16. yule ball

TW: Thematisierung von Sklaverei
& eine düstere magische Welt

dear lord when I get to heaven,
please let me bring my men.

A M E L I E

Der schwarze See glimmerte grünlich durch die Fenster meines Zimmers und ließ die Stoffe der unzähligen eleganten Ballkleider, die auf meinem Himmelbett verstreut lagen, funkeln und glitzern.

Dank der Entscheidungsschwachheit meines Sternzeichens, die mich als geborene Waage schon mein Leben lang begleitete, hatte ich an diesem verschneiten Dezembernachmittag beinahe fünf einhalb Stunden gebraucht, um mich für eines der zahlreichen Kleider zu entscheiden, die mir eine unserer Hauselfen aus meinem Ankleidezimmer unseres Anwesen in London hergebracht hatte.

Zusammen mit einem Brief von meiner Mutter und einem wunderschönen gläsernen Schmuckkästchen, in das meine Initialen eingraviert worden waren.

Es war ausgelegt mit edlem schwarzen Samt und beinhaltete die neusten Schmuckkreationen meines liebsten Juweliers der Londoner Bond Street.

Meine Finger zitterten immer noch leicht, denn ich hatte den Brief meiner Mutter ganze viermal gelesen, in dem sie mir schrieb wie stolz sie und Vater auf mich waren. Nicht nur wegen meiner herausragenden Noten in diesem Halbjahr, sondern auch wegen der Wahl meines Begleiters für den Weihnachtsball, der heute Abend in der großen Halle des Schlosses stattfand. Bei diesem Satz hatte ich ein wenig schmunzeln müssen, denn ich fragte mich, welchen Namen Enzo meinen Eltern genannt hatte.

Ich hatte fast eine ganze Stunde gebraucht und jegliche Konstellationen ausprobiert, bis ich mich schließlich für ein paar schlichte Diamant Ohrringe in Tropfenform, ein Armband mit hübschen diamantenen Eiskristallen als Anhängern und einem filigranen Diamant Collier entschieden hatte, in dessen Mitte ein fein geschliffener Smaragd funkelte.

Mein Ballkleid war mitternachtsschwarz und vollkommen trägerlos. Der Stoff war aus glänzenden Satin, schmiegte sich eng um meine zierliche Taille und war dort fest zu einem Korsett zusammengeschnürt, sodass der herzförmige Ausschnitt meine Brüste etwas größer wirken ließ, bevor das Kleid in Höhe meiner Hüften leicht breiter wurde und sich der Stoff ein wenig aufbauschte.

Es war ein atemberaubend schönes Kleid und ich fühlte mich wie eine dunkle Prinzessin darin.

Ein hauchzartes Lächeln küsste meine Lippen, bevor ich herumwirbelte und mit wild klopfendem Herzen zur Tür eilte, um Clara mein Kleid zu zeigen, nur um kurz davor stehen zu bleiben und meine zitternden Finger wieder von der Klinke gleiten zu lassen. Meine Augen schwammen plötzlich in Tränen und meine Kehle war wie zugeschnürt als mir wieder einfiel, dass meine beste Freundin nicht mehr da war.

Denn Clara war tot.

Ermordet von dem Jungen, an dessen dunkle Augen ich die vergangene Woche ständig hatte denken müssen, auch wenn ich verzweifelt versucht hatte, meine Gedanken in eine andere Richtung zu lenken.

Sie landeten immer wieder bei ihm und seiner Dunkelheit, als wäre das Band unserer Seelen, das uns früher so fest verbunden hatte, in der Nacht der Schlacht von Hogwarts nicht auf ewig zerrissen.

Schuldgefühle ließen sich meine Eingeweide schmerzhaft verkrampfen, während ich einen langen Moment wie eingefroren in meinem Zimmer stand und gegen die Tränen ankämpfte, die jede Sekunde drohten mein aufwändiges Make-up zu ruinieren.

Der Anblick der Narben auf seinem Oberkörper, den Mattheo mir vor einigen Tagen gezeigt hatte, hatte sich für immer in mein Gedächtnis eingebrannt.

Die halb verheilten Wunden auf seinem Rücken und seine Schultern trugen gewiss die Handschrift des dunklen Lords, doch die Narben auf seiner muskulösen Brust, seinem Bauch und seinen Unterarmen, hatte er sich selbst hinzugefügt.

