Chapter 2 ☆ Schmerz und Flucht

Ich konnte immer noch nicht die Tatsache realisieren, dass ich gerade von einem Mandalorianer entführt wurde. Doch der Mann in der glänzenden Rüstung, der mich an meinem Oberarm schnell durch das Treppenhaus des Hochhauses immer weiter nach oben zerrte, sprach die Realität.
Ich fühlte mich so unglaublich hilflos. Was hatte er mit mir vor? Würde ich sterben? Ich verbot mir, weiter darüber nachzudenken, denn sonst wäre ich durchgedreht.
Stattdessen versuchte ich mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Während wir dem Dach des Gebäudes mit jeder Etage näher kamen, überlegte ich fieberhaft nach einem Ausweg aus dieser Situation. Doch die klaffende Wunde an meiner Stirn und der eiserne Griff des Mandalorianers machten mir es fast unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen.

Auf einmal hörte ich eine Tür unter uns zuschlagen, gefolgt von lauten Schritten und Stimmen, die sich immer näher auf uns zubewegten. Der Mandalorianer drehte sich nicht einmal um, geschweige denn dass er stoppte. Stattdessen stieg er immer schneller die Betonstufen zum Dach des Hochhauses hinauf.
Schwer atmend hastete ich ihm hinterher, halb zog er mich das Treppenhaus hinauf, dessen Ende in der schlechten Beleuchtung nicht auszumachen war.

Nach einer halben Ewigkeit kamen wir endlich an einer Stahltür an. Die Lampe daneben offenbarte, dass es sich um eine Sicherheitstür handelte, die der Mandalorianer wahrscheinlich nicht so schnell aufbekommen würde. Fluchend drückte er dennoch die Klinke hinunter und schmiss sich mit seinem Körper gegen die dicke Tür. Natürlich bewegte sich nichts. Innerlich freute ich mich darüber. Vielleicht würden die Security-Männer schnell genug sein und mich noch retten können. Ich musste irgendwie Zeit schinden.

Mit all meiner Kraft und dem Mut, den ich besaß, trat ich dem Krieger vor mir gegen die Kniekehle und versuchte, mich aus seinem Griff zu reißen. Der Mandalorianer knickte kurz ein, fing sich in der nächsten Sekunde jedoch wieder. Der Griff um meinen Oberarm verstärkte sich und wurde schmerzhaft fest.
"Das würde ich an deiner Stelle nicht nochmal tun", drohte er mir und selbst mit dem Helm auf seinem Kopf konnte ich sehen, dass er es verdammt ernst meinte.
Schnell sah ich zu Boden und betete dafür, dass er mich dafür nicht bestrafen würde. Wie dumm konnte ich auch sein und annehmen, dass ich auch nur irgendeine Chance gegen diesen Krieger haben würde?

Still beobachtete ich, wie der Mandalorianer blitzschnell seinen Blaster zog. Mein Herz stoppte für eine Sekunde. Als er es jedoch nur auf das Türschloss vor uns richtete, atmete ich erleichtert aus.
Seine Schüsse ließen mich dennoch zusammenzucken, welche glühende Löcher in die Stahltür brannten. Die Stimmen unter uns kamen immer näher. Ich konnte hören, wie sie nach dem Mann vor mir brüllten. Ich konnte hören, welche Wut in ihren Stimmen lag.
Der Mandalorianer ließ sich nicht davon beeindrucken. Er schmiss sich mit all seiner Kraft erneut gegen die Tür. Die Männer hatten fast unsere Ebene erreicht - die Tür brach auf.

Der Mandalorianer rannte los und zog mich hinter sich her. Meine Beine brannten und jeder Schritt schien mir immer mehr Mühe zu bereiten. Mein Atem brannte in meiner Lunge, doch der Griff um meinen Oberarm blieb unerbittlich. Ich sah in der Mitte des Daches ein Raumschiff stehen. Wäre ich nicht in dieser scheiß brenzligen Lage gewesen, hätte ich womöglich noch die sich bietenden Sicht auf Cassiopeia genossen. So war ich damit beschäftigt, mit dem Mandalorianer mithalten zu können und bei Bewusstsein zu bleiben.

Urplötzlich hörte ich Schreie hinter mir und Schüsse, die neben uns im Betonboden einschlugen. Ich schrie auf. Die Panik übermannte mich endgültig. Das Adrenalin in meinem Körper ließ mich meine Schmerzen vergessen und zwang mich dazu, noch ein Stückchen schneller zu rennen. Ich bekam nur aus dem Augenwinkel mit, wie der Mandalorianer sich beim Rennen halb umdrehte und ein paar Schüsse abfeuerte. Das Raumschiff war nur noch wenige Meter entfernt, ich konnte schon klar die Eingangsluke sehen. Die Schüsse hinter uns hörten nicht auf und trafen immer näher neben uns ein. Ich hörte, wie sie meinen Namen und nach dem Angreifer brüllten, doch wäre ich stehen geblieben, hätte mich der Mandalorianer wahrscheinlich ausgeschaltet.

