Chapter 3 ☆ Corellia
Ich musste schlucken und mein Mut sank. Dieser Mann hatte mehr drauf, als ich ihm zugetraut hatte.
Er sah mich noch für einen kurzen Moment an, bevor er sich wieder von mir entfernte. Er hatte schon fast das Cockpit betreten als er bestimmte: "Wir landen bald im Raumhafen von Corellia. Zieht Euch einen Umhang über. Ich will nicht, dass wir auffallen."
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Der Mandalorianer schien mir soweit zu vertrauen, dass er mich frei in seinem Raumschiff umherlaufen ließ. Aber wo sollte ich auch hin?
Ich hatte mir einen übergroßen, dunkelbraunen Mantel aus einem rauhen Stoff aus dem Schrank neben meiner Pritsche genommen und mein Gesicht notdürftig gereinigt. Meine anfängliche Angst hatte sich soweit gelegt, dass nur noch eine dumpfe Unruhe in mir zurück blieb. Ich wusste, dass der Mandalorianer mir weder unnötige Gewalt antun, noch mich töten würde. Das hätte er sonst längst getan.
Als ich in das kleine Cockpit trat und mich schräg hinter dem Mandalorianer auf einen roten Ledersitz fallenließ, drehte er sich kurz zu mir um. Ich hatte das Gefühl, dass er mich unter seinem silbernen Helm kurz abscannte, bevor er seinen Blick wieder auf den Planeten vor uns richtete, der mit großer Schnelligkeit immer näher kam.
Ich wusste nicht viel über Corellia und war selbst noch nie außerhalb von Asteridea gewesen. Mein Vater hatte es mir immer verboten und es war nicht schicklich, für eine unverheiratete Frau außerhalb von Asteridea zu reisen. So unmöglich es klang, doch ein kleiner Teil von mir freute sich auf Corellia.
Wir tauchten so langsam in die Atmosphäre des Planeten ein und drosselten unsere Geschwindigkeit. Bald schon sah ich die ersten blassrosa Wolken unter uns, die in einem klarblauen Himmel schwebten.
"Wenn wir gleich die Razor Crest verlassen, werdet Ihr mir nicht von der Seite weichen. Wenn Ihr versucht zu fliehen, werde ich Euch schneller fangen, als Ihr es bemerkt und dann werde ich Euch Handschellen anlegen müssen", ließ der Mandalorianer verlauten, ohne auch nur den Blick von der Aussicht abzuwenden. Ich hatte das mulmige Gefühl, dass er noch mehr tun würde als mich nur in Ketten zu legen. Als ich nichts erwiderte, hakte der Mandalorianer mit lauterer Stimme nach: "Habt Ihr mich verstanden?"
"Ja Sir", antwortete ich leise. Von meinem Vater wusste ich, dass ich mich lieber stillschweigend beugte, als aufmüpfig zu werden.
Noch immer konnte ich nicht fassen, dass ich Asteridea entkommen war. Und das durch eine Entführung. Ich ließ meine Hoffnung nicht ersticken, dass der Mandalorianer noch seine Meinung ändern und mich nicht ausliefern würde.
Ich wendete meinen Blick aus den großen, uns rundum umgebenden Fenstern des Cockpits. Als ich die ersten Türme und Wolkenkratzer von Corellia sah, konnte ich nicht anders, als mich über die Amaturen zu beugen um einen besseren Blick zu bekommen.
"Wart Ihr schon einmal außerhalb von Asteridea?", kam es plötzlich von dem Mandalorianer. Mein Blick schnellte überrascht zu ihm, doch er hatte sich immer noch nicht gerührt.
Ich räusperte mich leise, da ich meiner Stimme nicht traute und antwortete dann leise: "Nein, aber dafür bin ich viel auf meinem Heimatplaneten gereist. Darf ich fragen, wie es bei Euch ist? Seid Ihr schon viel gereist?"
"Ja, als Kopfgeldjäger kommt man viel in der Galaxie rum."
Stille senkte sich wieder über uns und doch hatte dieses kurze Gespräch meine leise, kleine Hoffnung in mir weiter entfacht.
Ich sah weiter raus und beobachtete mit Staunen, wie die vielen unterschiedlich geformten Türme näher auf uns zukamen. Unter uns breitete sich eine silbern glänzende Wasserfläche aus, welche die Stadt teilte und sich ihren Weg zwischen den gläsernen Gebäude suchte.
"Welchen Raumhafen steuern wir an?", wagte ich es zu fragen.
"Den Raumhafen von Coronet, der Hauptstadt von Corellia. Wir werden in wenigen Minuten auf einer Westplattform landen. Von da aus werden wir uns bei einem alten Freund verstecken, bis die Razor Crest wieder repariert ist."
