#50 - Schon wieder?! Das kann nicht sein!
„Das wird komplett professionell, was denkst du denn!", entgegnete ich und streckte ihr kurz die Zunge raus.
„Ja, von deiner Seite." Sie ließ ihre Gabel sinken und zog eine Augenbraue hoch. „Du bist vorhin nicht ganz fertig geworden, als du den anderen und mir vom Videodreh mit ihm erzählt hast."
„Jaaa, das ist wohl wahr..."
Ich erzählte Dani, wie ich ihm den Korb gegeben hatte, als er mit mir Essen gehen wollte. Sie lachte herzhaft los, sodass sich einige Leute nach uns umdrehten, aber das war uns beiden voll egal. Dafür liebte ich Dani – sie hatte genau die gleiche Einstellung wie ich zum Leben.
„Wie wunderbar!"
„Naja, das ist noch nicht alles."
Daraufhin gab ich das zum Besten, was damals bei den EMAs passiert ist.
„Wie, und du wolltest nicht sein Nachtisch sein?", lachte sie und wischte sich die Lachtränen von den Wangen. „Obwohl er dich soooo nett danach gefragt hat?"
„Harry wäre ihm beinahe an die Gurgel gesprungen", meinte ich augenverdrehend. „Da waren wir ja noch lange nicht zusammen, aber er hat sich trotzdem wie so ein Gockel aufgespielt."
Wir amüsierten uns noch weiter über Justin und meinen Korb, den ich ihm gegeben hatte. Dani malte sich aus, was wohl morgen alles passieren würde. Sie behauptete felsenfest, dass er es noch nicht aufgegeben hatte. Der Meinung war ich ehrlich gesagt nicht, denn er hatte ja wohl ebenso mitgekriegt wie der Rest der spärlichen Weltbevölkerung, dass Harry und ich ...uns kannten. Oder wie auch immer.
„Ja und? Du sagst es, ihr kennt euch laut der Presse nur, mehr nicht! Und außerdem hat Jstin dein Video geteilt, das ganz neue mit deiner Crew, Harry im Gegensatz aber nicht. – Der hat dich noch nicht aufgegeben, Herzchen, das wird morgen eine Show für sich! Live und in 3D! Hach, und ich sitze in der ersten Reihe samt Popcorn, wunderbar!"
Vergnügt aßen wir weiter, bis Dani auf die Uhr sah und meinte, wir müssten uns beeilen. Ich hatte keinen blassen Schimmer, wie viel Uhr es war oder wann wir morgen in London ankommen würden, aber ich hatte inzwischen auch den Gehirnstatus erreicht, in dem mir eigentlich so ziemlich alles egal war.
Wir bezahlten, nahmen uns ein Taxi und fuhren zurück zu Papas Wohnung. Die ganze Zeit über gackerten wir wie zwei Aufziehhühner, deren Schnüre nicht mehr nach innen gezogen wurden, sodass sie am laufenden Band gackerten.
Irgendwann taten mir die Bauchmuskeln so sehr weh, dass ich kaum noch atmen konnte.
Ich donnerte mit der Handfläche auf die Sieben an der Fahrstuhlwand und Dani lachte noch mehr und kippte fast um, als ich den Knopf beim ersten Mal verfehlte und dabei wohl ziemlich dämlich aussah.
Wir stiegen oben aus und ich blieb vor der Tür stehen.
„Huuuh, okay, reißen wir uns ein wenig zusammen, sonst denkt mein Papa noch, wir haben nicht mehr alle Latten am Zaun. Ich meine, bei mir weiß er das ja eh, aber bei dir noch nicht", meinte ich glucksend und wir atmeten beide ein paar Mal durch.
Als wir uns wieder ansahen, fingen wir schon wieder an zu lachen.
Oh Gott, als hätten wir irgendwas genommen!
„Okay, okay, zusammenreißen, Ms Peazer!"
Ich sperrte die Tür auf, begrüßte Papa, der im Wohnzimmer saß, stellte ihm Dani vor und zog sie dann mit mir in mein Zimmer. Dort stellte ich dann fest, dass ich ja eigentlich fast gar nichts ausgepackt hatte, schließlich war ich ja auch erst heute angekommen.
Oh man, das Ereignis heute Morgen bei Niall und Paul im Hotel kam mir schon wieder wie Wochen her, dabei waren es wirklich nur ein paar Stunden. Mein Leben ging echt ab wie ein Schnitzel, da passierte gerade viel zu viel!