Um sich für das zu bestrafen, was er getan hatte.

Was er mir angetan hatte.

Immer noch sah ich den gequälten Ausdruck auf seinem Gesicht vor mir, konnte kaum Atmen bei der Erinnerung an den Schmerz in seinen Augen.

Auch wenn er es verdiente, zu leiden, für das, was er getan hatte, für all die Morde die er nicht nur in dieser Nacht, sondern auch in allen darauffolgenden begangen hatte, all das Leid, das er den trauernden Familien meiner toten Freunde beschert hatte, so wünschte ich mir doch, ich könnte ihm diesen Schmerz nehmen, der ihn so furchtbar quälte.

So wie er ihn mir für einen Moment genommen hatte, als er den viel zu tief geratenen Schnitt auf meinem Oberschenkel geheilt hatte, an dem ich sicherlich wenige Minuten später verblutet wäre, einsam und allein im Bad der Vertrauensschüler.

Mattheos raue Hände hatten mich nicht ein einziges Mal berührt, doch in diesem dunklen Augenblick waren wir einander so nah gewesen wie nie zuvor.

In dieser Nacht hatte ich schlaflos in meinem Bett gelegen und die wunderschöne Kugel in den Händen gehalten, die er mir zum Geburtstag geschenkt hatte, während ich mich nicht nur im Anblick des Sternenhimmels darin, sondern auch in all den Erinnerungen an unsere Kindheit verloren hatte.

Mein Herz vermisste Mattheo.

So sehr, dass ich kaum noch atmen konnte.

Snowballs zartes Miauen drang durch mein Zimmer, gefolgt von dem niedlichen Tapsen ihrer kleinen Pfoten. Mein ganzer Körper zitterte jetzt, als ich mein Kätzchen aufhob und es an mich drückte, während ich ihm zärtlich durch das schneeweiße Fell kraulte.

Das unschuldige kleine Wesen spürte meinen Schmerz, genau wie auch der Minimuff, der leider bisher immer noch namenlos war und auf seinem Weg zu mir beinahe vom Bett gerollt wäre, hätte ich ihn nicht im letzten Moment mit zauberstabloser Magie aufgefangen und zurück in die kuschlig weichen Kissen meines Himmelbettes befördert.

Der Minimuff war etwas ganz Besonderes, denn je nach Tageszeit und Stimmung veränderte sich das Fell des winzig kleinen Tierwesens. Mal war es bonbonrosa, dann wieder kanariengelb oder pflaumenblau. Aktuell hatte es sich der Umgebung angepasst und leuchtete in einem Slytheringrün.

Mit einer schnurrenden Snowball auf dem Schoß ließ ich mich ganz behutsam auf mein Bett hinabsinken, um mein Kleid nicht zu zerknittern, bevor ich dem Minimuff durch sein Fell streichelte, woraufhin das kleine Wesen die Augen schloss und sofort einschlief.

Vorsichtig legte ich Snowball auf das Kissen daneben, murmelte einen Aufrufezauber und rief meine High Heels zu mir, doch in der Sekunde in der ich das letzte Riemchen verschloss, klopfte es an der Tür.

»Herein«, rief ich und überprüfte schnell meine Wangen auf Tränen, bevor sich die Tür auch schon öffnete und der dunkle Haarschopf von Pansy zum Vorschein kam, die nun ins Zimmer trat.

»Wow«, stieß sie atemlos hervor, als ich mich aufrichtete und ein schneeweißes Katzenhaar von meinem Kleid zupfte. »Du siehst umwerfend aus.«

»So wie du«, entgegnete ich und schenkte der dunkelhaarigen Schönheit ein ehrliches Lächeln, während ich ihr elegantes Outfit bewunderte.

Pansy trug ein smaragdgrünes Satinkleid, das sich verboten eng um ihre sinnlichen Kurven schmiegte und heute Abend mit Sicherheit die begehrenden Blicke sämtlicher Männer auf sich ziehen würde.

So wie sie es immer tat.

Doch als meine Augen zu ihrem Gesicht glitten, blinzelte ich. Auch wenn ich versuchte, mir den Schmerz nicht anmerken zu lassen, der mich beim Anblick der Narbe erfasste, entging der dunkelhaarigen Slytherin meine Reaktion nicht.

»Es sieht schlimm aus, oder?«, flüsterte Pansy gequält, während sie mit ihren Fingerspitzen über die Narbe fuhr, die ihr Gesicht von nun an zierte.

