27. like ice we break

M A T T H E O

Seufzend fuhr sich der Erbe Slytherins mit einer Hand durch seine dunklen Locken und spannte den Unterkiefer an, versuchte seinen Frust nicht an einem der Jungs auszulassen, die sich mit ihm an diesem späten Freitagabend in dem verlassenen Klassenzimmer des Astronomieflügels aufhielten.

Seine Laune war wieder mal am Tiefpunkt.

Und das der dunkle Lord seinen Sohn kürzlich dazu verdonnert hatte, die jüngsten ihrer Anhänger unter seine Fittiche zu nehmen, während all der anderen Dinge die ihn zur Zeit noch beschäftigten, trug nicht gerade dazu bei, dass er sich besser fühlte.

Ganz im Gegenteil.

Er stand kurz vor einem explosiven Wutausbruch.

Während der Schulzeit kam er relativ gut mit den anderen Jungs aus Slytherin zurecht, bis auf wenige Ausnahmen wie Montague oder Pucey, die offenbar kaum— oder eher gar keine Gehirnzellen besaßen.

Doch auch Nott und Zabini enttäuschten ihn heute Abend, denn keiner der beiden, eigentlich so hervorragenden Duellanten, war in der Lage einen unverzeihlichen Fluch auszuüben, ohne danach einen Ausdruck von Reue auf dem Gesicht zu zeigen.

Snape hatte ihnen gestattet den Cruciatus und Imperiusfluch aneinander zu üben, doch auch wenn es Mattheo sonst tiefe Befriedigung verschaffte dabei zuzusehen wie sie einander folterten oder sich gegenseitig zu den lustigsten Dingen zwangen, heute vermochte absolut nichts seine Stimmung zu heben.

Und es lag einzig und allein an der zierlichen blonden Slytherin mit der makellos kühlen Schönheit—

und dem Herzen aus purem Eis.

Denn auch wenn sich der Sohn des dunklen Lords verzweifelt dagegen wehrte, musste er an sie denken.

Jede Minute, an jedem verfluchten Tag.

Ihr hingegen, schien es jedoch ganz anders zu gehen.

Florence hatte ihn die gesamte Woche über ignoriert, hatte ihn nicht eines Blickes gewürdigt, selbst nicht, als er ihr am gottverdammten Valentinstag vor den Augen aller Mitschüler einen gigantischen Strauß verzauberter weißer Rosen auf ihr Pult gestellt hatte.

Die Slytherin hatte sie nicht einmal angesehen, geschweige denn an den zarten Blütenblättern gerochen, bevor sie die Blumen mit zauberstabloser Magie einfach eiskalt in den Müll befördert hatte.

Mit der Magie, die er ihr beigebracht hatte.

Nie hatte er sich gedemütigter gefühlt als in diesem Augenblick. Und ihre kühle und unnahbare Art hatte das verfluchte Feuer das sie in ihm entfacht hatte, umso mehr geschürt. Denn auch wenn es kalt war, und seine Flammen blau— brannte ein Feuer in ihm.

Und es brannte für dieses sturköpfige Mädchen.

Florence Malfoy war die nachtragendste Person die jemals existiert hatte, da war er sich ganz sicher.

»Ich glaub wir wären besser dran, wenn wir diese Idioten einfach alle vom Astronomieturm werfen«, brummte Lestrange neben ihm, der es mittlerweile aufgegeben hatte Pucey beizubringen, wie man sich den gedanklichen Fängen des Imperius widersetzte.

»Glaub mir ich bin so kurz davor, Luc«, brummte Mattheo zurück und nahm die Flasche mit Feuerwhiskey, die ihm sein engster Todesser reichte, setzte sie an die Lippen und kippte sich den hochprozentigen Alkohol wie Wasser in den Rachen.

Jedem anderen hätte er wohl die Kehle aufgeschlitzt, dafür dass er sein Mädchen geküsst hatte, doch nicht Lestrange. Er hatte ihm versprochen es nicht mehr zu tun und er wusste, dass der Todesser sein Wort halten würde. Mattheo vertraute ihm bedingungslos.

