„Okay, also du denkst wirklich, das Romeo und Julia eigentlich nicht tot sind, sondern nur Ihre Tode vorgetäuscht haben um durchzubrennen?" ,frag ich fassungslos und starre meinen Gegenüber entsetzt an. „Ja, absolut. Als ob die sich umgebracht haben. Das ist eine L-O-V-E – Story. Hier gibt es automatisch immer ein gutes Ende." ,rechtfertigt Louis seine irren Vorstellungen.

„Du stellst also eines der berühmtesten literarischen Werke von Shakespeare in Frage und meinst alles wäre Fake?" ,stelle ich die Frage erneut, wegen der wir nun seit gut 10 Minuten Diskutieren.

Romeo und Julia, unsere neues Thema in Deutsch. Der Kurs, den ich gemeinsam mit Louis besuche. Ich glaube an der Aufgabe, zu diskutieren, was Shakespeare mit diesen Werk ausdrücken wollte, sind wir irgendwie etwas vorbei gerutscht.

„Glaubst du wirklich das die bekannteste Liebe der Welt im Tod endet?" - „Ja, Louis, aber genau deshalb ist es die berühmteste. Das Drama, die Trauer." - „Du bist ein verlorener Romantiker, Curly."

Grinsend sehe ich zu ihm. Es ist nun schon die dritte Woche in der wir zusammen sitzen. Letzte Woche ist Louis eine Tintenpatrone geplatzt und sowohl Hemd als auch Hände waren danach für drei Tage blau, da sich die Farbe einfach nicht entfernen lies. Außerdem ist die Band mit dem Song um einiges weiter gekommen. Es fehlt eigentlich nur noch die letzte Strophe, bevor wir beginnen können die Melodie zu entwickeln. Damit kommen wir allerdings auch dem Moment näher in dem ich vorsingen muss und so lange ich kann, werde ich darauf verzichten.

„Lass mich. Ich bin kein Romantiker," ,murmle ich wenig überzeugend und zupfe an meiner Federtasche herum. „Wie du meinst." ,kichert Louis und das Grinsen in seiner Stimme ist klar heraus zu hören.

„Uff...ich muss heute noch mit Nelly raus." ,murmelt er schließlich mehr zu sich selbst als zu mir und trotzdem höre ich es.

„Wer ist Nelly?" ,frage ich verwirrt. Sofort schießen mir tausende verwirrende Frage durch den Kopf. Ist es ein Mädchen? Hat er eine Freundin? Warum interessiert es mich überhaupt?

„Nelly? Sie ist meine Hündin. Warte ich hab hier ein Bild." Kurz blick er sich um, doch da Mr. Wilson irgendwo in einer anderen Ecke des Zimmers mit zwei Mädchen, die sich nicht ausstehen können und deshalb streiten, beschäftigt ist, zieht er sein Handy hervor und öffnet direkt seine Galerie.

Das Bild eines Schäferhundes ist auf dem Display zu sehen und die treuen Hundeaugen sind einfach nur zum schmelzen.

„Aw, Gott sie ist ja unfassbar niedlich. Wie alt ist sie?" - „Gerade 3 geworden. Du solltest sie kennen lernen. Sie ist ein Engel.",fährt er fort und bringt mich mit einem Satz völlig aus der Fassung.

„Meinst du das ernst? Ich kann sie kennen lernen?" ,frage ich daher vorsichtshalber nochmal nach, bevor ich mir hier unnötige Hoffnungen mache. Kurz habe ich Angst, dass er Nein sagen würde, doch das Lächeln auf seinem Gesicht bleibt.

„Klar. Was meinst du, Samstag, also morgen, bei mir? Ich schick dir die Adresse." ,fragt er und augenblicklich ziehen sich meine Mundwinkel nach oben und die Schmetterlinge in meinem Bauch beginnen wie wild zu flattern. Zu ihm. Allein bei ihm.

„Ja, natürlich. Ich freue mich." ,grinse ich zurück und hoffe, dass ich nicht aussehe wie ein völliger Idiot.

Bevor allerdings noch jemand was sagen kann, klingelt die Schulglocke. Hastig packen Louis und ich ein, verabschieden uns flüchtig und machen uns auf den Weg nach Hause.

