Trost 64
Noah POV
Ich wusste nicht wohin ich sollte. Unruhe ließ meinen Körper nicht still stehen und mir kam es so vor, als würden die Wände meines Zimmers mich immer mehr einengen. Ich konnte nicht hier bleiben ohne verrückt zu werden. Also ging ich dahin, wo ich mich schon immer am wohlsten fühlte, in die Natur. Ein kleiner Waldabschnitt war ja hier gleich in der Nähe, und ein idealer Rückzugsort für mich. Ich war allein, doch irgendwie auch nicht, immerhin war man im Wald durch das viele Leben um einen herum nie wirklich allein.
Bewaffnet mit einer dicken Jacke, marschierte ich also los. Bis ich aus dem Haus trat, schaffte ich es, meine Tränen zu kontrollieren, doch kaum hatten meine beiden Füße die Schwelle zur Außenwelt überschritt, schoss mir die salzige Flüssigkeit in die Augen. Noch bevor mich jemand sehen konnte, eilte ich aber auch schon los. Die Treppen runter und dann über die weite Wiese, welche nur noch zu wenigen Teilen mit Schnee bedeckt war, und letztlich in den noch immer kahl aussehenden Wald. Die Bäume hatten noch kein Blätterkleid an sich, und auch Nadelbäume gab es nicht. Verstecken könnte ich mich also nicht wirklich, doch das wollte ich auch eigentlich nicht. Ich wollte nur etwas allein sein und diese Trennung verarbeiten.
Trauer erfüllte meinen Körper und ich ließ mich erschöpft auf einen umgestürzten Baumstamm nieder. Meine Beine fühlten sich komisch an, fast so, als hätten sie nicht mehr die Kraft mich und mein Bedauern zu tragen. Die letzten Dämme brachen und ich vergrub mein Gesicht in meinen Händen. Meine Tränen benässten kurz darauf meine Handballen und meine Wangen, tropften auf meinen Schoß und trugen so viel Trauer mit sich. Doch ich müsste Flüsse füllen mit meinen Tränen, um diese Gefühle vollständig aus mir heraus zu bekommen. Mein ganzer Körper war gefüllt, und kaum schafften meine Tränen etwas platz, erschuf mein Herz gleich neue Traurigkeit.
Mein Kopf schmerzte bereits nach einigen Minuten. Meine Nase war verstopft und ich röchelte unter den heftigen Schluchzen nach Luft. Ich fühlte mich nun auch körperlich elend, was zu meiner jetzigen Situation nicht beitrug.
Bewegung aus meinem Augenwinkel ließ mich sofort aufsehen, und meine Augen weiteten sich ein Stück voller Schock als ich den weißen Wolfen nicht weit zu meiner linken stehen sah. Seine roten Augen musterten mich und seine Ohren waren aufmerksam aufgestellt. Ich bemerkte, wie seine Rute ein wenig abfiel, doch er sie gleich wieder aufrichtete, fast so, als hätte er sich aus seiner Starre befreit. Wir beide wussten nicht so recht wie wir reagieren sollen, und er war der erste der die Initiative ergriff. Zaghaft kam er auf mich zu, bis er direkt bei mir stand. Ich war mir sicher, er wüsste was passiert sei. Wird er mich auslachen? Wird er mir unter die Nase reiben, dass er recht hatte? Ich wusste es nicht, immerhin konnte ich nicht so mit ihm kommunizieren wie Elijah - zumindest nicht in dieser Form. Doch wollte ich wirklich, dass er seine menschliche annahm? Irgendwie wäre mir dies noch unangenehmer. So hatte ich wenigstens den Schein, dass er nur ein einfaches Tier sei, welches mich nicht versteht.
"Bist du hier um mich auszulachen? Dann fang' endlich an.. Ich habe nicht den ganzen Tag zeit.", murrte ich von der anhaltenden Stille verunsichert. Wut fing an in mir zu brodeln, nur wusste ich nicht auf wen sich diese richtete. Luxus konnte eigentlich nichts für unsere Trennung, oder? Es wäre jedenfalls ziemlich untypisch für Elijah von anderen manipuliert zu werden.
