23. war of hearts
I can't help but love you,
even though I try not to.
A M E L I E
Die Angst um mein Kätzchen verschleierte meine Gedanken wie dichter Nebel, während ich ziellos durch die verschneiten Gärten unseres Anwesens irrte, in nichts als meinem dünnen schwarzen Satinpyjama und plüschigen Pantoffeln. Ich weinte bittere Tränen, die sich auf halbem Wege meine Wangen hinab zu funkelnden Eiskristallen formten, denn die Temperaturen hatten Minusgerade erreicht.
Die eisige Dezemberkälte fraß sich durch meine Knochen, kratzte an meiner Haut und ließ meine Glieder erzittern. Meine Fingerspitzen waren ganz taub, als ich die Taschen meines Pyjamas abtastete, doch mein Zauberstab lag immer noch in der Küche neben meiner dampfend heißen Teetasse, an die ich nun voller Sehnsucht dachte. Ich streckte die Hand aus und rief meinen Zauberstab zu mir, doch der tosende Schneesturm verschluckte all meine Magie.
»Snowball«, rief ich immer wieder nach meinem Kätzchen, während ich weiter den verschneiten Weg entlang lief, doch konnte sein weißes Fell zwischen all den Schneemassen nirgendwo entdecken. Ich kniff die Augen zusammen und blinzelte, denn die durch den Sturm umherwirbelnden Schneeflocken machten es mir schwer, überhaupt noch etwas zu erkennen.
Snowball würde erfrieren, wenn ich sie nicht fand.
Der Gedanke daran, dass sie irgendwo allein und verängstigt in der Kälte kauerte, zerriss mir das Herz.
Sie war doch noch so klein.
Und es war nur meine Schuld, dass sie sich erschrocken hatte, nur allein meine Schuld.
»Snowball, bitte komm zurück«, flehte ich.
Wieder hörte ich Mattheo in der Ferne meinen Namen brüllen, doch der Wind, der wie ein Wolf über das Grundstück heulte, trug seine Stimme davon.
Mit letzter Kraft schaffte ich es zu den Ställen, in denen unsere Pferde untergebracht waren. Ich spürte weder meine Zehen, noch meine Hände, als ich durch das Holztor glitt, das aufsprang als es mich erkannte.
Die Lämpchen an der Decke flackerten, als mein Blick über die majestätischen Tierwesen glitt, die sich dicht aneinander gepfercht um den Wärmezauber in der Mitte des Stalles herum scharrten, die schneeweißen, perlgrauen und nachtschwarzen Flügel schützend um ihre Körper gelegt.
Die Schutzzauber, welche die geflügelten Pferde zusätzlich zu den unzähligen die auf unserem Grundstück lagen, vor Dieben schützte, summten leise, während ich den Stall nach Snowball absuchte.
Doch auch hier war sie nicht.
Mit schwerer Atmung trat ich wieder hinaus und begann am ganzen Körper fröstelnd wieder durch den Schnee zurück in Richtung des Manor zu stapfen.
Doch die Kälte lähmte mich, verlangsamte jeden meiner Schritte, bis ich plötzlich keine Kraft mehr zum Weiterlaufen hatte. Nur vage bemerkte ich aus dem Augenwinkel, wie das blassgelbe Licht der Laternen, die den Weg beleuchteten, plötzlich von Dunkelheit verschluckt wurde. Und im selben Moment, in dem sie wieder aufflackerten, fühlte ich, wie mich ein mächtiger Wärmezauber erfasste und von innen heraus wie Sonnenlicht durchflutete.
Ein erleichtertes Seufzen glitt mir von den Lippen, als ich die bittere Kälte in mir sogleich weichen spürte.
Und als ich mich umdrehte, blickte ich in Mattheos Gesicht, der jetzt so dicht vor mir stand, dass ich nur die Hand ausstrecken musste, um ihn zu berühren.
Sein Anblick raubte mir den Atem.
Eiskristalle funkelten wie filigrane Diamanten in seinem Haar, das aus purer Dunkelheit zu bestehen schien, was zusammen einen atemberaubenden Kontrast ergab. Die Dezemberkälte hatte seine Wangen roséfarben angehaucht, ließ den Slytherin aussehen, als wäre er einem Gemälde entsprungen.
