Chapter 25
"Sie sind Madison's Mutter?", fragte ich nach meiner kurzen Starre ungläubig nach. Deswegen kam sie mir so bekannt vor.
"Ja, ich bin Rose Dellaira, Madison's Mutter", bestätigte sie.
"Aber warum kommen Sie ausgerechnet jetzt? Was wollen Sie?", fragte ich weiter und hatte schon so eine Ahnung.
"Ich würde gerne zu Madison. Ich habe versucht mir ihr zu reden, aber sie hat nur abgeblockt. Bitte helfe mir, nur fünf Minuten mit ihr reichen. Immerhin ist sie doch meine Tochter", bat mir Madison's Leibliche Mutter. Deswegen war Madison so komisch. Das Treffen mir ihrer leiblichen Mutter musste sie völlig durcheinander gebracht haben.
"Warum ausgerechnet jetzt? Was hat sich geändert? Immerhin konnten Sie die letzen vierzehn Jahre auch ohne Madison leben", warf ich Mrs. Dellaira vor.
"Ich habe sie jede einzelne Minute vermisst, aber es ist nicht so einfach wie du denkt", erklärte sie mir verzweifelt. "Das war der größte Fehler meines Lebens gewesen. Ich hätte sie nicht weggeben dürfen."
"Warum haben Sie Madison dann weggegeben? Sie haben Ihr eigenes Kind weggegeben. Ich habe noch nie verstanden, wie man sein Kind einfach weggeben kann", sagte ich aufgebracht. Ich verstand es wirklich nicht. Manche wollen verzweifelt Kinder, können aber keine kriegen. Wenn man das Glück hat ein Kind zu bekommen, warum sollte man es dann weggeben? Liebt man es nicht? Auch nur der Gedanke daran machte mich wütend. Es hatte aber nicht nur was mit Mrs. Dellaira zu tun. Ich war auch wütend auf mich. Ich hatte kein Recht ihr das vorzuwerfen. Überhaupt kein Recht. Denn wenn ich mal ehrlich bin. Ich war kein Deut besser als sie.
Die ganze Situation erinnerte mich wieder daran, was Henry mir alles angetan hatte. Und dabei wusste er es noch nicht mal. Im manchen Moment wollte ich einfach zu ihm gehen und ihm Alles ins Gesicht sagen, ihn anschreien und ihn für alles büßen lassen, was er mir angetan hatte. Wie konnte ich ihm diese Sache verzeihen? Das war einfach lächerlich. Ich müsste schon psychisch gestört sein, um ihn zu verzeihen.
"Ich war noch jung und hatte Angst. Ich wusste nicht was ich machen sollte und ob ich überhaupt schon ein Kind großziehen konnte. Meine Familie hatte auch nicht genug Geld und ich habe immer gedacht, dass ich ihr nicht genug geben kann. Das war ein Riesenfehler gewesen Madison wegzugeben", wiederholte Mrs. Dellaira wieder. "Was wäre wenn du jetzt ein Kind bekommen würdest? Was würdest du tun?"
Darauf konnte ich nichts mehr sagen. Ich wusste, was ich getan hatte. Aber wenn ich die Zeit zurück drehen könnte, wüsste ich nicht, ob ich das Kind gerettet, oder es abgetrieben hätte. Wie ich es getan hatte.
Mich wieder daran zu erinnern riss die Wunde tief in meinem Inneren ein bisschen auf. Tränen bildeten sich in meinen Augen, aber ich blinzelte sie weg.
"Ich weiß es nicht", sagte ich und drehte mich aus dem Fenster. Alle Wut, die ich hatte war verblasst und auf einmal fühlte ich mich einfach nur schwach. "Aber ich werde Ihnen helfen."
"Wirklich?", fragte sie hoffnungsvoll und lehnte sich näher zu mir.
"Ja, wirklich", bestätigte ich. "Schreiben Sie mir ihre Nummer auf. Ich werde Sie anrufen sobald ich Neuigkeiten habe."
Eilig holte Sie ein Zettel aus Ihrer Tasche und schrieb mir ihre Nummer auf. Ich steckte sie ein und stand auf.
"Ich werde Sie anrufen. Bye." Ich ging einfach aus den Café. Keine fünf Meter weiter traf ich auf Henry, der auf einer Bank saß. Er stand auf und wollte mir was sagen, aber ich lief einfach weiter. Freunde. Wie könnten wir jemals Freunde werden?
Hinter mir rief Henry ständig meinen Namen, aber ich blieb nicht stehen. Seine schweren Schritte waren direkt hinter mir und plötzlich packte er meinen Arm und drehte mich zu sich.
"Was ist dein Problem?", fragte mich Henry und verfestigte seinen Griff.
"Du bist derjenige, der mir hinterher läuft. Also, was ist dein Problem?", stellte ich ihm eine Gegenfrage und zog meinen Arm aus seinen Griff.
