#27 - Sind Sie nicht...?
„Oh man, du bist meine Rettung, Lou!", rief ich in mein Handy und legte den Kopf in den Nacken. Ich schloss für einen Moment die Augen und stieß die Luft aus. Es hätte mich nicht gewundert, wenn ich die Hälfte der Show hier draußen verbracht hätte und Harry mich dann erst gefunden und eingesammelt hätte.
„Irgendwie wurde Harry nicht wirklich mit einem Organisationstalent gesegnet", grummelte Lou. „Also hör zu, Sam. Siehst du diese riesige amerikanische Flagge?"
Ich sah mich um und entdeckte sie nicht weit entfernt.
„Ja."
„Hier ist der Hintereingang, wo ich stehe. Ich komme jetzt nach vorne zum Zaun, weil du deinen Pass brauchst, damit du hier reinkommst. Also geh einfach auf den Zaun in Richtung Flagge zu, okay?"
Ich legte auf und zwängte mich durch die Masse. Wie immer wurde ich von allen Seiten angemurrt, weil es sich nicht gehörte, sich so durch die Menschenmenge zu bewegen. Jana an meiner Stelle hätte jetzt wieder jedem unter die Nase gerieben, dass sie hineindurfte und alle anderen nicht, aber so war ich nicht. Mich juckte das Gejammer der anderen eh nicht, wieso sollte ich dann so herumprotzen.
Ich kam beim Zaun an und sah Lous weißblonde Mähne schon von weitem.
„Aaach, da ist sie ja!", rief sie und winkte mich zu sich her. Der Security-Mann direkt neben ihr öffnete ohne ein Wort das Tor für mich. Ich spürte, wie sich ein anderer Riese hinter mich stellte und somit das Tor abschirmte, sodass wirklich nur ich reinkam und keine Horde an Fangirls.
Lou umarmte mich stürmisch und griff dann nach meiner Hand.
„Tschüühüüüss!", trällerte sie und winkte dem Sicherheitsmenschen über die Schulter kurz zu. „Der war echt nett", stellte sie erstaunt fest und ich schnaubte.
„Ja, das ist aber eine Seltenheit", meinte ich. „Naja, außer die bei so wirklich teuren Events sind vielleicht ein wenig qualifizierter."
„Du hast ja nicht mit ihm geredet, sonst hättest du es sicher geschafft, dich mit ihm anzulegen", lachte Lou und grinste mich an. Ich öffnete den Mund, um zu protestieren, aber schloss ihn dann ergeben wieder. Okay, sie hatte irgendwie Recht, wahrscheinlich hätte ich wirklich einen Grund gefunden.
„Wo muss ich denn jetzt hin? Kannst du mir meinen Pass mal geben bitte?", fragte ich Lou, als wir drinnen kurz vor der Eingangshalle waren. Bisher war noch nicht viel los, denn die Stars waren noch alle draußen auf dem roten Teppich.
„Wozu brauchst du den denn? Ich bin doch die ganze Zeit da?", fragte Lou verwirrt zurück und sah mich mit gerunzelter Stirn an.
„Wie, du bist die ganze Zeit bei dir?", echote ich, „bist du nicht vorne in der ersten oder zweiten Reihe?"
„Nö", sie zuckte mit den Schultern, „als Harry meinte, du kommst auch, habe ich meinen Platz in der zweiten Reihe gerne irgendwem anders überlassen. Mit dir ist das doch viel lustiger!"
Sie stieß mir den Ellbogen in die Seite.
„Das muss aber nicht sein!", widersprach ich und bekam ein schlechtes Gewissen. „Ich will nicht, dass du meinetwegen irgendwo weit hinten sitzen musst und kaum etwas siehst-"
„Sam, Schätzchen", unterbrach Lou mich, „erstens sieht man überall gut in dieser Halle. Zweitens darf ich doch selber entscheiden, wo ich sitzen möchte, oder? Und drittens mag ich es eh nicht, da vorne zu sitzen und ständig fotografiert zu werden, da kann man die Show überhaupt nicht genießen, sondern muss nur noch drauf achten, ob man auch ja perfekt aussieht. Und viertens sehe ich dich eh nicht so oft und ich mag dich einfach total gerne und bin eben lieber bei dir. Okay?"
„Okay", bestätigte ich schlicht, „danke."
Ich umarmte sie und schenkte ihr ein strahlendes Lächeln.
„Wenn du Harry auch immer so anschaust, kann ich schon verstehen, wieso er dir so verfallen ist", meinte sie verschmitzt und zog mich an der Hand in den Eingangsbereich. Sie schnappte uns zwei Champagner-Gläser von einem Tablett eines Kellners und drückte mir eins in die Hand.
„Glaub mir, den kannst du gut gebrauchen", erklärte sie mir und leerte ihr halbes Glas in einem Zug.
