#23 - Zu süß für die Welt
„Mist", hauchte ich und war mit den Gedanken nicht mehr ganz bei der Sache, weil sein Atem an meinem Ohr mich gehörig durcheinander brachte. Eigentlich ärgerte ich mich auch nicht wirklich darüber, dass er mir das Geflunker nicht abgekauft hatte, schließlich hätte ich ihm eh noch das Wahre erzählt.
„Also, was hat sie gesagt?", fragte Harry noch einmal und fuhr mit den Lippen leicht über meine Wange.
Ich konnte mich nicht konzentrieren. Wie auch..?
„Sam?"
„Du kannst nicht von mir verlangen, dass ich jetzt irgendwelche geistigen Ergüsse von mir gebe", murmelte ich ein wenig empört und suchte mit meinen Lippen seinen Mund. Schmunzelnd wich er mir aus, aber ich umfasste sein Gesicht mit meinen Händen und drückte meinen Mund auf seinen.
Ich behielt die Augen eine halbe Sekunde länger offen als sonst. Ich beobachtete, wie er die Augen schloss, was ein erneutes Kribbeln durch meinen Körper fahren ließ.
Er ließ sich genauso in diesen Kuss hineinfallen wie ich.
Bis der liebe Aufzug uns mit seinem Pliiing ankündigte, dass wir den siebten Stock erreicht hatten.
„Diese vermaledeiten Aufzüge", knurrte ich und ließ von Harry ab, der jetzt leise lachte.
Ich sagte jetzt besser nichts, sondern zog ihn an der Hand hinter mir raus und auf Papas Wohnungstür hin.
„Sie hat gesagt, dass sie auf dich gehört und ihm geschrieben hat", griff ich das Gespräch wieder auf und suchte nach dem Schlüssel in meiner Hosentasche. Ich sah ihn an und zog eine Augenbraue hoch. „Du scheinst wohl der bessere Amor zu sein."
„Klar, bin ich das, was denkst du denn!", grinste er mich an und ich verdrehte nur die Augen. Ich schloss die Tür auf und ging vor ihm in die Wohnung.
„Wann musst du eigentlich-", fing ich an, aber genau in dem Moment klingelte Harrys Handy. Er kickte die Eingangstür hinter sich mit dem Fuß sanft zu und angelte sein Handy aus seiner Hosentasche.
„Ja?", meldete er sich und ich konnte an seiner Miene schon sehen, was dieser Anruf zu bedeuten hatte.
„Ja. ... Nein. ... Hab ich." Er grinste leicht. Dann lachte er. „Das muss ich dir später vormachen, wie sie geschaut hat. Man hätte meinen können, der Zettel war vergoldet oder so."
Ich lächelte ebenfalls und ließ mich auf die Couch sinken, während Harry hinter mir auf und ab lief, wie es so viele Leute beim Telefonieren taten.
„Okay, sag Paul, ich bin in einer halben Stunde am Hotel. ... Wie? ... Ja, oder so. Mir egal, dann soll er mich eben holen. Weiß er die Adresse? ... Ich schicke ihm meinen Standpunkt. ... Okay. .. Jaha. ... Ach, halt die Klappe, Horan. ... Bis später, Pussy."
Er legte auf und setzte sich in den Sessel gegenüber von mir.
„Ihr seid so liebevoll zueinander", kommentierte ich sarkastisch und er zuckte mit den Schultern. Er stützte sich mit den Ellbogen auf den Knien ab und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare.
„Wie richtige Geschwister", meinte er. „Ich sehe die vier ja auch viel öfter als ich Gemma sehe."
„Ja, stimmt", pflichtete ich ihm bei. „Paul holt dich jetzt dann, oder?"
„Jipp." Harrys Tonfall klang ein wenig hohl. „Wieso kann ich nicht hier bleiben?"
„Weil du arbeiten musst, Baby", antwortete ich geduldig.
„Ich könnte krank machen."
„Du bist aber Harry Styles. Auch wenn du dich hier nicht wie Harry Styles fühlst", ich stand von der Couch auf, umrundete den kleinen Glastisch und blieb vor ihm stehen, „deswegen bist du trotzdem Harry Styles von One Direction."