Er war so schön, dass es schmerzte ihn anzusehen.
Ihm nah zu sein und doch unendlich weit entfernt.
Denn alles, was zwischen uns gewesen war, all die wunderschönen Momente in meiner Kindheit, all die verbotenen Küsse, die wir einander gegeben hatten, als ich älter geworden war, all die Umarmungen, die wir geteilt hatten, seine unzähligen Versprechen mich vor der Dunkelheit seines Vaters zu beschützen—
waren nur noch Erinnerungen.
Erinnerungen, die mit jedem neuen dunklen Tag verblassten, so wie die Sterne am Nachthimmel, den meine Augen jetzt verzweifelt absuchten, denn ich schaffte es nicht länger, ihm in die Augen zu sehen.
Zu sehr schmerzte mein Herz.
»Amelie«, stieß der Slytherin schwer atmend hervor und kam näher. Erleichterung lag in seiner Stimme, doch auch Sorge. »Willst du hier draußen erfrieren?«, fragte er, woraufhin ich heftig den Kopf schüttelte.
Ohne ihm direkt in die Augen zu sehen, stolperte ich auf ihn zu und klammerte meine zitternden Finger in seinen Pullover, der immer noch leicht nass von meinen Tränen war. »Snowball—«, stieß ich mit panischer Stimme hervor. »Sie ist irgendwo hier draußen und wenn ich sie nicht finde, dann—«
»Ich hab sie gefunden«, beruhigte er mich, hob seine Hand und verstärkte seinen Wärmezauber noch etwas, der jetzt so intensiv war, dass er mich die eisige Kälte nun überhaupt nicht mehr spüren ließ und uns beide wie ein mächtiges Schutzschild umgab.
Irritiert sah ich ihn an. »Wirklich?«, wisperte ich, während ich zitternd auf seinen Pullover starrte.
»Sie ist wieder sicher in ihrem Körbchen«, flüsterte seine raue Stimme, bevor ich seine Finger unter meinem Kinn spürte und wie er es zaghaft anhob.
Zärtlich umfasste der junge Todesser mein Gesicht, wischte mir mit seinen Daumen die Tränen davon.
»Amelie«, flüsterte er meinen Namen.
Sehnsucht lag in den Blicken, mit denen wir uns ansahen, doch auch Angst. Angst davor, sich einander zu nähern und dabei an den unzähligen Scherben zu schneiden, in die unsere Beziehung zueinander zerbrochen war. »Mattheo«, hauchte ich, meine Stimme nichts weiter als ein heiseres Flüstern.
Der vertraute Klang seines Namens, der mir trotz allem was zwischen uns geschehen war, doch so federleicht von den Lippen glitt, ließ sein Herz unter meinen Fingerspitzen plötzlich schneller schlagen.
Zaghaft glitten meine Hände über seine Brust und es brauchte vier Anläufe und unzählige unruhige Atemzüge, bis es mir endlich gelang, die Arme um seinen Hals zu schlingen und ihn an mich zu ziehen.
Alles in mir kribbelte, als er die Arme um meine Taille legte und meine Umarmung erwiderte.
Tränen liefen mir über die Wangen, als wir einander ansahen, während um uns herum ein Schneesturm tobte, der mit jeder verstreichenden Sekunde immer unruhiger zu werden schien— wie ein wütender Drache, der statt Flammen eisige Kälte verbreitete.
Schwer atmend sahen wir einander an, während sich hauchzarte Eiskristalle in unseren Haaren verfingen.
»Du wirst jeden Tag schöner, Amelie«, sagte der Sohn des dunklen Lords, während er mich mit einem Blick ansah, der mich fast das Atmen vergessen ließ.
Der Schmerz, der mich erfasste, als ich realisierte, dass meine Gefühle für Mattheo niemals fort gewesen waren, traf mich wie ein Dolchstoß mitten ins Herz.
Sie waren immer da gewesen.
Nur verborgen, unter all meinem Schmerz.
»Du hast mir so sehr gefehlt, Theo«, flüsterte ich.
Mattheos dunkle Augen füllten sich mit Tränen.