Der Wolf schwieg weiterhin, musterte mich kurz und ließ dann seine Ohren zur Seite fallen. Was hatte denn nun das zu bedeuten? Abwartend starrte ich ihn an, die Wut weiter in mir hoch kochend. Als er jedoch seinen Kopf tröstend gegen meinen Bauch drückte, erlosch sie gleich wieder wie eine Fackel im Wasser. Vollkommen schockiert von dieser absurden Geste, brachen erneut meine Emotionen mit mir durch. Ich sackte leicht in mir zusammen, und fing erneut an zu schluchzen.
"Du hattest Recht Luxus.. ich hätte mich anders verhalten sollen. Ich sehe es doch selber ein, wie widersprüchlich ich mich verhalten habe. Ich wollte das alles nicht, sondern ihn nur glücklich sehen. Ich wollte noch mehr Bücher mit ihm lesen und ihn nachts bei mir haben. Ich wollte ihn unterstützen und noch mehr von ihm kennenlernen, von ihm unterrichtet und belehrt werden.. Doch weil ich so dumm war, habe.. h-habe ich ihn schließlich verloren..", jammerte ich weinend vor mich hin und ließ mich erneut von den Gefühlen mitreißen. Luxus schien wohl angesteckt zu sein, denn er reckte den Kopf in die Höhe und heulte ebenfalls mit mir in den sonst so stillen Wald hinein. Auch wenn es eigentlich der letzte wäre, den ich sehen wollen würde, schenkte mir seine Anwesenheit und sein doch recht zahmes Verhalten etwas Tost. Ich glaube ich war an erster Stelle erleichtert, dass er nicht noch Salz in diese klaffende Wunde streute.
Luxus verweilte noch ein wenig und ertrug tapfer schweigend mein Geheule und Gesuhle in Selbstmitleid. Irgedwann wurde es ihm dann wohl doch zu viel, und er löste sich von mir. Sein Blick schweifte kurz in den Himmel, ehe er sich mit einem letzten prüfenden Blick auf meine Wenigkeit abwendete und in den Wald trollte. Es vergingen kein Minute, da gesellte sich jedoch jemand anders zu mir. Das hektische Flattern eines Vogels drang an mein Gehör und ich hob den Blick, nur um die Eule zu sehen, welche vor mir im matschigen Boden landete. Ich rutschte von dem Baumstamm in den Stand, das Schluchzen welches mir noch immer in der Kehle steckte innehaltend.
Ibis.. Er war definitiv jemand den ich jetzt gerade brauchte, wenn nicht sogar, die Person welche mich am ehesten beruhigen konnte.
So kam es auch, dass, sobald er seine menschliche Form angenommen hatte, ich auf ihn zu stolperte. Die Kälte und das komische Gefühl in meinen Beinen hatten sie betäubt, weswegen ich wirklich froh um seine Reflexe war. Noch ehe ich in den Schlamm fiel, fing er mich auf und zog mich an seine Brust. Hilfesuchend schlangen sich auch meine Arme um seinen Körper und ich vergrub mein Gesicht in seinem Hemd, welches so wie auch er wunderbar nach Tanne roch. Ich spürte wie sich eine Hand auf meinen Kopf legte und mir beruhigend durch mein Haar fuhr. Diese Geste erinnerte mich sehr stark an meine Mutter, welche das immer tat um mich früher als Kind zu beruhigen. Schnell beruhigte ich mich und Geborgenheit erfüllte meinen Körper, welcher langsam zur Ruhe kam Es tat gut nicht mehr schluchzen zu müssen und meine Augen ein wenig schließen zu können. "So ist gut. Mach dir keine Sorgen, ich bin für dich da.", hörte ich seine zärtlich sanfte Stimme in mein Ohr säuselnd. Ein leichtes Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich nickte nur kraftlos.
Zum Glück war Ibis immer da wenn man ihn brauchte.
Elijah POV
Ich verbrachte die ganze restliche Zeit bis zum Abendbrot in meinem Zimmer und starrte Löcher in die Luft. Wo nur haben wir versagt? Wie ist es passiert, dass die anfänglichen Glücksgefühle so schnell schwanden? War es vielleicht der ganze Stress mit Legina oder waren sie von Anfang an nur Einbildung?
