22. razor winged butterflies
It was over,
before it even began.
A M E L I E
Es war bereits weit nach Mitternacht, als ich das fünfte Blech Plätzchen in den Ofen schob, das durch meine Schlaflosigkeit entstanden war. Die Luft in der luxuriös eingerichteten Küche des Berkshire Anwesens war angenehm warm und roch wie eine himmlische Wolke aus Zimt und Vanillezucker.
Dicke Schneeflocken wirbelten von außen gegen die mit Eisblumen überzogenen Fensterscheiben, die mit leuchtenden Sternen und frostigen Tannengirlanden dekoriert worden waren. So wie in fast allen größeren Räumen unseres Manor, stand auch in der Küche ein prachtvoller Weihnachtsbaum, geschmückt mit Christbaumkugeln in Silber und Slytheringrün.
Meine Lippen umspielte ein glückliches Lächeln, denn auch wenn ich nun keine Ravenclaw mehr war, befand sich in jedem Baum trotzdem ein kleiner silberner Adler, halb versteckt zwischen Kugeln und sattgrünen Zweigen. Das Werk meines Bruders, für den ich immer seine kleine Slytherclaw sein würde.
Die Atmosphäre war ruhig und friedlich, nur das Summen des magisch aktivierten Ofens und das niedliche Schnurren meines Kätzchens waren zu hören. Snowball thronte auf der Anrichte neben einem prachtvollen Strauß blutroter Christrosen mit von Schnee geküssten Blüten, den mein Dad meiner Mum und mir geschenkt hatte, in seinem plüschigen Körbchen und sah mir mit schläfrigen Augen beim Backen zu, während es hin und wieder gähnte.
Ich liebte dieses kleine Fellknäuel so sehr.
Wir waren die Einzigen, die zu dieser späten Stunde noch auf waren, denn nach einem gemütlichen Abend am Kaminfeuer, mehreren Bechern heißen Kakao und jeder Menge kniffligen Partien Zauberschach, die ich allesamt für mich entscheiden konnte, waren meine Eltern und mein Bruder zu Bett gegangen.
Die Zeit mit meiner Familie hatte mein sorgenvolles Herz ein wenig besänftigt und auch die Schatten unter den Augen meines großen Bruders waren etwas gewichen und das vertraute, sanftmütige Lächeln auf das Gesicht des Slytherin wieder zurückgekehrt.
Ich wusste, dass jede Minute kostbar war, die ich an diesen verschneiten Weihnachtsfeiertagen mit ihm und unserem Vater verbringen konnte, denn bereits kurz nach unserer Ankunft hatte der Tagesprophet angefangen, kryptische Zeichen zu veröffentlichen, die nur für die Augen von Todessern sichtbar waren und über Unruhen in Teilen Londons berichteten.
Ein Proteus-Zauber, der mich gegen meinen Willen beeindruckte, denn auch wenn ich die Politik des dunklen Lords verabscheute, so kam ich doch nicht umhin zu bewundern, auf welche Art das Kommunikationssystem des Regimes funktionierte.
Nicht jeder Todesser schien es wert zu sein, unter die Augen Tom Riddles persönlich treten zu dürfen.
Schon vor der Schlacht von Hogwarts hatte die Dunkelheit Voldemorts angefangen sich wie eine todbringende Seuche über Europa auszubreiten und alles in Schatten zu stürzen. Doch seit seinem Sieg über Harry Potter und dem Orden des Phönix, schlossen sich ihm immer mehr Länder an.
Ich hatte nie wirklich verstanden, warum man einem so boshaften Zauberer und seinen Ideologien des puren Wahnsinns aus freien Stücken folgte, bis mir Enzo aus der Bibliothek unseres Anwesens ein mehrere Kilo schweres, in Leder gebundenes schwarzes Buch über den Zweiten Weltkrieg der Muggel zu lesen gegeben hatte. Und dann hatte ich langsam angefangen zu verstehen.
Die Geschichte wiederholte sich.
So wie sie es immer tat.