»Du hast mir auch gefehlt, Sweetie«, antwortete er mit gebrochener Stimme, während er mich ansah, als wäre ich das schönste Mädchen auf der ganzen Welt.
Als würde er mich genau so sehr lieben, wie ich ihn.
Doch das zwischen uns war vorbei gewesen, noch bevor es überhaupt angefangen hatte. Das, was ich für ihn fühlte, was ich schon so viele Jahre für ihn empfand, würde nie genug sein, um ihn zu retten.
Weder vor all der Dunkelheit, die sich wie ein pechschwarzer Schleier über unsere magische Welt gelegt hatte, noch aus den Fängen Lord Voldemorts, in die er mit gerade einmal Sechzehn Jahren geraten war. Und auch nicht vor der arrangierten Ehe, zu der das dunkle Regime ihn zwang, genau wie mich.
Mattheo Riddle würde niemals zu mir gehören.
Oder ich zu ihm.
Die Sterne hatten es nicht gut mit uns gemeint.
Denn auch, wenn wir eine Zeit lang zwei verwandte Seelen gewesen waren, zwei Reisende auf der tristen Odyssee des Schmerzes, die sich Leben nannte, so bestritten wir unseren Weg doch nun ohne einander.
Jeder für sich, allein in der Dunkelheit.
»Du liebst mich?«, fragte Mattheo plötzlich mit gebrochener Stimme, während seine rauen Hände zärtlich über meinen unteren Rücken streichelten.
Sie zitterten.
Ich wollte wütend auf ihn sein, ihn von mir wegstoßen, weil er unerlaubt in meinen Geist eingedrungen war und meinen Gedanken gelauscht hatte. Doch stattdessen spürte ich, wie mich ein Gefühl von Erleichterung durchströmte. Ganz langsam ließ ich meine Arme sinken und platzierte meine Hände auf seiner Brust, die zu glühen schien.
»Ich kann mich an keinen Tag erinnern, an dem ich dich nicht geliebt habe, Theo«, entgegnete ich leise.
Es auszusprechen, schmerzte bis tief in meine Seele.
Doch nicht so sehr, wie es mir selbst einzugestehen. Mir einzugestehen, dass ich Mattheo liebte, mit jedem Pochen meines erschöpften Herzens, mit jedem Atemzug und jeder Faser meines Daseins.
Ich liebte den Mörder meiner besten Freundin.
Und egal wie sehr ich mich dafür schämte, egal wie sehr ich mich dagegen zur Wehr zu setzen versuchte, wie oft ich mein Herz mit meinem Verstand in den Krieg schickte— ich würde Mattheo immer lieben.
Denn manche Dinge waren für die Ewigkeit geschaffen. So wie meine bedingungslose Liebe zu ihm, doch auch der Schmerz, der mit ihr einherging.
Sie war tief verankert in meiner Seele.
Seine Augen, so dunkel wie die sternlose Nacht, die uns umgab, huschten unruhig zwischen meinen hin und her, so als würden sie nach etwas suchen.
Endlose Verzweiflung lag in dem Blick, mit dem er mich jetzt betrachtete. Doch auch ... Hoffnung?
Und dann traf es mich wie ein Blitz.
Denn es war genau dieser Blick und diese eine Emotion darin, die schon seit unserer Begegnung im Herbst in der Bibliothek des Schlosses immer wieder in der Dunkelheit seiner Augen aufflackerte. Wie Sonnenlicht, das sich an einem regnerischen Nachmittag durch düstere Wolken kämpfte.
Mattheo empfand genau dasselbe für mich.
Seine Hände umfassten mein Gesicht, zaghaft und vorsichtig, während sein Daumen sanft über meine Wangen strich. »Amelie, ich liebe—«, doch ich schüttelte den Kopf und blickte ängstlich zu ihm auf.
»Sag es nicht«, flehte ich mit heiserer Stimme.