Ihm und Lorenzo.

Weshalb er auch verdammt nachtsichtig mit dem stinkreichen Erben des Berkshire Imperiums war, denn er wusste, dass Enzo wahrscheinlich nie in der Lage sein würde, andere Menschen aus Spaß oder zum Zeitvertreib zu foltern oder mittels Imperius wie eine hirnlose Marionette herumzukommandieren.

Enzo konnte keiner Fliege was zuleide tun. Etwas, das definitiv nicht auf Mattheo oder Lestrange zutraf.

Grinsend beobachtete er wie Lestrange unauffällig seinen Zauberstab schwang und Montague seinen Schädel im Rhythmus eines bekannten Popsongs gegen die Wand des Klassenzimmers krachen ließ.

Doch dann lenkte plötzlich etwas anderes seine Aufmerksamkeit auf sich. Etwas so schönes, dass er sich augenblicklich gerade hinsetzte und sich hastig die dunklen Locken ein wenig in Ordnung brachte.

Oder zumindest versuchte er es.

»Sorry für die Verspätung, Riddle«, brummte Draco, der an der Seite seiner Schwester den Klassenraum betreten hatte. Er sah lädiert aus und sein Gesicht war voller Blutergüsse, doch er begann sofort damit das Training der anderen Jungs zu beaufsichtigen, während Florence jedoch im Türrahmen blieb—

ihre sturmgrauen Augen auf Lestrange gerichtet.

»Hey Luc, wie schön dich zu sehen«, schnurrte sie und schenkte ihm das Lächeln, nach dem sich Mattheo schon die ganze verfluchte Woche verzehrte. Er hätte Morde begangen, ganze Kriege angezettelt nur damit sie ihn wieder auf diese Weise anlächelte.

Und der Erbe der Slytherin Blutlinie hasste es.

Er hasste, was sie mit ihm machte, hasste es wie schlecht er sich wegen ihr fühlte und vielleicht auch ein wenig wegen dem, wie er sie behandelt hatte.

Doch ihre Trotzreaktion war absolut übertrieben.

»Schön dich zu sehen, Flory«, entgegnete Luc mit seiner üblich charmanten Art Frauen gegenüber, doch er blieb sitzen, denn offenbar hing der Todesser an seinem Leben. Was man von Pucey und Montague nicht behaupten konnte, welche die Slytherin jetzt anstarrten, als wäre sie ihr verdammtes Dessert.

»Wenn ihr sie noch eine Sekunde länger so anstarrt reiße ich euch die verfluchten Köpfe ab«, knurrte Mattheo seine Todesser an, seine Augen weiterhin auf die blonde Schönheit im Türrahmen gerichtet.

Doch die Slytherin verdrehte nur die Augen, würdigte ihn immer noch keines Blickes, bevor sie das Kinn hob, sich umdrehte und verschwand.

»Bin gleich wieder da«, brummte Mattheo genervt und erhob sich aus seinem unbequemen Stuhl, verließ den Raum und stieg die Treppen zum Astronomieturm hinauf, wo er sie vermutete.

Und da stand sie, am Ende der Plattform, die Hände um das Geländer geschlungen und den Blick in den Sternenhimmel dieser frostigen Nacht gerichtet.

Sie bemerkte seine Anwesenheit und als sie sich umdrehte, begann sein dunkles Herz zu stolpern.

Hauchzarte Schneeflocken glitzerten in ihrem hellblonden Haar, ließen sie einmal mehr aussehen wie die Eisprinzessin, die Florence Stella Malfoy war.

Sie verengte die Augen und hob das Kinn, ein arroganter und abweisender Ausdruck auf dem Gesicht. Sie war so kalt, dass er das Gefühl hatte sie versuchte ihn mit dem frostigen Blick zu Tode zu frieren, mit dem ihn ihre Augen jetzt fixierten.

»Was willst du?«, fragte sie ihn kühl.

