfen der Todesser zirkulierte und ihre Gedanken mit Angst infizierte.
Mattheo war es gewohnt, dass die Sitzungen des dunklen Lords meist einen derartig unschönen Verlauf nahmen, wenn er mit der Berichterstattung seiner Anhänger nicht zufrieden war. Und doch spürte der Erbe Slytherins, wie sich seine Eingeweide nun vor Abscheu krampfhaft zusammenzogen, als er die karmesinrote Blutspur beobachtete, die aus Thorfinn Rowles Ohren sickerte, dessen Leiche auf der Tischplatte in sich zusammengesunken war.
Wieder eine hohe Position im Ministerium, die neu besetzt werden musste.
Den meisten Todessern graute es mittlerweile davor, sich freiwillig auf die freien Regierungsposten des dunklen Regimes zu bewerben, denn nur wenige Anhänger des dunklen Lords besaßen die charakterlichen Eigenschaften, die es benötigte, um ein wichtiges politisches Amt ausüben zu können.
Was nicht zuletzt der dunklen Magie zuzuschreiben war, die Voldemorts Anhänger tagtäglich ausübten, die nicht nur langsam ihre Seelen zerfraß, sondern auch ihre Hirne von innen heraus verrotten ließ.
Ein grausiges Schicksal, das sicherlich auch Mattheo selbst irgendwann bevorstand, wenn er sich weigerte im fortschreitenden Alter regelmäßig Einhornblut in seinen morgendlichen Kaffee zu schütten.
Schwarze Magie hatte immer einen Preis.
Und falls man keine wiedergeborene Gottheit war— oder sich von einem Vampir verwandeln ließ, so bezahlte man ihn irgendwann mit seinem Leben.
Unauffällig huschten Mattheos dunkle Augen zu Charles Berkshire, der schräg gegenüber von ihm am Tisch saß und wie immer die Ruhe selbst war.
Mattheo bewunderte ihn.
Denn nie vergriff sich der im ganzen Land hoch angesehene Magier im Ton oder ließ seine Emotionen an die Oberfläche dringen. Seine Miene war zwar stets höflich und wirkte durchaus interessiert an dem, was der dunkle Lord zu sagen hatte, doch seine Augen waren immer wachsam, wie die eines Adlers.
Charles Berkshire war der Einzige am Tisch, den der sprechende Hut in seiner Schulzeit in das Haus von Ravenclaw eingeteilt hatte. Und der einzige am Tisch, der in der Lage war, Rowles Amt zu übernehmen, ohne dabei das Regime ins pure Chaos zu stürzen.
Das Amt des Zaubereiministers.
Doch der dunkle Lord hatte diese Aufgabe bereits an Pius Thicknesse übertragen, noch bevor er Rowles Hirn mithilfe von Legilimentik zerquetscht hatte.
Und wie der kluge Mann, der Amelie und Enzos Vater war, hatte er geschwiegen, statt Lord Voldemort seine Dienste anzubieten— oder ihm die Stiefel zu lecken.
So wie es die meisten seiner Anhänger taten, entweder getrieben aus Angst oder aus Faszination vor der Macht des schwarzen Magiers. Am lästigsten waren seine Erzeugerin Bellatrix Lestrange, sowie Barty Crouch Jr, die sprichwörtlich den Boden küssten, auf dem der dunkle Lord wandelte.
»Mein Lord«, durchbrach die Stimme seines Onkels Rabastan Lestrange nach einer Weile die Stille, der nie wirklich wusste, wann er besser sein verdammt vorlautes Maul zu halten hatte. »Es freut euch sicher zu hören, dass das Labor in Bristol kurz vor der finalen Fertigstellung steht. Für meine Wenigkeit wäre es eine Ehre von unschätzbarem Wert, wenn ich einen Teil der Gefangenen aus Askaban als Versuchsobjekte dorthin transferieren könnte, um—«
Die Mundwinkel des dunklen Lords zuckten kaum merklich, doch es brachte Rabastan unmittelbar dazu, den Rest seines Satzes für sich zu behalten.
»Tu was nötig ist, um deine Forschungen voranzubringen, Rabastan«, sagte Lord Voldemort mit kühler Stimme, ohne seinen Todesser dabei eines Blickes zu würdigen. »Ich hoffe doch, du hast endlich eine Lösung für das Lincolnshire Problem gefunden, das zahlreiche meiner Männer seit Tagen davon abhält, wichtigeren Aufgaben nachzukommen.«
Rabastan erblasste.