Ich war gespannt, wer dieser Freund war.
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Der Raumhafen von Corellia war so überfüllt, wie ich es lange nicht gesehen hatte. Der Mandalorianer hatte mit einem schnellen Handgriff die Kapuze meines Umhangs über meinen Kopf gezogen und seine Hand ganz leicht auf meinen Rücken gelegt, um mich durch die Menschenmasse zu führen. Seine Berührung hätte fast beruhigend wirken können, hätte ich nicht gewusst, dass er mich somit jeden Moment vor dem Fliehen hindern konnte. Und dennoch gab er mir Halt auf diesem neuen Planeten unter der schieren Masse an Individuen. So paradox es klang. Eigentlich sollte ich nicht so denken. Schließlich war er es, der mich überhaupt erst in diese Situation gebracht hatte, indem er mich entführt hatte. Ich hatte kaum Zeit, die kilometerhohen Türme, die lichtdurchfluteten Alleen und exotischen Geschäfte zu bewundern. Der Mandalorianer führte mich zielstrebig durch immer leerer werdende Straßen in ein ärmeres Stadtgebiet von Coronet, was man an den älter werdenden Gebäuden und den heruntergekommenen Geschäften und schmutzigen Straßen erkennen konnte.
Ich wusste nicht, wie er überhaupt noch eine Orientierung haben konnte, doch irgendwann machte er in einem kleinen Hinterhof Halt, der zu zwei großen Stahltoren führte. Der Mandalorianer klopfte zweimal kräftig gegen das eine Tor. Der blecherne Klang hallte gespenstisch von den grauen, hohen Wänden des Hinterhofes wider. Gebannt wartete ich darauf, dass das Tor sich öffnen würde. Nach einer kleinen Ewigkeit öffnete sich ein Spalt im Tor und mir fiel erst jetzt auf, dass eine schmale Tür in diesem eingelassen worden war.
Zwei strahlend blaue Augen blickten uns entgegen, dann öffnete sich die Tür und offenbarte einen groß gewachsenen Mann in einer Lederjacke und einer dunklen Stoffhose, an der wie beim Mandalorianer zwei braune Lederriemen mit Waffen befestigt worden waren.
"Din Djarin", rief der Mann aus, seine rosaroten Lippen breitete sich zu einem Grinsen aus und ließen sein zugegeben äußerst attraktives Gesicht strahlen. In meinem Hinterkopf speicherte ich den Namen des Mandalorianers ab. Irgendwie hatte ich erwartet, dass er einen furchteinflößenderen Namen haben würde. Etwa Darth Mando oder so.
Din ließ mich kurz los, um mit seinem Gegenüber einzuschlagen.
"Eris", erwiderte er und ich meinte ein Lachen aus seiner Stimme zu hören.
Der klarblaue Blick von dem Mann namens Eris wanderte zu mir. Schlagartig fühlte ich, wie eine leichte Hitze in meine Wangen stieg. Nicht einschüchtern lassen Rhea!
"Wen hast du denn da mitgebracht?"
Din Djarin antwortete für mich: "Eine de Steur von dem Planeten Asteridea,"
Ich blickte unsicher zwischen den beiden hin- und her, bis sich der attraktive Mann entschloss, vorzutreten und mir die Hand zu schütteln.
"Eris Kathou, sehr erfreut", stellte er sich vor. Der Druck seiner Hände war warm und angenehm und bildete einen starken Kontrast zu meiner kalten Hand.
"Rhea", erwiderte ich und versuchte mich an einem freundlichen Lächeln.
Eris ließ meine Hand langsam wieder los und nickte dann Din Djarin zu.
"Kommt rein. Dann kannst du mir immer noch erzählen, was dich hierher verschlägt Din."
Nach der schmalen, unscheinbaren Tür folgte ein ebenso schmaler Flur, der nur schwach erleuchtet und vollkommen leer war. In meinem Kopf poppten lauter Fragen auf, doch eine interessierte mich am brennensten: Wer war dieser Eris Katouh?
Eine weitere, tiefschwarze Tür brachte uns in einen Raum, dessen Architektur und Einrichtung mich beeindruckte, auch wenn sie nicht prunkvoll oder luxuriös war, wie ich es sonst kannte. Der mittelgroße, kreisrunde Raum war vollgestopft mit bunten Schildern, kleinen Leuchten, die orangefarbenen Licht in den Raum warfen, Flugzeugteilen und Bildern von den verschiedensten Planeten. Prominent in der Mitte stand eine abgewetzte, rote Ledercouch und zwei verschiedene, ebenso alte Ledersessel. Staunend nahm ich meine Kapuze vom Kopf und saugte alle Eindrücken dieses lebhaften, aber irgendwie auch gemütlichen Wohnraumes in mir auf. Das einzige große Fenster neben einer kleinen Küche erhellte die Wohnung und gab den Blick frei auf einen Garten, der nicht größer als dieser Raum sein dürfte.