Denn auch Hitler waren damals zahlreiche Länder Europas in einen sinnlosen Krieg gefolgt, zum einem aus Angst vor seinem Einfluss und der auf Widerstand folgende Gewalt seiner Soldaten— doch auch aus der tief verwurzelten menschlichen Begierde heraus, ein Teil von etwas Größerem zu sein.
Ein Teil seiner Macht.
Schnell lenkte ich meine Gedanken in eine andere Richtung, denn die Angst vor dem, was noch kommen würde, schnürte mir die Kehle zu.
Ich beschloss mir einen Tee zu kochen, öffnete die Schranktür und brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis ich mich endlich für eine Sorte entschieden hatte.
Pavarti Patil, die meine Eltern kurz nach der Schlacht auf einer öffentlichen Auktion ersteigert hatten, liebte es, mit meiner Mum durch die märchenhaften Gärten des Berkshire Anwesens zu spazieren, verschiedene Kräuter zu ernten und neue Teesorten zu kreieren.
Es hatte viele Monate und stundenlange Gespräche mit meinem Bruder gebraucht, bis seine ehemalige Klassenkameradin endlich Vertrauen in unsere Familie gefasst— und erkannt hatte, dass auch die Berkshires im dunklen Regime gefangen waren.
So wie sie.
Und auch Oliver Wood, der jedoch kaum ein Wort mit uns wechselte, sondern nur schweigsam die Aufgaben ausführte, die mein Dad ihm zuteilte.
Der Krieg hatte den ehemaligen Kapitän der Gryffindor Quidditch Mannschaft gebrochen, hatte ihm alles genommen. Ich konnte es in seinen Augen sehen. Den Schmerz, die Hoffnungslosigkeit und all die unterdrückte Wut, die in seinem Herzen lebte.
Und doch hatte ich die Blicke bemerkt, die er Pavarti beim Dinner an Heiligabend zugeworfen hatte.
Blicke, die mehr als tausend Worte sagten.
Blicke purer Sehnsucht, geprägt von Einsamkeit.
Und auch Pavarti hatte Oliver so angesehen.
Doch einer hatte am Tisch gefehlt.
Mein Herz stolperte, als ich den Teekessel mit Wasser füllte und mit zauberstabloser Magie auf dem Herd platzierte. Doch auch wenn ich versuchte, nicht an den Jungen mit den dunklen Locken zu denken, der in diesem Moment zwei Stockwerke über mir in seinem Bett lag und sich gesund schlief, so tat ich es seit meiner Rückkehr nach Hause doch immerzu.
Es war schwerer für mich, als ich gehofft hatte.
Denn auch wenn ich es vermied, in sein Zimmer zu gehen, so weckte seine Anwesenheit doch Erinnerungen in mir, die mich in den Nächten wach hielten und unzählige Tränen vergießen ließen.
Seit Mattheo in meinen Armen gestorben war—
hatte sich etwas verändert.
Etwas an der Art, wie ich über ihn nachdachte.
Und es zerriss mich, bei jedem neuen Herzschlag.
Nicht nur einmal hatte ich klangheimlich und mit angehaltenem Atem vor der Wand neben seinem Zimmer gestanden, wenn Enzo bei ihm gewesen war.
Das, was ich fühlte, wenn ich an ihn dachte, wenn ich mich daran erinnerte, wie es gewesen war, wenn er mich früher umarmt hatte, wenn wir einander nah gewesen waren, ließ meinen ganzen Körper jedes Mal kribbeln. Es fühlte sich ohne Zweifel wunderschön— und doch zur selben Zeit auch beängstigend an.
Wie der Himmel, nach dem ich mich sehnte, in einer flammenlose Hölle, der ich nicht entkommen konnte.
Die ersten Tage des Weihnachtsfestes war er nur selten ansprechbar gewesen und hatte kaum von der Suppe getrunken, die ich ihm gekocht hatte. Was mir unzählige irritierte und beleidigte Blicke unserer Hauselfen eingebracht hatten, die auch heute Nacht immer wieder den Kopf durch die Tür steckten, um zu erfahren, ob sie mir beim Backen helfen konnten.
Sie waren so besessen darauf mir Arbeit abnehmen zu können, dass ich sie schlussendlich mit einem Verscheuche-Zauber aus der Küche verbannen musste. Nur um mich in dieser verschneiten Weihnachtsnacht ein wenig von meinen Gedanken und der daraus resultierenden Schlaflosigkeit abzulenken können.
