40. to the moon and back
TW: Gewalt
bitte denkt daran zu voten ♡
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F L O R E N C E
Die Kapuze meiner Todesseruniform tief ins Gesicht gezogen, glitt ich wie ein Schatten durch die schäbige enge Gasse, die heute Nacht nur kaum von dem silbrigen Licht des Vollmondes erleuchtet wurde.
Meine Hände steckten in den eleganten schwarzen Lederhandschuhen, die zur meiner Uniform gehörten und hielten meinen Zauberstab fest umklammert, während ich mit lautlos gehexten Schritten durch den finsteren Untergrund Londons irrte, aus dem man sich besser fernhalten sollte.
Vor allem wenn man eine junge Hexe war, die eine so auffallend helle Schönheit besaß, wie die, die ich von meiner Mutter Narzissa Malfoy geerbt hatte.
Doch zu meinem Glück verschleierte die Uniform der Todesser, die ich dank meines dunklen Mals nun mit einem Flüstern heraufbeschwören konnte, jegliche Details meiner Identität. Mein Umhang aus edlem Drachenleder und das tiefschwarze, mit silbernen Schlangen verzierte Oberteil gab mir durch seine Schutzzauber Sicherheit und ließ mich mächtiger fühlen, als ich es in meinem so jungen Alter war.
Ich fühlte mich stark und auch verflucht sexy darin.
Das Leben war nicht einfach für mich, seit ich das dunkle Mal trug. Und doch spürte ich, wie die Last auf meinen Schultern ein wenig erträglicher wurde, mit jedem neuen Tag, den ich in der Dunkelheit lebte, die auch mich nun bei jedem Schritt begleitete.
Die Dunkelheit war nun ein Teil von mir.
Ein Teil meines fortan verfluchten Lebens.
Als Dienerin Lord Voldemorts und einer der gefürchteten Schatten der dunklen Armee, die Mattheo schon ganz bald kommandieren würde.
Das Gesicht unter meiner silbrigen Maske verborgen, huschte ich um eine Ecke, stieß einen erleichterten Seufzer aus, als meine Augen endlich das schäbige Straßenschild fanden, nachdem sie gesucht hatten.
Nokturngasse.
Ich war schon oft hier gewesen, so wie beinahe jedes Kind von Zaubererfamilien, die sich den dunklen Künsten zugewandt hatten. Doch in dieser sternenklaren Nacht war es das erste Mal, dass ich ohne meinen Vater und Bruder herkam, die stets darauf geachtet hatten, dass mir niemals eine der vielen zwielichtigen Gestalten zu nahe kam, die in diesem Teil der Winkelgasse ihr Unwesen trieben.
Bei Borgin und Burkes flackerte noch Licht durch die schäbigen alten Fenster, die so verdreckt waren, als hätte man sie Jahre nicht mehr reinigen lassen.
Was wahrscheinlich auch der Fall war.
Mr Borgin war ein seltsamer Zeitgenosse und ich war heilfroh, dass mich mein Weg heute Nacht nicht in seinen schwarzmagischen Antiquitätenladen führte.
Denn ich war hier um einen der Streicher zu treffen, die unbemerkt vom Ministerium illegalen Handel mit Zaubertrankzutaten trieben. Welch Ironie, dass ich hier war für den Mann, der solche Geschäfte seit Beginn seines dunklen Regimes hart bestrafen ließ.
Doch die privaten Vorräte Snapes hatte ich mittlerweile aufgebraucht und wusste mir einfach nicht mehr anders zu helfen, als meine Zutaten nun auf diese Weise zu besorgen. Nachts und in meiner Uniform, im gefährlichsten Stadtteil Londons.
Lord Voldemort schien absolut besessen davon, über jedes magische— und nicht magische Wesen im Land die Kontrolle zu haben. Mit jedem Tag wurden seine Gesetze strikter und die Strafen bei Verstößen härter.
Lestrange hatte mir erst gestern Abend erzählt, dass der dunkle Lord bald eine nächtliche Ausgangssperre über London verhängen würde, nur um die Hexen und Zauberer die in der Hauptstadt wohnten damit noch mehr in Angst und Schrecken zu versetzen.
Patrouillieren würden dann jede Nacht die Todesser der gefürchteten dunklen Armee— begleitet von Dementoren, die seit dem Sturz des Ministeriums ebenfalls unter der Kontrolle Voldemorts standen.