Die Narbe des Fluches mit dem Umbridge sie für ihr rebellisches Verhalten bestraft hatte, begann an ihrer linken Wange und zog sich einmal quer über ihr Gesicht, teilte eine ihrer Brauen und endete dann versteckt in ihrem Haaransatz über der Stirn.

Die Narbe war feuerrot und befand sich noch im Prozess der Abheilung. Madam Pofmrey hatte zwar alles getan, um sie abzuschwächen, doch die flammende Wut die in Umbridges dunklem Fluch gesteckt hatte, war nur schwer zu besänftigen.

Wie ein Brandzeichen glühte sie auf dem Gesicht der Slytherin, deren Augen jetzt in Tränen schwammen.

Doch nicht einmal die Narbe konnte Pansy Persephone Parkinson ihr Strahlen nehmen.

Sie war immer noch wunderschön.

Ihren Lippen entglitt ein leises Schluchzen.

»Denk an deine Mascara«, flüsterte ich, bevor ich die Arme um Pansys zierliche Schultern legte und sie an mich drückte. »Es sieht schlimm aus«, sagte ich meiner Freundin ehrlich und strich ihr mit den Fingerspitzen tröstend über den unteren Rücken.

»Doch sie wird bald verblassen Pansy. Und auch mit dieser Narbe wirst du immer wunderschön sein.«

»Lüg mich nicht an, Amelie«, entgegnete sie mit gebrochener Stimme und und löste sich von mir.

»Ich weiß, dass es mich hässlich macht.« Plötzlich trat ein böses Funkeln in ihre Augen, bevor jeglicher Ausdruck von Selbstmitleid aus ihrem Gesicht wich und Platz für ein diabolisches Lächeln machte.

»Merlin, ich kann es kaum erwarten bis Rabastard mein Gesicht sieht. Ich hoffe es gefällt ihm und lässt seinen verfluchten Schwanz jedes verdammte Mal schlaff werden, wenn er versucht mich anzurühren.«

In mir zog sich alles zusammen.

Ihre High Heels klickten über den Boden, als sie sich vor den Spiegel stellte, der gegenüber von meinem Himmelbett stand und ihr Make-up überprüfte.

Ich bemerkte, dass sie heute Abend weder Ohrringe, noch sonstigen Schmuck trug. Flink nahm ich die Kette von meinem Hals bevor ich mich hinter die schlanke Brünette stellte und sie ihr stattdessen umlegte. Die grünen Augen der Slytherin leuchteten, während sie ihre dunkelrot lackierten Nägel zaghaft über die fein geschliffenen Juwelen gleiten ließ.

»Merlin Berkshire, manchmal vergesse ich wie stinkreich ihr eigentlich seid«, sagte sie lachend und drehte sich zu mir um. »Wunderschön«, flüsterte sie mit einem Lächeln. »Du bekommst sie zurück.«

»Nein ich möchte, dass du sie behältst. Sie ist ein Geschenk«, sagte ich und warf ihr einen warnenden Blick zu, als sich ihre Lippen in Protest bewegten.

Ich ahnte, dass all ihr Schmuck und die meisten ihrer persönlichen Sachen in ihrem Zimmer im Anwesen der Parkinsons in Lincolnshire waren, in das sie jedoch seit Monaten nicht zurückgekehrt war.

Pansy und ihr Vater waren zerstritten.

Perseus Parkinson hatte von seiner Tochter erwartet, dass sie sich nach Ende des Krieges den Todessern anschließt, um für den dunklen Lord zu arbeiten, ohne überhaupt zu sehen, wie sehr sie durch den Verlust ihres damaligen Freundes Miles Bletchley traumatisiert gewesen war, der in der Schlacht von Hogwarts ums Leben gekommen war, als er versucht hatte seine große Liebe in Sicherheit zu bringen.

Mein vernarbtes Herz blutete bei der Erinnerung daran, wie sie in Blaises Armen zusammengebrochen war, als man seine Leiche am Ende der Nacht aus den Trümmern gezogen hatte. Der dunkle Zaubererkrieg hatte Pansy verändert, doch auch wenn er ihr Herz und ihre Zukunft nach Miles Tod in unzählige Scherben hatte zerspringen lassen, so war der Mut im Herzen der Slytherin doch ungebrochen.