Meine Eltern wussten nichts von dem, was er getan hatte, wussten nicht, dass es Mattheo gewesen war, der mir Clara und all meine Freunde genommen hatte und so zu einem Großteil meines Traumas und meiner psychischen Erkrankungen beigetragen hatte.
Enzo und ich hatten entschieden, ihnen nicht die Wahrheit zu erzählen. Es hätte ihnen das Herz gebrochen. Vor allem meiner Mum war er doch die vergangenen Jahre wie ein Sohn für sie gewesen.
Ein Teil unserer Familie.
Gedankenverloren räumte ich ein wenig auf, widmete mich dann meinem Kätzchen und streichelte ihm liebevoll durch das schneeweiße Fell, als ich plötzlich Schritte vernahm. Ich hob den Kopf und fühlte, wie mein Herz zu rasen anfing, als ich seine vertraute Dunkelheit spürte, noch bevor ich in das erschöpft aussehende Gesicht des Jungen erblickte, der im nächsten Moment in der Küche auftauchte.
Mattheo trug einen smaragdgrünen Pullover und schwarze Sweatpants. Die Farbe des Slytherin Hoodies verlieh seinen tiefbraunen Augen einen sanften, goldfunkelnden Schimmer, was mich fast dahinschmelzen ließ. Seine Locken waren selten so verwuschelt gewesen wie heute Nacht und fielen ihm in rebellischen Strähnen in die leicht gebräunte Stirn.
Der junge Todesser sah so unendlich müde aus, als hätte er tagelang nicht in den Schlaf gefunden.
Doch er war am Leben.
Und das war alles, was für den Moment zählte.
Mattheo schien so in Gedanken, dass er mich erst bemerkte, als er bereits die halbe Küche durchquert hatte. Als sich unsere Blicke begegneten, gefror er mitten in der Bewegung zu Eis und starrte mich an.
Und ich starrte zurück.
Snowballs Schnurren wurde lauter, als ihre kugelrunden blauen Augen den Slytherin entdeckten.
»Hi«, flüsterte ich nervös.
»Hi«, entgegnete er nach einem langen Moment, in dem wir einander einfach nur angestarrt hatten, überfordert von dieser ungeplanten Begegnung.
Seine Stimme klang heiser und verschlafen, was so süß war, dass ich plötzlich Schmetterlinge bekam.
Auch wenn ich es doch gar nicht wollte.
»Ich wusste nicht, dass noch jemand wach ist«, murmelte der Erbe Slytherins zerstreut und fuhr mit seiner Hand durch seine tiefbraunen, fast nachtschwarzen Locken, um sie ein wenig zu zähmen, brachte sie jedoch damit nur noch durcheinander.
Sein Anblick war zum Dahinschmelzen.
»Ich konnte nicht schlafen«, sagte ich und bekam eine Gänsehaut am ganzen Körper, als ich fühlte, wie seine Schatten sanft über meine Haut tanzten, was mein Herz vor Sehnsucht gleichzeitig zum Bluten und zum Klopfen brachte. Eine überaus gefährliche Kombination, die mich so schwindelig fühlen ließ, dass ich meine Hände jetzt am Tresen festklammerte.
»Ja, ich auch nicht«, entgegnete der Lockenkopf mit emotionsloser Stimme, doch in seinen dunklen Augen lag eine knochentiefe Traurigkeit, die mir unwillkürlich Tränen in die Augen schießen ließ.
Schnell blinzelte ich sie wieder davon.
Einen langen Moment standen wir einfach nur so da und starrten einander an, während der Schnee in dicken Flocken gegen die Fensterscheiben wirbelte.
Sehnsucht lag in dem Blick, mit dem Mattheo mich ansah, was meine Knie plötzlich bedrohlich weich werden ließ. Und doch rührte sich der Lockenkopf nicht. »Gute Nacht, Amelie«, sagte Mattheo mit rauer Stimme zu mir. Meine Lippen bewegten sich, doch kein Wort entwich meiner Kehle, die plötzlich wie zugeschnürt war, als er sich wieder umdrehte.
