Chapter 23 ☆ Zwischen den Sternen

Nachdem Din mich verlassen und ich eine Stunde lang grübelnd auf meinem Bett gelegen hatte, hielt ich es nicht mehr länger aus in dem kleinen Zimmer mit den dicken Holzbalken an der Decke, an die ich die ganze Zeit starrte. Die Erschöpfung in mir war einer tiefen, dankbaren Erleichterung gewichen, welche mich wieder strahlen ließ. Vielleicht waren es auch die Worte, die Din zu mir gesagt hatte und die sich immer wieder in meinem Kopf abspielten. Ich werde dich immer beschützen, Rhea.
Mein Herz ging auf, wenn ich daran dachte. Wenn ich an die Geborgenheit seiner Umarmung dachte.

Ich seufzte, streckte mich und rappelte mich von dem weichen Bett auf. Die Sonne stand hoch am Himmel. Es musste schon nach Mittag sein und so langsam fing mein Magen an, sich zu beschweren.
Unten in der Küche erwartete mich Niesken, die konzentriert in der Küche herumwerkelte.
„Komm ich helfe dir", meinte ich lächelnd, band meine Haare zusammen und fing an, das seltsam aussehende Gemüse klein zu schneiden. In Cassiopeia hatte ich nie selbst kochen müssen. Manchmal hatte ich als kleines Kind unserer Köchin zugeschaut, aber das war alles.
„Und wie ist es mit Mando?", fragte Niesken leise und stellte sich näher neben mich.

Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich stoppte kurz mit meiner Arbeit.
„Wir haben uns ausgesprochen", antwortete ich ebenso leise. Ich spürte Nieskens forschenden Blick auf mir, aber ich versuchte, ihn zu ignorieren.
„Din war gestern vor allem sauer auf Eris", erklärte ich weiter, „Ich weiß auch nicht ganz genau wie, aber irgendwie haben wir uns wieder vertragen. Du hättest mal hören müssen, was er zu mir gesagt hat!"
Wir beide mussten leise Lachen und als ich in Nieskens orange leuchtende Augen sah, erkannte ich die Freude in ihnen.

„Über was lacht ihr Zwei denn?", ertönte es plötzlich von der Wohnzimmertür. Natürlich war es Din, der lässig im Türrahmen lehnen musste und uns beobachtete. Ich grinste und widmete mich wieder meiner Arbeit.
„Frauengespräche Din", meinte ich nur und versuchte kläglich, mein breites Lächeln zu unterdrücken.
Der Mandalorianer lachte leise, bevor er verlauten ließ: „Heute ist es so weit. Wir fliegen heute Abend nach Asteridea. Ich habe die Razor Crest schon startklar gemacht. Ihr solltet eure Sachen packen."
„Zu Befehl", kommentierte Niesken in sarkastischem Unterton, was ihr nur ein Schnauben von Din einbrachte.
„Das Essen ist übrigens in einer Viertelstunde fertig. Weißt du, wo Eris ist?", fragte ich ihn, während ich weiter ein paar rote Früchte schnippelte.
„Er ist auf dem Markt ein paar Besorgungen machen. Ich werde es ihm mitteilen."

Bei diesen Worten sah ich Din fragend an. Ich wusste, dass er noch immer sauer auf Eris war. Der Mandalorianer nickte mir nur stumm zu, dann drehte er sich um und verließ das Steinhaus. Mein Herz schwoll noch ein klein wenig mehr an.

Nach dem Essen packten wir alles, was wir an wenigen Habseligkeiten in dem Steinhaus hatten. Wehmütig übergab ich die Schlüssel an Elekktra und drehte mich noch ein paar Mal nach Dantonar um, als wir den Waldpfad zur Razor Crest ansteuerten. Die Zeit hier war aufregend gewesen und wie im Fluge vergangen. Es war so viel passiert, dass ich gar nicht alles aufzuzählen vermochte. Und es war das erst Mal gewesen, dass ich ohne meine Familie auf einem fremden Planeten gewesen war. Sogar auf zweien, wenn man den Aufenthalt in Canto Bight mitzählte.