Als hätte mein Gedanke sie herbeigerufen, spürte ich die Kälte der magischen Seelenfresser auf meiner Haut und wie sich die Temperatur um mich herum plötzlich absenkte. Ich schloss die Augen und dachte an die Nacht auf dem Astronomieturm zurück, in der Mattheo und ich uns unsere Liebe gestanden hatten.
Nie würde ich die drei magischen Worte vergessen, die über die sinnlichen Lippen dieses so teuflischen Jungen gekommen waren und mich zum glücklichsten Mädchen auf der Welt gemacht hatten.
Dank dieser Erinnerung glitt mir die komplizierte Formel des Patronuszaubers nun wie samtener Honig von meinen tiefroten geschminkten Lippen.
Verzückt sah ich dabei zu, wie die blassblauen Schmetterlinge meiner Magie jegliche der über mir kreisenden dunklen Kreaturen vertrieben, bevor sie auch schon wieder verblassten und fort waren.
Ein purpurfarbener Lichtblitz lenkte meine Aufmerksamkeit plötzlich auf eine enge Seitengasse, dann winkte mich eine dunkle Gestalt in ihre Richtung. Mit klopfendem Herzen und erhobenem Zauberstab folgte ich ihr tiefer in das finstere Herz der Nokturngasse, einen dunklen Fluch zur Verteidigung für alle Fälle bereits auf meinen Lippen.
»Zweihundert Galleonen«, kam der Mann vor mir mit dem ungepflegten drei Tage Bart und dem schäbigen Zaubererumhang direkt zur Sache.
»Ich will die Ware zuerst sehen«, versuchte ich den Streicher mit meiner magisch verzerrten Stimme einzuschüchtern, was jedoch nicht klappte. »Letztes Mal hast du versucht mir für horrende Summen falsche Doxyeier anzudrehen. Wer einmal mein Vertrauen verspielt, bekommt es nicht zurück.«
Der Streicher zog eine Grimasse.
»Entweder du nimmst das Angebot jetzt an oder du verschwindest. Du kannst froh sein, dass ich überhaupt noch Geschäfte mit Todessern mache.«
Wut stieg in mir auf angesichts der Unverschämtheit dieses Mannes. Ich hob meine Hand an mein Gesicht und ließ meine Todessermaske mit einer lässiger Drehung meines Handgelenkes verschwinden.
Der Streicher erbleichte.
»Miss Malfoy, ich wusste nicht—«
»Ich weiß das du unserer Familie eine Menge Geld schuldest, Streicher. Und deshalb gibst du mir jetzt das, weswegen ich hergekommen bin. Umsonst.«
Die Lippen des Streichers kräuselten sich zu einem lüsternen Lächeln. Seine glanzlosen Augen blicken schamlos an meiner Figur hinab, während er seine verdreckte Hand langsam in seinen Umhang gleiten ließ und eine gläserne Phiole hervorzog, in der sich etwas silbrig schimmerndes befand.
»Ein einzelnes Einhornhaar? Für 200 Galleonen?«
Fassungslos sah ich den Knallkopf vor mir an, hätte ihm am liebsten mit meinem Zauberstab seine dämlich glotzenden Augäpfel ausgestochen.
Ich verabscheute diese Art von Männern.
»Es sind harte Zeiten wie sie wissen, Miss Malfoy. Aber für jemanden aus einer so wohlhabenden Familie wie die der Malfoys, dürfte es doch überhaupt kein Problem sein, diese Summe aufzubringen. Aber falls doch, können wir uns sicherlich auch anders einig werden, Püppchen.«
Sein Grinsen offenbarte seine verfaulten Zähne, was ein Gefühl von Übelkeit in mir aufstiegen ließ.
Und Wut.
Ich überlegte gerade mit welch dunklem Fluch ich diese erbärmliche Version eines Zauberers vor mir besonders quälen konnte, als er plötzlich seine Hand nach meinem Gesicht ausstreckte. Doch bevor er mich berühren könnte, entwich seiner Kehle ein qualvoller Schmerzensschrei, denn dort wo einst seine von Schmutz überzogene Hand gewesen war, befand jetzt nur noch ein blutiger, halb verkohlter Stumpf, aus dem Rauchschwaden aufstiegen.
»Wag es noch einmal meiner Verlobten zu nahe zu kommen oder deine Augen auf sie zu richten und ich reiße dir sämtliche Gliedmaßen aus und verfütterte sie an all die Hunde, die du deine Freunde nennst, Streicher«, knurrte eine vertraute Stimme hinter mir.
Die lichtlosen Augen des Streichers weiteten sich vor Entsetzen, dann stolperte er ohne ein weiteres Wort an mir vorbei und dissapparierte mit einem Plopp.