Ich zuckte mit den Schultern.
„Da kann man nichts machen."
Er zog mich an der Taille auf seinen Schoß und ich schlang die Arme um seinen Hals wie ein kleines Äffchen.
„Ich freue mich auf den Moment, wenn wir der Welt sagen, dass du meine Freundin bist. Dass du zu mir gehörst. Und dass ich zu dir gehöre", murmelte er in meine Haare.
Ich freute mich auch, aber ich hatte auch ein wenig Angst davor.
„Ach, was ich ganz vergessen habe", sagte Harry, lehnte sich ein wenig zurück und sah mich an, „also du kommst morgen schon mit, oder?"
„Morgen?"
Ich stand ein wenig auf der Leitung.
„Zur Fashion Show."
„Aaahhh! Zu Poshs Engeln! Ja klaro!!!", rief ich begeistert und strahlte ihn an.
„Gut, dann bringe ich dir heute Abend die Eintrittskarte mit", antwortete er lächelnd.
„Heute Abend?", hakte ich nach und kramte in meinem Hirn, ob ich nicht schon wieder etwas vergessen hatte.
„Naja, wo werde ich heute Nacht denn schlafen? Im Hotel?", entgegnete Harry und zog beide Augenbrauen hoch.
„Oh, du möchtest hier schlafen? Du möchtest echt hier schlafen?"
Er sah mich an, als hätte ich nicht mehr alle Latten am Zaun.
„Ja, was denkst du denn? Sam? Sonst geht's dir schon noch gut?!", lachte er ungläubig und ich grinste als Antwort nur.
Okay, das war wirklich dumm gewesen, das zu fragen.
Trotzdem freute ich mich total, dass er hierher kommen würde.
„Ich kann dir allerdings noch nicht sagen, wann ich wiederkommen werde", warnte er mich, „es kann auch nachts irgendwann sein. Macht das etwas?"
„Nö, kein Problem", meinte ich schulterzuckend, „ich kann dir ja einen Schlüssel mitgeben, damit du ohne Klingeln reinkommen kannst."
„Perfekt."
„Hauptsache du weckst mich dann nicht."
„Danke, nicht so freundlich, meine Teuerste!"
Er drückte mir lachend einen Kuss auf die Schläfe und ich grinste ihn nur verschmitzt an.
Ein paar Minuten später klingelte Paul Harry an, um ihm damit zu sagen, dass er jetzt vor der Tür stand und wartete. Unser Abschied fiel mal wieder – wie immer – ein wenig länger aus, sodass Paul mich wahrscheinlich zum hundertsten Mal gerne umbringen würde. Aber hey, das war es mir wert.
„Ich schreibe dir, wenn ich weiß, wann ich ungefähr fertig bin!", sagte Harry noch, kurz bevor die Aufzugtüren sich schlossen. Ich hatte nicht einmal mehr die Möglichkeit, eine Antwort zu geben.
Ich tigerte zurück in Papas Wohnung und drehte erst einmal das Radio auf. Ich liebte die amerikanischen Radiosender einfach zu sehr.
Dann schmiss ich mich auf die Couch und schrieb meiner besten Freundin. Eine halbe Sekunde später rief sie mich über Skype an.
„Na so etwas, dich gibt es auch noch!", begrüßte sie mich sarkastisch. „Ich bin Caro, deine eigentlich beste Freundin, falls du dich nicht mehr an mich erinnern kannst!"
„Ha ha", machte ich als Antwort, „ich habe dir gestern Abend kurz geschrieben und gesagt, dass alles gut ist! Also beschwer dich nicht, ich habe mich bei dir gemeldet!", verteidigte ich mich und sah, wie meine beste Freundin ihre Augen verdrehte. Ich konnte sehen, dass sie auf ihrem Bett lag. Zu Hause war es ja jetzt auch noch morgens. Sogar noch ziemlich früh.
