31.Kapitel

Auch wenn wir eine anstrengende Autofahrt hatten, müssen wir am selben Tag wieder zurück ins Schlaflabor. Und ich fühle mich ganz und gar nicht wohl bei dem Gedanken, dass Louis und ich nach der Aktion heute getrennt schlafen sollen. Natürlich wäre ein Albtraum heute absolut von Vorteil für uns, denn das bedeutet, dass wir mit unserer Aussage recht hatten, es kann allerdings auch sein, dass man uns nicht ernst nimmt, weil die Ärzte natürlich von den Panikattacken im Wagen wissen.

Man wird uns sagen, dass das ja ganz logisch sei, dass man dann in der folgenden Nacht nicht gut schläft und das überhaupt nichts damit zu tun hat, ob wir zwei uns nun ein Zimmer teilen, oder nicht.

Dementsprechend mieselaunig bin ich, als wir am Abend wieder im Schlaflabor sind und mit unseren Kabeln am Körper gemeinsam am Tisch sitzen und Scrabble spielen. Sonderlich lange bleiben wir nicht wach, denn der Tag war ziemlich anstrengend und so verabschiede ich mich von Louis gegen 10 Uhr am Abend. Wir stehen in der Tür und er streicht mir liebevoll übers Gesicht. „Schlaf gut", sagt er leise und lächelt. Seine Augen sehen unglaublich müde aus. „Du nicht, bitte", sage ich leise und er grinst peinlich berührt: „Ich versuche es, aber eigentlich müsste auf mich in dem Fall ja Verlass sein." Ich erwidere das Lächeln und schließe ihn in die Arme. Meine Prothese habe ich schon vor Stunden abgelegt und schwanke deswegen ein wenig hin und her, doch Louis hält mich fest.

„Ich liebe dich, Harry", nuschelt er an meinem Hals und küsst die erstbeste Stelle, die er erreichen kann, dann lösen wir uns voneinander. „Ich liebe dich auch...bis morgen, mein Kleiner Roboter." Louis grinst kurz und bewegt sich dann mit den entsprechend starren Bewegungen eine Tür weiter, wo sich das Zimmer befindet, in dem er die Nacht verbringen soll.

Ich bleibe stehen und zwinkere ihm nochmal zu, als er sich in der Tür nach mir umdreht, dann wenden wir uns ab.

Ich träume in der Nacht, wache aber nicht auf, was vielleicht besser gewesen wäre, denn so muss ich mich durch eine unerwartete Cornel-Begegnung nach der anderen kämpfen und als ich am nächsten Morgen aufwache, fühle ich mich, als sei ich die ganze Nacht um mein Leben gerannt.

Auch Louis hat schlecht geschlafen, doch das scheint ihn heute gar nicht so unglücklich zu machen, bestätigt es ja unsere Aussage.

Um die Ergebnisse nicht dem Zufall zu überlassen, kommen wir noch zwei weitere Nächte ins Labor und dieses Mal sind die Ergebnisse klar. Wir bekommen eine ganze Ladung Unterlagen mit, die eine genaue Dokumentation unseres Schlafverhaltens beinhaltet und mit möglichst neutralem Gesichtsausdruck geben wir die Umschläge im Büro des leitenden Chefarztes ab.

Heute Abend sollen wir Bescheid bekommen, ob wir im selben Zimmer wohnen dürfen, oder nicht. Es trifft sich gut, dass heute auch Mr Tomlinson zu Besuch kommt und anwesend ist, als der Chefarzt mein Zimmer betritt, um uns die Mitteilung zu machen. Als er Louis' Onkel sieht, versteinert sich die Miene des Mannes für einen Moment. Vermutlich hat er Angst vor ihm etwas Schlechtes sagen zu müssen.

Gut für uns.

