Chapter 11 - Louis

"Save me cause I'm fallin'. Now I can't seem to breathe right" Runnin' - Adam Lambert


five years ago...


Ich legte mir die Hand auf den Bauch und versuchte, dieses Gefühl von Leere irgendwie zu ignorieren. Viel zu lange schon hatte ich nichts mehr gegessen. Ich warf einen Blick in die Mülltonne: Ein angebissener Apfel, eine Pampe, die ich nicht genau zuordnen konnte, viel Plastikmüll und ein verschimmeltes Brot.

Großartig.

Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und beugte mich über den Rand der Tonne, um nach dem Apfel und dem Brot zu greifen. Den Teil, der nicht verschimmelt war, konnte man vielleicht essen. Augenblicklich musste ich lächeln. Endlich etwas essbares. Nach den letzten sieben Tonnen hatte ich die Hoffnung eigentlich aufgegeben gehabt.

"Nimm deine dreckigen Finger von meinem Eigentum, du Penner!"

Ich zuckte zusammen und ließ vor Schreck Apfel und Brot fallen, als ich auch schon die Schritte hinter mir hörte. Immer schneller näherten sie sich.

"Du kannst was erleben, Freundchen! Das ist Ladendiebstahl! Die Polizei wird von dir hören!"

Ich bückte mich nach dem Apfel und machte dann, dass ich davon kam. Ein Blick über die Schulter verriet mir, dass mein Verfolger längst stehen geblieben war. Eine Weile rannte ich noch weiter, bis ich schließlich zum Stehen kam. Ich stützte mich mit den Händen auf meinen Oberschenkeln ab, während sich mein Brustkorb viel zu schnell hob und senkte. Alles um mich herum drehte sich. Ich hätte nicht so schnell laufen sollen, schon gar nicht, wenn ich sowieso am Ende meiner Kräfte war.

Mit schlurfenden Schritten ging ich auf eine Häuserwand zu und lehnte mich mit dem Rücken dagegen, bevor ich daran zu Boden glitt. Ich biss in den Apfel. Er war mehlig und weich und so trocken, dass ich mich prompt daran verschluckte. Hustend begann ich zu würgen und spuckte das Apfelstück neben mich auf den Boden.

"Verdammte Scheiße!"

Frustriert schmiss ich den Apfel gegen die gegenüberliegende Häuserwand. Mit einem dumpfen Geräusch fiel er dagegen und landete schließlich auf der Straße. Sollte er doch vergammeln.

Stunden saß ich hier. Den Kopf in meine Hände gestützt. Die Augen halb geschlossen.

"If I don't say this now, I will surely break..."

Ruckartig hob ich den Kopf. Wer sang da? Und wo kam dieser Gesang her?

"As I'm leaving the one I want to take. Forgive the urgency, but hurry up and wait. My heart has started to separate."

Ich rappelte mich hoch und brauchte einen Moment, um klar zu kommen. Vor meinen Augen flackerte es und helle Sterne tanzten in einem tiefen schwarz. Scheiße, mein Kreislauf war so am Arsch. Die Kombination aus wenig Schlaf mit keinem Essen und ständiger Bewegung tat mir nicht gut. Gar nicht gut. Ich kniff die Augen zusammen und kämpfte gegen den Gedanken an, das dunkle Nichts einfach über mich kommen zu lassen.

"Oh, oh. Oh, oh. Be my baby."

Verdammt, ich musste wach bleiben. Wenn ich hier umkippte und mich irgendwelche Gauner fanden, wäre das mein Ende. Denn die Menschen, die hier in den dunklen Straßen ihr Unwesen trieben, waren nicht nett. Das hatten sie mir mehr als einmal klar gemacht.

"Oh, oh. Oh, oh. Oh, oh. Be my baby. I'll look after you..."

Reiß dich verdammt nochmal zusammen, Tomlinson!

Ich fasste mir an die Schläfe und strengte mich an, die Augen offen zu halten. Nach ein paar Sekunden verschwand dieses Grau um mich herum und ich konnte die Häuser vor mir klar erkennen.

"There now, steady love, so few come and don't go
Will you won't you, be the one I always know?"

Wie von selbst bewegten sich meine Beine in Richtung des Gesangs und der Musik. Ich ignorierte die Blicke der Leute, die mir begegneten. Sie waren alle so voller Hass. Voller Abscheu. Wegen mir.

Aber wer konnte es ihnen verübeln?

Meine Haare hingen mir strähnig ins Gesicht. Meine Wangen waren voller Schmutz, genauso wie meine Hände und meine zerrissenen Kleider. Ich stank vermutlich fürchterlich, ich selbst roch es inzwischen nicht einmal mehr.