»Noch nicht, mein Herr. Aber—«
»Und du hältst es für klug, meine Zeit mit sinnlosen Ausreden zu verschwenden?«, unterbrach der dunkle Lord seinen Fluchentwickler in einem überaus bedrohlichen Tonfall, dass Rabastan so abrupt von seinem Stuhl aufsprang, dass der Tisch gefährlich wackelte, woraufhin Rowles Leiche zu Boden rutschte, wo er nun Lucius edle Teppiche ruinierte, die wahrscheinlich mehr wert waren als alles, was Rowle jemals in seinem Leben berührt hatte.
Oder im Tod.
»Gleich pisst er sich vor Angst noch in die Hose«, hörte Mattheo Lucifers amüsierte Stimme in seinen Gedanken, der zu seiner linken an dem langen Mahagoni Holztisch saß. »Bei Merlin, ich würde meinen kleinen Finger geben, um das zu sehen.«
Mattheos Mundwinkel zuckten.
Er zwang sich, den Blick von Rabastan zu nehmen, und sah stattdessen zu Lucius, dessen zornige Ader auf der Stirn immer schneller zu pulsieren schien, angesichts der blutigen Leiche zu seinen Füßen.
»Und alles worum Lucy sich schert, sind seine wertvollen Teppiche«, fügte der Todesser mit der Fluchnarbe so trocken hinzu, dass Mattheo sein Lachen mit einem Husten überspielen musste.
Als der dunkle Lord die Versammlung einige Minuten später beendete, indem er einfach ohne ein Wort des Abschieds umgeben von dunklen Rauchschwaden dissapparierte, erhoben sich sämtliche Todesser.
Einige dissapparierten ebenfalls, doch andere kamen der Einladung Lucius nach, noch auf einen Drink zu bleiben. Auch Mattheo und Lucifer blieben und folgten Draco durch die düsteren Flure des Malfoy Manor, dessen mondblasser Erbe während der Versammlung nicht ein Wort gesprochen hatte.
Mattheo drehte sich der Magen um und fühlte, wie sich seine Schultern anspannten, als sie einen der Wohnsalons erreichten. Denn einige Todesser, die der heutigen Versammlung beigewohnt hatten, hatten ihren Besitz mitgebracht, den sie auf den Auktionen nach Ende des Krieges erworben hatten.
Mattheo senkte den Blick und kämpfte gegen das brennende Gefühl der Wut in sich, als er einige der Mädchen als seine ehemaligen Klassenkameradinnen aus Hogwarts erkannte. Darunter Cho Chang, die sich nun halb nackt auf Mulcibers Schoß räkelte, während sie sein Haar streichelte und seine Lippen küsste.
Angewidert wandte der Lockenkopf den Blick ab und ließ ihn stattdessen durch den Salon gleiten, fuhr mit seinen Augen über die eleganten, im dunklen Tannengrün gemusterten Tapeten oder betrachtete die zahlreichen Bücherregale, die sich bis an die stuckverzierten Decken erstreckten. Bei Salazar, er begann sogar damit die Orangen zu zählen, die sich in kleinen Schalen auf den Beistelltischen neben den Sofas befanden, nur um sich irgendwie von dem brennenden Zorn ablenken zu können, der jetzt wie ein feuerspeiender Drache in seiner Brust tobte und jeden Moment die Kontrolle zu übernehmen drohte.
Die Fäuste geballt und den Unterkiefer zum Zerreißen angespannt, folgte Mattheo Draco und Lestrange in einen kleineren, nicht weniger schmuckvoll eingerichteten Nebenraum, wo sie von Theodore und Blaise begrüßt wurden, die zwar ihre düsteren Todesserroben trugen, doch noch einen zu niedrigen Rang im Regime besetzten, um persönlich an den Versammlungen teilnehmen zu dürfen.
Ein Teil von Mattheo beneidete sie dafür.
Theodore war ungewöhnlich blass und lief unruhig vor dem Kamin auf und ab, in seiner Hand ein Kristallglas mit Feuerwhiskey. Er nickte Mattheo nur kurz zu, bevor er es an die Lippen setzte, es leerte und sich mit zauberstabloser Magie wieder nachfüllte.