„Wieso?"
„Weißt du nicht, wer auftreten wird?", fragte sie zurück und leerte jetzt auch die andere Hälfte. Sie stellte ihr Glas auf ein Tablett zurück und sah mich an.
„Deine beste Freundin."
„Jetzt echt?", stöhnte ich und grunzte. Ich hatte ganz vergessen, nachzuschauen, wer dieses Jahr auftrat.
„Na bravo."
„Hey, dann haben wir wenigstens etwas zu lachen!", griente Lou mich an und ich lachte.
„Ja, okay, da hast du auch wieder Recht!", bestätigte ich.
„Oh, guck, die ersten Stars kommen! Ich bin jedes Mal wieder aufgeregt, wenn ich so viele Berühmtheiten auf einem Fleck sehe, obwohl ich das jetzt schon so oft mitgemacht habe!"
„Und obwohl du täglich mit niemand geringerem als One Direction zu tun hast und sie tagtäglich verunstalten darfst", fügte ich hinzu, aber Lou war zu sehr damit beschäftigt, die Abendgarderobe der Weltstars zu analysieren.
Lou war einfach einer der coolsten Menschen, die jemals existiert hatten.
Als die fünf Jungs – unsere Jungs, wie Lou sie liebevoll nannte – hereinkamen, blieb mir erst einmal die Spucke weg. Sie nahmen einfach allen die Show. Fünf viel zu gut aussehende Menschen.
Und der schönste in der Mitte.
Der mich jetzt natürlich genau ansah.
Ich beobachtete, wie seine Augen meinen gesamten Körper von oben bis unten scannten. Liam neben ihm zog ihn sanft am Arm weiter und grinste kurz in Lous und meine Richtung. Sofort wurden sie mit den nächstbesten Journalisten in ein Interview verwickelt.
„Ach Gott, wieso hat das niemand gefilmt!", lachte Lou und ich streckte ihr die Zunge raus.
Ich beobachtete von hinten, wie Harry sein Handy aus seiner Hosentasche zog, etwas tippte und dann wieder einsteckte.
„Ich will es lesen", sagte Lou neben mir.
„Was?"
Widerwillig löste ich meinen Blick von meinem Freund und sah sie fragend an.
„Hol dein Handy raus. Ich will es lesen, das Geschmalze, was er dir geschrieben hat."
„Mir geschrieben?", hakte ich nach.
„Wem soll er denn sonst geschrieben haben?" Sie nickte in Harrys Richtung. „Etwa dem heiligen Geist? Jetzt gib schon her."
Sie machte sich kurzerhand einfach selber an meiner kleinen Tasche zu schaffen und zog mein Handy raus. Sie drückte auf den Home-Button.
„Aaaawww!", machte sie im nächsten Moment und reichte mir mein Handy.
Dort stand einfach nur:
‚Wieso bist du so schön? <3'
„Euch beide müsste man verfilmen. Eines Tages muss man über eure Liebesgeschichte einen Film drehen. Ich meine es ernst. Das wäre es wirklich wert. Ich würde mir die DVD kaufen und sie alle zwei Tage anschauen, nur um daran erinnert zu werden, wie schön Liebe sein kann."
„Oh, Lou! Du bist so süß!", meinte ich und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
Wir blieben weiterhin am Rand des Getümmels stehen und Lou war voll und ganz in ihrem Element, jedes einzelne Kleidungsstück in diesem Raum zu analysieren und zu bewerten.
Auf einmal rempelte mich ein Fotograf an, der rückwärts ging und gerade die Bilder auf seiner Kamera ansah.
„Oh, entschuldigen Sie bitte!", sagte er entsetzt und drehte sich zu uns um. „Das tut mir wirklich schrecklich Leid, ich habe einfach nicht geschaut, wohin ich gehe!"
„Das ist doch nicht schlimm", wiegelte ich lächelnd ab. Er war wirklich nur gegen meinen Arm gestoßen, mehr war wirklich nicht passiert.
Er fixierte mich mit seinen dunkelbraunen Augen und ich wollte gerade fragen, ob es irgendein Problem gab, als er sagte: „Ich kenne Sie."
„Ach, tatsächlich?", fragte ich höflich und versuchte, mir nicht anmerken zu lassen, dass mein Herz wie verrückt zu klopfen begann und mir beinahe der Schweiß ausbrach.
„Ja, ganz sicher!", meinte er nachdrücklich. Dann hellte sich seine Miene auf und er strahlte mich an und deutete mit dem Zeigefinger auf mich: „Sie sind die Fronttänzerin von diesem Video, das momentan durch das gesamte Internet geht und vor dem sich niemand retten kann! Die Dance-Crew, die zu Radioactive tanzt! Sie waren da dabei, oder irre ich mich etwa?!"