Ich war Abschaum.

"When I'm losing my control, the city spins around
You're the only one who knows, you slow it down"

Jetzt war die Musik ganz nah. Der Gesang, diese reine Stimme... Ich drehte mich einmal um die eigene Achse und als ich sie sah, blieb mir der Mund offen stehen.

Ein Mädchen, vielleicht so alt wie ich, stand dort in der Fußgängerzone mit nichts als einer Gitarre und sang mit engelsgleicher Stimme in ein Mikrofon. Ihr rotes glattes Haar fiel in leichten Locken auf ihre Schultern und das niedliche Sommerkleid, welches sie trug, ließ sie förmlich strahlen.

"Oh, oh. Oh, oh. Be my baby"

Ohne dass ich es verhindern konnte, fing ich an zu lächeln. Ich musterte sie, versuchte, mir sie genau einzuprägen. Irgendetwas an ihr ließ mein Herz höher schlagen. Irgendetwas an ihr zog mich in ihren Bann, verzauberte mich.

Plötzlich öffnete sie ihre Auge, die sie bis eben noch geschlossen gehabt hatte, und sah direkt in meine. Unsere Blicke trafen sich. Bildete ich mir das ein? Lächelte sie mich gerade tatsächlich an? Mich, ausgerechnet mich?

Sie verstummte und hob kaum merklich ihre Hand zum Gruß.

Ich war viel zu perplex, als dass ich diese Geste erwidern konnte. Ich sollte besser gehen. Schon jetzt spürte ich die Blicke der Leute, die auf mir lagen. Die mich zu durchbohren schienen. Normalerweise war ich nicht in solch belebten Straßen. Und jetzt wurde mir wieder einmal bewusst, warum nicht.

Ich zuckte zusammen, als ich plötzlich ein lautes Rascheln vernahm. Sie war zwar ein Stück weit von mir weg, aber aus reiner Vorsicht war mein Gehör inzwischen auf jedes noch so kleine Geräusch fokussiert. Meine Augen verfolgten das Geschehen. Sie hielt eine Papiertüte in der Hand, aus welcher sie nun ein Brötchen heraus zog. Jetzt sah sie mich auch wieder an und... hielt es hoch?

Ich drehte mich einmal um die eigene Achse. Sah sie wirklich mich an? Anscheinend schon.

Sie hob ihre andere Hand und winkte mich zu sich heran, ein zartes Lächeln auf den Lippen. Und wenn sie mich austrixte? Wenn sie mich nur verarschen wollte? Gleich auslachen und mich beschimpfen würde?

Fragend zog sie ihre Augenbrauen zusammen, bis sie zu verstehen schien. Sie legte das Brötchen zurück in die Tüte und kam mit dieser nun auf mich zu. Ich wich ein paar Schritte zurück. Mein Herz hämmerte gegen meine Brust und Übelkeit kam in mir hoch.

Doch dann tat sie etwas, womit ich nicht gerechnet hätte: Sie bückte sich und legte die Tüte auf den Boden, bevor sie zurück zu ihrem Platz ging und begann, ein neues Lied auf ihrer Gitarre zu spielen. Ich war verwirrt. War das Brötchen für mich? Hatte sie mir etwas zu essen geschenkt? Einfach so? Ohne etwas dafür haben zu wollen?

Ich setzte mich in Bewegung und griff nach der Tüte. Ihr Blick lag auf mir, während sie wieder zu singen begonnen hatte. Schnell verdrückte ich mich und suchte hinter einer Häuserecke Schutz. Hier konnte sie mich nicht mehr sehen. Hier konnte sie mich nicht finden.

Nur für den Fall, dass sie so war, wie alle.

Mit zittrigen Fingern holte ich das Brötchen aus der Tüte und bis hinein. Ein wohliges Gefühl erfüllte mich, als ich endlich wieder etwas essbares in meinem Körper hatte und das Schwindelgefühl, welches sich zum wiederholten Male an diesem Tag angebahnt hatte, ließ ein wenig nach.

Wäre ich doch damals bloß nie auf diese Falle herein gefallen.

...

Heyy <3

Eure lieben Kommentare unter meinem letzten Kapitel haben mich echt berührt und ich bin echt froh, so tolle und verständnisvolle Leser wie euch zu haben. Ihr wisst gar nicht, wie viel mir das bedeutet und wie unglaublich lieb ich einige von euch inzwischen schon gewonnen habe <3

All the love

Ivy

...

1246 Wörter


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