Epilog.
- FÜNF JAHRE SPÄTER -
„Oh mein Gott, endlich fester Boden unter den Füßen!", seufzte Ilona laut und bekreuzigte sich. Dani überholte sie und sprang die Treppen des Flugzeugs nach unten, als hätten wir nicht gerade einen langen Flug hinter uns. Ich beneidete sie wirklich um die Energie, die sie immer ausstrahlte.
„Irgendwann bringe ich sie für ihre Flugangst um, hast du etwas dagegen?", fragte sie mich. Ich wartete schon am Treppenende auf die beiden. Ich war hundemüde und einfach total fertig von der Tournee.
„Meinst du, das wird irgendwann mal besser? Ansonsten mische ich ihr ab sofort immer irgendetwas ins Getränk vor einem Flug, damit ich entspannt fliegen kann!"
„Ey, das habe ich gehört!", echauffierte sich Ilona und kam die letzten Stufen nach unten gestampft. Sie blieb dort stehen und funkelte Danielle böse an.
Ach, ich liebte diese Hassliebe zwischen den beiden! Ständig zickten sie sich an, aber ohne einander konnten sie nicht auskommen. Es war echt süß.
„Beweg deinen Hintern aus dem Weg, die anderen wollen auch noch aussteigen", sagte ich und zog sie am Ärmel ihrer Lederjacke von der Treppe.
Francis grinste mich an und ging an uns vorbei. Ich wusste genau, was ihr auf der Zunge lag. Wir dachten grundsätzlich immer dasselbe.
„Ciao Mädels, ich muss gleich weiter zum nächsten Dreh", verabschiedete sich Sean von uns und umarmte uns alle drei auf einmal. „Aber Freitag gehen die Proben für die EMAs los, da sehen wir uns ja wieder!"
„Mach's gut, bis dann!"
„Ich will endlich in mein Bett", jammerte Danielle neben mir.
„Und ich unter meine heiße Dusche", seufzte ich. „Oder nein! Ich will in meine Badewanne mit Whirlpool-Funktion, die Harry damals unbedingt haben wollte, aber jetzt total beschissen findet, sodass ich die einzige bin, die sie nutzt."
„Der Gute hat doch auch ein Rad ab, oder?", lachte Ilona und wir gingen über das Rollfeld hinüber zum Flughafengebäude.
Es nieselte leicht, sodass ich mir die Kapuze meiner Jeansjacke (mit Sweat-Kapuze) über den Kopf zog.
Ach, wie hatte ich das Wetter Londons in LA vermisst.
...nicht.
Aber nichtsdestotrotz freute ich mich auf mein eigenes Bett.
Die Freude wurde leider nur dadurch gedämpft, dass ich heute Nacht alleine einschlafen würde ohne meinen Seelenverwandten neben mir.
Naja, er würde die nächsten Tage irgendwann hier in London wieder eintrudeln.
Gerade war er in Paris. Er hatte jetzt seine eigene Klamottenmarke rausgebracht mit einem dazugehörigen Shop. Deswegen klapperte er gerade die ganzen Modestädte in Europa ab, um jeden einzelnen Shop persönlich zu eröffnen, Interviews zu geben und so weiter.
Leider war genau heute Paris dran und nicht London. Dann wenn ich nach zwei Monaten Tournee endlich nach Hause kam.
Naja, ein paar Tage mehr oder weniger, die wir uns nicht sahen, würden uns jetzt auch nicht umbringen.
„Nehmen wir uns ein Taxi zusammen?", fragte ich die anderen beiden, nachdem wir unsere Koffer endlich bekommen hatten.
In den letzten zwei Jahren, seit Ilona zu uns gestoßen war und ebenfalls professionell tanzte, waren wir ein eingeschworenes Dreier-Team. Nichts und niemand konnte uns auseinander bringen. Wir vertrauten uns gegenseitig blind. Und wir harmonierten so sehr. Nicht nur als Freundinnen, sondern vor allem vor der Kamera. Wir konnten so synchron tanzen, dass die meisten Konkurrentinnen grün vor Neid wurden.
Aber genau das machte uns so sehr aus.
„Ne ne, wir werden abgeholt", grinste Ilona uns an.
Dani stöhnte.
„Klar, die Einzige, deren Freund sich hier in der Stadt befindet, bist natürlich du", grummelte sie ein wenig neidisch.
