Chapter 14 ☆ Zorn und Verwirrung
Gegen Mittag kamen auch Niesken und Din wieder in das kleine Steinhaus. Eris und ich saßen immer noch auf der Steinterasse und ließen die nackten Füße im hohen Gras baumeln. Als Din uns so vertraut nebeneinander sitzen sah, sagte er kein Wort der Begrüßung. Ich hätte ihn fast nicht bemerkt, hätte er die verglaste Tür nicht fester als nötig zugeschlagen. Ich ließ mich von ihm nicht beirren, sondern schloss meine Augen und genoss die warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut.
Schließlich gesellte sich Niesken zu uns und ich fragte sie, ob sie mich ins Dorf begleiten würde.
Niesken stieß die Luft aus, verschränkte lässig wie immer die Arme vor der Brust und ließ ihre Lekku nach hinten fallen. "Dann will ich mal nicht so sein und Mando seinen Wunsch erfüllen. Er hat dir doch bestimmt verboten, alleine vor die Tür zu gehen?"
"Ja, hat er. Woher weißt du das?", druckste ich herum und rappelte mich von dem klobigen Holzstuhl auf, der neben Eris stand.
"Das klingt sehr nach Mando", meinte Niesken nur. Ihre orangenen Augen blitzten gefährlich auf, doch sie sagte nichts mehr dazu. Auch ich ließ das Thema fallen. Es hatte keinen Sinn, sich gegen den Mandalorianer aufzulehnen. Stattdessen verabschiedete ich mich von Eris und machte mich mit der Togruta auf den Weg zum Markt.
Die Sonne traute sich nur noch vereinzelt durch die dicke Wolkendecken am Himmel, sodass uns ein kühler Wind unter die Kleidung pfiff. Ich nahm mir vor, andere Kleider einzukaufen.
"Was hat Eris gesagt, dass du ihm verziehen hast?", wollte Niesken plötzlich wissen. Der Markt war schon in Hörweite gekommen.
Ich blinzelte verdattert und brauchte einen kurzen Moment, um mich zu erklären. "Er hat sich einfach aufrichtig entschuldigt...und er hat erklärt, warum er in Canto Bight so ein Idiot war."
Niesken schaute mich fragend an. Also erzählte ich weiter: "Keine Ahnung...er hat gemeint, dass er diesem Mr. Woor jeden Moment eine reingehauen hätte, wenn er nicht gegangen wäre."
Die Togruta neben mir lachte leise auf und schüttelte ihren Kopf, sodass ihre violetten, türkis gestreiften Lekku leicht hin- und her wippten. Mein Blick schnellte zu ihr.
"Was ist?"
"Mädchen", seufzte Niesken und taxierte mich mit ihren orangenen Augen, "Sei vorsichtig mit Eris. Ich hab dich gewarnt, aber anscheinend hat er wirklich einen Narren an dir gefressen. Verstehen kann ich ihn."
Ich sah sie nur mit großen Augen an und spürte, wie eine leichte Wärme in meine Wangen stieg. Schnell riss ich meinen Blick wieder von ihr und starrte auf den Weg, der die ersten Stände des Marktes freigab. "Was-was meinst du? Eris flirtet einfach nur mit mir, denke ich."
"Kann sein...kann aber auch nicht sein. Der Junge war schon immer ein Weiberheld. Lass dich also nicht blind auf ihn ein, wenn er dir schöne Augen macht. Und das macht er die ganze Zeit", lachte sie, wenngleich ihr Ton etwas Ernstes in sich hatte. Ich antwortete nichts mehr darauf, denn ihre Worte hatten mich mehr verwirrt, als ich es zugeben wollte. Ich wusste nicht mehr, was ich von Eris halten sollte. Meine Grübeleien verflogen jedoch, als wir den geschäftigen Markt erreichten und Niesken zielsicher auf einen der Kleiderständer zusteuerte...
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POV DIN DJARIN
Gereizt strich ich durch meine gelockten, kastanienbraunen Haare. Endlich hatte ich einmal den Helm abziehen können, nach dem ich die ganze Zeit damit rumgelaufen war. Ich schloss die Augen und atmete ein paar Mal tief durch. Doch selbst die Entspannungsübungen aus der Zeit bei der Death Watch ließen mich nicht zur Ruhe kommen. Immer wieder drängte sich mir das Bild von Rhea und Eris auf, wie sie in vertrauter Zweisamkeit auf der Terrasse saßen, als wäre zwischen ihnen nichts passiert. Als hätte Eris sie nicht im Stich gelassen. Als hätte er nicht genau gewusst, was Mr. Woor von Rhea wollte, als er sie fast mit seinen Augen auszog. Ich schüttelte den Kopf. Wieso kümmerte es mich überhaupt, was mein bester Freund mit meinem ehemaligen Kopfgeld zutun hatte? Es sollte mich alles nicht so sehr stören, wie es in meinem Herzen tat.
