17.Kapitel
Das Bett ist zwar schmaler, als ein normales Doppelbett, aber wir brauchen auch nicht viel Platz, so zusammengekuschelt, wie wir da liegen. Louis gähnt immer wieder und krault mir beruhigend den Kopf und ich sehe ihn verwundert an: „Hast du denn wenigstens versucht, zu schlafen?" Ich habe keine Ahnung, wie spät es ist. Draußen ist es noch dunkel, weshalb ich Louis' Handy zu mir ziehe und auf den Knopf drücke, sodass ich die Uhr lesen kann.
Es ist halb zwei.
„Nein, nicht wirklich", seufzt Louis und atmet schwer aus, als wäre sowieso alles sinnlos. „Wenn ich ehrlich sein soll, dann habe ich Angst vor dem, was kommt. Mit Tabletten hätte ich sicherlich keine Träume, aber ohne kommen sie ganz bestimmt."
„Du hast doch aber vorhin im Flieger auch schon geschlafen und da sah es ganz friedlich aus", werfe ich ein und denke an unsere Reise. Louis wirkte ganz ruhig und wie es aussah, hatte er auch keinen Traum, es muss also auch so gehen. Das ist doch eigentlich ein gutes Zeichen und ich will Louis das gerade sagen, als ich sehe, dass er den Kopf schüttelt und betrübt murmelt: „Das lag daran, dass ich dich und meinen Onkel in der Nähe hab reden hören und zwar die ganze Zeit lang. Irgendwie muss das mein Unterbewusstsein wahrgenommen haben, deswegen konnte ich schlafen."
Das könnte natürlich sein und ich frage mich, wie man das jemals wieder in den Griff bekommen soll. Muss er einfach durch diese Albträume durch? Falls ja, dann ist das eine ziemlich brutale Lösung und ich würde sie ihm sehr gerne ersparen. „Aber du musst doch auch schlafen, so kann es ja nicht weitergehen. Auf Dauer ist es nicht möglich mit so wenig Schlaf auszukommen, das macht dich krank und das wäre jetzt sicherlich nicht gut für deinen Körper."
„Ja, ich weiß, aber jetzt bist du ja da und dann kann ich es ja -", er unterbricht sich und lauscht. Draußen auf dem Flur sind Schritte zu hören. Sicherlich eine Nachtschwester, die die Runde macht. „Schnell, das Licht aus", wispere ich und er drückt auf den Schalter. Mit einem recht lauten Klick wird es dunkel und wir bleiben still liegen. Wenn man das Licht nicht mehr unter der Tür hindurch sieht, wird uns niemand bemerken. „Sei leise, okay?", wispert Louis und ich gebe nur ein wissendes Brummen von mir. Glaubt er wirklich, ich wäre so doof und würde jetzt noch was sagen?
Doch alle Vorsicht bringt nichts, denn die Tür öffnet sich und die Nachtschwester schaltet das Licht ein. „Das ist jetzt nicht Ihr Ernst", sagt sie und klingt fast schon genervt. „Also bitte, Mr Tomlinson. Mr Styles - es ist Nachtruhe, wie um alles in der Welt haben Sie sich das denn vorgestellt?" Wütend stemmt sie die Hände in die Hüften und schüttelt den Kopf. „Entschuldigen Sie, aber Harry hatte schlecht geschlafen...und -"
„-kann sich in einem solchen Fall immer an den Nachtdienst wenden, aber hier auf dieser Station hat er nichts zu suchen." Mit forschen Schritten geht sie zum Bett, greift meine Krücken und hält sie mir hin: „Ich begleite Sie zurück."
Das klingt irgendwie nicht danach, als würde sie mit sich reden lassen.
„Dann gehe ich mal", murmele ich leise und Louis sieht mich besorgt an: „Kannst du denn dann schlafen?", fragt er unsicher und seine Stirn liegt in misstrauischen Falten. „Weiß nicht, ich werde es sehen. Versuch du auch zu schlafen, ja?" Louis zuckt mit den Schultern: „Es wird nicht funktionieren, wenn du nicht da bist..."
„Mr Tomlinson, jetzt seien Sie bitte nicht so theatralisch. Wenn Sie nicht schlafen können, dann geben wir Ihnen gerne etwas, damit es leichter geht. Sie müssen nur danach fragen", sagt die Schwester nun wirklich ziemlich genervt und legt mir die Hand auf den Rücken, um mich aus dem Zimmer zu führen.
Blöde Ziege.
Um sie zu ärgern, gehe ich ein wenig langsamer, als ich eigentlich könnte und ziehe so den Rückweg ziemlich in die Länge. Sie nutzt die Zeit, um mich über die Möglichkeiten der Medikation aufzuklären. „Sollten Sie nicht schlafen können, dann klingeln Sie nach uns und dann bekommen Sie eine Tablette, die das Einschlafen leichter macht."
„Und was, wenn ich keine Tabletten nehmen will?", frage ich fast schon ein wenig angriffslustig und bekomme zur Antwort lediglich ein paar geschürzte Lippen zu sehen.
Dämliche Kuh.