Ich stellte mich neben meine Freundin und überprüfte noch ein letztes Mal mein aufwändiges Abend Make Up, für das ich eine Ewigkeit gebraucht hatte. Doch nicht weil ich nicht geübt darin war mich für besondere Anlässe zu schminken, sondern weil meine Finger so sehr gezittert hatten, dass ich auf einen Beruhigungstrank hatte zurückgreifen müssen.

Das Mädchen, das mir nun entgegenblickte, war nicht zu vergleichen mit dem, das sich nur wenige Tage zuvor beinahe das Leben genommen hätte.

Denn heute Abend strahlte ich.

Mein Lidstrich saß perfekt, genau wie der dunkle Lidschatten, der dezent glitzerte, je nachdem wie das Licht fiel. Meine Wangen waren makellos konturiert und meine Lippen zierte ein zarter Hauch von rosé.

Erst hatte ich überlegt mein Haar zu einem lockeren Dutt zusammenzubinden, doch nun fiel es mir in sanften Wellen bis zur Taille, schmiegte sich wie Seide um meine nackten Schultern. Mit Magie hatte ich ihm seinen alten Glanz zurückgegeben, sodass es nun endlich wieder in dunkler Kastanie leuchtete.

Und da war sie wieder.

Die elegante Schönheit einer Berkshire-Erbin, die man den Frauen in meiner Familie stets nachsagte.

Ich hob das Kinn und schenkte meinem makellos aussehenden Spiegelbild ein sanftes Lächeln.

Heute war ein ganz besonderer Abend.

Und ich hatte mir geschworen, ihn mir nicht ruinieren zu lassen. Weder von meiner Angst und Panikstörung, die mich dank des Tranks nun ein wenig lockerer in ihren Klauen hielt, noch von den dunklen Gedanken an meine ungewisse Zukunft.

»Bereit?«, fragte ich die Slytherin neben mir und reichte ihr meine Hand. »Bereit.« Pansys dunkelrot geschminkten Lippen verzogen sich zu einem entschlossenen Lächeln, bevor sie meine Hand ergriff und wir Hand in Hand mein Zimmer verließen.

Auf unserem Weg in den Gemeinschaftsraum hob ich meinen Zauberstab und beschwor uns zwei edle Champagnerflöten herauf und füllte sie bis zum Rand mit prickelndem Alkohol, direkt aus dem Weinkeller des Londoner Anwesens unserer Familie.

Grinsend nippten Pansy und ich an unseren Gläsern, während wir den Korridor hinabstolzierten. »Sag mal, für wen der Jungs hast du dich jetzt eigentlich entschieden?«, fragte die dunkelhaarige Slytherin.

Ich kicherte und trank erneut von dem prickelnden Champagner, der mir direkt in die Blutbahn floss.

»Warum entscheiden, wenn ich sie beide haben kann?«, entgegnete ich lächelnd, bevor wir die Treppen in den Gemeinschaftsraum hinabstiegen, wo meine beiden Begleiter bereits auf mich warteten.

»Oh kleine Berkshire, hast du eine Ahnung wie Stolz ich auf dich bin?«, sagte Pansy und drückte meine Hand. Grinsend sahen wir einander an, bevor ich unsere leeren Gläser verschwinden ließ, ihre Hand aus meiner löste und die von Theodore ergriff, der mich jetzt die letzten Treppenstufen hinabgeleitete.

Der Erbe der Nott Dynastie sah unbeschreiblich gut aus, in seinem maßgeschneiderten schwarzen Anzug, dem blütenweißen Hemd und der perfekt sitzenden Fliege. Seine honigfarbenen Locken waren perfekt frisiert und das Lächeln auf seinen vollen, blassrosa Lippen makellos. Nur seine rauen und von dunkler Magie vernarbten Hände erinnerten noch daran, was für furchtbare Dinge er tun musste, wenn er das Schloss im Auftrag des dunklen Regimes verließ.

»Wow«, sagte der junge Todesser mit rauer Stimme und hauchte mir einen Kuss auf den Handrücken, was mich kichern ließ. »Du siehst bezaubernd aus, mia cara«, fügte er grinsend hinzu. Ich lächelte ihn an, doch bevor ich das Kompliment erwidern konnte, ergriff Blaise meine andere Hand und tat dasselbe.