Aus einem inneren Impuls heraus sprang ich von dem breiten Doppelbett auf, ging zur Zimmertür und zog dabei meinen Helm auf. Mein Zorn leitete mich direkt hinunter auf die Terrasse, auf der Eris immer noch seelenruhig lag. Als er hörte, wie ich durch die Tür nach Draußen trat, drehte er sich zu mir um und begrüßte mich mit einem knappen Nicken. Oh wie sehr er mich damit schon reizte!
"Und, was hast du ihr aufgetischt, damit sie dir verzeiht?", fragte ich gerade heraus und ohne zu überlegen. Es klang bitterer als beabsichtigt.
Eris richtete sich aus dem Liegestuhl aus vielen Holzbrettern auf und stand langsam auf. Für meinen Geschmack zu langsam. Er stemmte die Fäuste in die Hüften und bedachte mich mit einem genervten Blick. Wie gerne würde ich ihm diesen aus dem Gesicht schlagen.
"Was hast du jetzt schon wieder Din? Ich habe mich bei Rhea entschuldigt und nichts weiter."
Ich zog die Augenbrauen zusammen und ballte meine Fäuste. Ich wusste ganz genau, dass Eris seinen Charme hatte spielen lassen.
"Du hast Rhea mit deinen Spielchen manipuliert. Sie hätte dir niemals so schnell verziehen", entgegnete ich. Mühsam unterdrückte ich die anschwellende Lautstärke meiner Stimme.
Eris lachte kurz auf und strich durch seine Haare. Ich konnte nicht anders, als auf ihn zuzuschreiten und mich vor ihm aufzubauen. Ich genoss, dass ich etwas größer war als er.
"Woher willst du wissen, wie sie ist? Du kennst sie nicht mal richtig!"
"Und du willst sie kennen?"
"Ich kann dir auf jeden Fall sagen, dass ich mich aufrichtig bei ihr entschuldigt habe und es auch so meinte. Keine Sorge ich tue deinem Mädchen nichts."
Ich schnaubte. "Du kannst mich mal", knurrte ich und stellte mich so nah vor ihn, dass unsere Fußspitzen sich fast berührten. In Eris Augen sah ich etwas gefährlich aufblitzen. "Rhea ist nicht mein Mädchen. Und schon gar nicht deins. Halt dich verdammt nochmal von ihr fern!"
Eris zog die Augenbrauen zusammen und verschränkte die Arme provokativ vor seiner Brust. Ich merkte gar nicht, wie schnell mein Atem auf einmal ging.
"Du kannst mir nichts verbieten. Was Rhea angeht: Halt deine Schnauze! Du bist doch nur eifersüchtig auf mich!"
Ich atmete harsch aus und ballte meine Hände so fest zu Fäusten, dass das Leder meiner Handschuhe quietschte.
"Ich will nicht, dass du einer deiner Spielchen mit ihr spielst. Und auf was sollte ICH bitte eifersüchtig sein?!"
Der blonde Pilot fing an zu Grinsen, was mich wahnsinnig machte vor Wut.
"Du weißt ganz genau, dass ich sie schneller haben werde als du. Und damit kommst du einfach nicht klar!"
Etwas in mir explodierte. Ehe ich mich kontrollieren konnte, hatte ich ausgeholt und setzte zum Schlag an. Doch ehe ich Eris hübsches Gesicht zerschlagen konnte, trat mir jemand in die Kniekehlen, sodass ich zu Boden fiel. Wütend rappelte ich mich auf und drehte mich zugleich nach hinten. Ich zog blitzschnell meinen Blaster und hätte beinahe abgefeuert - Niesken stand bebend hinter mir. Ich stieß die angehaltene Luft mit einem Mal aus und steckte den Blaster wieder in mein Holster. Meine Kampfinstinkte hätten sie fast getötet.
"Was glaubt ihr eigentlich, was ihr hier macht?", brüllte Niesken uns an. Sie klang so sauer, dass ich unwillkürlich von ihr zurückwich. "Ihr verhaltet euch wie zwei pubertäre Jungen, die ihren Willen nicht bekommen! Lasst den Scheiß!" Eris neben mir senkte ergeben den Kopf. Im nächsten Moment rauschte er an uns vorbei in das Steinhaus. Ich sah mich der ehemaligen Kriegerin alleine gegenüber stehen. Seufzend meinte ich: "Es ist meine Schuld. Ich habe angefangen."
