#25 - NYC

„Das muss man eigentlich andersherum sagen", verbesserte er mich und nahm mein Gesicht zwischen seine Hände. Ganz behutsam natürlich, wie Harry eben mit mir umging und damit jedes Mal weiter in mein Herz wanderte und es nie wieder verlassen würde. „Du hast mein verkorkstes Leben wieder gerade gebogen. Die Jungs haben dir gesagt, dass ich mit mir selber nicht mehr klargekommen bin. Wie ich drauf war und dass du mich zu einem besseren Menschen gemacht hast. Denk dran, was Zayn damals zu dir gesagt hat."

„Ich kann es dir nicht genau sagen, um ehrlich zu sein, aber er hat sich verändert..."

Zayn überlegte kurz.

„Zu der Zeit, als ihr euch kanntet, aber das ganze Drama war, dass ihr euch nicht gefunden habt und so weiter... da war er so ...so aufgedreht. So habe ich ihn noch nie erlebt. Er wollte dich auf Biegen und Brechen finden. So habe ich Harry wirklich noch nie erlebt. Er war so versessen darauf, dich wieder zu finden, dass er von nichts anderem mehr geredet hat und an nichts anderes mehr gedacht hat. Und seit du jetzt in seinem Leben bist, Sam, ist Harry einfach total lebendig. Er ist ganz anders, er strahlt eine ganz andere Energie aus. Er lacht wieder mehr, er sieht die Dinge wieder viel lockerer. Er reißt wieder mehr Witze. Und er ist viel toleranter geworden, viel ausgeglichener, viel ruhiger und kommt jetzt wieder viel besser mit sich selber klar. Man kann schlicht und einfach wirklich sagen, du hast einen besseren Menschen aus ihm gemacht."

Ich wusste noch ganz genau, was er gesagt hatte. Ich konnte seine Stimme mit seinem coolen Bradford-Akzent noch in meinem Kopf hören.

Diese Worte hatten sich in meinem Herzen eingenistet und waren unter anderem ein Grund, wieso ich immer für unsere Beziehung kämpfen würde. Weswegen ich wusste, dass es das wert war, dass ich kämpfte und weinte und am Ende doch gewann.

Ich lächelte Harry an und bewunderte mal wieder das schöne Grün seiner Augen.

Im nächsten Moment sprang ich wie von der Tarantel gestochen auf und raste in die Küche.

„Scheiße, die Lasagne!!!!!!"

Gott sei Dank war ich gerade noch rechtzeitig gekommen. Ein paar Minuten später und wir hätten einen dunklen Klumpen im Ofen vorgefunden. Oder besser gesagt: ich hätte einen dunklen Klumpen im Ofen vorgefunden, denn Harry bewegte nur in Zeitlupe seinen Hintern zu mir in die Küche.

„Sieht doch gut aus", meinte er verwundert, nachdem ich sie schon längst herausgeholt hatte und er auch endlich mal die Küche erreicht hatte.

„Jaaa, ich war auch gerade zur rechten Zeit da!"

„Du bist eben eine wahre Köchin, die ohne gucken weiß, wann ihr Essen fertig ist", sagte Harry, gab mir einen Kuss auf die Wange und erntete für diesen Kommentar nur ein Schnauben.

„Du kannst dafür schon mal den Tisch decken", ordnete ich ihm an und gab ihm Anweisungen, wo er das Besteck, die Sets und die Teller finden würde.

Harry bestand darauf, dass wir auch eine Kerze anzündeten.

„Candle Light Dinner und so. Wenn ich dich schon nicht in ein schickes Restaurant ausführen kann, dann will ich das wenigstens hier so schön wie möglich machen", nannte er als Grund und wieder einmal präsentierte er den süßen, privaten Harry, der überhaupt nicht mehr daran dachte, dass er ein Superstar war.

Das war wirklich richtig niedlich, wie er sich verhielt, aber irgendwie führte es mir vor Augen, dass er doch auf eine gewisse Art und Weise gespalten war.

Er war mein Harry und er war gleichzeitig Harry Styles von One Direction.

Er konnte einen Schalter umlegen und von einem Harry in den anderen schlüpfen, ohne mit der Wimper zu zucken oder sich anstrengen zu müssen, und genau das fand ich doch ein wenig gruselig und beunruhigend. Ich hoffte  sehr, dass mein Harry niemals ganz verschwinden würde. Ich wusste, dass es einige Stars gab, die sich komplett verloren hatten, und ich betete, dass Harry das niemals passierte.

