Sirenen 43

Elijah POV

Wir ruderten bereits eine ganze Weile.. naja Noah und Ibis ruderten. Ich habe mich zwar auch schon angeboten doch die Jungs meinten, dass es wohl ganz schön schwer wäre. Wenigstens waren die Wellen nicht besonders hoch und das Schiff wurde nicht allzu stark herum geschleudert. Es stellte sich heraus, dass Noah Seekrank war. Zu unserem Glück hatte er nichts im Magen, was er wieder auskotzen konnte.

Irgendwo berührte es mich jedoch, dass er trotzdem mit kam. Er hätte ja auch am Hafen bleiben können, aber er bleibt bei mir. Das ist irgendwie süß.

Meine Blicke glitten in das blaue Meer, welches so endlos schien. Wie tief es wohl ist? Ich kann nicht den Boden sehen, obwohl das Wasser recht klar war. Fische ließen sich auch nicht blicken, obwohl.. Ich meinte aus dem Augenwinkel einen Schatten erhascht zu haben. Es war ein etwas großer Fisch, sollten meine Augen mich nicht trügen.

"Warum sind diese Gewässer eigentlich so gefährlich für Menschen?" fragte ich Ibis nebensächlich, ohne meine Blicke vom Wasser zu nehmen. "Hehe, es liegt wahrscheinlich an den vielen Sirenen - so wie die Menschen sie bezeichnen." grinste er mit einem kurzen Gekicher. "Sirenen?" hackte ich interessiert nach und wendete meine volle Aufmerksamkeit dem Braungesträhnten zu. "Wunderschöne Wesen, halb Mensch und halb Fisch. Der Oberkörper eines menschen mit einem Fischschwanz. Sie singen verzückende Lieder und locken die Seemänner ins Meer, wo sie sie dann fressen." erzählte er mit einem breiten Grinsen, welches etwas makaber auf mich wirkte. "Sowas gibt es?" hackte ich etwas skeptisch nach, doch bekam keine wirkliche Antwort. Er lächelte mich nur weiterhin breit an und zuckte die Schultern. "Naja, das ist das, was sich die Seeleute erzählen." zwinkerte er nur und verschränkte seine Arme hinter den Kopf.

Es wäre wirklich interessant mal eine zu sehen. Wenn es Wandler gibt, dann doch bestimmt auch sie oder? Gedankenverloren blickte ich wieder aufs Wasser, nur um fest zu stellen, dass wir gar nicht von der Stelle kamen. Verwirrt blickte ich zu Noah, der für das Ruder zuständig war. Wie erstarrte blickte er auf eine Stelle neben sich und ruderte nicht weiter. Seine Augen waren leicht geweitet und sein Mund leicht geöffnet. Ich folgte sofort seinem Blick und erhob mich etwas um über den Rand blicken zu können.

Eine Sirene?!

Tatsächlich hielt sich ein hübsches Mädchen an der Rehling fest. Ihre langen Finger fuhren über das Holz und ihre Augen nahmen die von Noah in sich gefangen. Ihr Haar schimmerte im Licht der Sonne silber und war - so wie ich das beurteilen konnte - recht lang. Es war auch das einzige, was ihren Oberkörper bedeckte. "Möchtest du sie nicht berühren, mein Hübscher?" säuselte sie verführerisch und präsentierte ihre pralle Oberweite. Noah schien nicht ganz zu wissen, was er machen soll und starrte sie einfach nur weiterhin wie versteinert an.

Ich erhob mich langsam und warf einen vorsichtigen Blick über das Boot, auf das Mädchen. Das Wasser war klar genug um zu erkennen, dass sie definitiv keinen Fischschwanz besaß. Doch keine Sirene? Aber was macht dann ein Mädchen hier draußen und versucht Noah so offensichtlich zu verführen?

"Ich muss dich enttäuschen.. Mittagessen wird wohl ausfallen." meldete sich Ibis nun endlich zu Wort und die Aufmerksamkeit des Mädchen legte sich auf uns. Ihre Augen waren ziemlich dunkel und sahen mehr aus wie große Knöpfe. Sie musterte uns interessiert und fing an mit einer Strähne ihres Haares zu spielen. "Wie könnt ihr es wagen einen Menschen zur Insel zu begleiten?" ihre vorher noch so liebliche Stimme wurde auf einmal ziemlich gefährlich und bedrohlich. Sie strömte etwas aus, was selbst mich etwas in Unruhe versetzte. Sehr wahrscheinlich eine Wandlerin..

"Wir sind nur hier um jemanden abzuholen. Wir wollen keinen Stress." beschwichtigend hob der Gesträhnte neben mir seine Hände und verzog seine Lippen zu einem versöhnlichen Lächeln. "Das könnt ihr auch ohne ihn. Ihr könnt ihn bei mir lassen, ich passe auf ihn auf." säuselte das unbekannte Mädchen mit einem mörderischen Grinsen. Nicht mal im Traum würde ich es zu lassen, dass sie auch nur eine Hand an Noah legt...

Oder an Ibis.. oder Luxus..

Sie war mir wirklich nicht geheuer. "Tut mir leid, aber er muss mitkommen.. Das ding ist nämlich.." eine Hand wanderte wie von allein in den Nacken des Größeren als er offensichtlich nach einer Ausrede suchte. "Er ist nämlich der Geliebte der Person, und ohne ihn wird er nicht zurück kommen."

Noah und ich sahen Ibis überrascht an, doch sagten keinen Ton. Die vermeidliche Wandlerin schien es nämlich wirklich zu glauben.. Sie blickte ihn überlegend an. "Du stehst also auf Kerle?" fragte sie ihn knapp, mit einem gewissen forschenden Unterton. Hektisch nickte Noah und kämpfte wahrscheinlich noch mit dem Unglaube von Ibis Aussage und dem vorherigen Kloß im Hals.