»Riddle«, zischte ich und wirbelte herum, wäre beinahe dahingeschmolzen, als ich in das hübsche Gesicht meines mörderischen Verlobten blickte. »Ich kann durchaus auf mich selbst aufpassen.«
»Ja das weiß ich, Malfoy«, knurrte Mattheo und blickte mit verengten Augen auf mich hinab. »Und doch ist es nur meine Aufgabe dich zu beschützen.«
Einige Sekunden blickten wir einander feindselig an, dann waren seine Lippen auf meinen und meine Hände in seinen dunklen Locken vergraben. »Fuck«, fluchte der Erbe Slytherins an meinen Lippen, zwang mich zwei Schritte rückwärts zu gehen und drücke mich mit dem Rücken gegen die kühle Steinwand.
»Du hast mir gefehlt«, hauchte er rau und dunkel gegen meine Lippen, legte eine Hand an meinen Hals und drückte leicht zu, während wir einander küssten.
Bei Salazars dunklem Herz, es machte mich feucht.
»Du hast mir auch gefehlt, Theo«, seufzte ich in den Kuss und krallte mich fest in seine Uniform, stöhnte auf, als ich seine Härte deutlich spüren konnte, die jetzt sehnsüchtig gegen meine Mitte presste.
Es war zu lang her, dass wir einander so nah gewesen waren, denn in letzter Zeit bekam ich ihn kaum noch zu Gesicht, zwischen all dem Prüfungsstress und den Aufgaben, mit denen Voldemort ihn beauftragte.
»Ich hab dir gesagt du sollst nicht mehr allein herkommen, es ist zu gefährlich«, murmelte er in den Kuss, der mit jeder Sekunde leidenschaftlicher wurde. Ich überlegte gerade, ob dies hier wohl der richtige Ort für einen heißen Quickie war, als mich auch schon das vertraute Gefühl des Apparierens ohne Vorwarnung mit ihm in die Dunkelheit riss.
Fluchend klammerte ich mich an seinem Arm fest und veratmete das Gefühl des Schwindels, an dass ich mich wohl nie so ganz gewöhnen würde.
»Theo«, schimpfte ich den Slytherin aus und verdrehte verärgert die Augen. »Ich brauchte dieses verdammte Einhornhaar wirklich dringend. Ohne kann ich die Elixiere für den dunklen Lord nicht—«
Doch ich verstummte, als Mattheo mir mit einem zuckersüßen Grinsen die Phiole mit dem silbrig schimmernden Einhornhaar unter die Nase hielt.
»Mattheo Marvolo Riddle«, sagte ich kopfschüttelnd und musste dann ebenfalls grinsen. »Hast du mal über eine Karriere als Taschendieb nachgedacht?«
»Für dich würde ich sogar die verdammten Kronjuwelen stehlen, Darling.« Einen Augenblick lächelten wir einander verliebt an, während meine Knie mit jeder Sekunde immer weicher wurden.
Merlin, ich vermisste ihn so unendlich.
Ich vermisste es ihn zu küssen, vermisste es mit ihm zu schlafen, ihm einfach nur nah zu sein.
Doch gerade als ich die Arme um ihn legen und mit ihm in seinem Zimmer in den Kerkern verschwinden wollte, vor dessen Tür er uns appariert hatte, verblasste sein Lächeln und er wich vor mir zurück.
Wie so oft in den letzten Wochen.
»Ich muss wieder los«, sagte er und drehte sich um, doch ich zog ihn zurück. »Mattheo es ist schon spät und morgen ist die erste Prüfung unserer UTZs. Warum gehen wir nicht ins Bett und schlafen?«
»Ich muss noch was für den dunklen Lord erledigen«, murmelte er ohne mich anzusehen, bevor er mir einen flüchtigen Kuss auf die Stirn hauchte.
»Geh schon mal vor, ich komme nach.«
Ohne eine Antwort abzuwarten dissapparierte der Slytherin und ließ mich einfach im Dunkeln stehen.
Frustriert seufzte ich.
Geknickt und mit hängenden Schultern betrat ich sein Zimmer, zog mich aus und machte mich fertig bevor ich mich in das Himmelbett kuschelte, so wie jeden Abend in der letzen Zeit ohne den Jungen mit den verwuschelten dunklen Locken, dem es gehörte.
Nie hatte ich ihn so distanziert erlebt.
Traurig vergrub ich das Gesicht in den Kissen, atmete seinen vertrauten Duft ein und hoffte, dass der Slytherin mir bald endlich erzählen würde, was ihn so sehr zu belasten schien, dass er mir kaum mehr in die Augen schauen konnte, geschweige denn meine Nähe überhaupt mehrere Stunden am Stück aushielt.