Niesken schüttelte mit zusammengekniffenen Augen den Kopf. "Was ist nur mit euch los? Angreifer sind uns vielleicht immer noch auf den Fersen und ihr habt nichts besseres zutun, als euch gegenseitig zu verprügeln?"
Schuldbewusst sah ich zur Seite - direkt auf Rhea, die ebenso sauer neben Niesken stand. Meine Wut war auf einmal wie weggeblasen. Ihre rotbraunen, gewellten Haare schimmerten kupfern in den Sonnenstrahlen, die sich durch die Wolken kämpften. Und ihre dunkelblauen Augen sahen mich mit einem Ausdruck der Wut und der Verwirrung an. Etwas in mir zog sich zusammen, als ich diesen Ausdruck in ihrem Gesicht sah, den ich hervorgerufen hatte.
"Reißt euch verdammt nochmal zusammen", schloss Niesken und folgte Eris ins Wohnzimmer. Ich blieb einen Moment lang stehen, bevor ich auf Rhea zutrat, die mich aus ihren schönen, großen Augen noch immer verstimmt ansah. Als sie die Beine überkreuzte, flogen Erinnerungsfetzen an den Abend von Canto Bight in meine Gedanken. Wie weich sich ihre nackte Haut angefühlt hatte, als ich ihr das Holster mit dem Messer angelegt hatte. Allein aus dem Zweck, die Sanftheit ihrer Haut zu spüren, hatte ich meine Handschuhe ausgezogen. Ich hatte einfach nicht widerstehen können. Im Nachhinein kam es mir falsch vor. Ich blinzelte und fokussierte mich wieder auf Rhea, die mich fragend ansah.
"Worüber habt ihr gestritten?", fragte sie und ließ ihren Blick über meinen Helm schweifen. Es war einer der Momente, in dem ich froh war, den Helm aufzuhaben. So viele Emotionen hätte sie in meinem Gesicht lesen können, die mehr über mich verraten hätte, als ich es zugeben wollte.
"Zerbreche dir nicht den Kopf darüber", antwortete ich ausweichend. Ich wollte mich schon von ihr abwenden, da spürte ich ihren sanften Griff auf meinem Unterarm. Verdutzt blieb ich stehen.
"Bitte Din", sprach sie meinen Namen aus. Allein deshalb wollte ich ihr alles beichten. Mein Name klang so anders, so sanft aus ihrem Mund. "Lass mich nicht schon wieder außen vor."
Ich schloss kurz die Augen und seufzte. "Es ist nichts, was dich beschäftigen sollte", versuchte ich es noch einmal.
"Din!", wiederholte sie nun etwas strenger und verstärkte den Griff um meinen Unterarm, "Ich kann selbst entscheiden, was mich beschäftigen kann und was nicht."
Ich antwortete nicht sofort, denn ich wusste nicht, wie ich ihr den Streit erklären sollte. Schließlich trat ich näher an ihre Seite, sodass ihre Schulter fast meine Brust berührte. Als ich meinen Kopf zur ihr hinunterbeugte, sog ich den blumigen Duft ihrer Haare ein. Es ließ mich für einen kurzen Moment innehalten. Und es brachte mich dazu, so nah an sie zu rücken, dass ihre Schulter mein gepanzerte Brust berührte. Es war einer der wenigen Momente in denen ich bereute, eine Rüstung anzuhaben.
"Ich wollte nur sichergehen, dass Eris sich richtig bei dir entschuldigt hat", meinte ich leise. Als ich mich leicht zurückzog, beobachtete ich, wie eine leichte Gänsehaut Rheas Hals hinaufkroch. Mein selbstgefälliges Schmunzeln konnte ich nicht verhindern. Eris würde sich noch auf starke Konkurrenz einstellen müssen.