"Woher willst du wissen, dass die Person ein Mann ist?" wollte nun ich forschend Wissen. Haben wir das Geschlecht irgendwie erwähnt? "In den letzten Tagen kam nur ein Wandler hier herüber, und das war ein Mann." zuckte sie knapp mit den Schultern und legte gelangweilt ihr Kinn auf die Rehling ab. Diese fast schon schwarzen Augen waren etwas gruselig.. so endlos.. Als würde man direkt in pure und bodenlose Dunkelheit blicken. "Er ist also wirklich auf der Insel.." seufze Ibis neben mir voller Erleichterung und wendete den Blick nach vorne ab.

"Oh ja.. ihr solltet euch beeilen, sonst könnt ihr nur noch seine Leiche bergen." säuselte erneut die Wandlerin, die der Grund ist, dass wir immer noch hier herum trieben. Würde sie verschwinden, könnten wir auch endlich weiter..

"Er wurde nämlich schon erwartet." setzte sich kichernd hinterher. Vorsichtig schielte ich zu Ibis, dessen Entspannung sich wohl wieder verflüchtigt hatte, denn davon sah man nichts mehr auf seinem Gesicht. Seine Kiefermuskeln hatten sich angespannt und seine Blicke verhärteten sich. "Hast du es ihnen gesagt?" fragte er, ohne die Blicke vom Meer zu nehmen. Seine Stimme war kühl und passte sich seiner angespannten Haltung bestens an. "Nein. Ich habe nichts gegen Alphas.. immerhin ist es unmöglich für sie, das Meer zu kontrollieren - aber manche Vögel können wirklich redefreudig sein." antwortete sie und betrachtete Ibis mit einem nachdenklichen Blick.

"Ich kann euch helfen.." bot sie nach wenigen Sekunden der Stille und des bloßen Meeresrauschen an. "Ich ziehe euch bis zur Küste." setzte sie hinterher, wieder mit diesem komischen Grinsen auf dem Gesicht. "Und im Gegenzug?" wollte ich skeptisch wissen. "Besorgt ihr mir was zu essen." antwortete sie locker, ohne ihre Blicke von Ibis zu nehmen. "Na schön." ging er sofort darauf ein und richtete seinen Blick ernst auf das Mädchen.

Meiner Meinung nach ging er viel zu schnell auf das Angebot ein, doch wenn wir die Lage bedenken, bleibt uns wohl nicht so viel Bedenkzeit. Fragt sich nur, wie wir was zu Essen auftreiben sollen. Ich hoffe Ibis hat auch dafür einen Notfallplan, denn Noah wird ganz sicher nicht über Board geworfen.

"Gut, habt ihr ein Seil?" fragte sie, woraufhin Ibis ihr eines gab. Es war das selbe, welches wir zum festmachen nutzten. "Haltet euch fest." und mit diesen Worten und dem Seil in der Hand tauchte sie unter. Kaum war ihr Kopf unterwasser, lehnte ich mich erneut über den Rand. Meine Neugierde war einfach zu groß, ebenso wie die Chance, dass sie sich verwandelt hatte.

Tatsächlich fand ich das Mädchen nicht mehr, dafür ein riesigen Fisch, der bestimmt nicht kleiner als unser Boot selber war. Mit dem Seil im Maul tauchte es tiefer und verschwand letztlich. Ein plötzlicher Ruck ließ mich taumeln und fast selber als Mittagessen enden, währe nicht Noah gewesen, der mich in letzter Sekunde an sich zog.

Ein erleichtertes Seufzen entkam mir und ich bedankte mich für die Rettung. "Was war das für ein Tier?" fragte ich Ibis interessiert. Ich habe es zuvor noch nie gesehen, was wahrscheinlich daher kam, da meine Großmutter keine Bücher über Meereswesen hatte. "Ein Hai.. Es sind riesige Fische und vor allem gefährliche Raubtiere. Normalerweise leben sie viel weiter draußen, doch sie scheint die Insel zu bewachen. Sie fressen so ziemlich alles was irgendwie mit Fleisch zu tun hat." klärte mich Ibis auf und suchte sich selbst einen Halt.

Diese Tiere mussten wohl ganz schön Kraft haben, so wie sie unser Boot zog. Wir flogen förmlich über die Wasseroberfläche und kamen der Insel schnell näher. Sie sah schon aus der Ferne ziemlich majestätisch aus und war bewuchert mit Wald. Ich konnte aber auch einen Berg entdecken, der bestimmt riesig sein musste. Ich fragte mich, wie es wohl auf der Insel aussieht. Kein Mensch soll bisher Fuß darauf gesetzt haben sondern nur Wandler die dort als Tiere leben. Ich werde bestimmt einige Arten zu Gesicht bekommen, die ich bisher noch gar nicht oder nur aus Büchern kannte.

Mein Herz schlug voller Aufregung bei dem Gedanken und verdrängte die Sorge um Luxus ein wenig, der wahrscheinlich schon in Gefahr ist.

Wer weiß, was sie mit "Er wurde erwartet" gemeint hat ist mir zwar noch etwas unklar - doch etwas gutes war es bestimmt nicht. Die Rede war von einem Rudel welches wohl gefährlich sein soll, doch ob es das ist was Luxus bedroht? Immerhin ist er selbst ein Wolf..

Vielleicht war es aber auch kein Rudel Wölfe.. Mal sehen was uns erwartet.

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