#80 - „Sam."


~ Sams Sicht ~

Ich folgte Perrie und Lou den Gang entlang bis in den Backstage-Bereich. Jana lief direkt neben mir. Allerdings blieb sie wie angewurzelt stehen, als 5 Seconds Of Summer von der Bühne kam.

Ich musste grinsen.

Als wäre es abgesprochen, dass sie genau jetzt kamen.

Ich drehte mich zu Jana um, deren Augen auf Luke geheftet waren. Sie strahlten wie nochmal was. So hatte ich sie noch nie erlebt.

Ich hoffte für ihn, dass er ihr nicht wehtun würde, sonst würde er als Hackfleisch enden, darauf konnte er Gift nehmen.

Ich überließ die beiden jetzt ihrem Schicksal. Ich beobachtete nur noch, wie Luke aufsah und Jana entdeckte. In der nächsten Sekunde stürmte er auf sie zu und umarmte sie.

Ich drehte den beiden lächelnd den Rücken zu. Wenn eine so ein Glück verdiente, dann meine Cousine.

„So. Also. Du musst mit Harold reden", zog Lou jetzt meine Aufmerksamkeit auf sich.

„Heeey Lux", begrüßte ich ihre kleine Tochter, die große Ohrenschützer trug und jetzt vergnügt quietschte, als ich sie endlich wahrnahm.

Ich nahm sie auf den Arm und sah dann wieder ihre Mama an.

„Ja, ich muss mit ihm reden."

„Das geht jetzt aber nicht mehr", stellte Lou niedergeschlagen klar, „in wenigen Sekunden sind sie dran und gehen auf die Bühne."

„Diesmal keine Viertelstunde Pause zwischen der Vorband und dem richtigen Act?", fragte ich, und Perrie schüttelte den Kopf.

„Das findet Liam so blöd. Jetzt ist das Publikum aufgeheizt von 5SOS und freut sich auf One Direction. Da ist es fies, sie jetzt noch weiterhin warten lassen. Und es sind so viele junge Mädchen dabei, die morgen in die Schule müssen, weswegen sie das einfach schnell über die Bühne bringen wollen. Wortwörtlich", lachte sie.

Liam war einfach der Schlauste.

„Oh. Mein. Gott."

Ich drehte mich zu Lou, die mich jetzt aus großen Augen anstarrte. Lux strampelte ein wenig in meinen Armen und ich ließ sie runter. Sie lief zu Paul hinüber, der mir nur zugewunken hatte.

„Was??", hakte ich nach und wartete gespannt auf das, was Lou jetzt eingefallen war. Hoffentlich war es nicht allzu verrückt.

...verrückt war es allemal, aber es war genial. Es war so genial.

Sie erklärte Perrie und mir das Ganze und war selber so aus dem Häuschen. Sie rief nach Paul, der sich schwerfällig erhob und zu uns herüberkam, als Lou hektisch und übermütig zu ihm winkte und ihn damit herbewegen wollte. Auch ihm wurde Lous genialer Plan unterbreitet - und ich hatte eigentlich damit gerechnet, dass er ablehnen würde, aber ein kleines, echtes Lächeln erschien auf seinem Gesicht.

„Wunderbar. Wirklich, tolle Idee, Lou", lobte er sie und tigerte zurück zu seinem Stammplatz neben dem Bühnenaufgang.

„Okay. So machen wir das. Ich muss jetzt nur noch schauen, dass ich das hinkriege...", murmelte sie und starrte hinauf zur Bühne.

Ich hatte es vermieden, auf den kleinen Bildschirm zu schauen, der schräg hinter mir hing. Wahrscheinlich würde ich dann nicht mehr klar denken können, wenn seine grünen Augen mir entgegenblickten.

Ich kannte mich selber doch.

Himmel, ich war so hibbelig und aufgeregt, als würde ich ihn jetzt das erste Mal treffen!!

Okay, so gesehen würde ihn auf diese Weise auch das erste Mal treffen...

Die Minuten vergingen wie im Schneckentempo.

Ich hatte mich einmal zu Luke und Jana umgedreht und wäre beinahe vor Freude ausgeflippt, als ich gesehen hatte, dass sie sich küssten.

Wunderbar, dann hatten wir die nächste an den Mann gebracht. Jetzt waren wir alle durch. Leo, Jana, Manu, Caro, ich.

