Rot 78
Elijah POV
Mühsam zog ich mich an. Meine Glieder schmerzten beim kleinsten Kraftaufwand, und in der Nacht fand ich kaum Schlaf. Von meinem Gesäß wollte ich gar nicht erst anfangen, und von den unzähligen Flecken um Hals und Schulterknochen auch nicht. Noah wird Augen machen wenn er mich so sieht. Mittlerweile kam er gut klar mit der Tatsache, dass Luxus und ich ein paar waren. Ich schätze, es war der Zeitpunkt an dem er sich mit Ibis vertrug. Deren Beziehung war eine große Erleichterung für mich. Sie linderte die Schuldgefühle Noah gegenüber, und gab mir Hoffnung auf einen Neubeginn unserer Freundschaft. Zwar klappte es vorher auch schon zwischen uns, doch nun weiß ich, dass er seine Augen auf eine andere Person geworfen hat, und in seinem Kopf sich alles um diese Eule drehte. Er sah mich nicht mehr als potenziellen Liebespartner, sondern als einfachen Jungen, der zufällig aus dem selben Dorf kam und mit dem er schon ein paar Abenteuer erlebt hatte.
So schön es wäre, noch ein paar weitere zu erleben, so sehr sehnte ich mich jedoch auch langsam nach einem Platz zum bleiben. Ich wollte zur Ruhe kommen, und am liebsten meine Zeit in Gegenwart des Wolfes verbringen.
Als ich an ihn dachte, konnte ich nicht verhindern, dass mein Blick zu ihm gleitete. Er zog sich ebenfalls an, war gerade dabei sich die Hose zuzuknöpfen, welche von Gestern noch immer leicht feucht war. Das dunkle schwarz schmiegte sich an die Haut und betonte die Muskeln welche sich darunter befanden. Sein Hintern sah unfassbar gut darin aus, doch sein Oberkörper war dann doch interessanter. Schon gestern konnte ich ein paar Blicke darauf werfen und ihn betrachten, doch im Tageslicht war es nochmal was ganz anderes. Seine Haut war seidig und seine leichten Bauchmuskeln warfen ebene Schatten auf die blasse Haut.
Ich war keine Person welche viel Wert auf Äußerlichkeiten legte, doch die Verpackung stimmte bei ihm, und das betraf nicht nur seine Menschenform. Selbst seine Wolfsform hatte etwas an sich, was mich schon seit unserer ersten Begegnung auf der Suche nach dem Jungen, ansprach. Groß, kräftig und .. ungewöhnlich. Er stach definitiv heraus wenn man ihn mit anderen Wölfen vergleichte, ein bisschen so wie ich selbst. Ich habe mich ihm verbunden gefühlt, selbst wenn es mir damals noch nicht so wirklich klar war.
Mit Noah hatte ich kaum eine Gemeinsamkeit, wir waren ja noch nicht einmal die selbe Art. Klar, dass dies keine große Rolle spielte, doch es war auch sein Charakter welcher mich verunsicherte.
Er war selbstbewusst und offen, zögerte nicht eine Sekunde wenn jemand Hilfe brauchte und setzte sich für Schwächere ein. Er war bei jedem beliebt und wurde von jedem gemacht. Sein Lächeln zog einfach alle in den Bann. Wie ein Ritter in glänzender Rüstung. Neben ihm, wirkte ich noch mehr wie ein Aussenseiter, ein komischer, kleiner Junge. Noch dazu, dass er unsicher war wenn es um unsere Beziehung ging. Ihm war es unwohl, wenn man uns beide zusammen sah, oder uns jemand sehen könnte, wenn wir uns küssten oder Händchen hielten. Die Meinung anderer ist ihm zu wichtig, und würde er mit mir zusammen geblieben sein, dann hätte ich einen negativen Einfluss darauf gehabt und er hätte mich wohl möglich noch abgeschossen, oder wäre unglücklich gewesen. Es war eine richtige Entscheidung das zu beenden.