So oft, bis die Flasche auf dem Kaminsims neben ihm so gut wie leer und seine Augen ganz glasig waren.
Cho war eine von Theodores Ex Freundinnen.
Die Stimmung zwischen den jungen Todessern war an diesem Abend auf dem absoluten Tiefpunkt.
Eine Weile taten sie nichts anderes, als Whiskey zu trinken und sich anzuschweigen, während sie mit finsteren Blicken in die Kaminfeuer starrten, deren Funken sanft durch den Raum tanzten und ein orangefarbenes Leuchten an die Wände warfen.
Nur Enzo fehlte in ihrer Runde.
Der Berkshire Erbe vermied es herzukommen.
Denn das letzte Mal, als er seinen Vater auf eine der Sitzungen ins Malfoy Manor begleitet hatte, hatte er sich in einen Pflanzenkübel erbrochen, als Mulciber sich vor aller Augen mit Cho vergnügt hatte. Doch auch wenn sie immer zu lächelte und ihn mit herzförmigen Augen betrachtete, als wäre der ungepflegte Todesser ihre große Liebe, lag es doch eher dem Liebestrank zu Grunde, den Mulciber der Ravenclaw regelmäßig in ihr Champagnerglas kippte.
Das Einzige, was den Jungs übrig blieb, um in dieser Welt überleben zu können— war es sich zu betrinken und den Schmerz mit teurem Alkohol zu betäuben.
Es verging eine halbe Stunde, bis Blaise als erster das Wort ergriff. »Wann werden wir—«, doch ein warnender Blick von Mattheo brachte den dunkelhäutigen Slytherin wieder zum Schweigen.
»Nicht hier Zabini, bei Salazar«, knurrte er den Todesser aggressiv an und schloss die Augen, versuchte seine Wut irgendwie zu veratmen.
Mattheo dachte an Amelie.
So wie die meiste Zeit des Tages.
Er vermisste sie so sehr, dass er kaum atmen konnte.
Seit sie einander näher gekommen waren, hatte der Slytherin nicht nochmal die Chance gehabt, mit ihr allein zu sein oder über das zu reden, was zwischen ihnen passiert war. Denn auch, wenn Draco Astoria am nächsten Tag wieder zu sich geholt hatte, so hatte Enzo seine Schwester nicht eine einzige verfluchte Sekunde mehr mit ihm allein gelassen, bevor der dunkle Lord ihn zu einer Überwachungsmission verdonnert hatte, die nichts weiter als eine Strafe gewesen war, dafür, dass er sich verletzt hatte.
Mattheo wusste, dass er es nur Amelie und Enzo zu verdanken hatte, dass er noch am Leben war. Nur vage erinnerte er sich daran wie Blaise, der ebenfalls blutüberströmt gewesen war, sie in der Nacht vor Weihnachten mit letzter Kraft zurück nach Hogwarts appariert hatte, wo sie es nicht mal mehr zu einem der Sofas geschafft hatten, sondern noch auf dem Boden davor kraftlos zusammengebrochen waren.
Doch was er nicht vergessen hatte, waren die Tränen, die Amelie in dieser Nacht um ihn geweint hatte, sowie den Klang ihres herzzerreißenden Schluchzens, als ihr Kopf auf seiner Schulter geruht hatte. Die Schuldgefühle, die den Slytherin seither verfolgten, waren beinahe genau so erdrückend wie die, die er verspürt hatte, als er den zutiefst enttäuschten Ausdruck in Enzos Augen gesehen hatte, als er ihn mit Amelie in der Küche zusammen erwischt hatte.
Mattheo hatte ihm versprochen, sich von ihr fernzuhalten, hatte ihm versprochen, seiner kleinen Schwester nicht mehr zu nah zu kommen, um ihr den Abschied von ihm nicht noch schwerer zu machen.
Doch Mattheo hatte ihn enttäuscht, denn die Sehnsucht nach Amelie war zu groß gewesen.
Und bald würde er auch sie wieder enttäuschen.
Denn weder ihr, noch jemand anderem außer Lestrange hatte er bisher erzählt, dass der dunkle Lord das Datum für seine Hochzeit mit der Tochter des französischen Zaubereiministers festgelegt hatte.
Auf den vierzehnten Februar.