Vielleicht waren es die Schuldgefühle, die jedes Mal über sein hübsches Gesicht huschten und dunkle Schatten unter seine Augen zeichneten, wenn er mich den Verband meines Unterarmes wechseln sah.
Ich wusste es nicht, denn Mattheo redete nicht mit mir, schien sich immer weiter von mir zu entfernen, je näher unsere Abschlussprüfungen rückten, mit deren Lernstress ich mich momentan noch relativ gut von meinem Liebeskummer ablenken konnte.
Im Laufe der Nacht spürte ich wie er ins Bett kam, sich an mich kuschelte und das Gesicht in meinem Haar verbarg, mich fest in seinen beschützenden Armen hielt. Doch als ich aufwachte, war ich allein.
So wie immer, seit ich das dunkle Mal trug.
Und es machte mir langsam furchtbare Angst.
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»Ich kann kaum glauben, dass wir bald nie wieder durch diese Türen gehen werden«, murmelte Draco mit wehmütiger Stimme, während wir eng umschlungen aus der prachtvollen Eingangshalle des Schlosses traten, hinaus auf den Hof, dessen Bäume eigentlich zu dieser Zeit mit zarten rosa und lavendelfarbenen Blütenknospen betupft sein sollten.
Doch auch der Mai hatte nichts als Eis und Schnee über die Ländereien Großbritanniens gebracht.
Die Dunkelheit Lord Voldemorts hatte sich nicht nur wie ein dichter grauer Nebelschleier über unsere neue Welt gelegt, sondern auch über all die Herzen der Hexen und Zauberer, die von nun an unter seinem erbarmungslosen Regime leben mussten.
Gut, dass wir Malfoys Kälte von Haus aus bevorzugten, so wie auch Dunkelheit statt Licht.
Die hirnlosen Carrow Geschwister hatten nach Severus Snapes Tod die Nachfolge als Schulleiter von Hogwarts angetreten und das magische Internat schon in nur einer Woche in völliges Chaos gestürzt.
Was es mir und meiner Clique ein wenig leichter machte Abschied zu nehmen. Denn unsere Prüfungen waren vorbei und sehr zu meiner Freude und der meiner Eltern hatte ich— neben Hermine Granger natürlich, als Jahrgangsbeste abgeschnitten.
Erleichterung hatte mich durchströmt, als ich Mattheo und Enzo vor einigen Tagen Arm im Arm zusammen durch die große Halle laufen gesehen hatte, wie die engen Freunde, die die beiden Jungs schon seit ihrer Kindheit immer gewesen waren.
Kurz danach war Enzo abgereist und hatte Hermine mit in das Anwesen seiner Eltern genommen, denn noch am selben Tag war das Gesetz in Kraft getreten, dass alle Hexen und Zauberer muggelstämmiger Herkunft entmündigte— und sie zum Kauf freigab.
Hermine war jetzt Eigentum der Berkshire Familie.
Ich wünschte mir, ich hätte Rabastans Gesicht sehen können, als Enzo ihm bei der offiziellen Auktion sein Golden Girl vor der Nase weggeschnappt hatte, denn der Erbe des Berkshire Imperium war wohlhabender als alle reinblütigen Familien Englands zusammen.
Laut Lestranges Bericht hatte er eine so schwindelerregend hohe Summe für das Mädchen das er über alles auf der Welt liebte geboten, die mit Abstand niemand sonst hätte aufbringen können.
Hermine war jetzt in Sicherheit.
Und mein Herz nun ein wenig leichter.
Ich würde sie gleich am Wochenende besuchen, denn sie wollte mir unbedingt die Bibliothek zeigen, die Enzo vor ihrer Ankunft hatte ausbauen lassen, sodass sie nun mehr Bücher enthielt als die von Hogwarts und der Stadtbibliothek Londons zusammen.
Ganz in Gedanken versunken lief ich an der Seite meines Bruders über den verschneiten Hof, bis wir plötzlich gleichzeitig stehen blieben. Wenige Meter von uns stand Astoria in einen eleganten grauen Wintermantel gehüllt und wandte hastig den Blick ab, als ihre liebevollen braunen Augen Draco entdeckten, die sich unwillkürlich mit Tränen füllten.
Kummer zeichnete plötzlich dunkle Schatten unter die Augen meines Bruders, als sich die zierliche Slytherin mit den langen dunklen Haaren ohne ein Wort des Grußes umdrehte und die Stufen hinablief.
