Chapter 10 ☆ Eine Entschuldigung
Wie sich herausstellte, war mein Privat-Koch wirklich talentiert. Obwohl das Gericht für mich gänzlich exotisch war, genoss ich es mit jedem Bissen. Din trieb uns viel zu früh wieder dazu, unsere nächsten Schritte zu planen. Er und Niesken hatten beschlossen, dass wir seinen Auftraggeber erstmal davon überzeugen mussten, dass ich ihm entwischt war. Sonst würde Din in große Schwierigkeiten kommen. Und da waren noch diese Imperiale, mit denen wir fertig werden mussten.
Ich schenkte den dreien gerade dampfenden Kaf in ihre Tassen, als Niesken laut überlegte: „Rhea muss sich irgendwo ohne dich sehen lassen. Und dein Auftraggeber muss es mitbekommen. Nur wo?"
Ich überlegte kurz, während ich mir selber eine Tasse Kaf machte. Mir kam ein Gedanke: „Wie wäre es mit Canto Bight? Das ist der ideale Treffpunkt für reiche, einflussreiche Männer. Und gleichzeitig ein guter Ort, wenn man schnell untertauchen will."
Die drei sahen mich für einen kurzen Moment nachdenklich an, bis Din meinte: „Gar nicht schlecht. Auf Canto Bight werden wir sicherlich auch einen einflussreichen Geschäftsmann finden, der ein gewisses Interesse daran hätte, sich die Tochter von Gerard de Steur zu schnappen."
Ich zog fragend eine Augenbraue hoch. Ich hatte wenig Lust, wieder irgendeinen Mann verführen zu müssen.
„Es würde reichen, wenn du neben ihm an einem Tisch sitzt. Ich könnte dich begleiten", überlegte Eris weiter, der mein Unwohlsein gespürt haben musste.
„Am besten du gibst dich als ihren Bodyguard aus. Dann müssen wir nur noch irgendwie Informanden auf dich aufmerksam machen", schlug Niesken vor und nahm einen Schluck aus ihrer Tasse.
Din stützte seinen Kopf auf seiner Hand ab. „Das alles könnte gewaltig schief gehen. In Canto Bight sind auch genug imperiale Leute, die eine Gefahr für Rhea sind. Eris allein kann sie nicht beschützen."
„Imperiale sind meine Lieblingsopfer", verkündete Niesken mit einem breiten, kalten Lächeln, das mir eine Gänsehaut über den Rücken laufen ließ, „Ich werde auch mitkommen."
„Danke Niesken", sagte Din nickend, „Ich verständige meinen Auftraggeber, dass Rhea mir entkommen ist durch einen dieser reichen Säcke. Den Beweis werden wir ihnen morgen Abend liefern."
„Weißt du, wer dein Auftraggeber ist?", fragte ich. Ich wollte unbedingt wissen, wer aus Asteridea ihn mit mir beauftragt haben könnte.
„Er nennt sich ‚der Händler' und hat seinen Sitz auf Asteridea, doch mehr weiß ich nicht. Wahrscheinlich hat er nachher noch mit diesen dreckigen Imperialen zutun und steckt hinter den Anschlägen."
„Ich kenne niemanden, der sich so nennt", meinte ich. Etwas in mir hatte gehofft, endlich einen Schritt voranzukommen. Wer wagte es, meinen Vater so offen herauszufordern und mich als Druckmittel verwenden zu wollen?
„Und ich werde eine Nachricht für die Presse vorbereiten, dass die berühmte, entführte Rhea de Steur in Canto Bight gesichtet wurde", neckte mich Eris und versuchte, sein Lächeln hinter der Tasse Kaf zu verstecken. Ich warf ihm einen skeptischen Blick zu. Ob das alles aufgehen würde?
"Wir brauchen noch die richtige Tarnung", waf ich ein, "Ein Abendkleid muss mindestens drin sein. Vielleicht können wir ja mal diese Elekktra fragen. Ich habe noch genug Credits, dass wir uns hunderte Kleider kaufen könnten."
Zum Beweis zog ich eine kleine, dicke Metallplatte aus meinem BH hervor, die mit einem goldenen Streifen und kleinen Gravuren versehen war. Ich trug mein kleines Creditdepot überall mit mir rum, doch hatte ich die anderen nicht davon wissen lassen wollen. Doch jetzt war der richtige Zeitpunkt gekommen. Ich konnte ihnen so weit vertrauen, dass sie mich nicht bestehlen würden.
Eris machte große Augen, als er die dunkel glänzende Metallplatte sah.
"Die hattest du die ganze Zeit über bei dir?"
Ich nickte lächelnd. "Ich kann uns alles bezahlen, dann trage ich wenigstens etwas zu unserem Plan bei. Es ist kein Problem", meinte ich. Geld war mir noch nie wichtig gewesen, weil ich es im Überfluss besaß.
"Na dann lasst uns shoppen gehen. Wir finden bestimmt auch ein reizendes Kleid für dich Niesken", ärgerte Eris die Togruta.