Ein riesiges Lächeln erschien auf meinem Gesicht und ich konnte es nicht glauben. Eine Gänsehaut überzog meine Arme.
„Ja, das bin ich", bestätigte ich mit ruhiger Stimme, die im krassen Gegensatz zu meinem inneren, wirbelnden Tornado stand. Ich freute mich gerade so sehr, dass ich aufpassen musste, dass ich nicht losschrie.
„Wow, ich muss Ihnen ein riesiges Kompliment aussprechen! Das Video ist so toll! Und Sie sind doch die Stylistin von One Direction, nicht wahr? Darf ich ein Foto von den Damen machen?"
Er hatte schon seine Kamera gezückt.
„Ja, klar", sagte ich und wir lächelten strahlend, während das Blitzlicht uns blendete.
„Ich hoffe, man hört noch ganz viel von Ihnen! Sie und Ihre Crew sind wirklich bombastisch!"
Mit diesen Worten verabschiedete er sich von uns und eilte davon, weil die meisten Leute jetzt schon in der Halle waren, da die Show bald anfing.
„Oh meeein Goooottt! Loouuu!! Ich wurde gerade erkannt! Ich wurde erkannt! Von einem amerikanischen Fotografen auf der Victoria's Secret Fashion Show! Looouuuu!!! Oh mein Gott!!!", quietschte ich und schüttelte Lou durch, weil ich mir ihren rechten Arm gekrallt hatte und ihn wie verrückt hin und her schüttelte.
Ich musste jetzt ein wenig ausflippen. Das durfte ich ja wohl auch.
„Oh Gott, Loouuu!"
„Ist ja gut, Sam!", lachte sie und befreite ihren Arm von mir. Stattdessen griff ich jetzt nach ihrem linken und machte eben mit dem weiter.
„Sam, lass mich los!" Lou lachte über mich, weil ich mich so sehr freute. „Aua, Sam!"
Ich ließ sie los und war nicht in der Lage, irgendetwas zu sagen.
„Ich bin baff", erklärte ich ihr.
„Ja, das kann ich sehen", bestätigte sie grinsend.
„Sam wurde gerade von einem Fotografen erkannt!", sagte sie zu jemandem hinter mir. Ich drehte mich um und stand Paul, dem One-Direction-(Tour)-Manager, gegenüber.
„Wie, erkannt?", fragte er und drückte mich als Begrüßung kurz an sich.
„Ein Fotograf hat mich erkannt und eben gefragt, ob ich nicht die Fronttänzerin von dem Radioactive-Video sei!" Ich war schon wieder kurz davor, auszuflippen. Ich atmete tief durch.
„Jetzt ehrlich? Wow, das ist echt stark!", freute sich Paul für mich. „Ich bin dann mal weg, wir sehen uns später wieder!"
Mit den Worten verschwand er durch die große gläserne Tür hinaus in Richtung Van, denke ich mal.
„Wo geht er denn hin? Schaut er sich nicht die Show an?", fragte ich Lou verwundert, während wir als so ziemlich die Letzten die Halle betraten.
„Ne, Paul hat noch zu viel zu tun, das schafft er nicht", erklärte mir Lou, während wir die Stufen nach oben stiegen und uns auf unsere Plätze setzten, die zugegebenermaßen richtig geil waren. Wir konnten die Models von hier oben perfekt sehen. Wenn man unten saß, konnte man sie nur sehen, wenn sie direkt an einem vorbeiliefen, aber von hier oben hatte man den gesamten Laufsteg perfekt im Blick.
„Das liebe ich so sehr an meinem Job. Wenn die Jungs beschäftigt sind, habe ich nichts zu tun. Nur vorher, da muss ich mich drum kümmern, dass sie gut aussehen. Wenn sie dann unterwegs sind, habe ich ebenfalls frei. Bei Paul ist das nie so. Für den gibt es immer etwas zu tun, zu planen, zu telefonieren und so weiter. Beneidenswert ist das nicht gerade", gab sie lachend zu.
Ich beobachtete die Leute um mich herum und die in der ersten Reihe. Wir saßen links vom Laufsteg, Harry und die Jungs saßen rechts und in der ersten Reihe. Wir konnten also perfekt auf sie hinunter sehen.
„Sag mal, hast du das mit Absicht gemacht?", fragte ich an Lou gerichtet, ohne den Blick von Harry zu wenden, der sich gerade über irgendetwas kaputt lachte, das Zayn zu ihm gesagt hatte.
„Was?", fragte Lou, aber ich konnte in ihrem Tonfall genau hören, dass sie einen auf unschuldig machte und so tat, als wüsste sie nicht, wovon ich sprach.
„Du bist süß", stellte ich fest und umarmte sie von der Seite.
In diesem Moment ging das Licht aus und ein tosender Applaus brach aus.
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