Naja, ich fast.

Oh Gott, wann war es endlich so weit?!?

Ich beobachtete, wie Lou die ganze Zeit am Bühnenaufgang stand und nach draußen spähte.

Als erstes fing sie Louis ab. Sie flüsterte ihm hastig etwas zu und er nickte nur. Er winkte kurz zu mir runter und ging dann zu Niall, der - wie ich über den Bildschirm schräg hinter mir sehen konnte - gerade einen Schluck Wasser trank. Er raunte ihm etwas zu, Niall hörte aufmerksam zu und machte dann große Augen.

Während Zayn nach einem der folgenden Lieder kurz eine Ansprache hielt, nahm Niall Liam zur Seite und flüsterte ihm etwas zu. Das Gleiche machte er bei Harrys Ansprache mit Zayn.

„Nicht mehr lange. Noch zwei Songs", informierte mich Lou, die sich jetzt wieder zu uns gesellt hatte.

Ich starb beinahe vor Aufregung.

Ich starb so sehr.

„Soooooo!", rief Niall in sein Mikro über den Lärm.

„Okay. Los geht's. Showtime", quiekte Perrie und klatschte begeistert in die Hände.

Lou schob mich die Treppe nach oben und ich blieb im Schatten der Abtrennung zwischen Backstage-Bereich und Bühne stehen.

Wow.

Ich blickte über die Menschenmasse, die sich das Konzert anschaute, und staunte.

Ich bekam eine megakrassfette Gänsehaut

So. Viele. Menschen.

Ein mulmiges Gefühl machte sich in meinem Magen breit.

Wow.

So viele Menschen! Das war echt ...krass.

Es verschlug mir die Sprache.

Das waren so um die zwanzigtausend Menschen, die hier zusahen!

Krass.

„Wie geht es euch? Habt ihr Spaaaaaß?", rief Louis mit verstellter Stimme in sein Mirko und joggte den Mittelweg entlang, der in die Zuschauermenge hineinführte.

„Wisst ihr, was jetzt kommt? Richtig, die Twitter-Fragen!", rief Liam und fing an, einen nicht verständlichen Text zu rappen.

Ich beobachtete Harry. Er griff nach einer Wasserflasche und ließ sich auf der Treppenstufe im hinteren Bereich der Bühne nieder. Verdammt, da sollte er nicht sitzen!

Hoffentlich würde Louis das hinkriegen!

Aber da brauchte ich mir keine Sorgen machen, denn er legte schon los. Er fing an, Harry mit der Wasserflasche nass zu spritzen. Anfangs spritzte er noch daneben, aber dann zielte er absichtlich immer genauer, sodass Harry lachend aufsprang und vor ihm flüchtete. Louis lotste Harry unauffällig in Richtung des Stegs, der auf in den Stehbereich hinausragte.

Er übergab Zayn die Flasche, der Harry jetzt weiter ärgerte.

„Hey, habt ihr euch alle gegen mich verschworen oder wie?!", schmollte Harry und die Fans flippten aus, als er mit einem Schmollmund in groß hinten auf der Leinwand gezeigt wurde.

Ich lächelte unwillkürlich.

Die ersten beiden Fragen gingen an mir vorüber wie nichts. Ich glaube, erst musste Niall einen irischen Tanz hinlegen (als ob das inzwischen noch etwas Besonderes wäre), dann machte Louis einen Handstand mit Hilfestellung von Liam und Harry - und dann kamen sie zur dritten Frage.

Harry wurde von Zayn wieder mit dem Wasser bis fast ans Ende des langen Bühnenarms getrieben. Also so weit weg von uns, wie es nur ging.

Niall drehte sich zur Leinwand um und lief rückwärts ein Stück weit weg.

Er las die Frage vor.

„So, kommen wir zur letzten Frage! Sie ist an Harry gerichtet! - Harry, wen vermisst du gerade am meisten?"

Seine Worte erklangen unglaublich laut in der Halle und er drehte sich um einhundertachtzig Grad zu Harry um, der neben Zayn am anderen Ende der Bühne stand.

Ich hätte damit gerechnet, dass die ganze Halle ausflippen würde bei der Frage. Aber ich wurde eines Besseren belehrt.

Es herrschte beinahe eine komplette Stille.