»Aber—«
»Du darfst mich nicht lieben, Mattheo«, brachte ich kaum hörbar hervor, meine Stimme nun ein einziges, schmerzerfülltes Wispern. »Du hast jemanden.«
Mattheo sah mich irritiert an, dann schüttelte er den Kopf, zog mich an sich und lehnte seine Stirn an meine, während er mich mit einem flehenden Blick ansah. »Sie ist vollkommen bedeutungslos für mich.«
»Aber du wirst sie heiraten.« Mit traurigen Augen sah ich ihn an. »Und glücklich mit ihr sein.«
Seine Gesichtszüge verhärteten sich bei meinen Worten, bevor er mich losließ, zurücktrat und ein dunkles Stöhnen aus seiner Kehle dringen ließ, als hätten ihm meine Worte Schmerzen hinzugefügt.
Mattheo brachte seine Hände in sein Haar, zerrte vor Wut an seinen dunklen Locken, um sich mit körperlichem Schmerz von seinen Seelenqualen abzulenken. Und als er mich wieder ansah, war sein Blick so gequält, dass es mir die Kehle zuschnürte.
»Wie soll ich glücklich sein, wenn ich alles verloren habe, was mir jemals etwas bedeutet hat, Amelie?«, sagte er bitter und blickte hinauf in den Nachthimmel zu unseren Köpfen, von dem es immer noch unaufhaltsam dicke Schneeflocken schneite.
Tränen liefen mir über die Wangen, während ich überlegte, was ich darauf antworten sollte. Ich folgte seinem Blick, sah hinauf den Himmel und blinzelte, als sich Eiskristalle in meinen Wimpern verfingen.
Doch alles, was ich sah, war Dunkelheit.
Nichts als endlose Dunkelheit.
Und als ich den Kopf wieder senkte, blickte ich direkt in Mattheos tiefbraune Augen, die ich so sehr liebte.
Seine Hände fanden meine und hielten sie ganz fest, während sein Daumen immer wieder über meine Fingerknöchel strich, zaghaft und vorsichtig.
»Ich weiß, dass ich deine Vergebung nicht verdiene, Sweetie«, sagte Mattheo mit heiserer Stimme, was dunkelrote Blutstropfen durch die kaum verheilten Narben meines Herzens sickern ließ. »Aber was ich in der Nacht der Schlacht getan habe, hatte einen Grund, Amelie«, fügte der Slytherin leise hinzu, woraufhin sich meine Augen mit Tränen füllten.
Ich wollte es nicht hören, wollte mich nicht daran erinnern und doch hielt ich still und sah ihn an.
Ich gab ihm die Chance, es mir zu erklären.
Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren.
Auch wenn es mich fast jetzt zerriss.
Wenn es meine Narben zum Bluten brachte, seine Hand in meiner zu spüren, seine Wärme zu fühlen, mich von seiner Dunkelheit beschützen zu lassen.
»Als der dunkle Lord—«, Mattheo hielt inne und schluckte schwer. »Als er zurückgekehrt ist, habe ich mich gegen ihn gestellt. Ich habe versucht meine Erzeugerin gegen ihn aufzuhetzen, doch bei Salazar, Bellatrix würde sterben für ihn. So wie viele seiner Anhänger.« Kalter Hass verhärtete die Züge des Erben Slytherins, bei dem Gedanken an seine Mutter.
»Ich habe versucht ihn aufzuhalten, doch er war mir immer einen Schritt voraus. Und als er gemerkt hat, dass egal wie viele Nächte er mich der Tortur seines Cruciatusfluchs auch aussetzt, wie viel Schmerz er mir hinzufügt, ich mich immer noch geweigert habe, ihm meine Loyalität zu geben—«, kurz schloss er die Augen und atmete tief durch, bevor er mich wieder ansah. »—Hat er angefangen nach etwas anderem zu suchen«, beendete er schließlich seinen Satz.
Seine Atmung wurde schwerer und ich konnte ihm ansehen, wie hart es für ihn war, darüber zu sprechen, wie quälend die Erinnerung an diese Zeit.
»Einer Schwachstelle«, hauchte ich mit schmerzerfüllter Stimme und Tränen in den Augen.
»Einer Schwachstelle«, wiederholte er und nickte.
»Und er hat sie gefunden. Er hat herausgefunden, dass ich in euch eine Familie gefunden hatte. Menschen, die mir die Welt bedeuten.« Mattheo hob meine Hand an seine Lippen. »Menschen, für die ich sterben würde, Amelie«, hauchte er flüsternd gegen meinen Handdrücken, bevor er ihn küsste, was mich aus Rührung über diese süße Geste Schluchzen ließ.