Ich zog den Koffer hinter mir her durch den Gang.
„So, wir müssen wieder los. Ich melde mich, wenn wir in London gelandet sind, okay? Wenn du mit Mom telefonierst oder so, sag ihr liebe Grüße und ja, ich lebe noch, ich konnte mich heute bisher nicht melden, weil ich keine Zeit hatte. Wirklich nicht. Und ich weiß schon, dass Harry in München war, ich wollte nämlich eigentlich mit ihm reden, aber er war nicht da", ratterte ich in einer Affengeschwindigkeit herunter.
„Okay", sagte Papa nur milde lächelnd. Er kannte mich schon ein wenig länger, das merkte man. Er wusste, wann man einfach nichts zu meinem Geplapper sagen sollte. So wie jetzt.
„Tschüss, Mr Ferroni, hat mich gefreut, Sie kennen zu lernen!", sagte Dani und schüttelte Papa kurz die Hand.
„Ganz meinerseits, Danielle!"
Ich drückte ihm einen Kuss auf die Wange und dann waren wir auch schon wieder auf dem Weg unten. Während ich mein Zeug gepackt hatte, hatte Frank sich bei Dani gemeldet. Er wartete jetzt im Van vor der Tür auf uns.
In Windeseile brachte er uns und ein paar andere Tänzer, die er vom Hotel aus mitgenommen hatte, zum Flughafen.
„Hast du deine Sonnenbrille hier?", fragte mich der Schwarze, dem ich heute schon ein paar Mal über den Weg gelaufen war.
„Ja, wieso?", fragte ich ein wenig verwundert.
Der Van blieb stehen.
Der Tänzer zuckte verschmitzt mit den Augenbrauen.
„Die Paparazzi stürzen sich gleich auf dich, Superstar, da sieht man mit Sonnenbrille immer cooler auf den Fotos aus!"
Er machte ein Duckface und schob sich seine Sonnenbrille auf die Nase. Ich lachte.
„Sean, du bist so blöd!", mischte sich Dani lachend ein und schlug ihm einmal gegen den Arm.
„Wieso, das ist nur die Wahrheit, girls!", verteidigte er sich und hob beide Hände unschuldig in die Höhe, so nach dem Motto: Ich hab's euch gesagt, erinnert euch später an meine Worte!
Wir wurden von der Flughafen-Security bis zum Flugzeug begleitet (sodass uns eigentlich niemand ablichten konnte). Da standen wir dann davor und wurden wiedermal gefilzt.
Ich unterhielt mich gerade mit Sean, als ich merkte, dass mein Handy vibrierte. Ich hatte es den ganzen Tag auf stumm und vibrationslos gehabt, um nicht gestört zu werden. Vorhin im Van hatte ich es wieder umgestellt.
Ich zog es aus meiner Hosentasche und sah drauf.
Papa rief mich an.
„Sorry, Sean, ich muss da schnell rangehen. ...Ja?", meldete ich mich und drehte mich von den anderen weg.
„Hey Sam."
„Hi Papa, was ist los? Ich bin am Flughafen, direkt am Flugzeug, ich steige gleich ein."
„Ähm... naja.... weißt du.... Harry ist hier", sagte er verhalten.
Beinahe hätte ich mein Handy fallen lassen. Ich wirbelte herum und starrte Dani an, die ein paar Meter hinter mir stand. Sofort eilte sie zu mir und fixierte mich mit großen Augen.
„Was meinst du damit, er ist hier?", fragte ich ziemlich dumm, aber ich konnte das nicht glauben.
„Was ist los?", flüsterte Dani, die natürlich nicht verstanden hatte, was ich Papa gerade auf Deutsch gefragt hatte.
„Er ist hier an meiner Wohnungstür und guckt mich gerade an", informierte er mich.
„Ist der bescheuert?! Der sollte in London sein!!!", rief ich aufgebracht und fuhr mir mit der Hand über die Stirn. Das konnte doch nicht wahr sein!!!
„Paul wird ihm den Kopf abreißen!!"
„Wer ist Paul?", fragte Papa verwirrt.
„Miss?"
Der Flugbegleiter sprach mich behutsam an.
In mir herrschte so ein Chaos und um mich herum auch.
Harry war hier. Er war mir SCHON WIEDER HINTERHERGEFLOGEN.
Das musste man sich mal genau durch den Kopf gehen lassen.
SCHON WIEDER.
Er sollte in London sein, dort wo die anderen vier waren. Dort wo Paul ihn erwartete.