Ich wusste, dass Enzo ihn darum gebeten hatte in seinem Zimmer zu bleiben, so lang er bei uns war.
Doch mein Bruder war nicht hier.
»Möchtet du vielleicht einen Tee?«, sagte ich schnell und fühlte, wie mir das Herz in den Ohren zu hämmern begann, als er sofort stehen blieb und sich wieder umdrehte, als hätte er nur darauf gewartet, dass ich ihm einen Grund zum bleiben gab. »Ich habe gerade welchen gekocht«, fügte ich unsicher hinzu.
»Mit Pfefferminze?«, fragte der Slytherin leise.
Etwas Hoffnungsvolles lag in seinem Blick.
»Mit Pfefferminze«, sagte ich und rang mich zu einem Lächeln, was seine Augen an meinen Lippen kleben ließ, wie der goldglänzende Honig, den ich jetzt in zwei Becher abfüllte, bevor ich die Kanne mit zauberstabloser Magie zu mir winkte und unseren Tee zum Schluss mit frischer Zitrone dekorierte.
Mattheo schien einen Augenblick zu zögern, bevor er näher kam. Langsam und mit bedachten Schritten, als wäre ich ein Reh, das er verschrecken könnte. Die Verletzungen, die er erlitten hatte, hatten seine Magie geschwächt— und doch umgab ihn die Dunkelheit immer noch wie ein nachtschwarzes Halo und brachte die Sterne an den Fenstern zum aufflackern.
Der Slytherin setzte sich auf einen der Barhocker an der gegenüberliegenden Seite der Theke und legte seinen Zauberstab auf den Tresen, von dem ein seltsam unheilvolles Flüstern auszugehen schien.
Ich spürte seine Augen auf mir, als ich ihm seinen Becher entgegen schob, bevor ich ihm den Rücken zuwandte und die Plätzchen aus dem Ofen holte.
Es war ein Blech voller Sterne, die mit ihrem himmlischen Duft sogleich die Küche zu erfüllen begannen. Sogar Snowball streckte ihr rosafarbenes Näschen in die Luft und schnüffelte neugierig.
»Die sehen echt gut aus«, ließ mich Mattheos tiefe Stimme plötzlich erschrocken zusammenzucken.
Bei Merlin, ich war wirklich ein schreckhaftes Reh.
Mein Herz klopfte, als ich einen Porzellanteller aus dem Küchenschrank holte und ihn großzügig mit Sternenplätzchen dekorierte, mit Puderzucker, Glasur und bunten Streuseln verzierte, bevor ich den Teller mit einer eleganten Handbewegung in die Luft hob und ihn dann in seine Richtung schweben ließ.
»Danke«, sagte er leise. »Auch für den Tee.«
Ich nickte nur und streichelte Snowballs Fell, um meinen zitternden Händen etwas zu tun zu geben.
Seine Nähe überforderte mich.
»Wie fühlst du dich?«, fragte ich ihn mit leiser Stimme, ohne ihm direkt in die Augen zu sehen.
»Es geht mir gut«, entgegnete Mattheo nach einigen Sekunden, doch ich wusste, dass das gelogen war.
Ich konnte ihm seine Schmerzen ansehen.
»Was ist unter dem Tuch?«, fragte er plötzlich und noch bevor ich ihm eine Antwort darauf geben konnte, nahm er das dunkelrote, mit hübschem Weihnachtsmuster bedruckte Geschirrtuch, das ich vor einer Weile über den Minimuff gelegt hatte.
Sofort erwachte das winzige Tierwesen, dessen Fell passend zu den Weihnachtstagen in eine purpurrote Farbe getaucht war und begann mit schriller Stimme kitschige Weihnachtslieder zu trällern, woraufhin Mattheo das Tuch schnell wieder über den Minimuff warf und der Lärm augenblicklich verstummte.
Einige Sekunden geschah nichts.
Und dann brachen wir gleichzeitig in Lachen aus.