Und nun war es bereits Januar.
Und es gab keinen Ausweg für ihn, denn die Hochzeit und die damit einhergehende politische Verbindung Grossbritanniens mit Frankreich war ein Befehl gewesen. Der Unbrechbare Schwur, den er vor mehr als drei Jahren geleistet hatte, zwang ihn dazu, jeden Befehl auszuüben, den Lord Voldemort ihm gab.
Mattheo musste gehorchen oder er starb.
Wie betäubt von all seinem Selbsthass, saß er neben Lestrange auf dem Sofa und starrte in die Flammen.
Der Slytherin zuckte nicht einmal mit der Wimper, als sich nach und nach mehr Todesser dazu gesellten, denn die lustvollen Geräusche, die aus dem Salon nebenan drangen, waren mehr als nur eindeutig.
Doch als die dreckige Lache von Adrian Pucey erklang, der Mulciber wahrscheinlich wieder einmal eine Menge Gold geboten hatte, um sich mit seinem Besitz ebenfalls vergnügen zu dürfen, ballte Mattheo die Fäuste und presste die Zähne fest aufeinander.
Im nächsten Augenblick ertönte ein klirrendes Geräusch, gefolgt von einem zornigen Knurren, was Mattheo und Lestrange sogleich aus ihren Mordgedanken riss. Gleichzeitig sprangen die beiden Jungs auf, um Draco dabei zu helfen, den sichtlich betrunkenen Theodore davon abzuhalten, in den Salon zu spazieren und erst Mulciber und dann Pucey einen Todesfluch zwischen die Augen zu jagen.
Was diese Bastarde mehr als verdient hatten und ihre erbärmlichen Leben sicherlich auch irgendwann auf genau diese Weise enden würden, doch nicht heute und vor allem nicht vor den Augen so vieler anwesender Todesser. Sich gegen das dunkle Regime zu stellen, bedeutete Lord Voldemort zu verraten.
Und das endete jedes Mal auf dieselbe Weise.
Nott Senior, der neben den Lestrange Brüdern und dem Hausherrn Lucius Malfoy vor dem Kamin gestanden und eine gedämpfte Unterhaltung geführt hatte, verengte die Augen und schürzte die Lippen in Abscheu, angesichts des Benehmens seines Sohnes.
»Nimm deine Hände von mir, Malfoy«, knurrte der Nott Erbe seinen besten Freund mit zornigen Augen an, doch Draco ließ nicht locker. Er packte ihn am Kragen und dissapparierte mit ihm in den Ostflügel des Malfoy Manor, in dem seine Zimmer lagen.
Die Jungs folgten ihnen und Mattheo gelang es in letzter Sekunde Theodore mit einer Drehung seines Handgelenks zu entwaffnen, bevor er Draco einen Fluch auf den Hals jagen konnte. Getrieben vom Alkohol und dem Hass auf Mulciber und Pucey hob er seine Faust und streifte seinen Kiefer damit, was den Malfoy Erben nicht einmal ein Blinzeln entlockte.
Draco war schlimmeres gewohnt, hatte er doch die letzten Jahre all die Enttäuschung des dunklen Lords, die Lucius ihm bereitete, an dessen Sohn ausgelassen.
Nicht nur einmal hatte Draco die halbe Nacht neben Mattheo auf dem eisigen Boden des Thronsaales im Riddle Manor verbracht und sich den Tod gewünscht.
Der Todesser, dessen Gesicht im fahlen Licht der Kronleuchter nun völlig farblos wirkte, knackte mit seinem Kiefer, bevor er Theodore wieder am Kragen packte und ihn zornig gegen die Wand rammte.
»Bei Salazar, reiß dich verflucht nochmal zusammen. Wenn du sie töten willst dann tu es, aber nicht in meinem verdammten Zuhause, Nott. Der dunkle Lord ist sowieso nicht gut auf meine Familie zu sprechen«, seine Stimme war ein einziges zornerfülltes Knurren. Die Aura des blonden Todessers pulsierte und ließ das Licht der Kronleuchter über ihren Köpfen flackern.
»Das weiß ich, Malfoy«, knurrte Theodore zurück, dessen durchtrainierter Oberkörper bedrohlich angespannt war. »Aber ich kann nicht länger dabei zusehen. Ich kann es einfach nicht, verstehst du?«
Dracos Augen verengten sich.