»Die Dinge die mir durch den Kopf gehen wenn ich dich in diesem Kleid sehe, kann ich in diesem Moment leider nicht aussprechen, weil dein Bruder hinter mir steht.« Der dunkelhäutige Todesser zwinkerte. »Du siehst wunderschön aus Amelie.«

»Ihr seht auch gut aus, Jungs«, entgegnete ich und war dankbar dafür, dass der Alkohol mein schüchternes Wesen nun ein wenig ermutigte.

Mir wurde ganz warm ums Herz, als ich dabei zusah, wie die Jungs Pansy gleichzeitig in ihre Arme zogen und die zierliche Slytherin an sich drückten, die jetzt mir den Tränen kämpfte, genau wie mein Bruder, dessen liebevoller Blick jetzt meinem begegnete.

Hastig blinzelte er die Tränen davon und zog mich an sich, hauchte mir einen Kuss auf die Stirn. »Du siehst umwerfend aus, Schwesterherz«, flüsterte mein Bruder mir ins Ohr, woraufhin ich glücklich lächelte.

»Bleib heute Abend immer in meiner Nähe oder bei einem der Jungs, okay? Und Amelie—«, sein Blick wurde nun ein wenig besorgt. »Wenn es dir zu viel wird, dann sag es mir. Versprichst du mir das?«

Ich nickte.

»Bereit für den Ball, Miss Berkshire?«, raunte mir Blaises tiefe Stimme ins Ohr, bevor er mir seinen Arm anbot. Nervös nickte ich und nahm seinen Arm, während sich Theodore auf meine andere Seite stellte und ich mich ebenfalls bei ihm einhakte, bevor uns einer der Jungs in die Eingangshalle apparierte.

Leicht schwindelig blinzelte ich und hielt mich an den muskulösen Unterarmen der beiden Todesser fest, bevor ich mit leuchtenden Augen die frostige Schönheit des märchenhaften Winterpalastes betrachtete, in den das Schloss von Hogwarts zu Ehren des heutigen Abends verwandelt worden war.

Mit klopfendem Herzen schritten wir durch die offenen Flügeltüren in die große Halle, die durch Magie noch etwas vergrößert worden war. Die langen Häusertische waren verschwunden und durch hunderte kleinere runde ersetzt worden, an denen schon zahlreiche adrett gekleidete Gäste saßen.

Hinter uns folgten Pansy und Enzo, der einen Arm um ihre Taille gelegt hatte. Ein Schulterblick ließ mich sehen, wie angespannt mein Bruder war und als ich wieder nach vorn blickte, sah ich auch wieso.

An unserem zugewiesenen Tisch, direkt neben Draco und Astoria, die ein bezauberndes Ballkleid in pastellblau mit eingestickten Glitzerfäden trug, saß ein breitschultriger Zauberer um die dreißig Jahre alt, dessen Ego beinahe die gesamte Ecke einnahm.

Er hatte leicht lockiges rabenschwarzes Haar und so stechend blaue Augen, dass ich kurz dachte, es wäre Lestrange. Was auch sicherlich zutraf, doch bei dem dunkelhaarigen Magier der sich jetzt von seinem Platz erhob und uns entgegenkam, handelte es nicht um Lucifer, sondern um seinen Onkel Rabastan.

Der Todesser war ohne jeden Zweifel gut aussehend, doch seine kristallblauen Augen strahlten nichts als Kälte aus. Und das böse Funkeln darin wurde noch eisiger, als sein Blick auf seine zukünftige Ehefrau fiel und auf die Narbe, die sich über ihr Gesicht zog.

»War ja klar, dass sie mir eine beschädigte aufs Auge drücken«, brummte der Todesser finster.

Alle der Slytherin Jungs waren plötzlich angespannt, als warteten sie nur auf eine Gelegenheit ihre Zauberstäbe zu ziehen und Rabastan zu verfluchen.

Und auch meine Zauberstabhand zuckte jetzt.

Seine Lippen kräuselten sich in Abscheu, bevor er ohne zu fragen, nach ihrer Hand griff und ihr einen Kuss auf den Handrücken hauchte. »Rabastan Lestrange. Es ist mir ein Vergnügen, Liebste.«

Pansy zwang sich zu einem reservierten Lächeln.

»Pansy Parkinson, ganz meinerseits«, log sie mit fester Stimme und Mordlust in den Augen, als Rabastan für sie den Stuhl neben sich zurückzog.