"Nur über meine Leiche", grummelte sie und sandte Blitze aus ihren orange leuchtenden Augen, bevor sie aufstand und wir ihr folgten.
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Elekktra hatte uns genauso freundlich wie schon am Tag zuvor Auskunft über einen Kleiderladen geben können, der sich in einer Seitenstraße des Marktes befand. Ihre dunkelbraunen Augen hatten uns freundlich angelächelt und mein Vorhaben verstärkt, sie einmal zu besuchen.
Der Laden machte sich erkenntlich durch seine großen, runden Fenster und ein rotes Schild, auf dem Buchstaben eingebrannt waren, die ich nicht lesen konnte. Ein dunkler Klang ertönte, als wir die schwere Ladentür aufzogen und den kleinen Innenraum betraten. Din setzte sich sofort auf einen der grün gepolsterten Sessel und auch Niesken ließ sich nicht von mir zum shoppen überreden. Sie meinte, ich wäre bestimmte talentierter darin, ihr ein Kleid auszusuchen. Wahrscheinlich hatte sie Recht damit.
Eris war mir immerhin so behilflich, die Kleidungsstücke auf seinem Arm zu tragen und Kommentare abzugeben. Die kleine Inhaberin des Ladens, die mir nur bis zur Hüfte ging, führte mich zu ihren Lieblingsstücken, von denen ich einige mitnahm.
"Das wird Ihnen sicher ausgezeichnet stehen", wollte sie mich überzeugen und nahm mit einem langen Stab ein saphirblaues, langes Kleid mit einem großen Beinschlitz von der Stange.
"Danke, haben Sie auch etwas für meine Freundin?", fragte ich und deutete unauffällig auf Niesken, die sich zum Glück gerade mit Din unterhielt.
Die kleine, alte Frau rückte ihre rundglasige Brille zurecht und strich ihren langen Rock glatt, als müsste sie angestrengt überlegen.
"Hmm...da weiß ich was", meinte sie und lief auch schon in die andere Ecke des Ladens.
Mit etwas Mühe nahm sie ein tiefschwarzes, langes Kleid von der Stange, das lange Ärmel und Lederschnallen um die Hüfte besaß. Meine Augen leuchteten auf. Das würde perfekt zu Niesken passen.
Ich verständigte mich still mit der Verkäuferin, dass es perfekt war und sie schenkte mir ein warmherziges Lächeln.
"Oh nein nicht noch mehr", beschwerte sich Eris, als ich das lange, schwere Kleid auf die anderen lud.
"Soll ich etwa Din fragen, ob er dir hilft?", ärgerte ich ihn und ging auf die Umkleide zu.
"Lieber sterbe ich", schoss Eris zurück. Er lehnte sich betont lässig gegen einen der dicken Holzbalken, welche den Bereich vor der Umkleide abgrenzten. Ich kicherte leise, dann verschwand ich mit dem ersten Kleid hinter dem schweren Vorhang, um mich umzuziehen.
Zehn Kleider später hatte ich endlich eines gefunden, bei dem Din keinen missmutigen Kommentar abgegeben hatte. Es war das Saphirblaue der Verkäuferin, das bei jedem Schritt wie tausende Sterne funkelte.
"Was sagst du Eris?", wollte ich wissen und drehte mich schwungvoll einmal um die eigene Achse.
"Jetzt siehst du aus wie eine echte Prinzessin", kommentierte Eris und zwinkerte mir natürlich zu. Er selbst hatte einen schwarzen Anzug an, der ihm ausgezeichnet passte und ihn zum anbeißen aussehen ließ.
"Und du siehst aus wie ein Prinz", scherzte ich, doch die leichte Röte in meinen Wangen verriet mich. Schnell drehte ich mich zu unseren Begleitern um, die mittlerweile ihre zweite Tasse Tee aufgetrunken hatten.
"Was sagt ihr?"
"Zu dir würde ich nicht nein sagen", sagte Niesken spielerisch. Auch sie zwinkerte mir zu, was mich zum lächeln brachte.
"Nicht schlecht", gab Din seine Meinung ab. Ich rollte mit den Augen. Musste er immer so negativ sein?
Ich seufzte. „Ich nehme es", beschloss ich dann und verschwand wieder in der Umkleide. Als ich fertig war, winkte ich Niesken zu mir und zeigte der genervten Togruta das schwarze Kleid, das an einem Haken in der Umkleide auf sie wartete. Ohne noch einen weiteren Kommentar abzugeben, ergab sie sich ihrem Schicksal und ich wartete gebannt darauf, wie das Kleid an ihre aussehen würde.
Als sich der Vorhang zur Seite schob, hielt ich den Atem an. Niesken trat hervor und ich stieß vor Freude einen erstickten Schrei aus.
„Du sieht gefährlich gut aus!", konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. Durch ihre violette, schimmernde Haut verlieh sie dem Kleid etwas mystisches. Es war keinesfalls süß, sondern einfach elegant und ausgefallener durch die zwei dicken Lederbänder und den Metallschnallen um ihre Hüfte.