Ich wusste, dass die fünf Jungs sich gegenseitig auf dem Teppich hielten und sich Halt gaben... – aber wenn sie abhoben, dann taten sie das alle zusammen.

Die Gefahr war da, und das war ich mir durchaus bewusst.

Die Lasagne schmeckte wirklich vorzüglich. Zumindest tat sie das für uns, vielleicht lag es aber auch an den Schmetterlingen in meinem Bauch, dass ich sie als die beste Lasagne, die ich jemals zustande gebracht hatte, einstufte.

Nachdem wir die Küche aufgeräumt hatten (wir hatten natürlich nicht lange gebraucht, weil wir uns ständig geküsst hatten, nö, nö, wie kommt ihr nur darauf?), setzten wir uns vor den Fernseher. Keiner von uns schaute wirklich den Film, den wir laufen hatten. Wir unterhielten uns wieder über Gott und die Welt. Vor allem aber ging es mir um die kommende Woche.

„Kannst du mir Tipps geben?", fragte ich Harry und schob meine Füße unter ein Kissen, weil sie ein wenig kalt wurden.

„Wie meinst du das?"

„Naja, wie man sich am besten verhalten soll, wenn man im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit steht", erklärte ich und knetete ein wenig nervös meine Finger. Ich hatte echt ein wenig Schiss. Vielleicht mochte mich die Welt nicht? Vielleicht war ich ihnen komplett unsympathisch?

„Bleib einfach so, wie du bist, und alles wird gut. Dir werden alle zu Füßen liegen, Sam, das kann ich dir jetzt schon sagen", lächelte Harry und strich mir eine Haarsträhne von der Wange.

Harry schlief irgendwann neben mir auf der Couch ein und ich kuschelte mich noch enger an ihn. Im Fernsehen lief gerade irgendein Schnulzenfilm und ich zappte ein wenig durch die Kanäle, um etwas zu finden, was mich vielleicht interessierte.

Irgendwann blieb ich in einem Kanal hängen und bekam glasige Augen. Es lief gerade der dritte Step Up-Film.

Ausgerechnet jetzt.

Ich bekam eine Gänsehaut und meine Mundwinkel zogen sich automatisch nach oben.

Ich beobachtete Moose und Camille, wie sie lachend durch die Straßen tanzten, was meine absolute Lieblingsszene in diesem Film war, und träumte mal wieder von meinem eigenen Step Up-Film.

Ein Film mit mir in der Hauptrolle, tanzend, so wie ich mein Leben verbringen wollte.

Ich beobachtete beim Finale des Films jede Bewegung der Hauptperson, Natalie, und stellte mir vor, ich würde an ihrer Stelle tanzen.

„Du tanzt eh viel besser als die alle zusammen", murmelte Harry, seufzte und benutzte meine Schulter und meine Halsbeuge jetzt als sein persönliches Kopfkissen. Ich strich mit der Hand durch seine Locken und zog die Decke, die Harry vorhin um uns geschlungen hatte, höher.

Sein Atem ging gleichmäßig und tief. Seine Lider waren geschlossen und bewegten sich nicht. Ich konnte förmlich sehen, wie ruhig seine Seele jetzt in seinem Herzen ruhte. Schlafen war die beste Medizin und die beste Möglichkeit, um dem stressigen Alltags eines Weltstars zu entkommen.

Ich beobachtete ihn noch ein wenig weiter beim Schlafen. Dadurch wurde ich selbst total ruhig und mein Kopf hörte auf, tausend Szenarien für die kommende Woche auszumalen.

Das Einzige, an das ich dachte, war Harry hier in meinen Armen.