Wir lachten und grinsten einander an und für einen Moment war es zwischen uns genau wie früher. Doch dann fühlte ich, wie es in meinen Fingerspitzen plötzlich zu kribbeln anfing und sich ein Kloß aus tiefer Traurigkeit in meinem Hals bildete. Mein Lachen verwandelte sich in ein Wimmern, bevor es endgültig verblasste und mein Blick zu Boden sank.
Einen langen Moment war nichts als meine immer schwerer werdende Atmung und das sanfte Schnurren meines Kätzchens zu hören, doch dann—
»Amelie«, hörte ich den Todesser meinen Namen flüstern, seine Stimme so rau wie der Winter.
Doch ich war wie erstarrt und konnte mich nicht rühren. Ein herzzerreißendes Geräusch drang an meine Ohren, während mein gebrochenes Herz eine traurige Melodie gegen meine Rippen trommelte.
»Sweetie, warum weinst du denn?«
Verwirrt hob ich den Kopf und blickte ihn an, bemerkte erst jetzt, dass mir heiße Tränen über die Wangen kullerten und das Oberteil meines schwarzen Satinpyjamas benetzten. Meine Sicht verschwamm und ein heiseres Schluchzen verließ meine Kehle, als Mattheo plötzlich ganz langsam aufstand und neben dem Tresen stehen blieb.
Ich zitterte am ganzen Körper, als ich ihn erneut meinen Namen Flüstern hörte, bevor ich aus dem Augenwinkel sah, wie er seine Arme ausbreitete.
Einen endlos langen Moment war ich wie gelähmt, während sich mein Herz mit meinem Kopf im Krieg befand und ich vor Sehnsucht nach ihm und seiner Dunkelheit kaum noch in der Lage zu atmen war.
Und im nächsten machte ich einen Schritt auf ihn zu.
Und dann noch einen.
Ganz langsam ging ich auf ihn zu, blieb zwischendurch immer wieder stehen, den Blick fest auf das silbergrüne Wappen auf seinem Pullover gerichtet, denn ich schaffte es nicht ihm in die Augen sehen. Und je näher ich ihm kam, umso schneller drehte sich das Karussell meiner Erinnerungen.
Und dann war ich ganz nah bei ihm.
Zögerlich streckte ich meine Hand aus, bevor ich meine Handfläche behutsam auf seiner Brust platzierte, um seine gerade erst nachgewachsenen Knochen nicht zu strapazieren. Ich schloss die Augen, fühlte, wie sein Herz unter meinen zitternden Fingerspitzen pochte. Ein Schluchzen glitt mir über die Lippen, als ich mich wieder an den Moment erinnerte, in dem es zu schlagen aufgehört hatte.
Einer der dunkelsten Augenblicke meines Lebens.
Und in derselben Sekunde, in der ich mein Gesicht in seinem Pullover vergrub und anfing bittere Tränen in den smaragdgrünen Stoff zu weinen, legte Mattheo die Arme um meine Taille und zog mich an sich.
»Oh Sweetie«, flüsterte die Stimme des Erben Slytherins an meinem Ohr, durchzogen von bitterer Reue und schweren Schuldgefühlen, die sie ganz rau und heiser klingen ließen. »Es tut mir so unendlich leid, was ich dir angetan habe. Ich würde meine Seele geben, um es rückgängig machen zu können.«
Ich nickte schwach und klammerte mich an ihm fest, während ich mich an ihn kuschelte und kummervolle Tränen an seiner Brust weinte, bis sein ganzer Pullover nass von dem Schmerz war, der uns jetzt beide in den Armen des jeweils anderen zittern ließ.
Mattheo hatte diese Nacht genau so sehr gebrochen, wie sie auch mich in unzählige Teile zerrissen hatte.
Seelenfragmente mit messerscharfen Kanten, die überall in unseren erschöpften Körpern verstreut waren und so einen dauerhaften Schmerz verursachten, all die Narben wieder aufreißen ließen, die wir so verzweifelt zu vergessen versuchten.
Seine Dunkelheit, die uns wie ein nachtschwarzer Schatten umhüllte, war tröstend und angsteinflößend zugleich, brachte meinen Herzschlag zum stolpern und machte meine Knie nun bedrohlich wacklig.