Unter Tränen nickte ich.
»Der dunkle Lord hat das einzig Gute in mir genommen und es gegen mich verwendet.« Die Bitterkeit in seiner Stimme ließ mich kaum atmen.
Ich fragte mich, wie viele Tränen ein Mensch vergießen konnte, bis nichts mehr von ihm übrig war.
Denn ich weinte und weinte und weinte.
»Er war in meinem Kopf, Amelie«, brachte der Slytherin schwer atmend hervor und lehnte seine Stirn an meine, während er mich mit einem flehenden Ausdruck ansah, der mir das Atmen beinahe unmöglich machte. »Er ist in meinen Geist eingedrungen, hat meine Erinnerungen manipuliert und mich sehen lassen, wie er euch... hinrichtet.«
Der letzte Teil des Satzes glitt ihm so unendlich schwer von den Lippen. »Oh Theo«, schluchzte ich.
»In dieser Nacht habe ich mir das dunkle Mal geben lassen.« Sein Blick verfinsterte sich. »Und dann habe ich mich dazu bereit erklärt einen unbrechbaren Schwur zu leisten, wenn er im Gegenzug verspricht, deine Familie zu verschonen«, sagte Mattheo.
»Meine Familie«, korrigierte er sich flüsternd.
Weinend nickte ich, während ich ihn ansah.
»Der Zauber des unbrechbaren Schwures zwingt mich dazu, jeden Befehl auszuführen, den er mir gibt, sonst wird er mein Herz anhalten. Und in der Nacht der Schlacht von Hogwarts lautete der Befehl, jeden zu töten, der sich uns Todessern in den Weg stellt.«
Mattheo löste seine Finger vorsichtig aus meinen und umfasste dann mit seinen rauen Händen ganz zärtlich mein Gesicht. »Dort oben im Pokalzimmer da—«, er zögerte und schluckte, als sich mein Schluchzen plötzlich in ein Wimmern verwandelte.
»Deine Freunde haben sich mir in den Weg gestellt, Amelie. Sie haben versucht mich aufzuhalten. Ich wollte es nicht tun. Lieber wäre ich in dieser Nacht gestorben um dir den Schmerz ihres Verlustes ersparen zu können. Aber du warst noch irgendwo im Schloss und ich wusste nicht, ob es dir gut ging.«
Jeder Atemzug schien ihm schwerzufallen, ihn innerlich zu zerreißen, so qualvoll war der Schmerz seiner Erinnerungen, der den Jungen mit den dunklen Locken jetzt heimsuchte. »Aber ich konnte nicht gehen. Ich konnte diese Welt nicht verlassen ohne zu wissen, dass du in Sicherheit bist, Sweetie.«
Zitternd blickte ich ihn an.
»Mein eigenes Leben bedeutet mir nichts, doch die Vorstellung davon, dass du deines verlierst—«, er brach ab und ließ seinen Kopf auf meine Schulter sinken, bevor er plötzlich in Tränen ausbrach.
Mein Herz brach mit ihm.
So laut, dass ich es beinahe hören konnte.
»Ich habe dir versprochen, dich zu beschützen und das habe ich in dieser Nacht getan. Auch wenn es nicht so aussieht«, sagte Mattheo leise und verbarg das Gesicht an meinen Hals, während seine Tränen wie warme Regentropfen über meine Haut perlten.
Das Trauma, das diese seelenlose Nacht in unseren Köpfen hinterlassen hatte, ließ uns beide nun am ganzen Körper gewaltsam erzittern. Betäubt von all meinem Schmerz schlang ich meine Arme um seinen Hals, zog ihn enger an mich und hielt ihn fest, während ich ihm zärtlich durch seine Locken kraulte.
So wie ich es früher immer getan hatte.
Ein verzweifeltes Schluchzen entglitt den Lippen des Erben Slytherins, während er sich in meine Berührung lehnte, sie aufsog, als würde seine Seele danach hungern, von mir berührt zu werden.
So wie meine.