Er liebte sie immer noch.
Und er würde es wahrscheinlich immer tun.
»Geh ihr hinterher, Draco«, flüsterte ich, griff nach seiner eisigen Hand und drückte sie ganz leicht.
Draco erstarrte und hob seine Hand, öffnete sie und starrte auf das, was ich ihm in die Handfläche gedrückt hatte. Es war der atemberaubend schöne Verlobungsring, den Astoria letzten Winter nach ihrer Trennung in den Schnee geworfen hatte.
Ich hatte ihn aufbewahrt in der Hoffnung, dass die beiden irgendwann wieder zueinander fanden.
»Ihr gehört zusammen. Du weißt das und ich weiß es auch. Also geh und hol dir endlich dein Mädchen zurück, Draco Lucius Malfoy oder ich werde dir dein Leben zur Hölle machen«, drohte ich ihm energisch.
Dracos mondblasses Gesicht hellte sich auf.
»Was wäre ich nur ohne dich, Schwesterherz?«, sagte der Slytherin leise und blickte mich dankbar an.
»Wohl eindeutig verloren, Bruderherz.«
Dracos Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, bevor er der Liebe seines Lebens hinterherrannte, wie er es schon vor einem halben Jahr hätte tun sollen. Mit klopfendem Herzen sah ich ihm nach, hätte beinahe aufgeschrien als ich sah, wie sich die beiden nur Sekunden später sehnsüchtig in die Arme fielen.
Mein Bruder verdiente alles Glück dieser Welt.
Lächelnd lief ich zurück zum Schloss, vorbei an Daphne und Blaise, die eng umschlungen gegen die Schlossmauern lehnten und heftig rumknutschten.
Endlich.
Meine Augen fanden meine beste Freundin, die mir in diesem Augenblick entgegen lief und mich in eine innige Umarmung zog. Der Duft ihres Parfums war himmlisch und sie sah wieder mal hinreißend aus.
»Wow, du siehst heiß aus, Süße«, sagte ich und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange. »Wer ist der glückliche, der dir das heute Abend ausziehen wird?« fragte ich lächelnd und nickte mit dem Kinn auf das nachtfarbene Samtkleid mit dem herzförmigen Ausschnitt, dass sich wie eine zweite Haut um die Kurven der dunkelhaarigen Schönheit schmiegte, Pansy Parkinson aussehen ließ wie eine Göttin.
»Der Teufel, meine Süße«, entgegnete die dunkelhaarige Slytherin mit verführerischer Stimme, die Augen auf etwas hinter mir gerichtet. Und noch bevor ich mich umdrehte wusste ich bereits, wer dort hinten in den Schatten lauerte und uns beobachtete.
Lucifer Lestrange.
Plötzlich bekam ich ein schlechtes Gewissen.
»Pansy, da ist noch etwas was ich dir sagen muss«, flüsterte ich und zog meine beste Freundin näher an mich, sodass nur wir einander jetzt hören konnten.
»Was, dass er ein bisschen verknallt in dich ist?«, sagte Pansy offen und hob eine ihrer perfekt in Form gezupften Brauen. »Ich hab Augen im Kopf, Süße.«
Nervös biss ich mir auf die Unterlippe.
Die scharfzüngige Slytherin mit dem perfekt frisierten dunkelbraunen Bob hauchte mir einen sanften Kuss auf die Wange. »Mach dir keine Sorgen, Flory. Gib mir eine Nacht mit ihm und er kennt nur noch meinen Namen«, schnurrte sie mir ins Ohr.
Wir kicherten und umarmten uns noch einmal.
»Viel Spaß«, rief ich ihr hinterher, als sie sich umdrehte und auf ihren schwindelerregend hohen High Heels in Lestranges Richtung stolzierte, der natürlich jedes Wort mitgehört hatte, das wir gerade gesprochen hatten, denn die sinnlichen Lippen des Todessers waren zu einem absolut teuflischen Lächeln verzogen. Er zwinkerte mir zu, bevor er Pansys Hand nahm und mit ihr dissapparierte.
Plötzlich fand ich mich ganz allein vor dem Eingang des Schlosses wieder, woraufhin die Traurigkeit in mein Herz zurückkehrte, zusammen mit einem Gefühl, dass ich eigentlich nur selten verspürte, hatte ich doch die tollste Clique auf der ganzen Welt.
Einsamkeit.