Als ich gerade aus dem Schulhaus treten will, wird mein Blick (und somit meine gesamte Konzentration) jedoch von etwas anderes gezogen.

Jason. Jason mit einem Mädchen. Gemeinsam lehnen sie eng umschlungen an der Wand und stecken sich gegenseitig die Zunge in den Mund. Und das schlimmste daran ist, dass er mich nicht mal bemerkt.

Augenblicklich fühle ich mich schmutzig. Benutzt und vor allem betrogen. Es ist nicht so, dass ich jemals großartige Gefühle für ihn hatte, trotzdem hatte ich immer kurzzeitig das Gefühl ich sei etwas Besonderes und das war immer dann wenn er mich küsste und mich somit brauchte.

Und jetzt steht er dort, mit einem Mädchen. Zugegeben in den letzten zwei Wochen haben wir uns seltener getroffen, doch trotzdem hätte ich nicht gedacht, dass ein Mädchen der Grund dazu ist.

Ich bin hin und her gerissen. Zwischen Emotionen wie Wut, Trauer und auch Eifersucht. Er hätte mit mir reden können. Es wäre schade gewesen, klar, aber er hätte mir sagen können, dass er sich lieber mir einem Mädchen trifft als mit mir. Er hätte mich nicht ausnutzen müssen oder gar dürfen. Arschloch.

Die Wut gewinnt eindeutig den Kampf meiner Gefühle und lautstark trete ich die Tür hinter mir zu und verschwinde mit schnellen Schritten vom Schulgelände. Bandarbeit fällt heute Gott sei Dank aus, weil Niall zum Zahnarzt muss.

Noch im Bus ziehe ich mein Handy heraus und beginne die Nachricht zu Tippen.

Du

Das mit uns ist aus!

Ich lösche es.

Du

Ich hasse dich. Du bist ein widerlicher Betrüger

Ich lösche es.

Du

Du bist der letzte Mistkerl. Nutz jemand anderen aus!

Ich lösche es.

Du

Ich möchte mich nicht mehr treffen.

Das lasse ich stehen. Auf der Stelle blockiere ich ihn gleich mit und sehe betrübt auf sein Profilbild, ehe ich den Chat mit Ashton öffne.

Du

Kannst du vorbei kommen?

Bitte

Gewalttätige Mafiabrezel

Klar, bin sofort da.

Seufzend lasse ich mein Handy in den Schoß sinken uns starre aus dem Fenster. Bin ich denn wirklich so wenig wert? Bin ich es nicht mal Wert mir Bescheit zu geben, wenn man mich nicht mehr treffen will?

Ich finde es okay, wenn er keine Lust mehr auf mich hat, in Ordnung. Doch dann könnte er es mir wenigstens sagen. Ich fühle mich ekelhaft und auf ein mal schmecke ich die Übelkeit in meinem Mund.

Widerlich.

Zu Hause wartet Ash schon vor der Tür auf mich. Er sitzt dort mit einer Tüte Chips auf der Treppe und blickt mir entgegen. Ich liebe ihn. Es ist mein Bester Freund und das merkt man.

„So, Alarmstufe rot oder was ist los?" ,fragt er. Ihm ist anzusehen, dass er sich nicht sicher ist, ob es wirklich ein Problem gibt, oder ob mit einfach nur langweilig.

Für einen kurzen Moment sehe ich ihn nur an, ehe ich die Worte: „Jason hat eine Freundin." ,herausbringe und an ihm vorbei zu Tür gehe und diese aufschließe.

„Was!" ,platzt es entsetzt aus meinen besten Freund heraus und sofort steht er neben mir in der Wohnung. „Ja, ich hab ihn gesehen mit...wie hieß sie noch gleich? Ich glaube Ella." ,erkläre ich mich und kann nicht verhindern, dass mir ungewollte Tränen aufsteigen.

Schweigen gehe ich also nach oben, Ashton dicht an meinen Versen.

Völlig fertig lasse ich mich auf mein Bett fallen und Ash sich mit gegenüber auf den gigantischen Sitzsack. Eigentlich sollte es mich nicht so sehr mitnehmen. Ich fühle nichts für ihn und tief in meinem Inneren wusste ich sowieso, dass er mich nur ausnutzt.

Ashton sitzt einfach nur da und wartet. Er weiß, dass ich jetzt erst mal meine Zeit brauche um auf alles klar zu kommen. Und dafür bin ich ihm so unsagbar dankbar.