»Du solltest aufhören mich zu retten, Amelie. «, murmelte Mattheo und hauchte mir einen sanften Kuss auf den Hals. »Ich bin es nicht wert, gerettet zu werden.« Seine Berührung machte mir Herzklopfen, doch seine Worte schmerzten bis tief in meine Seele.
»Bitte sag so etwas nie wieder, Theo«, flehte ich unter Tränen, während ich gegen die Erinnerungen ankämpfte, die mich jetzt zu überkommen drohten.
Bilder von ihm, blutüberströmt auf dem Boden.
Tot in meinen Armen.
»Ich werde dich immer retten«, brachte ich mit gequälter Stimme hervor und blickte hinauf in den Himmel, während ich dem zitternden Slytherin beruhigend durch das Haar streichelte und Merlin anflehte, ihn mir nicht noch einmal wegzunehmen.
Und dann sah ich es.
Ein schwaches Funkeln inmitten der trostlosen Dunkelheit, die sich mit Lord Voldemorts grausamer Herrschaft über unsere magische Welt gelegt hatte.
Ein leuchtender Stern am Nachthimmel, der es in dieser bitterkalten Dezembernacht als einziger geschafft hatte, all die düsteren Wolken zu durchdringen, die versuchten sein Licht zu trüben.
Ein Hoffnungsschimmer.
Obwohl es eigentlich keine Hoffnung mehr gab.
Meine Tränen waren verblasst, als wir uns so weit voneinander lösten, dass wir einander ansehen konnten. Auch Mattheos Blick fand in den Himmel und als er den Stern entdeckte, stockte sein Atem.
Einen langen Augenblick sah er mit unlesbarer Miene in den Nachthimmel hinauf, während sich der Schnee in seinem Haar und seinen langen Wimpern verfing.
Und als er mich wieder ansah, spiegelte sich das Sternenlicht in der Dunkelheit seiner Augen.
Zärtlich strich sein Daumen über meine Wange, während seine andere Hand auf meinem unteren Rücken ruhte und mich stützte. »Auch wenn ich dich in dieser Nacht verloren habe, werde ich dich immer beschützen, Amelie. Ich werde niemals aufhören—«
Doch noch bevor er den Satz zu Ende bringen konnte, stellte ich mich auf die Zehenspitzen und küsste ihn.
Und in dem Moment, in dem unsere gebrochenen Herzen zum nächsten Schlag ansetzten, erwiderte der Sohn des dunklen Lords meinen Kuss und küsste mich, wie er mich niemals zuvor geküsst hatte.
Sehnsüchtig, verlangend— verzweifelt.
Ein bittersüßer Kuss, der nicht nur ein wenig salzig schmeckte, durch all die Tränen die ich vergoß, sondern auch stumm um Vergebung flehte.
Ich wusste nicht, ob ich ihm jemals vergeben konnte, doch in dem Moment, in dem unsere Lippen aufeinandertrafen, begann ich damit, ihm zu verzeihen. Langsam und ganz vorsichtig.
Herzschlag für Herzschlag.
Denn alles, was er getan hatte, all die furchtbaren Morde, die Mattheo in dieser einen schicksalhaften Nacht vor mehr als zwei Jahren begangen hatte—
hatte er getan, um mich zu beschützen.
Mattheo beschützte mich, hatte es immer getan.
»Bis der letzte Stern am Nachthimmel verglüht ist, Amelie«, flüsterte er zwischen zwei Küssen gegen meine Lippen, was mir ein tränenerfülltes Lächeln entlockte. »Bis der letzte Stern am Nachthimmel verglüht ist, Theo«, entgegnete ich flüsternd.
Und auch wenn ich wusste, dass unsere Liebe niemals eine Chance haben würde, so klammerte ich mich doch jetzt mit aller Kraft an diesen magischen Moment, den wir miteinander teilten.
Und ich wünschte mir, er würde niemals enden.
Eng umschlungen standen wir inmitten des Schneesturmes und küssten uns, geschützt durch die Magie, die er für mich heraufbeschworen hatte.