"Mein Problem? Du ignorierst mich", sagte Henry aufgebracht.
"Ich sehe keinen Grund es nicht zu tun." Ich drehte mich wieder um und ging weiter.
"Und du hast dich mit dieser Frau getroffen. Weißt du wie gefährlich es sein könnte", rief er hinter mir.
Ich blieb abrupt stehen und drehte mich zu ihm um. "Gefährlich? Was soll daran bitte gefährlich sein? Außerdem, warum kümmert es dich, was ich mache. Es ist immer noch mein Leben und wir sind Feinde."
"Ich möchte aber nicht mehr, dass wir Feinde sind."
"Na schon, wie du willst. Von mir aus können wir auch Fremde sein. Umso besser." Ich drehte mich wieder um und ging los. Henry rief mir die ganze Zeit hinterher, aber ich ignorierte ihn einfach.
Der Weg nach Hause zog sich unendlich lang und ich hatte das Gefühl, als ob die Zeit langsamer vergeht, als sonst. Als ich im Haus war, waren alle am Essen.
"Hailey, komm, du warst heute den ganzen Tag weg und musst doch hungrig sein", sagte Mum und deutete mit dem Kopf auf den Platz neben Madison.
"Nein, ich habe heute kein Hunger. Ich möchte einfach nur noch den Rest des Abends ungestört im Zimmer verbringen, ja?"
"Ist heute etwas passiert?", fragte mich Dad besorgt.
"Nein, es war einfach nur ein anstrengender Tag." Ich schenkte ihnen ein kurzes Lächeln und verschwand nach oben in meinem Zimmer. Dort schmiss ich mich aufs Bett und starrte einfach nur die Decke an. In meinem Kopf schwirrten tausende von Gedanken rum, aber eine war am präsenten. Immer wieder fragte ich mich, wie es wäre, wenn ich das Kind nicht abgetrieben hätte. Wäre es ein Mädchen, oder ein Junge? Wie hätte ich sie oder ihn genannt? Wäre mein Leben schöner oder schlechter? Was hätten die anderen gesagt? Wie wäre es wohl in der Schule gewesen, hätte ich rumgesprochen, dass ich ein Kind hätte? Wie war es überhaupt einen runden Bauch zu bekommen?
Ein leises Klopfen riss mich aus meinen Gedanken.
"Herein", rief ich und die Tür ging auf. Mum stand vor der Tür und hatte zwei Schüsseln Eis dabei.
"Ich dachte, dass es dir vielleicht helfen würde", sagte sie und hielt die beiden Schüsseln hoch.
Ich setzte mich auf und sie sah das als ein ja. Mum schloss die Tür hinter sich und kam zu mir aufs Bett. Zusammen lehnten wir uns an die Wand und aßen das Eis. Niemand sagte was, aber es war auch gut so.
"Willst du darüber reden?", fragte mich Mum, nachdem wir unser Eis aufgegessen hatten. Danach war alles still. Wir beide sahen einfach zur anderen Wand gegenüber und sagten nichts. Sie setzte mich nicht unter Druck und wartete darauf, dass ich von alleine zu erzählen beginne. Das war eine Eigenschaft, die ich an Mum liebte. Sie wusste immer, was sie machen musste.
"Mum? Was denkt du wäre passiert, wenn ich das Kind nicht abgetrieben hätte", sagte ich in die Stille.
"Dann hätte ich jetzt eine Enkelin oder ein Enkel", sagte sie und ich musste lächeln.
"Nein Mum, ich meine, wie hätte sich unser Leben verändert?", fragte ich nochmal.
"Ich weiß es nicht, mein Schatz. Niemand wird es wissen können. Du kannst es nicht ungeschehen machen und das weißt du auch. Das einzige was du machen kannst, ist dein Leben weiter zu leben und aus der Vergangenheit zu lernen", antwortete mir Mum. "Nimm dir Zeit, wenn du welche brauchst, aber danach musst du weiter machen. Ich weiß, dass du stark genug bist."
"Danke", flüsterte ich und lehnte mein Kopf an Mum's Schulter.
"Ich bin immer für dich da." Mum machte eine kleine Pause. "Wir alle sind immer für dich da. Michael, Madison, Nick, Greyson, Lacy und Chris."
Chris. Er war so lieb, nett, süß und er war der beste Mensch, den ich kannte. Wie sollte jemand wie ihn, jemanden wie mich lieben? Ich breche Herzen, mache Chaos und bin ein Wrack.
"Ich lass dich jetzt mal ein bisschen im Ruhe. Ruhe dich aus." Mum gab mir nich ein Kuss auf die Stirn, bevor sie die Schüsseln nahm und mein Zimmer wieder verließ.
Kurz darauf klingelte mein Handy. Es war eine Nachricht von Nick.
Komm um 23 Uhr raus ~ N
Ein kleines Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Zumindest hatte ich für heute Abend eine Ablenkung.
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