Ich schloss die Augen und versuchte angestrengt die vertraute machtvolle Aura Mattheos ausfindig zu machen, doch es war nur meine eigene Dunkelheit, die ich fühlte, die langsam jeden Ort mit Schatten zu fluten begann, an dem ich mich länger aufhielt.
Seufzend machte ich mich auf den Weg durch das Schloss und hinauf zu dem Ort, der mir die letzten Jahre immer ein Rückzugsort gewesen war. Ein Ort an den ich gekommen war, wenn alles zu viel wurde.
Die Schule und ihr Leistungsdruck, die hohen Erwartungen meiner Eltern, die zusätzlichen Aufgaben für den dunklen Lord— oder die Gefühle, die ich für seinen arroganten Sohn entwickelt hatte, den ich doch so verzweifelt zu hassen versucht hatte.
Doch nun verknüpfte ich noch etwas anderes mit der Plattform des Astronomieturmes. Eine Erinnerung an den schönsten Moment meines Lebens. Die so stark und intensiv war, dass sie sogar Dementoren vertreiben konnte. Ein glückliches Lächeln trat auf meine Lippen, als ich oben ankam und sah, dass sich der Himmel bereits verdunkelt hatte und zum ersten Mal seit Tagen wieder das Licht der Sterne zeigte.
Doch mein Lächeln verblasste als mir klar wurde, dass ich allein hier oben war. Mattheo war nicht hier, denn der Slytherin ging mir aus dem Weg, seit er mir vor einigen Wochen das dunkle Mal gegeben hatte.
Traurig umklammerte ich das eisige Geländer des Turmes, hob das Kinn und blickte eine Weile in den funkelnden Sternenhimmel, der mit jeder verstreichenden Sekunde immer schöner zu werden schien, während sich hauchzarte Schneeflocken in meinen silberblonden Haaren verfingen.
Und dann verabschiedete sich auch die letzte Wolke und brachte einen strahlenden Mond zum Vorschein.
»Bis zum Mond und zurück«, flüsterte ich zu mir selbst und kämpfte verzweifelt gegen die Tränen, die mir ganz plötzlich in die Augen geschossen waren.
Ein zarter Windhauch küsste mein Gesicht, obwohl es an diesem Maiabend eigentlich windstill war.
Und dann endlich— fühlte ich es.
Seine vertraute Dunkelheit.
»Hallo Fremder«, flüsterte ich mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen, bevor ich mich umdrehte.
»Hallo Fremde«, flüsterte seine raue Stimme zurück, bevor er aus den Schatten trat und mich nicht nur sein hübsches Gesicht, sondern auch seine dunklen Augen sehen ließ, in die ich mich so verliebt hatte.
Mehr als ich jemals für möglich gehalten hatte.
Eine Weile sahen wir einander in die Augen, kämpften verzweifelt gegen den Sturm der Sehnsucht der unsere Herzen nun erfasste, bis ich den Kampf schlussendlich verlor— oder eher freiwillig aufgab.
Das elegante Drachenleder seiner dunklen Uniform fühlte sich kühl an, als ich meine Hand auf seine Brust legte und zu ihm aufsah. Die rauen Hände des jungen Todessers legten sich um meine Taille, zogen mich ohne zu zögern noch ein wenig näher an sich.
Die dunkle Schönheit, die dieser Junge besaß, raubte mir wieder einmal für einige Sekunden den Atem.
Mattheo Riddle war unverschämt hübsch, mit seinen dunklen Locken, die ihm an diesem Abend besonders rebellisch in die perfekte Stirn fielen und seinen langen dunklen Wimpern, die seine dunklen Augen umrahmten, in die ich nun wie hypnotisiert blickte.
Plötzlich hatte ich Angst, furchtbare Angst.
»Du empfindest nichts mehr für mich, ist es nicht so, Mattheo?«, fragte ich mit leiser Stimme, die nun nichts weiter als ein angsterfülltes Flüstern war.
Mattheos raue Finger fanden zu meinem Gesicht, strichen mir zärtlich eine Strähne aus der Stirn. Er schüttelte den Lockenkopf, bevor er mich eng an sich zog und seine Stirn an meine lehnte, mir so tief in die Augen blickte, dass ich völlig das Atmen vergaß.
»Ich liebe dich mehr als mein Leben, Florence«, flüsterte der Slytherin. »Bis zum Mond und zurück, nein mehr als alle verfluchten Sterne und Planeten im Universum«, fügte er hinzu, was jetzt dazu führte, dass ich in Tränen der Verzweiflung ausbrach.