Sie setzten sich und auch Blaise zog einen Stuhl zwischen Theodore und sich für mich zurück, damit ich zwischen meinen beiden Begleitern sitzen konnte, doch ich schüttelte den Kopf, denn ich hatte plötzlich etwas gespürt, was mich ganz unruhig machte.

Eine Aura so dunkel wie seine Augen, an die ich immerzu denken musste. Auch wenn ich es gar nicht wollte, so schlug mein Herz doch plötzlich schneller.

»Können wir—«, ich schnappte nach Luft, woraufhin Enzo sofort aufstand und seine Hand auf meine Schulter legte. »Uns vielleicht etwas umsehen?«, beendete ich den Satz und ließ meine zittrige Hand in die kleine Tasche gleiten, die ich dabei hatte um in Gedanken zu zählen, wie viele Phiolen an Beruhigungstränken ich für den Notfall dabei hatte.

»Eine gute Idee. Amelie und ich sehen uns mal um«, sagte Theodore mit ruhiger Stimme und nickte Enzo kurz zu, bevor er seine raue Hand auf meinem unteren Rücken platzierte und wir gemeinsam durch die große Halle schritten, von deren märchenhafter Dekoration ich kaum die Augen lassen konnte.

Die Wände waren vereist worden und der magische Himmel war nun ein verzauberter Sternenhimmel, von dem es auf die anwesenden Gäste schneite. Hier und dort standen prachtvolle Eisskulpturen, darunter elegante Schwäne, Hippogreife und sogar ein Einhorn, dessen Horn goldene Funken sprühte.

Magie konnte so wunderschön sein.

Doch auch grausam, wie ich im nächsten Augenblick feststellen musste. Denn als wir den mit kristallenen Eisblumen geschmückten Tisch passierten, an dem der Todesser Thorfin Rowle, dessen Gesicht ich aus dem Tagespropheten kannte, mit anderen Ministern saß, drehte sich mir fast der Magen um.

Denn neben ihm befand sich niemand anderes als Neville Longbottom, der dem schwarzen Magier als persönlicher Mundschenk diente. Das Gesicht des ehemaligen Gryffindor zierte ein violettes Veilchen und um seinen Hals lag eine schwere Eisenkette.

Mit Tränen in den Augen wandte ich den Blick ab, fühlte wie etwas in mir zerbrach, als ich bemerkte, dass auch andere Todesser ihre Sklaven mitgebracht hatten, die sie auf den Auktionen erstanden hatten, die der dunkle Lord kurz nach der Schlacht von Hogwarts veranstaltet hatte. Theodore verstärkte den Druck seiner Hand auf meinem unteren Rücken, als er bemerkte, dass ich zu zittern begonnen hatte.

Er warf mir einen besorgten Seitenblick zu.

»Du hast keine Ahnung, wie sehr ich sie alle tot sehen will«, knurrte der Nott Erbe, bevor er mich zu jemandem führte, der mit verschränkten Armen grimmig gegen die Wand neben dem Seiteneingang lehnte und nicht minder mordlustig dreinblickte.

»Bleib bei Luc, ich hole dir ein Glas Wasser«, sagte Theodore, bevor er sich umdrehe und zur Bar lief.

Voller Entsetzen sah ich dabei zu, wie der Todesser Mulciber, der einige Meter entfernt an einem der Tische saß, in den Po von Cho Chang kniff, die in einem zarten Hauch von nichts bekleidet war.

Sie war abgemagert und ihr Rücken voller Narben.

Bevor ich wusste, was ich tat machte ich mich auf den Weg in die Richtung von Enzos ehemaliger Klassenkameradin um sie von diesem Ekel dort wegzuholen, doch jemand packte mein Handgelenk und zog mich wieder zurück. »Oh nein«, riss mich die Stimme Lestranges aus meinen Mordgedanken.

»Das werden wir besser nicht tun, kleine Berkshire.«

»Aber—«

»Ich weiß«, brummte Lestrange und warf einen vernichtenden Blick in Mulcibers Richtung, bevor er mich wieder ansah. »Glaub mir, ich hatte den Avada heute schon mindestens zwölf Mal auf der Zunge.«

Der Unterkiefer des Todessers verspannte sich.

»Der Cruciatus allerdings geht mir heute ein wenig großzügiger von der Hand. Genau wie der Imperius«, fügte er hinzu, woraufhin ich plötzlich etwas an meiner Schulter vorbei huschen spürte. Sekunden später nahm Mulciber seine Finger von Cho's Po, bevor er sich seine Gabel in die Hand rammte.

