Chapter 25 ☆ Zärtlichkeiten und Schmerz
„Was ist mit Gerard de Steur?", wiederholte ich, ignorierte Eris bewusst.
„Der?", der Mann lachte kehlig auf, „Der hat sich einen Dreck darum geschert, wo seine Tochter ist. War wahrscheinlich froh dich kleine Hure los zu sein." Eine Welt brach in mir zusammen. Eine Welt, die nur aus Täuschung bestanden hatte. Die ganze Wahrheit über meinen Vater war die größte Enttäuschung. Ein dicker Kloß bildete sich in meinem Hals.
Ein Knallen ertönte. Der Kopf des Informanden fiel mit einem Ruck nach hinten in seinen Nacken. Ich stieß einen Schrei aus und sah zu Din, der immer noch den Blaster ausgestreckt in der Hand hielt.
„Wir hätten noch mehr aus ihm herausbekommen können!", rief Niesken aufgebracht und stellte sich mit verschränkten Armen vor Din.
„Ich weiß alles, was ich brauche", zischte Din wütend. Er ließ den Arm fallen, mit dem er geschossen hatte. „Er hat kein Recht, Rhea so zu beleidigen."
Niesken setzte zu einer Erwiderung an: „Du Idiot. Hier geht es aber nicht nur um Rhea, sondern darum, diesen scheiß Händler zu finden!" Ich hatte sie noch nie so wütend erlebt. Diesmal war es Eris, der sie stoppte: „Lass es gut sein Niesken. Er ist tot und wenn Din ihn nicht getötet hätte, dann hätte ich es getan."
Die Togruta schaute ihn nur verständnislos ans. „Könnt ihr Männer nicht einmal aufhören mit euren verdammten Schwänzen zu denken?", schimpfte Niesken, dann stürmte sie aus dem Raum.
Mir wurde alles zu viel. Das Verhör, diese Brutalität anschauen zu müssen und dann noch der Fakt, dass mein eigener Vater nichts getan hatte, um mich zu retten. In meinem Inneren hatte ich es schon vermutet, ja eigentlich schon gewusst und dennoch fühlte es sich wie ein Schlag in den Magen an. Mein Körper zitterte und mein Kopf war leer. Am Rande bekam ich mit, wie Din mich ansprach, doch meine Zunge wollte mir nicht gehorchen. Mein Atem verschnellerte sich, die ganze Welt drohte mich hinwegzuspülen.
Zwei starke Hände packten mich an den Oberarmen und rüttelten an mir.
„Rhea!", drang es endlich zu mir durch. Ich blinzelte und bemerkte, dass Din vor mir stand und sich zu mir hinuntergebeugt hatte.
„Wie geht es dir?", fragte er leise. Die Wut in seiner Stimme war wie hinfort gewaschen.
„Warum hast du ihn getötet?", konnte ich nur herausbringen. Tränen füllten meine Augen.
„Rhea ich-", setzte Din an, doch ich schüttelte wild den Kopf. Ich wollte diese ganze brutale Wahrheit nicht nochmal durchgehen müssen.
„Ich kümmere mich um sie. Du musst den Informanden verschwinden lassen", erklang Eris Stimme neben mir. Ich spürte Dins Widerwillen, als er einen Moment in seiner Position verharrte und dann schließlich langsam von mir abließ.
Mein Blick war starr auf den Boden gerichtet, als Eris mich leise ansprach: „Komm mit mir Rhea." Ich spürte seinen warmen Arm um meine Schultern, der mich mit sanfter Gewalt aus dem kalten Raum führte und mich an Eris Körper drückte. Ich bekam nicht mit, wohin wir gingen, doch irgendwann waren wir in einem kleinen Schlafzimmer angekommen.
Eris stellte sich vor mich. Dann spürte ich, wie er leicht mein Kinn anhob, sodass ich ihn angucken musste. Erst da wurde mir bewusst, dass wir in unserem Quartier angekommen waren und wie fertig Eris aussah.
„Sprich mit mir Rhea, was ist los?", fragte mich der blonde Pilot. Seine himmelblauen Augen sahen mich besorgt an. Ich blinzelte und schüttelte dann den Kopf.
„Ich will nicht darüber reden. Noch nicht", erklärte ich. Am liebsten wollte ich das alles so schnell wie möglich aus meinem Gedächtnis löschen.
Als mein Blick wieder nach unten schweifte, bemerkte ich das Blut an Eris Handknöcheln.
„Lass mich mal sehen, Eris", lenkte ich ab und nahm seine große Hand in meine beiden Hände.
„Das ist nichts", beteuerte Eris und wollte mir seine Hand schon fast wieder entziehen, doch ich bestand darauf.