Sie nickte nur. Ich sah es als Zeichen, dass ich mich entfernen konnte. Doch selbst als ich das Steinhaus betreten hatte, spürte ich ihre Hand auf meinem Unterarm. ☆○☆○☆○☆○☆○☆○☆○☆○☆○☆○☆
POV RHEA DE STEUR
Seitdem ich mit eigenen Augen die beiden Streithähne auf der kleinen Gartenterasse gesehen hatte, konnte ich die lästigen Grübeleien über das Gesagte nicht mehr aus meinem Kopf schütteln. Wieso hatte Din einen Streit angefangen, in dem er fast Eris geschlagen hatte? War nur Canto Bight der Grund oder steckte noch etwas anderes dahinter? Auch Nieskens eindringliche Worte spielten sich unauflässig in meinem Kopf ab. Sie hatte mich dazu gebracht darüber nachzudenken, was ich eigentlich wollte. Wollte ich mich wirklich auf Eris einlassen? Und wie sollte es weitergehen? Nicht nur mit ihm, sondern mit meinem gesamten Leben. Schlagartig hatte sich fast die gesamte Galaxis für mich geöffnet und ich wusste nicht, was ich mit der neu gewonnen Freiheit anfangen sollte. Für mich war nur sicher, dass ich nicht nach Asteridea zurückkehren konnte und wollte. Auch wenn es meiner Mutter wahrscheinlich das Herz brach. Aber nie mehr wollte gezwungen sein, irgendeinen von meinem Vater bestimmten Idioten heiraten zu müssen oder mit seinen Geschäftspartnern auszugehen.
Erst als mich daran machte, mit Niesken etwas für den Abend zu Essen zu machen, konnte ich an etwas anderes denken als immer nur Eris und meine Zukunft. Als wir zusammen um den kreisrunden Tisch aus altem Holz saßen, führten hauptsächlich Din und Niesken ein Gespräch über Dantonar und den Planeten Dantooine. Eris blieb auffällig still und warf nur ab und zu etwas ein. Doch was mich am meisten störte war, dass er mich den ganzen Abend über nicht ein einziges Mal anblickte. Selbst als ich ihn bat, mir die Kanne mit Wasser zu geben, blickte er nicht auf. Mit leicht verkniffenem Gesichtsausdruck lauschte ich weiter Din, der von einem seiner Aufträge erzählte, bei dem er gegen einen Sandwurm kämpfen musste. Immer wieder huschte mein Blick zu Eris, der mit verschränkten Armen und einem müden Blau in seinen Augen in seinem Stuhl lehnte. Doch kein einziges Mal erwiderte er meinen Blick, wie er es sonst immer tat.
Irgendwann, als wir den Tisch abräumten, gab ich es auf und akzeptierte, dass Eris wohl einfach schlecht gelaunt war und er mich deshalb ignorierte. Das redete ich mir zumindest ein. Erst als ich aus versehen gegen ihn stieß, als ich das saubere Geschirr in die Küchenschränke einräumen wollte, sah er mich das erste Mal an diesem Abend an. In seinen Augen schwamm eine Mischung aus Missmut und Müdigkeit und keine warme Freude wie sonst immer. Was hatte Din bloß zu ihm gesagt? Seine Hand, die er aus Reflex auf meinen Rücken gelegt hatte, zog er schnell wieder zurück. Es kam mir wirklich vor, als würde er mich meiden. Etwas stach bei diesem Gedanken in mein Herz und ich musste ihm nachdenklich hinterher sehen, als er den Wohnbereich verließ und ich nur noch das Knarzen der Treppenstufen vernahm. Würde er sich ab jetzt nur noch so mir gegenüber verhalten? Ich wollte nicht glauben, dass der Streit ihn anscheinend so sehr verändert hatte. Ich konnte es nicht glauben.
"Mach dir nicht zu viel draus, Mädchen", meinte Niesken leise neben mir. Überrascht drehte ich mich zu ihr um und versicherte mich, dass Din nichts von unserem Gespräch mitbekam. Aus irgendeinem Grund heraus wollte ich nicht, dass er es hörte.
"Wie hast du-?", flüsterte ich mit zusammengezogenen Augenbrauen zurück.
"Ernsthaft? Das sieht selbst ein Blinder, dass Eris kein bisschen mit dir geflirtet hat wie sonst. Noch nicht mal was zu dir gesagt hat!"
Ich sah betrübt zu Boden und wollte nur noch schlafen gehen.
"Er wird morgen wieder der Alte sein", versuchte Niesken mich aufzumuntern. Ich gab ihr ein schwaches Lächeln und wünschte ihr ein gute Nacht, dann ging ich endlich zu Bett. Ich hoffte einfach, dass Niesken Recht behalten würde.
Und wie sie damit Recht behalten würde...
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Liebe Leserinnen und Leser,
Ich hoffe ihr genießt das schöne Wetter (mit diesem neuen Kapitel ;)). Freut euch auf das nächste, da wird euch noch wärmer werden... ;)
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