„Er ist ein Arsch. Er hat mich ausgenutzt." ,beginne ich zu erzählen und sehe nun zu Ash, „Ich wusste, dass er sich unsicher ist, was seine Sexualität angeht, aber ich hätte ihn unterstützt und gewartet. Er hätte mir einfach sagen können, dass er eine Freundin hat. Es wäre in Ordnung gewesen, es enttäuscht mich nur, dass er weiter mit mir gespielt und mich angelogen hat. Dass er mir Hoffnungen gemacht hat."

Eine Weile blickt mein bester Freund zu mir, setzt sich dann etwas gerader hin und beginnt zu sprechen. „Hast du Gefühle für ihn?"

Sofort schüttle ich den Kopf. „Nein. Ich mochte ihn, aber um zu sagen ich sei verliebt, geschweige den ich liebe ihn, dazu fehlt noch ein ganzes Stück. Ich hatte gehofft, dass...dass das irgendwann noch kommt, aber..."

Ich spreche nicht weiter. Wir beide wissen, dass ich es einfach nicht kann und wie beide wissen worum es geht.

„Harry, ich will jetzt wirklich keinen Vorwurf machen und ich unterstütze dich und sehe ihn als ein ekelhaftes Mistvieh an, aber ich habe dir von Anfang an gesagt, dass er toxisch ist. Er hat dich wie Dreck behandelt. Glaub mir, du verdienst besseres."

Seufzend nicke ich. Er hat ja recht. Bevor ich jedoch etwas erwidern kann, leuchtet mein Handy mit einem leisen Brummen auf und als ich sehe wer mir geschrieben hat, stockt mir für einen Moment der Atem. Sofort greife ich nach meinem Handy und in dem Augenblick als ich die Nachricht lese, ist Jason vergessen.

Louis

Standort

Hey, ich bin's Louis. Morgen um 10 Uhr bei mir?

Du

Geht klar :)

Breit grinsend lasse ich mein Handy wieder sinken.

„Wer hat den geschrieben?" ,fragt Ashton und reißt mich somit aus meinem Gegrinse. „Oh...ähm...nur jemand aus der Band. Du weiß ja, dass ich da jetzt mitmache." ,antworte ich etwas zu schnell und beiße mir darauf hin ertappt auf die Unterlippe.

„So so, war es Louis?" ,fährt er weiter fort und versucht dabei möglichst uninteressiert zu klingen, doch ich weiß, dass er vor Neugierde beinahe platzt.

Laut atme ich aus, bevor ich mich in die Kissen fallen lasse. „Ja, aber wir sind nur Freunde. Ich weiß ja nicht mal ob man uns schon als Freunde bezeichnen kann. Wir arbeiten halt am selben Projekt und verstehen uns ganz gut."

„Aber du magst ihn, oder?" Die Besorgnis ist kaum zu überhören. „Ich weiß es nicht. Er ist nett, süß und er hat eine unfassbar schöne Stimme. Und seine Augen...man, solche Augen muss man mal gesehen haben." ,schwärme ich darauf los.

„Oh Harry. Ich fürchte...ich glaube nicht das Louis Jungs mag. Tut mir leid. Vielleicht, das klingt jetzt hart, aber vielleicht solltest du dich etwas von ihm fern halten. Am Ende verliebst du dich noch wirklich in ihn und ich will nicht, dass er dir das Herz bricht."

„Aber man erkennst die Sexualität eines Menschen doch nicht direkt am Gesicht." ,protestiere ich, auch wenn ich weiß, dass er wahrscheinlich recht hat. Es wäre dumm, wenn ich mich noch weiter darin verrenne. Aber es fühlt sich so gut an.

„Versuch einfach dich von ihm fern zu halten." ,rät Ashton mit. Ich erwidere nichts darauf und wenige Minuten später sitzen wir schon lachend vor meiner Switch und spielen Mario Kart.

Ich werde morgen trotzdem zu Louis gehen. So schnell verliebt man sich schon nicht. Und es ist ja nur ein Treffen um seinen Hund kennen zu lernen.

Ich werde mich nicht verlieben.

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Letztes Kapitel für heute.

Morgen kommt noch eins und dann wieder Dienstag

All the Love

writingplace