„Nein, warte hier. Ich hole etwas zum verarzten." Obwohl es ihm nicht gefiel, setzte er sich mürrisch brummend auf einen der kleinen Sessel in der Ecke des Zimmers, von denen man einen atemberaubenden Ausblick auf die Türme von Cassiopeia hatte. Im Bad fand ich einen kleinen Verbandskasten mit dem Nötigsten. Dazu nahm ich ein frisches Handtuch und befeuchtete es mit warmem Wasser.
Wieder im Schlafzimmer angekommen setzte ich mich neben Eris.
„Zeig her", verlangte ich ohne Erbarmen. Der blonde Mann gehorchte mir und streckte seine Hand zu mir aus. Ich legte sie notgedrungen auf meinem Oberschenkel ab, da der kleine Tisch zu niedrig und mit dem Verbandskasten vollgestellt war.
Konzentriert fing ich an, die Schürfwunden an seinen Handknöcheln zu versorgen, die er sich in der Prügelei zugezogen hatte. Es half mir, im Hier und Jetzt zu bleiben und nicht an das Geschehene zu denken. Eris Hand lag groß und warm auf meinem Oberschenkel. Ich versuchte so sanft wie möglich zu sein, doch konnte nicht verhindern, dass die desinfizierende Tinktur auf der Wunde schmerzhaft brannte. Mit geschickte Handgriffen legte ich seinen Verband um seine Knöchel und konnte sogar zufrieden lächeln, als ich mein Werk betrachtete.
„Zeig mir deine Wunde am Bauch", forderte ich bestimmend und ohne Erbarmen. Eris sah mich zweifelnd an, doch als ich ihn mit einem durchdringenden Blick bedachte, seufzte er.
„Wenn du es so unbedingt willst", murmelte er und zog auch schon sein schwarzes Leinenshirt über den Kopf. Mein Mund wurde trocken, als ich seinen nackten, wohltrainierten Oberkörper erblickte. Aus dem Augenwinkel konnte ich sehen, wie Eris selbstgefällig grinste.
Ich räusperte mich und versuchte, mich ganz auf den Schnitt an seiner Flanke zu konzentrieren, der von dem Messer des Informanden herrührte.
„Die Schnittwunde ist zum Glück nicht tief", meinte ich leise, „Aber ich muss sie trotzdem desinfizieren." Ich sah Eris entschuldigend an.
„Leg los Rhea", meinte der Pilot und lehnte sich in den Sessel, damit ich Platz zum Arbeiten hatte. Ich ließ es mir nicht nehmen, eine Hand auf seiner muskulösen Brust zu platzieren, die unter meiner Berührung glühte. Dann fing ich an, mit der gleichen Tinktur seine Wunde zu säubern. Eris Körper verkrampfte sich unter mir und er stieß ein Zischen aus. Mein Herz sank, denn ich wollte ihm nicht wehtun, doch es musste sein.
„Gleich ist es geschafft", flüsterte ich und ließ meine Finger sanft über seine Muskeln gleiten. Noch ein letztes Mal drückte ich das desinfizierende Tüchlein auf seine Wunde. Eris Hand packte reflexartig meinen Arm. Dann war es vorbei. Ich sah entschuldigend lächelnd zu dem blonden Mann auf.
„Geht es?", fragte ich ihn und er nickte. Beiläufig ließ ich meine Finger über seine Brust streicheln, was ihn zufrieden aufbrummen ließ. Sein Herz schlug schnell unter meinen Fingern. Ich führte es zurück auf den Schmerz und den Stress, den er erleiden musste. Dann klebte ich ein großes Pflaster über seine Schnittwunde.
„Jetzt hast du es geschafft", meinte ich zufrieden und strich noch einmal leicht über das Pflaster drüber.
„Danke Rhea", sagte Eris leise und erschöpft. Er schloss die Augen und blieb einfach so in dem Sessel sitzen, wie er war. Ich musste leise schmunzeln und nahm eine Decke von dem Doppelbett, um ihn zuzudecken. Auch für ihn war es ein anstrengender Tag gewesen. So leise wie möglich schlich ich mich aus dem Zimmer und schloss die Tür hinter mir.
In der Stille des Ganges prasselten die Bilder des Verhörs wieder auf mich ein. Die Gewalt, die Niesken, Eris und Din ausgeübt hatten. Das entstellte Gesicht des Informanden und seine gehässigen Worte. Ich schüttelte den Kopf, stieß mich von der Wand ab und machte mich so schnell wie möglich auf den Weg nach unten in die Küche. Ich brauchte dringend Ablenkung.