Denn das zählte.

~~~

Wir verschliefen natürlich, weil sich keiner einen Wecker gestellt hatte.

Wir wachten erst auf, als Paul zum siebten Mal anrief. Harry sprang wie von der Tarantel gestochen auf, rannte ins Bad, sprang unter die Dusche und zog sich seine Sachen an, die er in einer kleinen Sporttasche mitgenommen hatte. Er fetzte zurück ins Wohnzimmer, wo ich immer noch auf der Couch fläzte, drückte mir einen Kuss auf die Stirn und sagte: „Ich melde mich bei dir wegen der Fashion Show! Bis später, ich liebe dich, Baby!"

Und da war er auch schon aus der Tür heraus.

Dadurch, dass ich so ein Morgenmuffel war und mich direkt nach dem Aufwachen immer wie eine Kreuzung aus einem Faultier und einem Nilpferd fühlte, hatte ich mich keinen Millimeter bewegt und ihm auch keine Antwort geben können.

Aber er würde sich bei mir melden. Na, das war doch schon mal etwas. Er würde sich kümmern, ich kannte mich eh nicht mit diesem Welt-Event-Zeugs aus.

Auf solchen Dingern war ich eh ein Nobody. Ich würde ja eh irgendwo in den hinteren Reihen sitzen, wo mich niemand sah, aber das war mir egal. Ich würde dort sein und davon hatte ich schon seit Ewigkeiten geträumt.

Ich rappelte mich jetzt auf und stieg unter die Dusche. Als das heiße Wasser auf meinen Kopf prasselte, wurde ich endlich ein wenig wach. Ich frühstückte ein paar Cornflakes und überlegte dann, was ich machen konnte.

Die Sonne schien, wie ich erstaunt feststellte, also nichts wie raus!

Die nächsten Stunden verbrachte ich einfach nur damit, durch New York zu schlendern. Ich bewegte mich Richtung Central Park.

Ich genoss es, alleine durch die Gegend zu laufen. Durch meine Lieblingsstadt.

Ich kaufte mir einen Frappuccino bei Starbucks und schlürfte ihn genüsslich, als ich den Central Park erreichte.

Ich lief einfach nur durch die Gegend und bekam so den Kopf frei. Ich dachte wirklich einfach an gar nichts mehr. Es fühlte sich so schön an und so natürlich. Ich fühlte mich so gut wie schon lange nicht mehr. Mein Leben lief endlich so, wie ich es mir vorstellte, und nichts konnte mich jetzt noch bremsen.

Irgendwann vibrierte mein Handy in der Tasche meiner Lederjacke und ich zog es heraus. Papa hatte mir geschrieben.

‚Hallo Mäuschen, ich hoffe, meine Bude steht noch :P Ist alles in Ordnung bei dir? Sag Harry liebe Grüße von uns!'

‚Hi Papa, ne, ich wohne jetzt nur noch in einem verkohlten schwarzen Loch .__. Aber sieht auch ganz nett aus! Haha ne Scherz ;) Ich bin gerade im Central Park, ein bisschen die Beine vertreten, und Harry ist arbeiten. Ich sehe ihn aber später bei der Victoria's Secret Fashion Show, dann richte ich ihm eure lieben Grüße aus! Ich drückte euch ganz fest, bis bald!<3', antwortete ich Papa.

Ich sah jetzt erst, dass mir über Nacht mehrere Leute geschrieben hatten. Ich setzte mich auf eine Bank und antwortete ihnen allen.

Ilona schrieb mir, wie neidisch sie auf mich war, dass ich in New York war. Ich schickte ihr ein Bild von mir mit einem Schmollmund, dem Central Park im Hintergrund und der Sonne im Gesicht als Antwort und schrieb dazu, dass ich sie vermisste und an sie dachte.

Leo drückte mir rein, dass er mit Caro heute in der Therme war, aber das machte mir nichts aus, ich hoffte, sie hatten ihren Spaß dort.

Jana sprach irgendwie nicht wirklich mit mir, aber die Uhr tickte, bis sie mir eh alles von alleine erzählen würde. Ich wollte sie nicht drängen, sie musste mir das schon freiwillig erzählen.

Irgendwann stand ich wieder auf und begab mich in Richtung Zuhause. Genau dann kam endlich eine Nachricht von Harry.

‚Komm um halb acht zu dieser Adresse!'

Er hatte eine Adresse noch hinzugefügt und mehr nicht. Okay, wahnsinnig nett, dachte ich grinsend und schüttelte den Kopf.

Oh mein Gott!

Ich blieb direkt vor der Haustür stehen und riss die Augen weit auf. Was sollte ich nur anziehen?! Ich hatte überhaupt nichts zum Anziehen für diesen Anlass!!

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