»Denkst du ich verspüre nicht tagtäglich dasselbe Bedürfnis diese ekelhaften Bastarde allesamt in die Hölle zu schicken, denn das tue ich«, fuhr er ihn zornfunkelnd an. »Aber es geht nicht. Ich muss das hier überleben, Nott. Mein Sohn braucht seinen Vater, wenn seine Mutter irgendwann nicht mehr—«, doch Dracos Stimme erstarb mitten im Satz.
In nur Sekunden wich der Hass aus den saphirblauen Augen Theodores, der seinen besten Freund nun mit einem Blick ansah, als wäre er Merlin leibhaftig, der so eben von den Toten wieder auferstanden war.
Draco ließ ihn los, wich zurück und fuhr sich mit einer Hand durch sein blondes Haar, sein Unterkiefer zum zerreißen angespannt. Eine Weile sprach keiner der Jungs ein Wort, während nur das sanfte Prasseln der Kaminfeuer die Stille zwischen ihnen untermalte.
»Tori ist schwanger?«, fragte Blaise dann, dessen sanftmütiges Wesen schon seit der ersten Klasse stets Ruhe in die Gruppe der Slytherin gebracht hatte.
Draco schloss für einen Moment die Augen, während er sich die Schläfen rieb, bevor er langsam nickte. »Die Heiler sagen, durch die Schwangerschaft verkürzt sich ihre Lebenserwartung noch einmal drastisch. Wenn sie die Geburt überhaupt überlebt.«
Einige Minuten starrte Draco abwesend in die Flammen, bevor er das Kinn anhob und Mattheo ansah, ohne ihn wirklich anzusehen, denn sein Blick war seltsam leer, getrübt von Kummer und Whiskey.
»Ich weiß nicht, wie lang ich noch dabei sein kann, Riddle«, sagte er mit angespanntem Kiefer und schmerzdurchfluteten grauen Augen. »Wenn der dunkle Lord—« Die Miene des jungen Todessers verfinsterte sich. »Wenn er mich tötet, wird mein Sohn als Waise aufwachsen. Er wird in die Hände meines Vaters fallen und bei Salazar, ich werde nicht zulassen, dass er ihm dieselbe Kindheit antut, wie mir«, beendete der Malfoy Erbe grimmig seinen Satz.
Mattheo nickte und senkte den Blick.
Der Sohn Lord Voldemorts hatte schon zu viel von seinen Freunden verlangt, hatte ihnen so endlos viel Kummer und Schmerz bereitet, dass ihm die Schuldgefühle allmählich die Kehle zuschnürten.
Dass die Slytherin Jungs, mit denen er aufgewachsen war, immer noch zu ihm standen, auch wenn er es gewesen war, der ihnen noch in den Ruinen des vollends zerstörten Hogwarts das dunkle Mal gegeben hatte, bedeutete Mattheo so unendlich viel, dass er es weder in Worte fassen, noch jemals in seinem Leben wieder gut machen würde können.
Er spürte Lestranges Blick auf sich, der ihm jetzt wortlos eine Zigarette reichte. Mattheo nahm sie und schob sie sich zwischen die Lippen, bevor er sie mit zauberstabloser Magie entzündete. Und erst als das Nikotin anfing, durch seine Venen zu fließen, fühlte Mattheo seine Anspannung etwas weichen.
»Cazzo«, fluchte Theodore, als er seinen besten Freund in eine Umarmung zog, die Draco für einige Sekunden steif erwiderte, bevor er ihn von sich wegschob. »Warum hast du nichts gesagt, Malfoy?«
Draco schüttelte nur den Kopf, öffnete die Glastüren einer Vitrine, griff sich einen Feuerwhiskey, der vom Etikett her wahrscheinlich genau so alt war wie das Malfoy Manor selbst, bevor er sich die halbe Flasche in den Rachen kippte und sie dann an Theodore weiterreichte. »Auf den Malfoy Erben«, sagte dieser mit ernster Miene, bevor er sich neben Draco auf das Sofa fallen ließ und freundschaftlich den Arm um dessen immer noch angespannte Schultern legte.