Weil ich aber keine Lust darauf habe, ewig hier mit ihr zu diskutieren, kneife ich lediglich ebenfalls die Lippen zusammen und nicke knapp, was ihr zu reichen scheint, denn sie dreht sich um und verlässt mein Zimmer ohne einen Kommentar.
Dieses Mal schlafe ich traumlos, wache allerdings mindestens zehnmal auf, sodass ich am nächsten Morgen so müde bin, dass ich kaum die Augen offen halten kann. So schlafe ich fast ein, als ich am nächsten Morgen im Speisesaal sitze und mein Frühstück zum wiederholten Male angähne. Louis, den ich mit meinem Gähnen angesteckt habe, hat noch genug Anstand, um sich die Hand vor den Mund zu halten, sieht aber ebenfalls hundemüde aus. „Hey, was ist los? Hast du überhaupt geschlafen?", frage ich leise und gebe ihm einen Kuss auf die Wange. Zwei Damen am anderen Ende des Tisches blicken uns irritiert an.
Meine Güte, Ladies, wir sind im 21. Jahrhundert, ihr solltet euch langsam daran gewöhnt haben, dass es auch gleichgeschlechtliche Paare gibt. „Ich habe keine gute Nacht gehabt", erzählt Louis matt und schenkt sich Tee nach. Seine Hand zittert und er schafft es kaum, die Kanne anzuheben und das, obwohl es eine ziemlich kleine Kanne ist, in die kaum mehr als 500ml Tee hineinpassen. „Was ist passiert?" Im Grunde ist diese Frage vollkommen überflüssig, weil ich mir eigentlich schon denken kann, was passiert ist.
„Na was wohl...genau das wovon ich so 'ne Scheißangst hatte. Ein Albtraum nach dem anderen hat mich verfolgt und immer bin ich dabei ertrunken." Kopfschüttelnd fährt er sich durch die Haare und verbirgt das Gesicht in den Händen.
„Wie soll das je wieder werden?"
Ohje, er klingt total verzweifelt. Schnell ziehe ich ihn an mich und küsse ihn auf die Stirn. „Wir kriegen das alles hin. Zusammen kriegen wir uns wieder heil."
„Ich hoffe es", sagt Louis leise, klingt in diesem Moment aber so gar nicht optimistisch.
Der Mann, der mit uns am Tisch sitzt, scheint das Gespräch mitbekommen zu haben und er sagt lächelnd: „Die kriegen hier alles wieder hin, glauben Sie mir. Ich bin Lokführer und habe vor sechs Monaten einen schlimmen Unfall miterlebt. Ich hätte nie gedacht, dass ich je wieder unter Menschen kann, aber bisher mache ich mich gut. Ihr müsst Vertrauen haben, dann klappt das."
Das klingt gut und ich streiche Louis aufmunternd über den Kopf: „Siehst du, das wird schon."
„Dasselbe könnte ich dir auch sagen, du klingst nämlich auch nicht sonderlich optimistisch."
Stimmt, er hat recht.
Allerdings werde ich immer die Schäden der ganzen Aktion bei mir tragen. Louis Narben werden verblassen und schon bald kaum mehr zu sehen sein. Höchstens vielleicht dann, wenn man den Arm ins Licht hält und die Narben hell schimmern - aber ich; mir fehlt ein Bein und ein Auge. Beides wächst nicht nach, verblasst auch nicht und wird mich daher immer an jenen Tag in Glenapp Castle erinnern.
Natürlich will ich Louis' Trauma deswegen nicht herunterspielen, auf keinen Fall. Beides ist auf seine Art und Weise dramatisch.
„Harry? Hörst du mir überhaupt zu?" Louis stupst mich an und erst jetzt realisiere ich, dass ich noch im Speisesaal sitze und er mich angesprochen haben muss. „Entschuldige bitte, ich war in Gedanken. Was hast du gesagt?"
„Ich sagte, dass ich trotzdem nochmal versuchen werde, zu bewirken, dass ich bei dir schlafen kann. Ich kann ja jetzt nicht jede Nacht wachliegen, sonst drehe ich durch und Tabletten will ich auf keinen Fall nehmen."
„Das will ich dir auch geraten haben, Junge", sagt eine Frau, die am Nebentisch sitzt und sieht Louis freundlich an. Der erwidert den Blick ein wenig irritiert, weil sie sich so eingemischt hat, doch das scheint sie nicht zu stören und sie redet weiter: „Ich wurde wegen Schlafstörungen behandelt und musste jahrelang Medikamente nehmen. Jetzt bin ich hier, weil ich süchtig nach den Dingern geworden bin. Tu dir das bloß nicht an, es ist die Hölle."
Ihre dunklen Augenringe bestätigen ihre Geschichte und ich bin ihr sehr dankbar, dass sie so ehrlich zu Louis ist und ihn warnt. Mein Freund starrt die Frau an, wirkt ziemlich eingeschüchtert, dann nickt er und sagt leise: „Danke, ich werde es beherzigen."
.-.-.-.
Wie nett von der Frau, dass sie Louis vorgewarnt hat.
Und wie unfair dass die Nachtschwester Harry zurückgebracht hat.
Das hier ist schon Kapitel 17, das ist ja wirklich unglaublich!
Liebe Grüße
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