„Guten Tag", sagt Mr Tomlinson, erhebt sich und schüttelt dem Chefarzt die Hand. „Wie ich höre, hat sich bei meinem Neffen noch kein sonderlich gesunder Schlafrhythmus eingestellt." Der Arzt nickt und lächelt bedauernd: „Ja, das ist wirklich sehr schade. Aus diesem Grund haben wir Louis in ein Schlaflabor überweisen lassen. Die Ergebnisse habe ich hier und wir werden nun folgende Lösung vorschlagen." Er klappt die Mappe auf, die er bei sich trägt und setzt sich seine Brille auf die Nase, um möglichst professionell auszusehen, vermute ich. Louis wirft mir einen Seitenblick zu und ich erkenne, dass sein Mundwinkel zuckt. Nur mit Mühe kann er sich ein Grinsen verkneifen. Mr Tomlinson jedoch sieht den Arzt interessiert an. „Nun, die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass Louis in der Gegenwart von Mr Styles", er nickt mir zu, „wesentlich ruhiger schläft, als allein. Da er sich weigert Medikamente zu nehmen, die ihn schlafen lassen, werden wir Ihnen ab heute ein gemeinsames Zimmer zuweisen. Nur mit einem guten Schlaf kann die Rehabilitation erfolgreich abgeschlossen werden."

Na endlich, diese Erkenntnis hat aber auch lange genug gedauert. Am liebsten würde ich Louis sofort umarmen, aber im Beisein des Arztes bewahre auch ich Haltung. Er soll bloß nicht glauben, dass er uns damit eine Freude gemacht hat, sonst denkt er noch, wir wären ihm etwas schuldig.

Kaum hat der Mann jedoch den Raum verlassen, springt Louis auf und fällt mir so schwungvoll um den Hals, dass ich mitsamt dem Sessel, auf dem ich sitze, nach hinten umfalle. Sonderlich stabil war das Sitzmöbel nie, doch damit habe ich nicht gerechnet und gebe einen ziemlich unmännlichen Ton von mir, von dem es mir lieber gewesen wäre, Mr Tomlinson hätte ihn nicht gehört. Der scheint sich jedoch sehr zu für uns zu freuen und sitzt einfach nur mit amüsiertem Grinsen da. „Louis, lass deinen Freund am Leben", lacht er und der Kleine krabbelt schnell von mir herunter. „Tut mir leid, das hatte ich nicht geahnt, hast du dir wehgetan?", fragt er und sieht verlegen aus. „Alles gut, schlimmer kann es nicht mehr werden", gebe ich zurück und rappele mich auf. Louis zieht mich wieder auf die Beine und küsst mich dann stürmisch. Huch so überschwänglich war er in Gegenwart seines Onkels bisher nicht, denke ich.

Aber natürlich kann ich nicht anders, als den Kuss zu erwidern und eigentlich kann ich es nicht glauben, dass wir ab heute wirklich ein gemeinsames Zimmer haben dürfen. „Ich glaube, ich gehe gleich mal los und hole meine Sachen", sagt Louis begeistert, löst sich von mir und hopst aus dem Zimmer. Dabei läuft er beinahe gegen den Türrahmen, kichert peinlich berührt und verschwindet draußen auf dem Flur.

Als er weg ist, sieht mich Mr Tomlinson warmherzig an und sagt: „Ich bin wirklich froh, dass ihr jetzt ein gemeinsames Zimmer bekommt, das war bitter nötig." Er dreht sich um, sieht zur Tür, die hinter Louis zugefallen ist und wendet sich dann wieder mir zu. „Louis sieht furchtbar aus", stellt er fest und seufzt bedauernd. „Es kann jetzt ja nur besser werden. Ich hoffe wirklich, dass ihr jetzt erholsamen Schlaf bekommt."

Das hoffe ich auch, wobei mir gar nicht so wirklich aufgefallen ist, wie schlimm Louis aussieht. Mr Tomlinson, der uns jetzt schon zwei Wochen nicht gesehen hat muss den optischen Unterschied bei Louis natürlich deutlicher bemerkt haben. „Isst er normal? Er sieht ziemlich ausgezehrt aus."

„Ja, er isst ganz normal, ich denke, das liegt einfach am fehlenden Schlaf", antworte ich und hoffe erneut, dass es jetzt alles besser wird. „Ich habe ihm übrigens die Briefe von Emilia gegeben", fange ich an, denn mir fällt ein, dass Mr Tomlinson davon noch gar nichts weiß. Überrascht setzt er sich auf: „Oh und was hat er dazu gesagt?"

„Ich hab sie ihm vorgelesen, weil ihm das lieber war und er möchte sie gerne kennenlernen." Zum ersten Mal, seit ich ihn kenne, strahlt Louis' Onkel. Er steht auf, kommt zu mir und umarmt mich fest. „Auch wenn du viel mitgemacht hast, allein die Tatsache, dass Louis durch dich die Chance bekommt, seine Mutter kennenzulernen, war das Ganze wert. Ich glaube, dafür können wir dir nie genug dankbar sein."