Als wir gerade die Eingangsluke erreichten, schubste der Krieger mich vor sich. Und das nicht zu spät. Ich hörte, wie ein Schuss ganz nah neben uns in die Halterung der Rampe eintraf. Egal. Weiterrennen. Erst als wir in einem kleinen Cockpit ankamen und der Mandalorianer mich grob auf einen Sitz drückte, realisierte ich, dass wir im Raumschiff angekommen waren. Ich konnte gar nicht so schnell gucken, da hatte er schon die Triebwerke gestartet und hoben vom Dach ab. Die Schüsse prallten als ein dumpfer Hagel an der Panzerung des Schiffes ab.

Ich sah aus dem Fenster und beobachtete, wie die spitzen, hohen Türme von Cassiopeia immer kleiner wurden, bis nur noch ein sanftes, violettblaues Leuchten von ihnen zu sehen war. Fast hätte ich die Schönheit meiner Stadt bewundern können, hätte nicht das plötzliche Piepen der Warnanlage meine Gedanken gestört. Und schon erschütterten Schüsse der uns verfolgenden Jäger das Raumschiff.

Neben mir fluchte der Mandalorianer in einer Sprache, die ich nicht verstand. Vielleicht war es etwas auf huttesisch. Im nächsten Moment wurde ich stark in meinen Sitz gedrückt, die Welt um mich drehte sich und ich wurde von einem Schwindel erfasst, der nicht nur mit meiner Wunde am Kopf zutun hatte. Noch nie hatte ich jemanden so fliegen sehen, wie der Mandalorianer es tat. Ich konnte gar nicht mitverfolgen, wie schnell er sein Steuer rumriss, hektisch auf irgendwelche Knöpfe drückte und dabei auch noch selber Schüsse abfeuerte. Wer war dieser Mann?

Ich setzte jedenfalls alle meine Hoffnungen in seine Flugkünste, sonst hätte ich mich längst tot gewähnt. Draußen konnte ich nur den Himmel von Asteridea sehen, der sich immer weiter verdunkelte, je weiter wir uns von dem Planeten entfernten. Der Mandalorianer hatte schon vier der fünf Jäger abschütteln können, doch einer hielt sich hartnäckig hinter uns und beschoss uns mit allem, was er hatte. Unser Raumschiff sackte plötzlich ab, sodass mir ein erschrockener Schrei entkam. Wir befanden uns im freien Fall und mein Magen schlug Purzelbäume. Hatte der Jäger etwa unsere Triebwerke getroffen?

Als das Raumschiff mit einem Ruck in der Luft stehen blieb und ich dann nach vorne gegen meinen Anschnaller geschleudert wurde, wusste ich, dass die Triebwerke noch gehen mussten. Der Mandalorianer hatte es mit Absicht getan, sodass wir uns nun nah hinter dem Jäger befanden. Ein paar Schüsse auf ihn genügten, um ihn auszuschalten.

Ich wusste, dass wir wirklich jeden einzelnen der Jäger abgeschüttelt hatten, als sich der Mandalorianer in seinem Sessel nach hinten lehnte. Auch ich erlaubte mir, mich in den roten Ledersitz zurückzulehnen und die vielen Lämpchen im Cockpit anzustarren, die eifrig aufleuchten. Die Panik entwich meinem Körper Stück für Stück und erst jetzt bemerkte ich wieder die stechende Wunde an meiner Stirn. Stöhnend tastete ich meinen Kopf ab und zuckte vor Schmerz zusammen, als ich die dicke Schürfwunde an meiner rechten Schläfe ertastete.

Ich konnte nicht verhindern, dass stumme Tränen meinen Augen entflohen. Vor Schmerz und vor Schrecken, der sich langsam in meinen Knochen festsetzte und sich in mein Bewusstsein einbrannte. Ich konnte nicht verhindern, dass mir ein verzweifeltes Schluchzen entkam und mein Lippen anfingen zu beben. Ich versuchte, einen weiteren Schluchzer zu unterdrücken, doch alles was ich schaffte war, meinen Körper von einem nicht aufhörenden Zittern zu erfassen. Ich konnte nicht mehr. Jetzt, wo das Adrenalin gewichen war, wurde mir schlagartig bewusst was ich soeben erst erlebt hatte. Die Bilder der Explosion und der Flucht drohten auf mich einzustürzen, da erfasste mich ein Schwindel, der das Cockpit um mich kreisen ließ. Dunkle und helle Flecken begannen, vor meinem Auge herumzutanzen. Dann wurde alles schwarz.

☆○☆
Ich wachte von einem leichten Dröhnen auf, das meinen gesamten Kopf erfasst hatte. Der stechende Schmerz war wie weggewaschen. Vorsichtig blinzelnd öffnete ich die Augen und starrte direkt auf eine weiße Wand, die sich nur einen halben Meter über mir befand. Wo war ich? Immer noch auf Cassiopeia? Nein, ich lag auf einer harten Pritsche. Der Mandalorianer musste mich hierher getragen haben.