„Blicke nicht zurück", riet mir Din irgendwann leise, als ich am Waldrand stehen geblieben war und wehmütig auf diesen friedlichen, schönen Ort zurückgeschaut hatte. Ich wollte hier nicht weg. Ich wollte nicht diese freie, ruhige Zeit verlassen.
Din legte seine Hand auf meinen Rücken und schob mich sanft vorwärts. Es half mir, nicht zurück zu blicken. Doch auch, als Dantooine zu einer kleinen, grünen Murmel schrumpfte und wir in den Hyperdrive sprangen, wollte das wehmütige Gefühl in mir nicht verschwinden.

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Ich betrachtete die Wunde auf meiner Stirn, als ich vor dem einzigen Spiegel der Razor Crest stand. Sie war fast wieder verheilt. So viel Zeit war seit meiner Entführung vergangen. Dann sah ich im Spiegel, dass sich hinter mir etwas bewegte. Ich zuckte kurz zusammen, doch die vermeintliche Gefahr entpuppte sich als Din, der mit großen, langsamen Schritten auf mich zukam. Ich beobachtete, wie er eine Handbreit entfernt hinter mir stehen blieb. Mich nicht mehr auf Abstand hielt, wie er es noch auf Dantooine getan hatte.

"Es tut mir Leid, dass ich dir diese Wunde zugefügt habe", durchbrach er die Stille. Er sah mich durch den Spiegel aus genau an. Ich hatte das Gefühl, dass er insgeheim über etwas anderes sprach. Dass er sich für etwas anderes entschuldigte. Ich strich meine rotbraunen Strähnen hinter mein Ohr und ließ meinen dunkelblauen Blick über ihn schweifen. Er stand hinter mir wie immer. Gerade und stark, die Hände hinter sich verschränkt.

Eine plötzliche Sehnsucht nach ihm und seiner Stärke überkam mich. Wie er so nah hinter mir stand, erinnerte mich viel zu sehr an die Situation im Bad. Und ehe ich es mir nochmal überlegen konnte, machte ich einen kleinen Schritt nach hinten, sodass mein Körper ganz leicht den Seinen berührte. Ich spürte die Härte seines Brustpanzers an mir und die Wärme seines Körpers. Noch immer rührte er sich nicht. Meine Hände umklammerten den Rand des kleinen Steinwaschbeckens, während ich ihn stumm anstarrte und noch ein kleines Stück näher an ihn rückte. Der Kontakt seines Körpers löst strömende Wärme in mir aus und brachte mein Herz zum schnelleren Schlagen. Dieses Gefühl in mir verstärkte sich, als ich meine Hüfte ganz leicht gegen ihn rieb. Fast wie eine zufällige Bewegung. Doch ich wusste genau, dass Din es bemerkte.

Plötzlich schnellte seine Hand hinter seinem Rücken hervor und packte fest meine Hüfte. Ich sog scharf die Luft ein und klammerte mich noch fester an den Rand des Waschbeckens. Im Spiegel konnte ich sehen, wie Din leicht seinen Helm neigte, seine bloße Hand umgriff immer noch fest meine Hüfte und hielt sie an Ort und Stelle.
"Führe mich nicht in Versuchung", raunte er. Seine Hand wanderte ein kleines Stückchen weiter nach oben auf den Ansatz meiner Taille und berührte dort meine nackte, erhitzte Haut. Aus einem inneren Impuls heraus drückte ich meinen Rücken leicht durch, sodass ich nun deutlich gegen seine Hüfte gedrückt wurde. Ich wusste nicht mehr, wie sehr ich wollte, dass Din mich weiter berührte. Seine Finger drückten in mein weiches Fleisch, als er die Änderung meiner Haltung bemerkte.
"Rhea...", warnte Din leise, doch seine Hand strichen kaum merklich über meine Haut. Jäh löste er sich von mir. Überrascht ließ ich von dem Waschbecken ab und drehte mich zu Din um, der einen Schritt von mir zurückgetreten war.