»Ich mache es wieder gut«, hauchte Mattheo in den Kuss. »Ich habe einen Plan, Amelie.« Ich versuchte seine Worte zu realisieren, versuchte die Gefahr darin zu erkennen, doch in diesem Augenblick war ich wie berauscht vor Glücksgefühlen und Schmetterlingen.
Im nächsten Moment spürte ich, wie mich das unangenehme Gefühl des Apparierens erfasste, gefolgt von einem knurrenden Schmerzenslaut. In letzter Sekunde schaffte ich es, Mattheos muskulöse Schultern zu stabilisieren, bevor er noch mich auf mich drauf fallen konnte. »Theo du Idiot, willst du etwa zersplintern?«, keuchte ich, als mir klar wurde, dass er uns gerade zurück in die Küche appariert hatte. »Deine Verletzungen sind noch viel zu—«
Doch die Lippen des Slytherin waren auf meinen, noch bevor ich den Satz beenden konnte. Erleichtert atmete ich auf, als ich ihn in den Kuss Grinsen spürte, bevor er den Arm um mich legte, mich mühelos hochhob und vor sich auf die Theke setzte.
Mein Herz trommelte wild gegen meine Rippen, ließ mich schwindelig fühlen, während ich die Arme um seinen Hals schlag, um ihn näher bei mir zu haben, nicht genug von seiner Nähe bekommen konnte.
Es war falsch.
So unendlich falsch.
Doch nie hatte sich etwas so gut angefühlt wie seine Lippen, die sich zärtlich gegen meine bewegten.
Denn zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte es sich plötzlich nicht mehr so an, als würde die Welt um mich herum in Flammen stehen.
Als wäre ich endlich wieder in der Lage zu atmen, mit seinen Lippen auf meinen und meinen Händen in seinen dunklen Locken, die sich himmlisch weich zwischen meinen Fingerspitzen anfühlten. Wie die Wolke, auf die mich seine Küsse nun brachten.
Es war als hätte meine Seele Frieden gefunden.
Frieden in einer Welt, in der Krieg regierte.
Dunkelheit und Schmerz.
Meine Wangen glühten und mein ganzer Körper kribbelte, als er seine raue Hand in meinen Nacken legte und mich beim Küssen enger an sich zog. Ich wusste, dass er sich zurückhielt, denn ich fühlte, wie seine Schultern immer angespannter wurden.
Seine Küsse wurden sehnsüchtiger, hungriger.
Dann löste er seine Lippen plötzlich von meinen und wich zurück— genau im richtigen Augenblick.
Denn im Nächsten öffnete sich die Tür zur Küche und mein Vater trat hinein, gefolgt von meinem Bruder. Mein Puls schoss in die Höhe, als ich bemerkte, dass beide Zauberer ihre düsteren Todesser Roben trugen und ihre Zauberstäbe kampfbereit gezogen hatten.
Überfordert von dieser Situation sah ich zu Enzo, der mich bereits ansah. Seine Augen verließen meine, glitten zu meinen vom Küssen leicht geschwollenen Lippen und über mein zerzaustes Haar, bevor er sie auf Mattheo richtete, wo sie sich plötzlich verengten.
Unsicher glitt ich vom Tresen, doch bevor ich fragen konnte, was los war, ergriff mein Vater das Wort. »Die Schutzzauber des Manor wurden aktiviert«, sagte er an Mattheo gewandt, der sofort nickte.
Ohne zu zögern, legte er seine Hand auf die Stelle an seinem linken Unterarm, an der sein dunkles Mal lag und aktivierte den Zauber, der ihn nur Sekunden später in dieselbe nachtschwarze Uniform der Todesser hüllte, die auch Dad und Enzo trugen.
Seine Roben trieften nur so vor dunkler Magie, die ihm wie Regentropfen von den Schultern perlte. Sein Blick hatte sich verdunkelt, so wie auch seine Augen.
Es lag nun nichts Sanftes mehr darin.
Die Macht die Mattheo ausstrahlte, verwirrte mich.
Denn obwohl sie mich einschüchterte und einen eisigen Schauer meine Wirbelsäule hinabschickte, so machte sie mir auch schwindelerregendes Herzrasen.
Ähnlich wie das Gefühl seiner Lippen auf meinen.