Dich küssen, dir diese Uniform bis auf die Kniestrümpfe herunterreißen und dich hart gegen diese verfluchte Mauer des Turmes nehmen.

»Eine rauchen«, knurrte er sie an und schob sich an ihr vorbei, lehnte sich über das Geländer und zog eine Zigarette aus der Schachtel seiner Hemdtasche.

Ein teuflisches Grinsen huschte über die Lippen des Slytherin, bevor er sich die Zigarette dazwischen steckte, denn er spürte ihre zornigen Blicke auf sich.

Genau die Reaktion, die Mattheo sich erhofft hatte.

»Dann mach das woanders, ich war zuerst hier«, fauchte sie und Merlin— an dem zittrigen Unterton in ihrer Stimme, den sie so verzweifelt zu verbergen versuchte, konnte er genau erkennen, wie wütend sie in dieser Sekunde war. Und es ließ ihn wieder daran denken, wie sie seine Wut an ihm ausgelassen hatte.

Trotz der winterlichen Temperaturen wurde ihm bei der Erinnerung daran plötzlich unnormal heiß.

Fucking Hell.

»Mir sowas von egal, Malfoy«, brummte er, entzündete die Zigarette mit einem Blinzeln und begann zu rauchen, ohne sie weiter zu beachten.

»Man Riddle, du machst mich so—«, doch plötzlich versagte ihre Stimme mitten im Satz, was ihn dazu brachte sich umzudrehen und sie anzusehen.

Und dann erkannte es, sah es plötzlich in ihren graublauen Augen, in derem ungezähmten Sturm sich der Slytherin so hoffnungslos verloren hatte.

Florence war nicht nur wütend, sie war verletzt.

Er war so blind gewesen vor Wut auf die abweisende Art des Mädchens, dass er es nicht gesehen hatte.

Und sie hatte jedes recht dazu verletzt zu sein, nachdem er sie Samstagnacht erst mit seinem Zauberstab bedroht und dann aus seinem Zimmer geworfen hatte, als er sie dabei erwischt hatte, wie sie etwas in ihren Händen gehalten hatte, von dem er nicht wollte, dass sie es ansah oder gar berührte.

Denn all der Schmerz und der Kummer, den Mattheo mit dem kleinen Stoff Hippogreif verknüpfte, ging verflucht nochmal wirklich niemanden etwas an.

Seufzend rauchte er die Zigarette zu Ende, schnippte den Stummel dann achtlos in die Tiefe und murmelte einen effektiven Spruch für frischen Atem.

Seine Augen musterten das blonde Mädchen, das jetzt neben ihm gegen das Geländer lehnte, das blasse Gesicht wieder dem Nachthimmel zugewandt.

Sie rührte sich nicht, doch als Mattheo einen seiner wärmenden Todesserumhänge heraufbeschwor und ihn über ihre Schulter legte, drehte sie sich zu ihm.

Schneeflocken funkelten in ihrem Haar und für einen Augenblick war ihm, als reflektierte das goldene Licht des Sternenhimmels in ihren hübschen Augen.

»Ich habe vielleicht etwas überreagiert«, sagte er leise, während er mit angehaltenem Atem auf sie hinabblickte, überwältigt von ihrer kühlen Schönheit.

Misstrauisch sah sie ihn an.

»Soll das eine Entschuldigung sein? Wenn ja, ist das die erbärmlichste die ich jemals—«, doch Mattheo brachte die Slytherin abrupt zum schweigen, in dem er sich vorlehnte und seine Lippen auf ihre drückte.

Er konnte spüren wie sie sich versteifte als er sie küsste und für einen Augenblick rechnete er fest damit, dass sie ihn von sich wegstoßen oder ihm eine Ohrfeige geben würde, doch dann erwiderte sie seinen Kuss und erlaubte ihm sogar, ihn noch etwas zu vertiefen und sie mit Zunge zu küssen.

Oh wie sehr er es vermisst hatte sie zu küssen.

Eine Weile standen sie eng umschlungen in der Dunkelheit dieser frostigen Februarnacht auf dem Astronomieturm und küssten einander, über ihren Köpfen ein absolut romantischer Sternenhimmel.

