[09]
Jisung PoV
Lächelnd lief der Ältere neben mir her zu ihm nach Hause. Zum Glück hatten die meisten anderen Schüler uns in Ruhe gelassen, doch wahrscheinlich war es zum Stillen der Gerüchte nicht gerade hilfreich, dass wir nun gemeinsam zu ihm gingen.
Vorsichtig ließ ich meine Hand an seiner entlang streifen, wollte sie nehmen, doch entschied mich dann dagegen.
"Willst du etwa Händchen halten?", grinste Minho und ich hätte zu gerne einfach ja gesagt. Das Wort lag mir auf der Zunge, aber als ich anfing zu reden, kam es natürlich nicht raus.
"Ich glaube eher, du willst Händchen halten.", schnaubte ich und hätte mir am liebsten dafür ins Gesicht geschlagen.
"Ganz sicher, dass du das bist."
"Ich will aber nicht!"
"Gib es doch einfach zu, Hannie."
"Ich wüsste nicht, was ich zugeben sollte.", pampte ich zurück.
"Du willst meine Hand halten."
"Nein, du meine."
"Fein, dann will ich halt deine Hand halten. Aber nur, wenn du auch willst."
"Ich will aber-... Also... Ich... Dann halt doch meine Hand."
Er lachte nur und griff dann nach meiner Hand, um unsere Finger miteinander zu verschränken, weshalb mein ganzer Körper aufgeregt anfing zu kribbeln.
"Darf ich dich küssen?", rutschte es mir raus.
"Was?"
"Was?"
"Was hast du gerade gefragt?"
"Ich hab gefragt, ob ich dich kuscheln darf... Also umarmen...", redete ich mich raus, um zumindest ein bisschen was zu retten.
"Lass uns erstmal zu mir gehen und dann darfst du kuscheln, Hannie."
"O-Okay..."
"Shy Baby~", summte er.
"Hey! Ich bin kein Baby!"
"Aber natürlich nicht, du kleines, süßes, rotgewordenes Wesen."
Er kniff mir mit seiner freien Hand in die Wange und grinste, während ich nur noch weiter errötete.
"Wir sind da.", meinte Minho auf einmal und fummelte seinen Schlüssel aus der Hosentasche, während wir zu einem kleinen Hochhaus mit Wohnungen kamen. "Ist jetzt nicht so groß wie euer Haus, aber für mich reicht es."
"Lebst du alleine?", fragte ich neugierig, da er nichts von seiner Familie erwähnt hatte.
"Meine Eltern sind homophob, deshalb bin ich schnellstmöglich ausgezogen, und meine Großeltern bezahlen mir die Miete für die Wohnung, deshalb haben sie auch noch den Schlüssel für den Notfall.", antwortete er erstaunlich locker. "Aber es ist, um ehrlich zu sein, kein großes Ding mehr für mich."
"Also bist du auch schwul?"
"Jo, bin ich. Verdammt, Jisung, wir halten seit 5 Minuten Händchen und du denkst echt, ich wäre straight?!"
"Das muss ja nichts heißen..."
"Weil es auch so typisch hetero ist, mit einem anderen Mann Händchen zu halten.", erwiderte er und ging mit mir zusammen in seine Wohnung, die zum Glück direkt im Erdgeschoss lag.
"Ja, was weiß ich."
"Willst du was essen?", wechselte er das Thema und zog sich die Schuhe aus. "Schuhe kannst du einfach neben meine stellen."
"Ich brauche nichts, danke. Ich esse normalerweise kein Mittagessen."
"Kannst du knicken. Wir gehen dich jetzt füttern."
"Ich will wirklich nicht, Minho. Wenn ich das jetzt runter zwinge..."
"Dann?"
"Dann will ich die nächste Woche über nicht mehr essen. Ich bin da ziemlich sensibel."
"Ach, Sungie...", seufzte er und fuhr mir über die Wange, doch der Name erinnerte mich zu sehr an den falschen Minho und ließ nichts als Schmerzen zurück.
"Bitte nenn mich nicht so...", meinte ich traurig. "Nenn mich wie du willst, nur nicht 'Sungie'."
"Wieso?", fragte er leicht verwirrt, doch mit einem Lächeln auf den Lippen.
"Ich... Ich mag den Spitznamen einfach nicht... Hab damit schlechte Erfahrungen gemacht."
"Oh, verstehe. Das ist okay. Dann... 'Ji'?"
"Ja, das ist besser. Danke."
"Ach, wenn es nur das ist. Und jetzt lass uns ins Wohnzimmer. Schule ist immer so furchtbar anstrengend."
"Und wie."
Ich folgte ihm in sein Wohnzimmer, in dem auch ein Esstisch mit vier Stühlen stand. Er hatte kaum Deko, aber es wirkte trotzdem sehr angenehm und nicht zu streng, was wahrscheinlich auch dem großen Kratzbaum in einer Ecke zu verdanken war.
"Na komm, setz dich zu mir aufs Sofa.", lächelte er, weshalb ich mich neben ihm auf den Sofarand setzte. Es war irgendwie unangenehm, wenn ich es mir bequem machte. "Du darfst dich auch gemütlich hinsetzen, Ji. Du musst da nicht sitzen, als hätte man dir gerade einen Stock in den Arsch geschoben."
"Von dir würde ich mir noch ganz andere Dinge in den-", begann ich, doch schlug mir dann die Hand vor den Mund, bevor ich zu Ende reden konnte.
"Achja? Würdest du?", grinste Minho dreckig, woraufhin ich nur heftig den Kopf schüttelte.
"Vergiss das wieder... Das war... Ich hab nicht nachgedacht, bevor ich angefangen habe zu reden..."
"Das ist meistens, wann man die ehrlichsten Dinge sagt.", erwiderte er, doch merkte, dass ich mich gerade ein wenig unwohl damit fühlte. Um nicht zu sagen, es war mir des Todes peinlich. "Hey, Hannie... Ist okay. Wir vergessen das einfach. Und jetzt komm her."
Er legte seine Hände an meine Hüften und zog mich vorsichtig näher an sich.
"Huh?", brachte ich überrascht hervor, als der Ältere mich leicht an sich drückte, sodass ich eigentlich keine andere Möglichkeit hatte, als meine Kopf auf seiner Schulter abzulegen.
"Warum?", fragte ich leise und sah ihm ins Gesicht.
"Du wolltest doch vorhin kuscheln, oder nicht?"
"Das meinte ich nicht. Warum verbringst du Zeit mit mir? Du könntest jeden haben, den du willst."
"Ich weiß nicht. Ich mag dich einfach."
"Das kann nicht der einzige Grund sein."
"Warum nicht?"
"Das wäre zu simpel."
"Es ist nicht der einzige, aber es ist der wichtigste, Hannie. Natürlich will ich nicht, dass du noch länger einsam bist, aber das ist nicht aus Mitleid, sondern weil ich dich mag."
"Ich mag dich auch...", hauchte ich schon fast, während in meinem Kopf gerade alles einstürzte. Ich wollte seine Liebe. Ich wollte sie so sehr, wollte nicht mehr alleine sein, aber im gleichen Moment tat es weh und ich konnte mir nicht erklären wieso. Jetzt war ich doch einen Schritt näher an Minho gekommen, oder nicht?
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