„Ich kann mich nicht beklagen. Das habt ihr gut gemacht", wandte sich Niesken an die Verkäuferin und mich. Als wir uns ansahen, konnte ich den Stolz in den Augen der Verkäuferin erkennen.
„Sie sehen umwerfend aus!" Eris und Din gaben zustimmendes Brummen ab und nickten anerkennend.
„Sehr gut!", strahlte ich, „Dann kann dem Abend in Canto Bight ja nichts mehr im Weg stehen."
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Als wir wieder in dem Steinhaus angekommen waren, verstaute ich die neu gekauften Kleider und beobachtete Eris dabei, wie er mit Niesken etwas zu Abendessen machte. Es kam mir vor, als wären wir alle schon ein eingespieltes Team, obwohl wir uns erst seit einigen Stunden kannten. So viel war in der Zeit passiert, dass ich es gar nicht alles verarbeiten konnte. Ich tastete nach dem dicken Pflaster an meiner Stirn. Es musste nochmal gewechselt werden. Auf der Suche nach einem kleinen Verbandskasten in diesem Haus stieß ich auf Din, der von einem Spaziergang wieder zu uns gekommen war. Sein Spaziergang war bestimmt mehr eine Patrouille gewesen. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass der Mandalorianer durch die Gassen von Dantonar schlendern und sich die Gegend ansehen würde.
„Was suchst du", fragte mich Din, als er mit angesehen hatte, wie ich in einem schmalen Wandschrank nach Verbänden kramte.
„Ähmm...ich muss mal das Pflaster wechseln", druckste ich herum. Ich wollte Din nicht mit unnötigen Kleinigkeiten belästigen.
„Ich hab welche im Bad gesehen. Komm mit", forderte er mich auf und ging zum Ende des kleinen Flurs über die leicht knarzenden Holzdielen. Er öffnete die weiße Holztür und wartete, bis ich ihm gefolgt war. Dann öffnete er den Schrank unter dem Waschbecken aus einem grob gehauenen Stein und nahm eine blecherne Dose heraus, die mit den nötigsten Verbandsmitteln bestückt war. Ich beobachtete, wie er seine Handpanzer abnahm und die dicken Lederhandschuhe abstreifte. Seine Hände waren groß und adrig, als ich sie näher betrachtete. In mir kam ein Anflug von Aufregung auf, denn ich konnte einfach nicht glauben, dass Din so hilfsbereit sein konnte.
„Darf ich?", fragte er leise. Ich gab ihm nur ein Nicken.
Vorsichtig legte er seinen rechten Zeige- und Mittelfinger unter mein Kinn, um meinen Kopf still zu halten. Ich beobachtete genau, wie er den Kopf leicht senkte und ich mich dabei selber verzerrt in seinem spiegelnden Helm sehen konnte.
„Lässt du deinen Helm die ganze Zeit auf? Auch beim Schlafen?", schoss es aus mir heraus. Din fing an, langsam das klebende Wundpflaster von meiner Stirn zu entfernen. Es ziepte und ich verzog leicht das Gesicht.
„Es kommt drauf an wo ich schlafe", antwortete der Mandalorianer, „Hier kann ich ohne Helm schlafen, doch wenn ich in einer unbekannten Umgebung bin und ohne Schutz dann lasse ich ihn an."
Er zog das Pflaster mit einem Ruck von meiner Haut.
„Au!", entkam es mir und ich schenkte ihm einen düsteren Blick. Din hob daraufhin leicht mein Kinn an, sodass ich genau in seine Augen gucken musste. Sein Griff war bestimmend, genauso wie seine Geste. Es ließ mir einen Schauer über den Rücken streicheln. Ich rückte ein Stückchen näher zu ihm heran, sodass uns nur noch eine Handbreit trennte. „Es tut mir Leid, dass ich dir wehgetan habe. Heute und als ich dich entführt habe", sagte er plötzlich. Seine Finger ließen von mir ab. Überrascht riss ich die Augen auf. Das hatte er gerade nicht wirklich zugegeben? Ich wusste nichts darauf zu erwidern, als ein schmales Lächeln, denn ich wusste nicht, wie ich über das alles denken sollte. Verdammt, er hatte mich entführt, aber es kam mir nicht vor wie ein Entführung.
Din nahm ein kleineres Pflaster aus der Blechdose und klebte es ohne weitere Worte auf meine Stirn.
„Die Wunde sieht schon besser aus", informierte er mich schlicht. Ich beobachtete still, wie er alles wieder wegpackte. Er blieb in der Tür stehen und gab mir ein Zeichen, dass ich ihm zu den anderen folgen sollte. Und ich konnte nur daran denken, dass ich Din nicht dafür hassen konnte, dass er mich entführt hatte. Obwohl er mir Schaden zugefügt hatte wusste ich, dass er kein schlechter Mensch war.
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Liebe LeserInnen!
Dieses Kapitel war wieder mehr ein Füllkapitel, aber im nächsten könnt ihr euch auf Spannung freuen. :) Lasst mir gerne ein Vote da, wenn ihr mögt. Vielen Dank fürs Lesen!
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