Das Apartment war typisch für Asteridea. Die Schlafzimmer befanden sich in der oberen Etage, zu denen nur eine kleine Wendeltreppe aus Glas führte. Unten war die Küche in einem seperaten Raum vom Aufenthaltsraum abgeschnitten. Das großzügige Bad lag direkt neben diesem.
Unten in der Küche traf ich auf Din, der an der weißen Keramikspüle stand und unbeholfen das Blut von seinen einzelnen Beskarplatten wusch. Mit einem Helm hatte man nicht ganz so viel Bewegungsfreiheit. Eigentlich hatte ich keine Lust, mit ihm zu reden oder bei ihm zu sein, doch irgendetwas bewog mich dazu, ihm wortlos den Waschlappen abzunehmen. Din hielt daraufhin in seiner Bewegung inne und ich bemerkte ganz genau, dass er mich anstarrte. Doch ich ließ mich nicht davon abbringen, die Blutflecken auf seiner Brustplatte zu säubern.
Je länger ich so nahe neben Din stand, desto mehr entspannte er sich. Wir redeten kein Wort, doch die ganze Zeit über spürte ich seinen Blick auf mir liegen. Als ich fertig mit seiner Beskar'gam war, widmete ich mich seinen Fingern. Ich zog vorsichtig seine fingerlosen Handschuhe aus. Die Haut an seinen Knöcheln war teilweise aufgeplatzt und geschwollen.
"Rhea du musst nicht-", setzte Din an, doch ich stoppte ihn.
"Nein Din, lass mich wenigstens darum kümmern...", erwiderte ich, bevor ich mir ein sauberes Tuch nahm, es unter warmes Wasser hielt und mich wieder dem Mandalorianer widmete.
"Du hättest das nicht mit ansehen sollen", fing er an. Ich seufzte leise und nahm seine große Hand in meine.
"Es ist okay, ich bin nicht aus zerbrechlichem Glas." So sanft es mir möglich war strich ich über die kleinen Wunden, um eventuellen Dreck zu beseitigen. Danach nahm ich ein paar Pflaster aus der Kiste, die Din schon auf den Küchentresen gestellt hatte und fing an, seine Finger damit zu verarzten.
Ein leises Seufzen kam von Din. Er verlagerte sein Gewicht von einem auf den anderen Fuß und meinte schließlich: "Mir macht es normalerweise wenig aus, Menschen zu töten...Gewalt auszuüben. Es gehört zu meinem Job. Aber diesmal..." Er zögerte, bevor er weitersprach: "Dieses Mal warst du dabei."
Ich blickte überrascht zu ihm auf und runzelte die Stirn.
"Was meinst du?", hakte ich nach, weil ich nicht ganz verstand, was er sagen wollte. Unterdessen nahm ich seine andere Hand und wusch abermals sanft seine Finger.
"Du machst es komplizierter, ich...ich will nicht, dass du diese Seite von mir mit ansehen musst."
Ich schluckte, griff abermals zu der Kiste mit Pflastern und klebte sie wortlos um seine Finger. Erst als ich fertig war, schaute ich zu ihm auf.
"Din...ich kenne diese Seite doch schon von dir. Schon vergessen? Du hast mich entführt?", warf ich ihm vor die Füße.
Plötzlich packte Din mich an den Schultern und zwang mich damit, still vor ihm stehen zu bleiben.
"Ich bereue es zutiefst, dir damals Schaden zugefügt zu haben, doch ich werde niemals bereuen, dich dadurch kennengelernt zu haben", sagte er leise und ernst. Seine Finger strichen kaum merklich über meine Schultern. Ich konnte ihn nur mit offenem Mund anstarren, weil ich niemals solche Worte von ihm erwartet hätte. Etwas in meinem Herzen wurde ganz wohlig warm. Es brachte meine Lippen dazu, sich ein Stückchen zu heben und mich ein wenig vergessen zu lassen, was heute geschehen war.
"Ich verzeihe dir Din, denn sonst hätte ich niemals Asteridea verlassen können. Und ich akzeptiere diese andere Seite von dir. Es sind ja nicht gerade Unschuldige, die du umlegst."
Der Mandalorianer gab ein zufriedenes Geräusch von sich. Seine Hände glitten sanft von meinen Schultern über meine Arme. Sie hinterließen ein warmes, glühendes Gefühl in mir.
"Wir müssen morgen früh nach Lith aufbrechen, ruhe dich aus Rhea", waren seine letzten Worte, bevor ich die Treppe zu den Schlafzimmern hochging. Ich hätte jedoch nicht gedacht, dass ich ihn in der gleichen Nacht so schnell wieder sehen würde...
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