Oh man, jetzt breche ich gleich in Tränen aus, denn dass Louis' Onkel mir jemals um den Hals fallen würde, hätte ich nie gedacht. Unwillkürlich muss ich an meine Festnahme in Venedig denken – wie böse er mich damals angesehen hat. Und jetzt sitzen wir hier und haben uns umarmt.

„Wo wir gerade bei Briefen sind, ich habe den Briefkasten deiner Wohnung leeren lassen und einige wichtig aussehende Unterlagen mitgebracht." Er zieht einige Umschläge aus der Tasche und mir sinkt das Herz in die Hose. Auf dem obersten Brief sehe ich bereits den Stempel der Hausverwaltung. „Das ist bestimmt die Kündigung, weil die Wohnung so demoliert ist", sage ich leise und reiße dem Umschlag auf.

Tatsächlich ist es eine Verwarnung und die Ankündigung, dass meine Miete im nächsten Monat Aufgrund der Schäden in der Wohnung um 80 Pfund erhöht wird.

Das war's, das kann ich mir nie und nimmer leisten!

„Schlimme Nachrichten?", fragt Mr Tomlinson und ich zucke die Schultern: „Ich muss aus meiner Wohnung raus. Sie erhöhen die Miete und haben mich verwarnt, weil die Tür kaputt getreten wurde. Dabei war das gar nicht ich aber die neue Miete kann ich mir nicht leisten. Ich werde wohl kündigen."

„Hast du Wertsachen in der Wohnung, die ich holen soll?", fragt Mr Tomlinson freundlich und ich bin froh, dass er nicht versucht, mich davon zu überzeugen, mich doch noch dafür einzusetzen, dass ich in der Wohnung bleiben kann. „Nicht sonderlich viel. Ein bisschen Geld und meine Klamotten, der Rest war alles irgendwie Schrott", antworte ich kleinlaut und er bietet mir an, alles wichtige holen zu lassen, wenn ich ihm eine Liste gebe.

Ich nehme mir einen Zettel vom Schreibtisch und notiere die Kleinigkeiten, die ich brauche, dann gebe ich ihn Mr Tomlinson, der ihn in die Innentasche seines Sakkos steckt und mir beruhigend die Hand auf die Schulter legt. „Wir finden etwas neues für dich, darüber mach dir bitte keine Sorgen. Wichtig ist jetzt nur, dass du gesund wirst und dann sehen wir weiter. Du hast viel für uns getan und ich werde dich jetzt nicht fallen lassen, hörst du?"

Der Mann ist unglaublich. Und ich heute vielleicht ein wenig sehr emotional – jedenfalls falle ich Louis' Onkel dankbar um den Hals.

„Was macht ihr da?", fragt Louis, der wieder in der Tür steht und seine Tasche über die Schulter geworfen hat. Vermutlich hat er rasch alles eingepackt, was er kriegen konnte. „Nichts", sagt Mr Tomlinson, lässt mich los und setzt sich schnell wieder hin. „Und wieso habt ihr euch umarmt?", will Louis wissen und grinst, als er seine Tasche bei mir in den Schrank stellt. Er sieht ganz glücklich aus und ein so ehrliches Lächeln hab ich wirklich schon lange nicht mehr bei ihm gesehen. „Harry wird aus seiner Wohnung ausziehen und ich habe ihm gerade meine Hilfe zugesagt", fasst Mr Tomlinson knapp zusammen und ich bin froh, dass er Louis nicht alles bis ins Detail erklärt. Ich will nicht, dass er Mitleid mit mir hat, was ihn belasten könnte.

Es geht also langsam aber sicher aufwärts und das soll so bleiben.

Wenn Louis jetzt bald noch Emilia kennenlernen kann und sie sich mögen, dann bin ich optimistisch, dass wir auf einem richtig guten Weg sind. 

.-.-.-.

Da ist Harry wohl seine Wohnung los. Wenn man es genau nimmt, dann hat er jetzt eigentlich gerade alles verloren (bis auf Louis natürlich)

Ich habe gestern übrigends einen neuen OS in der OS Sammlung hochgeladen. Wer es noch nicht gesehen hat, kann gerne mal reinlesen. Der OS heißt "Meet and Greet"

Liebe Grüße

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