Auch die anderen Jungs erhoben ihre Gläser, doch die Stimmung an diesem Abend war ruiniert, weshalb sich Mattheo und Lucifer nach einer Weile verabschiedeten und zurück nach Hogwarts apparierten. Dem einzigen Ort auf der Welt, an dem es nun für beide Jungs etwas gab, dass ihren dunklen Gedanken ein wenig Licht zu schenken vermochte.
Auch, wenn keiner der Todesser ein Happy End erwarten konnte, mit dem Mädchen, das er liebte.
𓆙
Die Atmosphäre in der Bibliothek von Hogwarts, die in dieser Mitternachtsstunde nur durch das schwache Licht, der von der Decke schwebenden Kerzen beleuchtet wurde, war düster und geheimnisvoll.
Das Herz des Erben Slytherins trommelte eine unruhige Melodie gegen seine Rippen, während er geräuschlos wie ein Schatten durch die Reihen der Bücherregale glitt und den vertrauten Geruch von gepresstem Papier und staubigen Einbänden in sich aufsog. Doch es war noch ein anderer, ebenfalls vertrauter Geruch der wie eine Wolke in der Luft hing und ihn vor Sehnsucht beinahe zerfließen ließ.
Der zuckersüße Duft von Zimt und Vanille.
Er brauchte nicht lang, bis er die zierliche Slytherin zwischen den Regalen gefunden hatte, denn die Dunkelheit schien zu weichen, je näher er ihrer Aura kam, die wie das Licht der Sterne leuchtete, unter denen Mattheo sie zu beschützen geschworen hatte.
Seine Amelie.
Seine wunderschöne Amelie.
Endlose Minuten stand der Sohn des dunklen Lords verborgen in den Schatten und verlor sich in ihrer Schönheit, wagte es kaum zu atmen, während er aufmerksam jede ihrer Bewegungen beobachtete.
Er würde niemals genug davon bekommen sie anzusehen, ihr dabei zuzusehen, wie sie unbewusst mit einer leicht gewellten Strähne ihres langen und glänzenden kastanienbraunen Haares spielte, so wie Amelie es immer tat, wenn sie sich konzentrierte.
Obwohl es schon nach Mitternacht war, trug sie immer noch ihre Schuluniform, die aus einer eng anliegenden weißen Bluse bestand, einem smaragfarbenen Pullunder mit dem Emblem ihres Hauses auf der Brust, der silbergrauen Slytherin Krawatte, die makellos gebunden war, so wie einem dunkelgrauen Faltenrock, den sie offenbar ein wenig gekürzt hatte, sodass er knapp vor ihren Knie endete.
So wie alle Mädchen von Hogwarts es heimlich taten.
Mattheos Herz bekam einen leichten Stich, als er sich an all die Narben auf ihren Oberschenkeln erinnerte, die unter dem dunkelgrauen Stoff verborgen waren.
Er vermied es, seinen Blick tiefer gleiten zu lassen, denn der Anblick ihrer Kniestrümpfe würde seine Gedanken nur in eine Richtung lenken, die er sich unter gar keinen Umständen erlauben konnte.
Denn das, was nach all den Jahren der Sehnsucht und des endlosen Vermissens wieder zwischen ihnen beiden aufgeblüht war, war so unglaublich zart und zerbrechlich. Wie die Blütenblätter einer Rose, die statt im Frühling, in einer Jahreszeit des Winters zum Leben erwacht war. Wunderschön anzusehen und doch einem unausweichlichen Tode geweiht, durch bittere Kälte, Schnee und Dunkelheit.
Mattheo hielt es nicht mehr aus sie nur anzusehen und trat aus den Schatten. Amelie zuckte zusammen, als sie sich seiner plötzlichen Anwesenheit bewusst wurde, und hätte vor Schreck beinahe all die schweren Bücher und Lexika der Heilkunde zu Boden fallen lassen, die sie auf einem schwindelerregend hohen Stapel in ihren Armen balancierte.
»Bei Merlin, Theo«, stieß sie erschrocken hervor, ließ die Bücher mit einem ungesagten Zauber in der Luft schweben, bevor sie sich keuchend die Hand auf die Brust legte. »Willst du etwa mein Herz anhalten?«
»Das ist das letzte was ich will, Amelie«, flüsterte er mit rauer Stimme, bevor er einen Schritt auf sie zu trat und sie mit dem Rücken sanft gegen das Bücherregal drückte. Zaghaft hob er ihr Kinn, während sein Herz durch ihre Nähe zu rasen anfing.