Ich konnte nicht verhindern, dass eine leichte Enttäuschung in mir aufstieg und meine Augenbrauen sich zusammenzogen. Din sagte nichts. Er stand einfach nur stumm vor mir. Wie ein Krieger, der auf einen Befehl wartet und sich kontrolliert geduldet. Dann schüttelte er kaum merklich den Kopf. Hätte ich ihn nicht genau taxiert, so wäre es mir nicht aufgefallen.

"Nicht hier", flüsterte er. Seine Worte gingen mir durch Mark und Bein, ließen meine Knie weich werden. Der Mann bedachte mich noch mit einem kurzen Blick. Dann drehte er sich ruckartig um, sodass sein grauer Mantel in einem großen Bogen um ihn herumschwang und verließ mich in Richtung des Cockpits.

Im kleinen Fenster der Razor Crest konnte ich die Sterne in einem weiß-bläulichen Strom an mir vorbeiziehen sehen. Ich setzte mich auf eine Metallkiste, von der aus man einen guten Blick auf den vorbeiziehenden Weg hatte und stützte den Kopf auf die Hände. Ich wusste nicht, was ich denken sollte, doch von meinem Herzen stürmten verwirrende Gefühle in meinen gesamten Körper. Din war immer der Krieger. Meist besonnen, kontrolliert und wohlüberlegt. Doch ich wusste, dass ich ihn aus seiner Beskar'gam reizen konnte. Oh wie oft ich es schon geschafft hatte.

Ich schüttelte den Kopf. Wie konnte ich überhaupt Gefühle für meinen eigentlichen Entführer haben? Er hatte mich aus Asteridea genommen, und doch kam es mir mehr wie eine Rettung vor. Immer schon hatte ich mir eine andere Zukunft als jene unter meinem Vater gewünscht. Ich blickte tranceartig auf die hellen Lichter des Hyperdrives. Was wollte ich eigentlich mit meiner Zukunft anfangen, falls wir die Mission auf Asteridea überlebten?

Meine Überlegungen wurden unterbrochen, als wir mit einem Ruck aus dem Hyperdrive zurück zu einer normalen Fluggeschwindigkeit zurückkehrten. Ich ging sofort ins Cockpit, um meinen Heimatplaneten sehen zu können. Er türmte sich ineinem satten, dunklen Blau vor uns auf. Doch der Anblick meines Heimatplaneten rufte keine angenehmen Gefühle in mir hervor. Eher im Gegenteil: er erinnerte mich an meine Unfreiheit in Cassiopeia.

"Wir landen in 15 Minuten. Ich muss unseren Erkennungscode ändern. Rhea?!
Ich riss mich von dem vertrauten wie fremden Anblick meines Heimatplaneten und blinzelte Eris an, der vorne auf dem Pilotensitz saß.
"J-ja natürlich", stotterte ich und versuchte, mich an die gewöhnlich genutzten Erkennungscodes auf Asteridea zu erinnern. In meinem Kopf raste es. Ich konnte mich nicht konzentrieren.

Plötzlich erklang ein Funkspruch im Cockpit: "Hier spricht die Raumfahrtzentrale des Planeten Asteridea im Corusca-Sektor. Bitte geben Sie sich zu erkennen." Eris drehte sich auffordernd zu mir um. Mein Herzschlag verschnellerte sich auf eine unangenehme Weise und ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. Da legte sich eine Hand warm und ungesehen auf meinen Rücken. Es war Din. Ich atmete tief durch. Noch einmal erklang der Funk: "Ich wiederhole: Weisen Sie sich aus!"