Ich fand weder Antworten auf diese Fragen noch die Lust auf das Abendessen. Stattdessen machte ich mich auf den Weg zu dem Raum mit dem Kamin. Ich wusste nicht wirklich was mich dahin trieb, doch als ich das Knistern des Feuer hörte, die Wärme spürte und das orange angeleuchtete Fell des Wolfes sah, schob ich es auf mein Versprechen, was ich Luxus gab. Er bekam meine Ankunft natürlich sofort mit und hob seinen Kopf. "Ich hatte gehofft du kommst.", gestand er ehrlich und machte sich nicht die Mühe sich zurück zu verwandeln oder sich gar anderweitig zu bewegen. "Ich gab dir ein Versprechen und ich beabsichtige nicht, dieses zu brechen.", erklärte ich mich während ich den Kamm aus der Schublade holte und mich neben ihn setzte. "Dräng dich nicht Elijah, ich kann verstehen wenn du alleine seien möchtest.", erstmalig klang seine Stimme einfühlsam und ich glaubte mich sogar verhört zu haben. "Hör auf damit. Du bist gruselig, wenn du versuchst freundlich zu sein.", seufze ich und begann sein Fell zu kämmen, welches mit kleinen Ästen und Dreck verunreinigt war. Schien wohl so, als hätte er heute einen kleinen Ausflug gemacht in dieser Form. "Möchtest du drüber reden?", erkundigte sich der Alpha und legte seinen Kopf wieder auf seine Pfoten. "Nein.. Ich habe mir genug Gedanken drüber gemacht, den Rest erledigt die Zeit. Ich möchte mit dir über andere Themen reden.", erklärte ich ihm sachlich und konzentrierte mich auf meine Arbeit, um nicht erneut in meinen Gedanken zu versinken. "Oho.. Brauchst du etwa noch ein paar Tipps von mir, wie man Frauen beglückt?", scherzte er in einem spielerischen Tonfall.
Da ist der alte Luxus wieder, an welchen ich mich gewöhnt habe.
"Um ehrlich zu sein, ging es mir mehr um mein Tier und wie ich dieses unter Kontrolle bekomme.", lenkte ich das Gespräch auf das, was mich seit dem Vorfall mit Legina beschäftigte. "Übung macht den Meister. So mehr du deine Tierform nutzt, desto besser wirst du mit ihr klar kommen.", unterrichtete er mich worauf ich verstehend nickte. "Doch wie verwandel ich mich überhaupt?", hackte ich nach, denn schon da fingen meine Probleme an. "Wir können es gerne morgen ein wenig üben. Als Alpha kann ich dich zwingen bis du ein Gefühl dafür bekommst.", bot er mir an, was ich auch herzlich annahm. Das Training wird mich ablenken und kommt mir sogar noch zu nutzen. "Und auch bei anderen Sachen, kann ich dir helfen Elijah.", seine Stimme fiel noch ein paar Oktaven und er setzte sich auf. Noch ehe ich antworten konnte, saß er in seiner menschlichen Gestallt vor mir, ein verführerisches Grinsen auf den Lippen. "Bei Dingen, von denen Noah keine Ahnung hatte und dir nicht helfen konnte.", raunte er während er sich zu mir vorbeugte. Das Feuer neben uns spiegelte sich in seinen roten Augen wieder, welche Verhangen auf mir lagen.
Unbeeindruckt blieb ich sitzen, entfernte die Haare aus dem Kamm und hielt den Blickkontakt aufrecht. "Ich verzichte vorerst. Die Wunde ist noch zu frisch.", entschuldigte ich mich höfflich und beobachtete wie er leicht lächelte. "Zum Glück heilen Wandler schneller als normale Menschen.", und nach diesen Worten saß erneut der ehemalige weiße Tod vor mir.
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Hachja noch ein bisschen Drama muss sein :3 Im nähsten Kapitel wird es dann etwas ruhiger sein, doch dann geht es auch schon wieder los :D Puh.. ich kann euch sagen, da wird was auf euch zu kommen 8D
Ich habe mein Skript mal grob unterteilt und die Stichpunkte in Kapitel gefasst. Hoffentlich freut ihr euch, wenn ich euch mitteile, dass dieses Buch noch ca. 20 Kapitel haben wird (Bonuskapitel ausgeschlossen). *Konfetti werf*
Ich halte euch auf dem laufenden :3 Wer es gar nicht abwarten kann, zu sehen, was euch sonst noch erwartet, der schaut einfach auf meinem Patreon vorbei ;D
Ps. Kapitel 66 kommt etwas später auf Patreon online
Mfg, Keks ;*
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