»Es ist jemand auf dem Grundstück?«, brachte ich nervös hervor und nestelte an meinem Ärmel, um meinen zitternden Händen etwas zu tun zu geben.
Mein Vater nickte. »Keine Sorge Prinzessin, wir kümmern uns darum. Doch ich möchte dich jetzt bitten zurück auf dein Zimmer zu gehen, Amelie.«
Ich nickte und nahm Snowball aus ihrem Körbchen, drückte das schnurrende kleine Fellknäuel an mich, bevor ich mit gesenktem Kopf aus der Küche lief, zu nervös, um jemandem in die Augen sehen zu können.
Doch ich ging nicht zurück in mein Zimmer, sondern versteckte mich in einem der Arbeitszimmer, die unmittelbar zur Eingangshalle lagen, während ich mit angehaltenem Atem dabei zusah, wie mein Vater zusammen mit Enzo und Mattheo hinaustrat, woraufhin sie von der Nacht verschluckt wurden.
Ich setzte die schlummernde Snowball auf einem Sessel ab, bevor ich nervös durch den offenen Türspalt in die Eingangshalle spähte, meinen eigenen Zauberstab umklammert. Einen Moment fühlte ich, wie mich Erleichterung durchströmte, als ich Enzos dunklen Haarschopf erblickte, der nur wenige Augenblicke später wieder in das Manor zurücktrat, den Arm um eine zierliche kleine Gestalt gelegt.
Ihre filigranen Schultern zitterten vor Kälte, trotz des eleganten Wintermantels, den sie trug. Und als im sanften Licht der Kronleuchter an den Decken ihr Gesicht zum Vorschein kam, rannte ich auf sie zu.
Tränen glitzerten auf Astoria blassen Wangen, als wir einander sofort in die Arme fielen. »Oh Amelie«, hauchte die Greengrass Erbin mit zittriger Stimme, deren dunkelbraunes Haar mit mehr schneeweißen Strähnen durchzogen war, als sonst. »Es tut mir so leid, dass ich alle aufgeweckt habe.« Sie warf einen beschämten Blick zu meinem Vater, der jetzt an der Seite von Mattheo zurück ins Anwesen trat und die schwere Haustür hinter sich schloss, woraufhin die zahlreichen magischen Schlösser leise klickten.
»Aber ich wusste nicht wohin«, sagte sie mit kummervoller Stimme. »Daph wurde gestern Nacht unerwartet auf eine Mission geschickt und ich bin zu schwach um zum Anwesen meiner Eltern zu apparieren. Es ist einfach zu weit vom Malfoy Manor entfernt.« Traurig sah sie mich an und schniefte.
»Es muss dir nicht leid tun«, entgegnete ich und nahm die Hand meiner Freundin in meine. »Du kannst immer zu uns kommen. Was ist passiert?«, fragte ich leise, als sich die anderen ein wenig entfernten, um uns etwas Privatsphäre zu geben.
Astoria schluckte. »Draco und ich haben uns furchtbar gestritten«, brachte sie unter Tränen hervor. »Er ist so unfassbar wütend auf mich. Ich habe ihn nie so außer sich erlebt.« Ihre Hand, die immer noch fest in meiner lag, begann zu zittern.
»Draco hat den Termin für unsere Hochzeit nächste Woche verschoben. Er hat mir nicht einmal die Gelegenheit gegeben, es ihm richtig zu erklären.«
Mit dem Taschentuch, das ich ihr jetzt reichte, unternahm Astoria einen verzweifelten Versuch, sich die Tränen von den Wangen zu tupfen, die sie jetzt überkamen. Und noch bevor sie die Worte aussprach, die ihr als Nächstes über die kälteblassen Lippen kamen, wusste ich bereits, was sie sagen würde.
Tröstend hielt ich die Hand meiner Freundin und streichelte ihr immer wieder zärtlich über die Fingerknöchel, während ich ihr mit meinem Blick zu sagen versuchte, dass alles gut werden würde.
Auch wenn ich selbst nicht daran glaubte.
»Ich bin schwanger, Amelie.«
𓆙
bitte denkt ans voten,
wenn euch die Geschichte gefällt ♡
(& ihr euer Herz zerfetzt bekommt wollt <3)
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