»Wie sie die Mädchen mit exotischen Wurzeln behandeln, widert mich am meisten an«, zischte er.

Mit den Augen folgte ich dem Weg aus der Halle auf den Flur, wo die Toiletten lagen. Ich wusste es würde nun nicht allzu mehr lang dauern, bis die Wirkung des Beruhigungstrankes nachließ und ich heimlich einen weiteren zu mir nehmen musste, damit ich im Laufe des Abends keine Panikattacke bekam.

Niedergeschlagen blickte ich Lestrange wieder an.

»Ich dachte der Ball wäre nur für uns«, flüsterte ich traurig und schluckte meine Tränen herunter, verfluchte mich in Gedanken für meine Naivität.

Lestrange schnaubte. »Es ist nur das erste von vielen Events, die der dunkle Lord ab jetzt veranstaltet, um den restlichen Ländern Europas das dunkle Regime schmackhaft zu machen. Sie haben sogar den verfluchten Zaubereiminister aus Moldawien eingeladen.« Lestrange nickte mit dem Kopf zu einem schnauzbärtigen Zauberer, der seine Augen nicht von Mulcibers Tochter nehmen konnte, die sich eingeschüchtert durch seine Blicke an ihren Bruder klammerte, der ebenfalls völlig verängstigt aussah.

Lestranges düstere Aura begann zu pulsieren.

»Und jetzt rate mal, wer seinen Wachhund spielen darf.« Grimmig trank er von seinem Feuerwhiskey.

Im sanften Licht der Kronleuchter konnte ich das unauffällige Flimmern eines Schutzaubers erkennen, den Lucifer zwischen dem bärtigen Minister und den Kindern Mulcibers heraufbeschworen hatte.

»Dieses pädophile Stück Scheisse«, knurrte der Todesser mit dunkler Stimme. »Er kann Merlin auf Knien dafür danken, wenn er heut Abend mit beiden Eiern nach Hause geht—oder überhaupt mit einem Puls. Ich bin so kurz davor sie ihm abzureißen und ihm tief in sein verfluchtes Maul zu stopfen, damit dieser elende Bastard qualvoll daran erstickt.«

Ich öffnete den Mund, um ihm zu antworten, als mich das Geräusch von herannahenden Stöckelschuhen alarmiert zusammenzucken ließ.

»Was für ein wunderschönes Kleid«, ertönte eine zuckersüße Stimme, bevor mich eine Hand an der Schulter packte und barsch herumwirbelte. »Sie stehen doch sicher für ein Foto zur Verfügung«, flötete die Hexe die mich gepackt hatte, bevor sie einen blassen Jungen zu sich rief, der mit einer magischen Kamera Fotos von den Gästen machte.

Ohne eine Antwort abzuwarten, kniff sie mir einfach in die Wangen, um sie etwas rosiger zu machen, woraufhin ich ihr um ein Haar eine geknallt hätte.

»So eine unschuldige Schönheit«, sagte sie mit einem Lächeln, das ihre Augen jedoch nicht erreichte.

»Mir ist gerade nicht nach einem Foto«, sagte ich leise, doch die strohblonde Hexe mit den knallrot geschminkten Lippen und der leicht schief sitzenden Brille auf der Nase ignorierte es. »Sie sind Miss—?«

»Berkshire«, sagte ich höflich und schob Lestrange an der Brust zurück, bevor er die Reporterin packen und zwischen seinen Lederhandschuhen zermalmen konnte, die ich jetzt als Rita Kimmkorn erkannte.

Ihre blauen Augen begannen zu leuchten.

»Oh eine der unantastbaren Achtundzwanzig. Wie wunderbar.« Ich zuckte zusammen und blinzelte, als der Junge die Kamera klicken ließ, deren Blitz so hell war, dass ich für einige Sekunden völlig erblindete.

»Ich habe gehört sie sind noch auf der Suche nach einem geeigneten Heiratskandidaten«, plauderte Rita in einer Tour. »Ich bin mir sicher, wenn ihr Foto morgen früh im Tagespropheten erscheint, werden ihnen eine menge Junggesellen Briefe schreiben.«

»Nein, bitte nicht«, flüsterte ich und schob Lestrange erneut zurück, der jetzt seinen Zauberstab gezogen hatte und ihn drohend auf die Reporterin richtete, deren magische Feder nun jedes Wort mitschrieb.