Mattheo spürte es und zog mich enger an sich, hielt mich fest in seinen beschützenden Armen, während er das Kinn vorsichtig auf meinem Kopf abstützte.
Zwei Jahre ohne ihn.
Ohne meinen Theo, den ich in der Nacht vor Weihnachten beinahe ein zweites Mal verloren hätte.
»Es tut mir so unendlich leid«, wiederholte der Junge mit den dunklen Locken immer wieder, während er mich behutsam in seinen Armen wiegte. Diese Worte zu hören— zu hören wie sehr er bereute, was er getan hatte, war Balsam für meine zersplitterte Seele.
Und doch konnten sie nicht reparieren, was in der Nacht der Schlacht von Hogwarts zwischen uns zerbrochen war. Das Band, das unsere Seelen einst fest miteinander verknüpft hatte, war zerrissen—
mein Vertrauen in ihn irreparabel zerstört.
Und doch klammerte ich mich jetzt an ihn, krallte meine zitternden Finger in seinen smaragdgrünen Slytherin Hoodie, als hinge mein Leben davon ab.
Ihn zu verlieren, würde ich nicht überleben.
»Theo—«, schluchzte ich mit bebender Stimme.
»Oh Amelie«, murmelte der Todesser und ließ seinen Kopf auf meine Schulter sinken, woraufhin seine dunklen Locken meinen Hals kitzelten und der Duft seines Shampoos meine Sinne zu umnachten begann.
Wie sehr ich seinen Duft vermisst hatte.
»Meine kleine Amelie.«
Auch seine Schultern zitterten, während wir einen langen Moment in der Küche standen und einander festhielten— so wie wir es früher immer getan hatten.
Doch wir waren nicht mehr wir.
Und die unzähligen Schmetterlinge, die ich bekam, als seine Hand in mein langes dunkelbraunes Haar fand und anfing sich meine Strähnen um seine Finger zu wickeln, ließen mich mit ihren wunderschönen, doch rasiermesserscharfen Flügeln innerlich bluten.
Verliebt sein, sollte sich nicht so anfühlen.
Es sollte nicht weh tun, durfte nicht so schmerzen.
Ein lähmendes Gefühl erfasste mich, zog meine Gedanken in einen Strudel aus kalter Angst.
Mattheo spürte wie ich mich versteifte und hob den Kopf, bevor er sich langsam zurücklehnte. Doch als ich ihn nicht ansah, legte er zwei Finger unter mein Kinn und hob es an, sodass mir nun keine Wahl mehr blieb. Und als meine Augen auf seine dunklen trafen, wich ich zurück.
Seine Nähe war plötzlich zu viel für mich.
Sofort nahm Mattheo seine Hände von mir und hielt sie in die Luft, um mir zu zeigen, dass er mich nicht mehr berühren würde. »Amelie«, sagte er mit ruhiger Stimme zu mir, doch ich schüttelte heftig den Kopf.
Langsam stolperte ich zurück und schrak zusammen, als ich Snowballs ängstliches Fauchen hörte, die in genau diesem Moment um unsere Beine schlich um auf den Arm genommen zu werden. Erschrocken ergriff das Kätzchen die Flucht, floh durch die Küche, die magische Katzenklappe hindurch und mitten in die eisige Nacht hinein, wo ihr weißes Fell auch schon mit der pudrigen Schneelandschaft verschmolz, die sich über unser gesamtes Grundstück erstreckte.
»Oh nein«, stieß ich schwer atmend hervor und lief zur Glastür, öffnete sie mit zauberstabloser Magie und folgte meinem Kätzchen, ohne zu zögern, in den verschneiten Garten, wo mich sogleich der eisige Dezemberwind in seinen Klauen gefangen nahm.
Ich hörte Mattheo hinter mir meinen Namen rufen, fühlte wie seine Dunkelheit durch den Schneesturm zu mir zu gelangen versuchte, doch ich blockte seinen Zauber mit einer Drehung meines Handgelenkes ab, lief immer weiter in die frostige Dezembernacht hinein, bis mich der Winter langsam verschluckte.
𓆙
haltet schon mal taschentücher bereit, das nächste kapitel wird sehr emotional (& bittersüß <3)
bitte vergesst nicht zu voten ♡
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