Wirklich.

Es war schon fast ein wenig gruselig, weil ich niemals gedacht hätte, dass es auf einem One Direction-Konzert SO leise sein konnte.

Wieder überzog eine Gänsehaut meine Arme, während ich mit großen Augen hinter der Bühne hervorspähte.

Alle warteten gespannt auf Harrys Antwort.

Die auch auf sich warten ließ.

Er fuhr sich durch die Haare und schlug die Augen nieder.

Mein Herz klopfte so fest in meiner Brust, als würde es aus ausbrechen und zu ihm flattern wollen.

Ich hielt den Atem an und wartete.

Dass er antwortete.

„Sam."

Er hatte es gesagt.

Die Antwort schwebte wie eine Feder in der Halle. Sie schwebte und schwebte und nahm nicht an Höhe ab.

Harry drehte Niall und allen anderen auf der Bühne den Rücken zu.

Ich spürte, wie die Fans gerade verunsichert waren. Was sollte das Ganze? War jetzt die Stimmung des Konzerts zerstört? Was jetzt?

Keiner wusste, was er tun sollte.

Ich machte mich bereit.

Zayn griff nach Harrys Schulter und sagte ruhig: „Dann dreh dich mal um, Harry."

Und in dem Moment rannte ich los.

Ich rannte.

Ich flog.

Ich rannte so schnell, wie ich es noch nie getan hatte. Ich sprang die paar Stufen nach unten, die die Band von der Hauptbühne trennte.

Und da wirbelte er herum.

Seine Augen erfassten mich und ich konnte sehen, während ich auf ihn zuflog, dass er nicht glauben konnte, was er gerade sah.

Die Halle flippte aus.

Jeder einzelne Mensch, der hier war, flippte aus.

Ich flog an Louis vorbei,

an Liam,

an Niall.

Endlich setzte Harry sich in Bewegung und rannte mir entgegen.

Zwei Scheinwerfer verfolgten unsere Wege, wie wir aufeinander zurannten, während uns nichts halten konnte.

Genau in der Mitte des Stegs trafen wir aufeinander.

Mit Schwung sprang ich in seine Arme und er wirbelte mich im Kreis.

Ich hatte noch nie so viele Menschen auf einmal so unfassbar laut schreien hören.

Ich klammerte mich an ihn, als hinge mein Leben davon ab. Aber eigentlich war es ja auch genau so.

Mein Leben hing von ihm ab.

Denn er war mein Leben.

Er war mein Ein und Alles, und ich würde ihn nie wieder gehen lassen.

Er war mein Leben.

„Was machst du hier?", hauchte er mir ins Ohr.

Trotz des Lärmpegels konnte ich seine Stimme überdeutlich in meinem Ohr hören.

Eine Monstergänsehaut lief mir - erneut - die Arme entlang nach unten.

„Ich kann uns doch nicht aufgeben", sagte ich außer Atmen und atmete dabei seinen wunderbaren Geruch ein, den ich so schmerzlich vermisst hatte, dass es mir ein Loch in mein Herz gebrannt hatte.

„Ich kann dich doch nicht aufgeben. Ich brauche dich. Ich brauche dich so sehr. Und wir schaffen das, Baby. Wir schaffen das."

Im ersten Moment reagierte er nicht.

Dann ließ er mich runter. Langsam löste ich meine Beine und Arme von ihm.

Im Augenwinkel sah ich, wie Zayn dem Publikum bedeutete, leise zu sein. Bestimmt machten die anderen drei das auch gerade.

Jetzt war es wirklich totenstill. Mucksmäuschenstill.

Noch leiser als vorhin, kurz bevor Harry seine Antwort auf die Twitter-Frage gegeben hatte.

Ich stand direkt vor Harry. Mein Blick fest mit seinem verhakt und meine Hände lagen auf seiner Taille.

Seine eine Hand war in meine Haare geschlungen, die er mir aus dem Gesicht gestrichen hatte. In der anderen hielt er natürlich immer noch sein Mikrofon.

In das sprach er jetzt hinein.

„Ich liebe dich, Sam Ferroni."

Und unter dem lautesten Gejubel und Geschreie, das jemals in die Geschichte eingehen würde, küssten wir uns vor der Welt.


*


<3


*


~ T h e E n d . ~

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