Oh Gott, Paul würde nicht nur ihm, sondern auch mir den Kopf abreißen, schließlich war ich ja irgendwie Schuld an dem Ganzen! Also daran, dass Harry nicht das tat, was man ihm sagte.
Herrgott nochmal!
Oh nein, hoffentlich wurde er jetzt nicht gefeuert oder so?!, schoss mir jetzt durch den Kopf.
Ich meine, das Management hat doch auch irgendwann die Nase voll von seinem Verhalten und kann ihn feuern!
Oh Gott!
Ich starrte Dani an, die immer noch vor mir stand.
Er war hier. Und ich war gerade direkt dabei, in ein Flugzeug zu steigen, das nach London flog. Weg von ihm. Wir würden in wenigen Minuten abfliegen.
Aber er war hier. Bei Papas Wohnung. Er stand gerade direkt vor Papa und sah ihn mit seinen grünen Augen an, während Papa sein Handy an sein Ohr drückte und mit mir sprach.
Aber ich musste nach London. Ich musste. Ich konnte jetzt nicht einfach kehrtmachen und zur Wohnung zurückfahren. Ich hatte keine Wahl.
Dann würde Ray mich feuern, wenn ich jetzt einfach ging. Er würde mich im hohen Bogen rausschmeißen, das wusste ich. Er war unglaublich nett und zuvorkommend und rücksichtsvoll – aber... nein, das würde er mir nicht durchgehen lassen. Es wäre auch unter aller Sau ihm gegenüber, wenn ich das jetzt tat.
Ich würde den Auftritt mit Justin Bieber beim Londoner Stars4Hope-Konzert absagen. Nein, ich würde ihn nicht absagen, ich würde ihn schmeißen. Einfach so schmeißen. Nur weil er jetzt hier war.
Sam Ferroni würde den Auftritt mit Justin Bieber schmeißen, nachdem sie jetzt seit ein paar Tagen so gehypt wurde und das dazu gehörige Musikvideo eingeschlagen hatte wie ein Bombe.
Ich konnte nicht, ich hatte keine Wahl. Nur weil er jetzt hier war.
Dabei würde ich ihn eh am Sonntag spätestens sehen!! Das waren zwei gottverdammte Tage! Zwei! Nicht mehr!! Reiß dich zusammen, Sam! Ob heute oder Sonntag macht auch schon keinen Unterschied!
Ich redete mir das ein und es brachte auch was. Und es war ja auch so gesehen die Wahrheit.
Innerhalb dem Bruchteil einer Sekunde war mir das alles durch den Kopf geschossen.
Aber mir waren eh die Hände gebunden. Ich musste jetzt nach London. Mit dieser Maschine. Egal ob Harry hier war oder nicht. Das war keine Entschuldigung.
„Sag ihm, wir sehen uns Sonntag. Ich bin jetzt auf dem Weg nach London. Ciao, Papa."
Ich unterbrach die Verbindung und stellte mein Handy sofort auf den Flugmodus. Ich ließ es zurück in meine Hosentasche gleiten und sah jetzt auf. Der Flugbegleiter sah mich immer noch abwartend an und ich schenkte ihm ein kleines Lächeln.
Ich hatte keine Wahl.
~~~
„He, Schlafi."
Ich bewegte mich nicht.
„Saaaaaaaaam."
Ich stöhnte.
„Mann, die ist vielleicht hartnäckig! Ist ja schlimmer als du, Dani!"
„Ich bleibe immer die Nummer Eins", meinte ich grummelnd mit immer noch geschlossenen Augen.
Jemand lachte laut wie eine Hyäne auf, was meine Mundwinkel rechts und links nach oben zog. Einfach so. Es war ein Lachen, bei dem man automatisch mitgrinsen musste.
Ich öffnete meine Lider jetzt doch und sah in Seans schwarze Augen.
„Wach?", fragte er.
„Nö."
„Das ist blöd, dann musst du wohl hier liegen bleiben und wir gehen in der Zwischenzeit ein wenig tanzen. Tschüss, Sam!", lachte er und kitzelte mich jetzt wach.
Na gut, na gut....
Wir verließen das Flugzeug. Ich hatte kein Plan, wie viel Uhr es war. War mir auch egal. Wenigstens wusste ich, wo ich war. Oder....wo ich sein sollte. Aber da war ich auch, das sah ich an dem Wetter, als ich aus dem Flugzeug stieg.
Es regnete.
Hallo England. Wie sehr habe ich dein Wetter vermisst. ...nicht.
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