Doch nicht nur, weil es die selben Worte waren die ich ihn hatte vergessen lassen müssen, am selben Ort unter dem selben Sternenhimmel, sondern auch, weil sich die drei Worte nicht wie ein Anfang anfühlten—
sondern wie ein Abschied.
»Aber warum warst du dann so distanziert die letzten Wochen? Warum hast du mich kaum angesehen oder berührt?«, brachte ich kaum hörbar hervor, denn ich hatte plötzlich so furchtbare Angst vor der Antwort.
»Ich musste mich von dir fern halten, weil—«
Er schluckte und seine Atmung wurde schwerer.
»Weil ich sonst nie die Kraft gehabt hätte, das hier zu tun«, flüsterte er mit dunkler Stimme, nahm meine linke Hand in seine und zog mir den Diamantring vom Finger, der mich zu seiner Verlobten machte—
bevor er ihn vom Astronomieturm warf.
Einige endlos lange Sekunden verstrichen, in denen ich ihn entsetzt ansah, bis ich endlich verstand.
»Nein, Theo—«
Doch ich verstummte, als ich die Tränen sah, die nun auch in den Augen des hübschen Jungen glitzerten.
»Was hast du nur getan?«, fragte ich leise.
»Dir dein Geschenk zum Abschluss gegeben, Darling«, antwortete der Slytherin sichtlich gebrochen, während er mich traurig anblickte.
Ich schluckte und fing an zu zittern.
»Denn ich empfinde genug für dich, um dich gehen zu lassen«, flüsterte Mattheo mit vor Kummer heiserer Stimme und hielt meine Hand fest in seiner.
Eine Weile sahen wir einander stumm an und ich konnte beinahe hören wie etwas in mir zerbrach, als er sich von mir löste und dann langsam zurück trat.
Seine mysteriösen dunklen Augen glitten zu meinen linken Unterarm und blieben an der Stelle hängen, an der die tiefschwarze Schlange mit dem Totenkopf nun auf ewig auf meine blasse Haut gezeichnet war.
»Ich habe dir schon das hier angetan, ich werde dich nicht auch noch zu einer Ehe mit mir zwingen.« Die Worte glitten dem Erben Slytherins so unendlich bitter über die Lippen, bevor er mich wieder ansah.
»Diese Entscheidung gehört nur dir allein.«
Mattheo zog etwas aus seinem Umhang und meine Augen weiteten sich, als ich erkannte was es war.
»Als ich Phini verloren habe, hab ich gedacht, dass ich nie wieder lieben kann, dass ich genau so werde wie mein Va—«, er hielt inne und schluckte. »Wie der dunkle Lord«, fuhr er mit heiserer Stimme fort.
»Du bist nicht wie er«, hauchte ich mit gebrochener Stimme. »Du wirst niemals wie er sein, Theo.«
Der Slytherin nickte schwach.
Mein Herz bekam Risse, als ich sah wie gebrochen dieser dunkelhaarige Junge vor mir war, von all dem Leid, dass ihm sein eigener Vater hinzugefügt hatte.
»Ich war so einsam«, flüsterte er. »Doch dann habe ich dich getroffen und plötzlich habe ich mich nicht mehr so verloren in all dieser Dunkelheit gefühlt.«
Und als Mattheo vor mir auf die Knie ging, verwandelte sich der Astronomieturm in ein einziges Flammenmeer aus hunderten von magischen Kerzen, die über unseren Köpfen in der Luft schwebten, mit den Sternen am Firmament um die Wette leuchteten.
Und dann wusste ich, dass unsere Liebe heller war.
Heller als die Sterne.
Heller als der Mond.
Heller als all die Dunkelheit, die der magischen Welt und damit auch uns beiden noch bevorstehen würde.
»Du bist mein Licht, Florence Stella Malfoy. Und ich will keinen Tag mehr ohne dich sein«, sagte Mattheo mit rauer Stimme, in seinen Augen die Reflexion des funkelnden Sternenhimmels, unter dessen Leuchten mir der Slytherin nun einen Heiratsantrag machte.
»Und wenn du dasselbe für mich empfindest und aus freiem Willen an meiner Seite sein willst, würdest du mir die Ehre erweisen und meine Frau werden?«
Sprachlos blickte ich auf den Ring, mit dem der Sohn des dunklen Lords jetzt um meine Hand anhielt.
Es war ein wunderschöner und elegant geschliffener Smaragd, eingefasst in einen filigranen Ring aus purem Silber, um den sich eine ebenso versilberte Schlange wandte, die den Edelstein beschützte—
so wie Mattheo mich beschützte.
Nie hatten meine Augen etwas schöneres erblickt.