»Oh aber meine Liebe, es gibt doch keinen besseren Weg einen geeigneten Ehemann zu finden, als über ein detailliertes Portrait ihrer Person in unserem Propheten. Ein junges und unverheiratetes Mädchen von ihrem Blutstatus ist heiß begehrt und—«

»Sie hat Nein gesagt«, knurrte eine bedrohlich klingende Stimme hinter ihr, woraufhin sich Ritas knallrot geschminkte Lippen nach unten verzogen und mein Herz plötzlich zu stolpern begann.

Wie ein Sturm wirbelte die Blondine herum.

»Mr Riddle«, begann sie schnippisch und fixierte ihn mit einem strengen Blick. »Sie stehen ebenfalls ganz oben auf meiner Liste, zusammen mit ihrer—«, doch im nächsten Augenblick griff sich die Hexe an den Hals, als würde sie keine Luft mehr bekommen.

Ihr Gesichtsfarbe färbte sich von Bonbonrosa in ein dunkles Rot und ging schließlich ins bläuliche über.

Ich hörte Lestrange hinter mir mit den Fingern schnipsen, woraufhin der magische Fotoapparat des blassen Jungen in einer smaragdgrünen Stichflamme aufging, der daraufhin panisch die Flucht ergriff.

Entsetzt sah ich der Reporterin beim Ersticken zu, bevor ich im letzten Augenblick zu Mattheo stürzte, dessen mächtige stablose Magie sie sicher erwürgt hätte, hätte ich meine Hand nicht zaghaft auf seine gelegt und ihn gezwungen, sie wieder zu senken.

Ich hörte die Reporterin nach Luft schnappen, doch alles was ich jetzt wahrnahm, waren Mattheos tiefbraune Augen und die Dunkelheit seiner Aura, die seine Anwesenheit mit sich gebracht hatte. Sie verdunkelte das Licht der Kronleuchter zu unseren Köpfen und umhüllte uns mit flüsternden Schatten.

Seine Augen lagen einige Sekunden auf meinen und sanken dann ganz langsam auf die Stelle hinab, an der meine Hand immer noch die seine berührte.

Sofort ließ ich sie los und trat zurück.

So wie Lestrange war auch Mattheo in der düsteren, doch stets eleganten Uniform der Todesser gekleidet, was darauf schließen ließ, dass auch der Sohn des dunklen Lords an diesem Abend nicht als Gast, sondern als Aufpasser auf dem Weihnachtsball war.

Doch ein Blick auf seine aufgerissenen Fingerknöchel verriet mir, dass er seine Aggressionen dabei nicht ganz so gut im Griff hatte, wie Lestrange.

Der Slytherin hatte versucht, seine chaotischen Locken zu zähmen, indem er sie nach hinten frisiert hatte, doch einige der dunkelbraunen, fast mitternachtsschwarzen Strähnen waren zu rebellisch und fielen ihm tief in die leicht gebräunte Stirn.

Ein seltsames Gefühl erfasste mich, trug mich wie auf einer Wolke davon, während wir uns ansahen, unsere Augen einfach nicht voneinander lassen konnten.

Es war, als würde die Zeit still stehen.

Als gäbe es nur uns zwei auf dieser dunklen Welt.

Nur ihn und mich.

Theo.

Mein Theo.

»Amelie«, ergriff Mattheo nach einem endlos langen Augenblick endlich das Wort. Seine dunklen Augen fingen Feuer, als er sie an mir hinabgleiten ließ, was meine Haut überall zum kribbeln brachte und mein Herz so schnell schlagen ließ, dass sich alles drehte.

»Du siehst—«

Plötzlich schob sich ein Todesser zwischen uns, den ich nicht kannte. Doch die Worte, die er zu ihm sagte, ließen den zarten Hoffnungsschimmer, der nach all den Jahren, in denen wir einander so fern gewesen waren, vor kurzem wieder in meinem vernarben kleinen Herzen aufgeflammt war, wieder erloschen.

Er verglühte wie eine Sternschnuppe am Nachthimmel und ließ nichts als Dunkelheit zurück.

Trostlose, einsame Dunkelheit.

»Deine Verlobte ist so eben eingetroffen, Riddle.«

𓆙

ich weiß es tut weh,
aber vertraut mir <3

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