»Verzeih mir, ich wollte dich mich erschrecken.«
»Mach das nie wieder«, sagte die hübsche Slytherin mit einem leicht warnenden Unterton in der Stimme, während sie mit angehaltenem Atem zu ihm aufsah und sich das Kerzenlicht in ihren whiskeyfarbenen Augen spiegelte. Amelie war so schön, dass Mattheo sich fragte, wie er die letzten zwei einhalb Jahre überlebt hatte, ohne in ihre wunderschönen Augen gesehen— oder ihren Duft eingeatmet zu haben.
Amelie roch so, wie er sich den Himmel vorstellte.
»Was tust du hier mitten in der Nacht?«, flüsterte sie und blickte sich kurz um, bevor sie ihm wieder in die Augen sah. »Ich wollte dich sehen«, entgegnete der Slytherin leise und lehnte seine Stirn an ihre. »Ich musste dich sehen, Amelie«, korrigierte er sich.
»Geht es dir gut?«, fragte die Slytherin mit sorgenvoller Stimme. »Jetzt schon«, antwortete er.
Ihre Augen huschten unsicher zwischen seinen hin und her und gerade als Mattheo befürchtete, sie würde ihn von sich wegstoßen, sich umdrehen und ihn in der Dunkelheit der Bibliothek allein lassen, wie sie es schon einmal getan hatte, krallte sie ihre Hand in seine Todesserrobe und zog ihn näher zu sich.
Sie sagte kein Wort, doch ihre Augen gaben ihm die stumme Erlaubnis zu tun, wonach er sich jede Sekunde sehnte, seit er es das letzte Mal getan hatte.
Mattheo küsste sie.
Amelie hob das Kinn und erwiderte seinen Kuss, während sich ihre Finger wie in Zeitlupe ineinander verschlangen. Zaghaft hob er ihre Hände und drückte sie seitlich von ihrem Kopf gegen das Bücherregal, bevor er den Kuss vertiefte und sie mit Zunge küsste.
Erst zaghaft und zurückhaltend, doch dann stürmischer, ungeduldiger, was die junge Hexe an seinen Lippen leise seufzen ließ. Und mit jeder Sekunde, in der sie verborgen von Schatten in der Bibliothek von Hogwarts standen und einander küssten, umso erträglicher wurde der Seelenschmerz, der sie beide bei jedem ihrer Atemzüge heimsuchte.
Es war falsch sie zu küssen, so verflucht falsch.
Doch jetzt, wo er wusste, dass sie ihn nicht hasste, dass sie ihn liebte, trotz allem, was er ihr angetan hatte, konnte er nicht mehr ohne sie sein.
Mattheo wollte nie wieder ohne Amelie sein.
Denn es war immer nur sie gewesen, die den Sohn Lord Voldemorts von seinen Dämonen befreien- und ihn eine Weile wie im Himmel fühlen lassen konnte, trotz der Hölle, in die er sie beide gebracht hatte.
Der Slytherin verdrängte den Gedanken an seine bevorstehende Hochzeit und die Tatsache, dass auch Amelie in wenigen Monaten würde heiraten müssen. Er blendete all die Sorgen um seine Zukunft aus, während er das Mädchen küsste, in das er sich so sehr verliebt hatte. Alles, was er wollte, war bei ihr zu sein, sie zu küssen und ihre Hand in seiner zu halten.
Seine Lippen verließen ihre, hauchten zärtliche Küsse ihre Wange entlang, bevor sie sehnsüchtig mit ihrem Hals verschmolzen. Ein sinnliches Seufzen glitt der brünetten Hexe über die Lippen, bevor sie ihren Hinterkopf gegen das Regal lehnte, die Augen geschlossen. Dunkles Verlangen pochte in seinen Venen, als der Erbe Slytherins eine Stelle fand, die ihr ein sinnliches Stöhnen entlockte. Mattheo schloss die Augen und versuchte, sich zusammenzureißen.
Dann küsste er die Stelle nochmal.
Ein weiteres Stöhnen entglitt ihrer Kehle. Merlin, er konnte ihren Puls unter seinen Lippen rasen spüren.
Und als sie ein drittes Mal unter seinen Küssen aufstöhnte, löste Mattheo seine Hände aus ihren, griff unter ihre Oberschenkel und hob das zierliche Mädchen mühelos in seine Arme, bevor er sie mit dem Rücken wieder gegen das Bücherregal drückte.