"Rhea!", zischte Eris leise. Er klang eine Spur nervös. Ich nickte ihm knapp zu, obwohl ich mich nicht bereit fühlte. Dins Hand blieb warm auf meinem Rücken liegen. Dann gab Eris mir das Zeichen, dass ich sprechen konnte: "Hier spricht QNH1. Wir sind ein 4-Personen-Flug des Modells ST-70. Ich bitte um Landerlaubnis am Terminal C7." Eris übermittelte schnell unsere Daten. Es dauerte einen Moment, in dem mir das Herz fast stehen blieb.

"Freigabe erteilt", ertönte es knackend aus dem Lautsprecher. Ich atmete auf.
"Sehr gut Rhea", grinste Eris, "Woher hast du dieses Wissen?"
Auch auf meine Lippen schlich sich ein leichtes Lächeln. "So etwas hat zu meiner Grundausbildung gehört. Und ich hatte Kontakt mit der berühmtesten und einer der einzigen Pilotinnen auf Asteridea."
"Wieso einer der einzigen?", hakte Eris verwundert nach.
"Naja...formal gesehen dürfen sowohl Männer als auch Frauen Piloten werden. In der Realität sieht das jedoch anders aus. Für uns ist es sehr schwer, einen Ausbildungsplatz zu erhalten. Und wenn wir es dann doch geschafft haben, werden wir im Beruf nicht ernstgenommen."
"Dann hat Asteridea bestimmt eine tolle Pilotin an dir verloren", meinte Eris und zwinkerte mir zu. Vielleicht hatte er Recht. Als Kind hatte ich mir immer vorgestellt, Pilotin zu werden. Und als ich älter war, hatte ich meine Freundin und berühmte Pilotin Freja immer darum beneidet, den Beruf auszuüben, obwohl es sehr schwer für sie war.

Noch einmal sah ich aus dem großen Fenster der Cockpits und beschloss, dass ich den Anblick dieses Planeten nicht mehr ertragen konnte.

Ich ging in den geräumigen Hauptraum der Razor Crest, der von länglichen Lampen an der Decke beleuchtet wurde und lebenswichtiges Equipment beinhaltete. Etwas später hörte ich leise Schritte auf mich zukommen. Ich drehte mich um und sah wieder Din vor mir stehen. Stirnrunzelnd betrachtete ich seine glänzende Rüstung.
"Du musst dir etwas unauffälligeres anziehen", bestimmte ich und beäugte ihn skeptisch. Din brummte nur unzufrieden und beobachtete, wie ich zielstrebig auf einen der Seitenschränke zusteuerte auf der Suche nach einem großen Umhang. Ich klappte einige der schwarzen Metalltüren auf, bis ich fündig wurde.

Mit einem langen, grauen und übergroßen Mantel im Gepäck kehrte ich zu dem Mandalorianer zurück und breitete ihn vor ihm aus. Ohne noch weiter zu zögern, stellte ich mich dicht vor ihm auf die Zehenspitzen, hob meine Arme und legte den Umhang über seine Schultern. Ich mochte es, so nah bei ihm sein zu können und auch noch eine Ausrede dafür zu haben. Langsamer als nötig verknüpfte ich die beiden Lederstränge miteinander und strich den rauhen Stoff des Umhangs glatt. Mir entging nicht, dass der Mandalorianer mich die ganze Zeit über nicht aus den Augen ließ. Es machte mich nervös.
"Fertig", meinte ich leise, um diese komische Stimmung zwischen uns zu unterbrechen.

Bevor Din jedoch etwas erwidern konnte, ging ein Ruck durch das Raumschiff, welcher mich beinahe von den Füßen riss...

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Liebe LeserInnen,

Ich hoffe die Wartezeit bis zu diesem Kapitel kam euch nicht allzu lange vor. Ich schreibe jetzt fleißig weiter und werde nächste Woche bestimmt wieder uploaden können.

Das Bild oben habe ich übrigens auf einem Trip in Brüssel entdeckt. Es wurde von einem Gemälde von Magritte inspiriert und ich fand es sehr cool. :)

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