»Es tut mir leid«, murmelte er in den Kuss.

»Und weiter?«, seufzte sie an seinen Lippen.

»Es tut mir leid... ich bin ein Arsch?«, fragte Mattheo zögerlich, was sie an seinen Lippen zum lächeln brachte. »Mhh schon besser, Riddle«, hauchte sie.

Nach einer Weile unterbrach sie den Kuss plötzlich abrupt, wandte den Blick ab und versuchte sich aus seinen Armen zu lösen, doch Mattheo ließ sie nicht.

»Red mit mir«, verlangte er, legte zwei Finger unter ihr Kinn und zwang sie ihn anzusehen. »Du kannst nicht erst zulassen, dass ich dich küsse und mich dann wieder von dir wegstoßen. Also was es auch ist warum du mir sogar beim Sex fast deinen Dolch ins Herz gestoßen hast, red endlich mit mir, Florence.«

In ihren Augen glitzerten plötzlich Tränen.

»Er ist schon wieder verletzt nach Hogwarts zurückkehrt«, flüsterte sie traurig und er konnte sehen, wie sehr sie gegen die Tränen ankämpfte, die sie nun jede Sekunde zu überkommen drohten.

»Ich weiß, ich habe es gesehen«, entgegnete Mattheo mit ruhiger Stimme, strich mit dem Daumen zärtlich über ihr Gesicht und fing eine ihrer Tränen ab, bevor sie ihr die blassen Wangen hinabkullern konnte.

»Aber das ist es nicht, oder? Du bist wütend auf mich und ich verlange, dass du mir endlich sagst wieso.«

Florence hob das Kinn, blickte gedankenverloren in die Nacht hinaus und es verstrich ein endlos langer Moment, bevor sie ihn endlich wieder ansah.

»Warum hast du das getan?«, fragte sie ihn leise und die Kälte in ihrem Blick ließ Mattheo schaudern.

»Was getan?«, hakte er nach.

Ihre Miene verhärtete sich.

»Dem dunklen Lord vorgeschlagen, dass ich nach meinem Abschluss Snapes Platz einnehmen soll.«

Mattheo starrte sie an.

»Woher weißt du das?«

»Was spielt das für eine Rolle?«, fauchte sie, denn ihrer Traurigkeit war wieder Wut gewichen. »Ich hatte mein Leben schon durchgeplant. Ich hatte Träume Riddle. Ich wollte frei sein, wollte die Welt sehen und nun werde ich gezwungen einen Todesser zu heiraten und bekomme auch noch das dunkle Mal dazu. Nichts davon hab ich mir jemals gewünscht.«

Er konnte beinahe sehen wie die Last von ihren Schultern fiel, als sie diese Worte endlich aussprach.

Der Hass, der sich zwischen den Sternen in ihren Augen spiegelte, stach ihm mitten in die Brust.

Florence hasste ihn.

Sie hasste ihn so sehr.

Sie wandte sich von ihm ab, doch er legte den Arm um sie und zog sie zurück, griff nach ihrem Kinn und hob es an, so dass sie ihn wieder ansehen musste.

»Florence—«

»Du hast mein Leben ruiniert, Riddle«, unterbrach sie ihn zornig und versuchte sich aus seinem Griff zu befreien, doch Mattheo hielt das vor Wut und Kälte zitternde Mädchen weiter fest in seinen Armen.

Er dachte nicht mal daran, sie loszulassen.

»Nein, ich habe es gerettet, Malfoy«, knurrte er sie an, zwang sie zwei Schritte rückwärts zu gehen, bis ihr Rücken mit dem Geländer des Turmes kollidierte.

Sie wehrte sich, doch er war stärker.

Nun war sie ihm vollkommen ausgeliefert.

»Was meinst du damit, du hast es ge—«

Sie stockte mitten im Satz und starrte ihn an.