Für einen Moment wirkte sie erschrocken über das, was er getan hatte und Mattheo befürchtete, dass er vielleicht zu weit gegangen war— doch dann fanden ihre Hände plötzlich in seine Locken und zogen ihn näher zu sich, bevor sie ihren Lippen wieder mit seinem zu einem innigen Kuss verschmelzen ließ.
Einem Kuss, der sein Herz zum Rasen brachte und von dem er sich wünschte, er würde niemals enden.
Doch er endete, als ein stechender Schmerz auf seinem linken Unterarm ihm plötzlich die Luft aus den Lungen stahl. Ein gefährliches dunkles Knurren drang aus der Kehle des jungen Todessers, bevor sein Lockenkopf auf ihre Schulter sank. Doch er weigerte sich sie loszulassen, weigerte sich mit aller Kraft gegen den Ruf Voldemorts, der mit jeder Sekunde schmerzhafter wurde, in der er nicht reagierte.
»Er ruft dich zu sich, oder?«, flüsterte Amelie mit sichtlicher Sorge in der Stimme, während sie ihm zärtlich durch die Locken kraulte, woraufhin er sie noch enger an sich zog und das Gesicht an ihren Hals drückte. Er nickte, atmete ein letztes Mal ihren Duft ein, bevor er sie vorsichtig zurück auf die Füße setzte.
Mattheos Stirn lag an ihrer, während sie Blicke voller Sehnsucht und Verzweiflung tauschten. In ihren Augen lag derselbe Schmerz und auch dieselbe Angst, einander zu verlieren, was doch unausweichlich war.
Ihre Liebe würde niemals eine Chance haben.
Und doch verschmolzen ihre Lippen zu einem letzten, innigen Kuss, bevor sie sich voneinander lösten.
»Komm zurück zu mir«, hauchte Amelie mit einem Flehen in der Stimme und Tränen in den Augen.
»Immer, Sweetie«, entgegnete Mattheo, lehnte sich vor und küsste ihre Stirn. »Ich werde immer zu dir zurückkommen«, flüsterte er und strich ihr mit dem Daumen zärtlich eine Träne von der Wange. Dann drehte er sich um, nur um zu spüren, wie sie plötzlich nach seiner Hand griff und ihn wieder zurückzog.
»Versprich es mir, Mattheo«, verlangte sie, ihre Stimme heiser vor Kummer und Tränen. »Versprich mir, dass du immer zu mir zurückkommen wirst.«
Mattheo sah Amelie in die Augen.
Er hasste sich dafür, dass sie wegen ihm weinte, hasste sich dafür, dass sie Angst um ihn hatte. Er hasste sich für all das, was er ihr angetan hatte, verabscheute sich für all den Schmerz, den er ihr hinzufügte, weil er sie einfach nicht loslassen konnte.
Doch am meisten hasste er sich für die Lüge, die seine Lippen im nächsten Augenblick verließ.
Denn auch wenn Mattheo sie beschützen würde, auf sie Acht geben wollte, bis der letzte Stern am Nachthimmel verglüht war, so wusste er doch tief in seinem schattenhaften Herzen, dass wenn er getan hatte, was getan werden musste— er tot sein und sie am Leben sein würde. Am Leben in einer Welt ohne die Dunkelheit, die er zusammen mit Lord Voldemort und seinen Anhängern heraufbeschworen hatte.
Amelie würde frei sein.
Frei das Leben führen zu können, das sie sich immer gewünscht hatte. Frei zu heiraten, ob und wen sie wollte, frei zu entscheiden, was sie aus ihrer Zeit nach Hogwarts machen konnte. Und wenn sein eigenes Leben der Preis war, den er zahlen musste um dem Mädchen, das er über alles liebte, ihres zurückgeben zu können, dann war Mattheo bereit ihn zu zahlen.
»Ich verspreche es, Amelie.«
Die Worte schmeckten bitter auf seiner Zunge.
Der Todesser hob ihre Hand an seine Lippen und hauchte ihr einen Kuss auf die Fingerknöchel, bevor seine Silhouette mit der Dunkelheit verschmolz.
𓆙
bitte denkt ans voten,
wenn euch die Geschichte gefällt ♡
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