Wir skypten eine halbe Ewigkeit. Ich erzählte ihr alles haarklein vom gestrigen Tag. Ich ließ wirklich nichts aus. Das Zusammentreffen mit dem Security-Rüpel, Sophias tolles Verhalten, die ganzen Fotografen, das Kennenlernen mit Anne, die verschiedenen Auftritte, die Fotos mit den Stars, Janas und Lukes Geschichte.
„Ach Gott, ich glaube es nicht!" Caro war komplett aus dem Häuschen. „Wie süß ist das bitte? Oh man, ich freue mich so sehr für unsere Kleine! Luke! Ausgerechnet wirklich Luke! Och, wie süß!"
Ich lachte. „Ja, süß waren die beiden zusammen wirklich. Fizzy war dagegen nicht so süß."
„Was is'n das? Ein Joghurtart?", fragte Caro und verzog das Gesicht.
„Nein", lachte ich und bekam fast keine Luft mehr vor lauter Lachen, „das ist eine von Louis' Schwester."
„Ach ja, doch, die sagt mir was. Hält die sich nicht auch für so toll?"
„Keine Ahnung, ich habe mich noch nie mit ihr beschäftigt", gab ich zu, „eigentlich war sie ganz süß und bodenständig, wenn sie Jana nicht wie eine Giftspritze angeschaut hätte."
„Hm. – Sag mal, haben die beiden schon einen Namen?", fragte Caro und grinste dabei bis über beide Ohren. „Also ich bin ja für Juke!"
„Ist auf jeden Fall cooler als Lana oder so", stimmte ich zu, „und es ist englisch. Juke. Ja, Juke gefällt mir. Muss ich Jana gleich unterbreiten, dass wir schon einen Namen für die beiden haben."
„Das wird sie noch mehr in den Wahnsinn treiben."
„Das kannst du laut sagen!"
„Und bei euch beiden, Harry und dir", wechselte Caro jetzt das Thema und drehte sich auf den Bauch herum, „ist bei euch alles okay?"
„Alles perfetto. So unglaublich perfekt, dass es schon surreal wirkt", sagte ich milde lächelnd.
„Das freut mich. Hauptsache, das bleibt so."
„Und bei dir und Leo? Ich habe noch gar nicht mit meiner Familie gesprochen", stellte ich fest.
„Auch alles gut."
„Krieg ich mehr Infos als nur ‚alles gut'?", hakte ich nach und zog eine Augenbraue hoch.
Caro senkte den Blick, aber ich konnte ihr Lächeln sehen.
„Aaaww, Caaaaa! Wie süüüüß!", rief ich und freute mich noch einmal so sehr für sie und meinen Bruder. Sie waren wirklich wie geschaffen für einander.
„Cuteness overload", stellte Caro fest. „Irgendwie sind hier alle viel zu süß und viel zu viel Liebe hängt in der Luft. Jetzt kommt auch noch dein Papa heim und dann ist bei euch Harmonie gleich hundert angesagt. Fehlen nur noch du und Harry hier."
„Ich bin schon ein wenig traurig, dass Papa heimfliegt, aber ich nicht da sein werde", sagte ich ein wenig nachdenklich. „Es ist einfach etwas anderes, wenn wir alle vier zusammen sind..."
„Glaube ich dir, aber das nächste Mal bist du dann wieder da, ganz bestimmt."
„Ich hoffe es."
~~~
Den Rest des Tages verbrachte ich mit ...allen möglichen Dingen. Ich machte mir einen Obstsalat, dehnte meine Beine und meinen restlichen Körper, machte ein paar Warm-Up-Übungen, damit ich nicht einrostete, tanzte vor der großen Glashauswand ein paar Choreos undd blickte dabei in den klaren Himmel. Dann skypte ich noch mit Mom, schrieb Ilona und den anderen aus der Crew, wie meine Woche ablaufen würde. Ich sah fern, langweilte mich dabei, weswegen ich die Flimmerkiste wieder ausmachte, putzte ein wenig das Badezimmer, staubsaugte – und sah alle drei Minuten auf mein Handy, um abzuchecken, ob Harry mir nicht vielleicht doch geschrieben hatte. Aber leider war nie eine Nachricht von ihm da. Gut, dann würde ich eben einfach weiterhin warten.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top