Ja, ich war auch neidisch. Wie gerne würde ich Harry jetzt einfach in die Arme schließen... Wir hatten uns im letzten halben Jahr eh eigentlich ziemlich wenig gesehen. Unserer Beziehung tat das aber trotzdem nichts an. Es lief alles genauso wie immer. Seit wir uns vor fünf Jahren endlich zusammengerauft hatten, nachdem die ersten paar Wochen schwierig gewesen waren, war alles super.
Danielle sagte immer, dass es schon fast gruselig war, wie gut es bei uns durchgehend lief.
Tja, ich vermisste die Missverständnisse und Streits aus den ersten Wochen unserer Beziehung sicher nicht. Egal ob es Taylor Swifts Fake-Kuss bei den EMAs 2013 in München war, oder das inszenierte Bild mit Cara Delevingne bei der Victoria's Secret Fashion Show in London. Und was es noch so gegeben hatte, was sich damals zwischen uns gedrängt hatte.
Diese Harmonie war mir tausendmal lieber als die Tränen, die ich seinetwegen vergossen hatte. Wie hatte ich sie damals genannt? Harry-Tränen oder so.
Ich lächelte in mich hinein.
Wahnsinn. Damals mit achtzehn Jahren war ich noch so blutjung gewesen und hatte trotzdem schon so viel durchmachen müssen. Leicht hatte ich es damals wirklich nicht gehabt, aber das hatte sich ja schnell gelegt.
Inzwischen war ich 23, die berühmteste und erfolgreichste Tänzerin, die die Hauptrolle im sechsten Step Up Film getanzt hatte und mit Harry Styles eine tadellose Beziehung führte. Ich war ein Vorbild für die jungen Mädchen, ich rauchte nicht, ich trank keinen Alkohol und ich betrog meinen Freund nicht. Ich postete keine Nacktbilder von mir oder Halbnacktbilder und hatte sonst auch einfach ein sauberes Image.
Es war nicht so, dass ich krampfhaft darauf bedacht war, immer schön vorbildlich zu sein - ich war einfach so. Das war ich. So war ich schon immer und so würde ich auch immer bleiben.
Ich hatte es schon immer lächerlich gefunden, wie man sich zur Schau stellte, wenn man Aufmerksamkeit haben wollte. Wenn man hart arbeitete, brauchte man keine Skandale, um berühmt zu werden.
Das hatte One Direction so getan - bis auf die Tatsache, dass Zayn im Frühling 2015 aus der Band ausgestiegen war, hatte es niemals irgendwelche Skandale oder Ähnliches gegeben. Es war die beste Entscheidung für Zayn gewesen, jetzt wohnte er mit Perrie und ihrer kleinen, zuckersüßen Tochter Faye in einem wunderschönen Landhaus. Er war so glücklich wie noch nie. Ich sprach oft mit Perrie, wir standen uns sehr nahe. Sie hatte mir erzählt, wie sehr er sich verändert hatte, seit er aus der Band ausgestiegen war. Ich konnte mich daran erinnern, wie sie mich zwei Tage nach seinem Verlassen der Band angerufen und mir unter Tränen erzählt hatte, wie erleichtert sie war, dass er jetzt versuchte, wieder zu sich selbst zurückzufinden. Perrie hatte niemals gesagt, er sollte die Band verlassen. Sie war die Letzte, die so etwas von ihm verlangen würde, aber trotzdem war es eine Erleichterung für sie. Ich hatte genauso wie sie ständig an die Sänger gedacht, die früh gestorben waren. Oder die sich umgebracht hatten, weil sie mit dem Ruhm und dem Druck nicht mehr klargekommen sind. Es sollten einfach alle froh sein, dass es bei Zayn nicht so weit gekommen war.
Während ich das alles Revue passieren ließ, folgte ich meinen zwei Blutsschwestern nach draußen. Es war frühmorgens, weswegen der Flughafen fast komplett leer war. Niemand sprach uns an und darüber war ich wirklich sehr froh. Ich liebte es, mit meinen Fans zu reden sie zu treffen und so weiter - aber jetzt würde ich keinen Nerv mehr dazu haben.
„Hey Schatz!", begrüßte Ilona ihren Freund, küsste ihn auf den Mund und ich musste automatisch grinsen, als ich ihn sah.
Himmel, wie lange hatte ich ihn nicht mehr gesehen! Drei Monate? Vier Monate? Wahnsinn!
„Naaa", sagte Niall, schob sich die Sonnenbrille nach oben auf den Kopf und grinste mich an. Dann zog er mich in eine feste Umarmung, die ich genauso sehr erwiderte.