»Du weißt von der Mission die der dunkle Lord meinem Bruder gegeben hat, nicht wahr?« Ihre Stimme war kühl und verbittert, doch Mattheo erkannte sofort die Angst, die darin mitschwang.

Die Angst um ihren Zwillingsbruder.

»Du denkst, dass er versagen wird. Ist es nicht so?«

Mattheo dachte es nicht, er wusste es. Denn die Aufgabe mit der sein Vater Draco beauftragt hatte—

war eine Selbstmordmission.

Einen langen Moment sah Mattheo die Slytherin an, die er jetzt fest in seinen Armen hielt, während Kälte und Schneeflocken ihre Wangen rosig anhauchten.

»Was glaubst du warum ich es dem dunklen Lord vorgeschlagen habe?«, sagte er mit ruhiger Stimme zu ihr und hob die Hand um ihr eine silberblonde Strähne aus der blassen Stirn zu streichen, doch die Slytherin drehte ihren Kopf zur Seite, als wäre seine Berührung tödliches Gift für sie. »Ich musste es tun, damit du unverzichtbar für ihn wirst und er dich—«

»Er mich als einzige verschont, wenn er nach Dracos Versagen unsere Familie auslöscht«, beendete sie seinen Satz und sah ihm jetzt direkt in die Augen.

Und der Schmerz darin, ließ ihn kaum atmen.

»Denkst du das ist es was ich will?«, flüsterte sie mit heiserer Stimme und legte eine Hand auf seine Brust, blickte unter Tränen zu ihm auf. »Weiterzuleben ohne meine geliebte Familie? Nein, Mattheo. Wenn dein Vater sie tötet, dann will ich mit ihnen sterben.«

»Nein«, knurrte er und packte sie an den Schultern, musste jetzt alle Kraft seiner Selbstbeherrschung aufbringen, sie nicht zu schütteln. »Ich werde nicht zulassen, dass dir etwas—«

»Was kümmert es dich überhaupt?«, unterbrach sie ihn wütend und versuchte sich an ihm vorbei zu schieben, doch er ließ sie nicht, nahm sie jetzt zwischen sich und dem eisigen Geländer gefangen.

Mattheo konnte jetzt dabei zusehen, wie die Slytherin vergeblich versuchte mit ihrer eisigen Kälte das lodernde Feuer zu ersticken, das schon seit ihrer ersten Begegnung zwischen ihnen aufgeflammt war.

»Wir hassen einander«, flüsterte sie jetzt, ihr Brustkorb zittrig von ihren unruhigen Atemzügen.

Mattheos Blick huschte prüfend zu ihrem Armband, dann wieder in ihre Augen. »Und was wenn—«, er hob eine Hand an ihr hübsches Gesicht und strich ihr eine ihrer silberblonden Haarsträhnen zur Seite.

Bei Salazars dunklem Herz, sie war so schön.

»Wenn ich dich nicht hasse, Florence?«

Endlose Sekunden blickten sie einander in die Augen, während der eisige Wind ihre Gesichter küsste und Schneeflocken in ihre Haare wirbelte.

Die Slytherin legte ihre Handflächen auf seine Brust und krallte ihre zitternden Finger in sein Hemd.

»Dann hilf ihm, Mattheo«, flüsterte sie.

»Bitte

Er spürte jedoch sofort, dass es keine Bitte war—

es war ein Flehen.

Er konnte nur erahnen wie viel es sie von ihrem Stolz kostete, ihm jetzt ihre verletzliche Seite zu zeigen.

Ihre Angst.

Sie verringerte den Abstand zwischen ihnen, war jetzt so nah bei ihm, dass er die zarte Minze in ihrem Shampoo riechen konnte, was sein Herz zum rasen brachte. Mattheo liebte diesen Duft an ihr so sehr.

So wie er alles an diesem Mädchen liebte.

Ihre Lippen waren nur noch Zentimeter von seinen entfernt und ihre sturmgrauen Augen blickten tief in seine, was ihn ganz schwindelig fühlen ließ. »Wenn du wirklich ein Herz hast—«, flüsterte sie und strich mit den Fingerspitzen über die Stelle, an der es lag.