Außer vielleicht den dunklen Magier, der vor mir kniete und mich ansah, als wäre ich wertvoller als alle Diamanten und Edelsteine auf dieser Welt.
Mein Herz klopfte, als ich ihm endlich die Antwort gab, die die Angst in seinen Augen weichen und ein Lächeln auf seine sinnlichen Lippen treten ließ.
»Ja, Mattheo. Ich will deine Frau werden.«
Meine Hand zitterte, als ich sie ihm reichte.
Er schien den Atem angehalten zu haben, denn ich sah wie der Slytherin sichtlich erleichtert ausatmete.
Mattheo schob mir den atemberaubenden Smaragdring an den Finger, der mich ein zweites Mal zur Verlobten dieses teuflischen Jungen machte.
Doch diesmal hatte ich es selbst entscheiden können.
Aus Liebe zu ihm.
Und bevor ich mich versah, war ich wieder in den Armen des Jungen den ich so sehr liebte, mit seinen Lippen auf meinen und seinen Armen eng um meine Taille geschlungen, während wir einander küssten.
Ein Kuss erfüllt von Sehnsucht und aus purer Liebe.
»Bei Salazar, du zitterst ja«, murmelte Mattheo an meinen Lippen, der jedoch nicht weniger zitterte.
»Ja weil ich eine verfluchte Angst hatte, du bescheuerter Idiot. Wenn du sowas nochmal machst, bring ich dich wirklich um, Riddle«, schluchzte ich, lehnte mich zurück und versuchte ihn nicht allzu vorwurfsvoll anzublicken, was Mattheo grinsen ließ.
»Deal, meine hübsche Slytherin.«
»Und ich liebe dich auch«, hauchte ich und schenkte ihm ein tränenerfülltes Lächeln. »So sehr, Theo.«
»Bis zum Mond und zurück?«, flüsterte der Sohn des dunklen Lords und hielt mich fest in seinen Armen.
»Bis zum Mond und zurück«, sagte ich glücklich und kicherte, als er mir meine Tränen davon küsste.
»Weißt du was seltsam ist«, murmelte Mattheo und wickelte sich eine meiner Strähnen um die Finger, was meinen ganzen Körper zum kribbeln brachte. »Ich hatte einen Traum, der fast ganz genau so war.«
Grinsend biss ich mir auf die Unterlippe, beschloss dieses kleine Geheimnis vorerst noch für mich zu behalten. »Und was jetzt?«, fragte ich meinen hübschen Verlobten mit angehaltenem Atem, als wir uns nach einigen Minuten voneinander lösten.
»Jetzt—«, begann Mattheo grinsend und fuhr sich mit seiner sehnigen Hand durch sein dunkles Haar, was dem Erben Slytherins seine Locken nur noch rebellischer in die perfekte Stirn fallen ließ.
»Haben wir ein Date, Mrs Riddle.«
Er reichte mir seine Hand und ich nahm sie, bekam Herzklopfen, als er unsere Finger fest verschlang.
»Und zwar ein richtiges Date.«
»Du meinst ohne Morddrohungen, Drachen oder Dolche? Denkst du das bekommen wir hin?« Ich hob eine Braue und sah den Slytherin erwartungsvoll an.
Das raue und dunkle Lachen, das jetzt aus der Kehle Mattheos drang, machte mir prompt weiche Knie.
Es war so verdammt attraktiv, ihn lachen zu hören.
»Naja, die Morddrohung hatten wir ja gerade schon«, entgegnete der dunkle Magier grinsend und trat mit mir vor das Geländer des Astronomieturmes.
»Und was die Dolche angeht, also ich hätte nichts dagegen, wenn wir nach unserem Date nachher im Bett ein wenig damit—«, kichernd drückte ich meine Lippen auf seine und brachte ihn zum schweigen.
Dann schloss ich die Augen, drückte ganz fest seine Hand und machte mich bereit, mit dem Jungen mit den verwuschelten Locken in die Dunkelheit zu apparieren, den ich bald endlich heiraten würde.
Den arroganten und temperamentvollen Jungen mit den verwuschelten Locken und der Begabung für schwarze Magie, den ich vor fast einem Jahr bis aufs Blut gehasst hatte und mir niemals hätte vorstellen können, dass er mir einmal die Welt bedeutete.
Denn in einem Punkt hatte ich mich in letzten Jahr geirrt, wie noch nie zuvor in meinem Leben.
Mattheo Marvolo Riddle war nicht herzlos.
Er besaß ein Herz, wenn auch ein dunkles.
Und es schlug nur für mich.
E N D E
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