Niall war einfach einer meiner besten Freunde. Er hatte mir in den schwersten Zeiten beigestanden, und dafür war ich ihm bis heute mehr als dankbar.
„Oh man, wir haben uns schon ewig nicht mehr gesehen!", sagte ich leise und ließ ihn dann los.
Er sah einfach so unglaublich gut aus. So richtig erholt und glücklich.
Ilona schlang die Arme um seinen Hals und drückte ihm einen Schmatzer auf die Wange.
Er umarmte Dani ebenfalls noch und fuhr uns dann nach Hause. Erst setzte er Danielle zu Hause ab und dann mich.
„Ich wünsche dir noch einen wunderwunderbaren Morgen, Sam, genieß es zu Hause!", sagte er enthusiastisch und ich lachte über seinen komischen Tonfall.
Ich winkte ihnen noch hinterher, dann zog ich meinen Schlüssel aus meiner hinteren Hosentasche und sperrte die Tür zu unserem Haus auf.
Ich durfte nicht vergessen, dass ich mit Jana für morgen um halb zwei verabredet war. Sie drehte gerade ihren neuesten Actionfilm hier in London. Wir hatten uns schon echt lange nicht mehr gesehen, aber naja, wir würden uns ja morgen sehen und hatten uns auch viel zu erzählen!
Langsam zog ich den Koffer hinter mir her und ließ die Tür leise ins Schloss fallen. Ich seufzte erst einmal, ließ den Griff des Koffers los, der von alleine stand, und drückte dann auf den Lichtschalter neben dem Treppengeländer.
Ich drehte mich wieder um - und riss erstaunt die Augen auf.
Huch, was war denn hier los?
Ein wenig perplex ließ ich den Blick über den Boden gleiten.
Im nächsten Moment fing mein Herz wild an zu klopfen. So sehr wie es das letzte Mal geklopft hatte, als ich Harry gesehen hatte. Selbst nach all den Jahren hatte das Gefühl niemals nachgelassen. Ich war so verliebt in ihn wie am allerersten Tag.
Ich streifte mir die Supras von den Füßen (meine selbst designte Kollektion, nur so am Rande) und tapste über die Rosenblätter in Richtung Wohnzimmer.
Es duftete wie im Himmel. Zumindest stellte ich mir vor, dass es so im Himmel duften würde.
Überall standen kleine Kerzen am Rand an den Wänden, während ich an der Küchentür vorbeiging und langsam das Wohnzimmer betrat.
Ich sog die Luft scharf ein und drückte mir beide Hände aufs Brustbein.
Ich traute mich gar nicht, diesen Ort des Paradieses zu betreten.
„Hi", erklang eine Stimme und ich sah seine Silhouette direkt vor der riesigen Glastür, die hinaus auf die schöne Terrasse führte.
Er kam langsam auf mich zu und ich hatte das Gefühl, dass meine Eingeweide sich verknoteten. Mein Herz wollte aus mir heraus und zu ihm hinüber hüpfen.
Meine Knie wurden weich und mein Mund ganz trocken.
Ich fühlte mich wieder wie achtzehn.
Wie er so vor mir stand, mit dieser Umgebung um uns...
Ich war ein paar Schritte in unser Wohnzimmer hineingekommen, das über und über mit Kerzen ausgeleuchtet war. Es lagen hier auch ein paar Rosenblätter, aber nicht viele, was dem ganzen einen wunderschönen, zauberhaften Touch gab. (Wäre alles mit Rosenblättern bedeckt, würde ich wahrscheinlich sagen, dass es unglaublich kitschig und schrecklich aussah. Aber Harry hatte mir mal wieder bewiesen, dass er meine zweite Hälfte war und genau wusste, was ich dachte.)
„Wieso bist du denn hier?", fragte ich verwundert.
Wir standen ungefähr zwei Meter voneinander entfernt.
„Ich habe ein wenig geflunkert." Er grinste von einem Ohr bis zum anderen und präsentierte mir seine Grübchen, die ich so sehr vermisst hatte. „Die Eröffnung war schon gestern Abend, deswegen bin ich jetzt schon wieder hier."
„Oh, wie cool!"
Ich wusste gar nicht, was ich dazu sagen sollte.
Es fühlte sich total komisch an, dass ich so unsicher und verlegen war.
Jetzt war ich schon so lange mit Harry zusammen, hatte mit ihm schon alles durchgemacht, was man nur durchmachen konnte - und jetzt stand ich hier total nervös wie ein kleines Schulmädchen vor ihm, nur weil er ein paar Kerzen aufgestellt hatte und ein schwarzes (zugeknöpftes!) Hemd trug.