Mein kurzer Rock war hochgerutscht, mein Top halb zerrissen und dreckig, doch meine Hände fühlten sich sauber an. Als ich nach meiner Wunde tastete, stellte ich mit Überraschung fest, dass sie verbunden worden war.
Ich rieb meine Augen und setzte mich vorsichtig auf. Sofort schoss ein eiserner Schmerz in meinen Kopf, der mich leise aufstöhnen ließ.

"Langsam", ertönte eine tiefe, männliche Stimme. Vor mir saß der Mandalorianer auf einem Hocker, die Arme lässig auf seinen Knien abgestützt. Schlagartig war ich wieder wach. Die Explosion, die Entführung. Die Angst schoss in mein Herz zurück und ließ meine Muskeln anspannen.
"Wer seid Ihr?", brachte ich hervor und beobachtete genauestens jede noch so kleine Bewegung des Mannes vor mir.
"Ich bin ein Kopfgeldjäger", antwortete er, als würde das alles erklären. Sein Blick. war immer noch starr auf mich gerichtet. Zumindest wirkte es so durch seinen Helm.
"Für wen arbeitet Ihr?", wollte ich wissen. Wenn ich seinen Auftraggeber kannte, würde ich vielleicht irgendwie Kontakte spielen lassen und entfliehen können.
"Das hat Euch nicht zu interessieren. Ich soll Euch nur heil abliefern. Davor werden wir jedoch einen Zwischenstopp machen müssen. Das Schiff hat ordentlich was abbekommen durch die Schüsse."
Ich schluckte und sah zu, wie sich der Mann in der glänzenden Rüstung aufrappelte und in Richtung des Cockpits ging.
"Wartet!", rief ich ihm aus einem inneren Impuls heraus zu. Vielleicht konnte ich ihn irgendwie dazu bringen, mich doch nicht abzuliefern. Der Mann blieb in der Bewegung stehen und drehte sich halb zu mir um.
"Was wollt Ihr wirklich?", fragte ich ihn, anstatt ihn mit dem Geld meines Vaters zu bestechen. Etwas in meinem Inneren sagte mir, dass er nicht der Typ dafür war und sowieso nicht darauf eingehen würde.
"Was interessiert es Euch?", stellte er mir eine Gegenfrage. Ich spürte, wie ich immer mehr in die Rolle der Spielerin schlüpfte, die ihre Gegner um den Finger wickeln und subtil zu etwas bringen wollte. Ich fühlte mich, als säße wieder nur einer von Vaters Geschäftspartnern vor mir.

Kokett blinzelte ich mit den Augen, Strich mein Haar so gut es ging glatt und erwiderte: "Weil ich glaube, dass Ihr eigentlich etwas anderes wollt, als immer der Kopfgeldjäger zu sein."
Ich wusste, dass ich gerade hoch pokerte ohne auch nur die geringste Ahnung zu haben, welche Karten mein Gegenspieler in der Hand hielt. Vielleicht hatte ich mich in ihm getäuscht und er war so stumpfsinnig wie alle anderen Männer, denen ich begegnet war.
Der Mann drehte sich nun ganz zu mir um und ich kam dazu, ihn näher zu betrachten. Seine Rüstung war nicht durchgängig, sondern bestand aus vielen verschiedenen Platten an seinen Schultern, Beinen, Händen und eine große, die seine Brust überspannte. Obwohl sein ganzer Körper bedeckt war und ein langer, grauer Mantel zusätzlich von seinen Schultern hing, konnte ich erkennen, dass er unter der Rüstung gut gebaut sein musste.
"Vielleicht will ich kein Kopfgeldjäger sein", meinte er, ließ aber den Rest seiner Antwort unausgesprochen im Raum schweben. Verdammt, es war so schwer ihn nur anhand seiner Gestik und Körperhaltung zu lesen.

Ich stand vorsichtig auf, um meinen Kopf nicht unnötig zu belasten. Der Mandalorianer bewegte sich kein bisschen vom Türrahmen zum Cockpit weg, an den er gelehnt war und beobachtete genau, wie ich auf ihn zukam.
Als ich ein Stückchen entfernt von ihm stehen blieb, wurde mir erst jetzt bewusst, dass er mich fast um einen ganzen Kopf überragte.

Ich legte meinen Kopf leicht schief und verschränkte meine Arme vor meiner Brust.
"Ich weiß, dass Ihr besser seid, als Ihr vorgebt", behauptete ich und hoffte, es würde etwas in ihm auslösen.
Der Mandalorianer trat so nah an mich heran, dass ich nur meinen Finger hätte ausstrecken müssen, um ihn zu berühren. Mein Herzschlag verschnellerte sich. Was hatte er vor?
"Und ich weiß, dass Ihr nur Eure Spielchen mit mir spielen wollt."

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Liebe LeserInnen!

Ich hoffe euch hat das zweite Kapitel dieser Fanfiction gefallen. Ich freue mich über jeden einzelnen Read vom euch. :) Noch als Info: mein Uploadplan wird sein, jede Woche ein neues Kapitel zu veröffentlichen. Ob es beim Freitag bleibt, weiß ich noch nicht.

LG

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