»—Und du etwas anderes für mich empfindest als Hass, dann hilf meinem Bruder, Mattheo. Lass ihn diese Mission nicht allein machen. Draco ist—«, doch ihre Stimme zitterte so sehr, dass sie plötzlich brach.

Er legte eine Hand an ihr Gesicht und strich mit dem Daumen ihre Tränen davon, während sie einander ansahen. »Er ist doch mein Zwilling«, hauchte sie unter Tränen. »Ich darf ihn nicht verlieren. Meine Familie—«, kraftlos klammerte sie sich in sein Hemd.

»Meine Familie bedeutet mir alles, Theo

»Ich weiß, meine Süße«, murmelte er und zog das zitternde Mädchen vorsichtig in seine Arme, lehnte seine Stirn an ihre und strich ihr mit seinen Fingern immer wieder beruhigend über den unteren Rücken.

Sie so verletzlich zu sehen, zeriss ihn, ließ ihn etwas fühlen, was er schon Jahre nicht empfunden hatte.

Etwas, das er nicht empfinden durfte.

Angst.

Die Angst sie zu verlieren.

Doch der Schmerz der ihn bei ihren Tränen erfasste war nichts im Vergleich zu dem, den er ihr jetzt hinzufügen würde. Den er ihr bereiten musste—

damit sie aufhörte ihn so anzusehen.

Damit er aufhörte, sie so anzusehen.

Denn in dieser Sekunde erkannte Mattheo endlich, was das für ein Gefühl war, das sein dunkles Herz schneller schlagen ließ, wann immer er sie ansah.

»Wenn du Draco nicht hilfst, ist meine Familie verloren«, brachte sie kaum hörbar hervor, ihre Stimme nur noch ein einziges gequältes Flüstern.

Mattheo entging nicht, wie sehr sie jetzt zitterte.

Doch er rührte sich nicht, konnte ihr nicht mehr in die Augen sehen. Denn wenn er es tat, wenn er ihr jetzt in die Augen sah und zuließ, dass sie ihm etwas bedeutete, dann würde es kein zurück mehr geben.

Dann wäre sie in noch größerer Gefahr.

Liebe war eine Schwäche.

Und der Sohn des dunklen Lords durfte keine Schwächen haben. Und vor allem nicht, wenn diese Schwäche ein Mädchen war. Ein Mädchen, mit dem er eine arrangierte Ehe führen sollte— nichts weiter.

Denn wenn der dunkle Lord von seinen Gefühlen für Lucius Tochter erfuhr, dann würde er sie ihm wegnehmen. Und das würde er nicht zulassen.

Nicht noch einmal.

Mattheo musste Florence beschützen.

Auch wenn sie ihn nur noch mehr dafür hassen würde, wenn er sie jetzt von sich wegstieß.

Er beschützte sie damit.

»Ich befürchte du hast Recht, kleine Malfoy«, murmelte er, bevor er ihr den Umhang seiner Uniform noch ein wenig enger um die Schultern legte und dabei das Gefühl von Reue und Schmerz ignorierte, das jetzt seinen ganzen Körper taub werden ließ. »Deine Familie ist verloren.«

Und noch in der selben Sekunde in der er diese Worte ausgesprochen hatte war ihm, als hätte er hören können, wie das Herz der Slytherin zerbrach.

Wie Eis zerschellte es klirrend auf dem Boden zu ihren Füßen, zerbrochen in unzählige kleine Stücke.

So wie auch sein eigenes.

Dann drehte er sich um und ließ sie zurück, mit gebrochenem Herzen, allein und schluchzend in der Dunkelheit des Astronomieturmes von Hogwarts, wie das herzlose Monster, für das sie ihn hielt.

Und nie hatte sich Mattheo Marvolo Riddle selbst mehr gehasst als in dieser bitterkalten Februarnacht.

𓆙


bitte denkt ans voten,
wenn euch die Geschichte gefällt
und ihr weiterlesen wollt ♡

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