Aber ... ich... ich hatte da schon so eine Vermutung....
Und im nächsten Moment bestätigte er sie mir.
Denn er ging vor mir auf die Knie. Ich legte beide Hände vor meinen Mund - und schon lief die erste Träne über meine Wange.
„He, ich habe doch noch überhaupt nichts gesagt, und du weinst schon?!", meinte er halbherzig empört.
Ich konnte nicht antworten. Himmel, ich konnte nicht einmal atmen!
„Sam", fing er mit ruhiger Stimme an. „Ich habe dir etwas zu sagen. Ich liebe dich und du bist mein Leben. Ohne dich würde ich keine Sekunde mehr überleben. Du bist mein Kompass im Leben. Du bist wie ein Magnet. Ich komme immer zu dir zurück. Wenn ich die Orientierung verloren habe, finde ich immer zu dir zurück und du hilfst mir wieder auf die Beine. Du bist mein Ein und Alles. Du lässt mich morgens mit einem Lächeln aufstehen, selbst wenn du nicht neben mir einschläfst und aufwachst. Das macht nichts, denn ich trage dich immer in meinem Herzen. Denn du bist mein Herz. Du bist mein Herz, mein Leben, meine Seele. Jeder Atemzug, der durch meine Lungen strömt und mich weiterleben lässt. Weißt du, dass wir uns heute vor genau fünf Jahren das erste Mal begegnet sind? Genau heute vor fünf Jahren. Eintausendachthundertsechsundzwanzig Tage. Kannst du dich daran erinnern, wie wir uns das erste Mal gegenüber gestanden sind?"
Ich nickte nur durch meine Tränen und lächelte.
Wie könnte ich das jemals vergessen.
Wie könnte ich?
„Die Tiefgarageneinfahrt bei der Olympiahalle. Louis hat deinen Ring aus dem Fenster geworfen, du hast danach gesucht, ich habe mit Manu telefonieren wollen und dann hast du mich über'n Haufen gerannt."
„Ich habe wie immer mit meinem obligatorischen ‚ähm hi' angefangen", sagte Harry und lächelte mich an. „Und dann so etwas gesagt wie, dass es mir Leid tut, dass ich dich nicht gesehen habe."
„Ich habe daraufhin gesagt, dass es halb so wild wäre. Ich weiß noch genau, wie mein Herz geklopft hat, aber nicht weil du Harry Styles von One Direction warst, sondern weil ich mich von der ersten Sekunde an so zu dir hingezogen gefühlt hatte", sagte ich mit tränenrauer Stimme und schniefte einmal.
„Ich habe dich dann gefragt, was du hier unten machst und wieso du nicht vor einem der tausend Eingänge der Olympiahalle stehst und auf One Direction wartest."
„Zwanzig", verbesserte ich ihn und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr. „Zwanzig Eingänge."
Wir lachten beide leise und konnten die Augen nicht voneinander lassen.
„Du warst ganz schön enttäuscht, als ich sagte, dass ich kein Fan von One Direction war."
„Ein halber Fan hast du gesagt!", verbesserte diesmal er mich.
Er stand auf, kam auf mich zu und umfasste mein Gesicht mit seinen Händen.
Grün traf grün.
„Ich werde den Moment niemals vergessen. Er war der Start etwas ganz Besonderem. Etwas, das niemals vergehen wird. Etwas, das für immer bleibt. Das Wir bleibt für immer, Baby, denn ich lasse dich niemals gehen. Aus diesem Grund frage ich dich" - er ließ mein Gesicht los und ließ sich wieder hinunter auf sein Knie sinken - „möchtest du meine Frau werden, Samantha Marina Ferroni?"
Er zog aus seiner Hosentasche ein kleines schwarzes Etui, das er aufklappte. Ich konnte nicht mehr atmen, als ich den Ring sah, der darin war.
Er war so schön, dass mir die Worte fehlten.
„Ja. Ja, das will ich!", flüsterte ich.
Ich wollte es in die ganze Welt hinausschreien - aber meine ganze Welt war hier vor mir. Auf unserem Wohnzimmerteppich kniend.
Er erhob sich und umfasste jetzt wieder mein Gesicht mit seinen warmen Händen.
„Damit machst du mich zum glücklichsten Mann der Welt", hauchte er und blickte mir tief in meine Augen. Bis hinunter in meine Seele, die eh schon immer zu ihm gehörte. „Ich liebe dich."
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[...voten & weiterblättern! :)]
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