"Du kannst mir den Umhang geben, wenn du willst", sprach mich Eris von der Seite an. Ich zuckte leicht zusammen und wandte mich zu ihm. Eris strich mit einer Hand durch seine raspelkurzen, blonden Haare. Unsicher sah ich zu Din Djarin. Wenn ich meinen Umhang auszöge, würden unangenehme Fragen aufkommen. Dieser nickte mir nur zu, weshalb ich zögerlich die drei Knöpfe des Umhanges löste und den schweren Stoff von meinen Schultern streifte. In Eris Augen sah ich etwas aufblitzen, doch zu meiner Überraschung stellte er keine Fragen.
"Ich kann dir frische Sachen geben wenn du willst", bot er nur an. Ich bemerkte, wie sein Blick kurz auf meinen nackten Beinen verweilte, bevor er wieder meine dunkelblauen Augen fand.
"Ja, das wäre sehr großzügig", antwortete ich leise und drehte mich wieder zu dem Mandalorianer um.
"Ihr müsst mich nicht für alles um Erlaubnis fragen", sagte er trocken. Dann drehte er sich von mir weg und setzte sich auf die Ledercouch. Ich kam mir mit einem Mal unglaublich dumm vor, doch meine Gewohnheit und das jahrelange Training hatten mir bis in mein tiefstes Inneres eingeschärft, nicht ohne die Erlaubnis eines Mannes Entscheidungen zu treffen. Ich verfluchte meinen Vater wie so oft. Ich hasste es, wie er es geschafft hatte, meinen eigenen Willen zu unterdrücken.
"Du kannst dich im Bad frisch machen", schlug Eris vor und deutete auf eine Tür neben einem Regal lauter Bücher und Holzkisten.
"Vielen Dank", konnte ich nur noch rausbringen. Ich sehnte mich danach, meine schweißige, dreckige Haut zu waschen und saubere Kleidung zu bekommen. Die Blutflecken auf meinem Shirt hatten sich mittlerweile dunkel verfärbt und ein großer Riss gab mehr von meinem Bauch frei, als ich zeigen wollte. Unwohlsein stieg zum zweiten Mal an diesem Tag in mir auch. Ich kreuzte schützend meine Arme vor meinem Bauch und beobachtete still, wie Eris kurz in der Tür neben dem Bad verschwand und mit einem niedrigen Stapel Kleidung wiederkam.
"Das ist noch Kleidung von meiner Mutter. Wird bestimmt super an dir aussehen", grinste mich Eris an, was meine Wangen zum zweiten Mal dazu veranlasste, sich rosa zu färben. Ich nuschelte ein "Danke" und verschwand im Bad.
Endlich war ich für mich. Als ich mich in dem kleinen aber hellen Bad umsah, fühlte ich mich fast, als wäre ich nur im Urlaub in einer Unterkunft. Tief durchatmend knipste ich die Lichtleiste über dem ovalen Spiegel an und realisierte, dass die letzten Stunden wirklich geschehen waren. Meine rotbraunen, langen und welligen Haare klebten an meiner Stirn, welche halb von einem großen Wundverband verdeckt wurde. Meine dunkelblauen Augen sahen mich leblos an und wurden von lilablauen Augenringen untermalt. Doch das schlimmste war der Dreck und das Blut von Mr. Aro und mir, welches an meiner Kleidung klebte. Ich hielt es nicht mehr aus. So schnell ich konnte riss ich mir das Shirt samt Rock und Unterwäsche vom Leib und atmete tief ein und aus.
Als ich nach zehn Minuten den letzten Blutfleck von meiner Haut und meinen Haaren gewaschen hatte und selbst unter meinen Fingernägeln kein Dreck mehr klebte, fühlte ich mich wie ein neuer Mensch. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich fast wieder wie die alte Rhea aussah. Nur der dunkelrote Wunderverband an meiner Stirn verriet mir anderes. Er musste dringend gewechselt werden.
Eris hatte mit seiner Annahme nicht ganz Recht gehabt, was die Kleidung betraf. Die dunkelblaue Leinenhose war zu lang, sodass ich sie umkrempeln musste, doch immerhin lag das dazu passende, hellblaue Shirt wie eine zweite Haut auf meinem Körper.
Als ich die Badtür schließlich öffnete und in den Wohnraum trat, begegneten mir die himmelblauen Augen von Eris. Und wie er mich ansah, ließ meine Knie weich werden...
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