"Über was denkst du nach?", raunte es auf einmal von hinten an mein Ohr. Ich drehte meinen Kopf zur Seite und schielte zu Luxus hoch, welcher dicht hinter mir stand und seine Lippen zart über meine Schultern fahren ließ. "Vergangene Zeiten und getroffene Entscheidungen", antwortete ich ehrlich und ließ mich von seinen starken Armen umschlingen. Sofort überkam mich ein Gefühl der Geborgenheit und ich ließ mich an seine Brust fallen. "Bereust du es mit mir hier hin gekommen zu sein?", schmunzelte er dunkel klingend. Ein zartes Lächeln der Belustigung legte sich auf meine Lippen. "Nein, die Nacht war atemberaubend", entgegnete ich ehrlich. Ich spürte an meiner Haut, wie sich seine Lippen strafften und zu einem breiten Lächeln wurden. "Es war bestimmt nicht die letzte. Von nun an, können wir öfters hier her kommen und die Zweisamkeit genießen", hauchte er sanft, fast schon liebevoll. "Sehr gerne", stimmte ich zu. "Aber vorher sollten wir wohl erstmal zurück ins Anwesen, ein warmes Bad nehmen und Frühstücken - ich verhungere", kam es dann lockerer von ihm und wir lösten uns. "Na schön, lass mich mich eben noch zuende anziehen", nickte ich einverstanden und griff nach meinem Oberteil. "Du wärst schon fertig, hättest du mich nicht Minutenlang angestarrt", zwinkerte der Rotäugige und ging an mir vorbei. Ich prustete abfällig die Luft aus meinem Mund heraus. "Bilde dir nichts ein, meine Gedanken waren ganz sicher nicht nur bei dir", lächelte ich verräterisch und schlüpfte in den Stoff. "Willst du mich eifersüchtig machen? Das könnte gefährlich enden", grinste er breit, was beinahe schon mörderisch gefährlich aussah. Unbeeindruckt zuckte ich jedoch die Schultern. "Wer weiß", pfiff ich nur spielerisch aus und schnappte mir dann seine Hand. "Na komm schon, du sagtest du hättest hunger.. und bevor du mich frisst, sollten wir die Vorräte von Vani plündern", wechselte ich gut gelaunt das Thema, während ich mich in Bewegung setzte. Luxus folgte sofort und gemeinsam kehrten wir zum Anwesen zurück.
Schon aus der Entfernung beschlich mich ein komisches Gefühl. Es war wie ein Schleier welches über dem Gebäude lag. Ich spürte die Unruhe in mir, welche vom Löwen ausging. Luxus schien auch die Veränderung zu bemerken, denn seine Blicke streiften suchend umher und auch über das Gebäude. Als seine Augen etwas fokussierten legte er einen Gang zu, nur um wenige Meter stehen zu bleiben. Sofort folgte ich ihm, blickte jedoch verwundert herunter als es unter meinen Stiefeln knirschte. Glasscherben. Suchend blickte ich nach Oben, zu der Stelle welche wohl auch Luxus gesehen hatte. Der Grund war ein zerstörtes Fenster. "Ist das nicht das Zimmer von Noah?", fragte ich Luxus leise, welcher sofort seine Stirn runzelte und mich mit ernsten Blicken ansah. "Bleib wachsam, und dicht bei mir", wies er mich an. Verstehend nickte ich und klebte an seinen Fersen als wir das Innere betraten.
Ein komischer Geruch lag in der Luft, welchen ich noch nicht zuordnen konnte. Mich jedoch nicht davon irritierend lassen, folgte ich meinem Partner in die zweite Etage zu den Zimmern. Der Geruch wurde schlimmer mit jedem Schritt, welchen wir Noahs Raum näher kamen. Irgendwann ahnte ich es auch schon, was es war. Mein Magen brummte, doch nicht vor Hunger sondern vor Übelkeit. Als wir vor der Tür zum stehen kamen, stach der Eisengeruch penetrant in der Nase und ich hatte Schwierigkeiten mich nicht zu übergeben. Mein Hände fühlten sich kalt an, und feucht. Meine Muskeln zitterten und versteiften sich. Selbst die beruhigende Hand von Luxus auf meiner Schulter, schaffte es nicht mir Entspannung zu bringen.
Langsam drückte dieser die Klinke herunter und öffnete Stück für Stück die Tür. Er warf kontrollierende Blicke hinein, ehe er sie letztlich ganz aufstieß. Eine Welle des Blutgeruch traf auf mich, und ich musste mich kurz abwenden. Gott.. das war schrecklich.
Als ich Luxus in den Raum folgte, war jegliche Übelkeit verpufft. Die ganzen Gefühle welche mich wie ein Baumstamm überrollten, boten keinen Platz mehr für irgendwelche Beschwerden. Nicht einmal die Schmerzen in meinen Gliedern vernahm ich noch, als ich zum Bett stürzte. Ich fiel auf die Knie, und ließ die Blutlache in der ich nun hockte, meine Hose durchtränken. Es war kalt und schon tief in den Teppich eingezogen.
Ich legte zittrig eine Hand auf den Hals des Braunhaarigen Jungen. Seine Haut war kalt und kein Herzschlag war zu spüren, was kein Wunder war. Seine Brust, Beine und Arme zierten riesige Furchen, Bisswunden und an einigen Stellen drückten die Knochen von innen gegen die Haut. Sein linkes Bein war ungesund zur Seite verdreht und seine Schulter war ausgekugelt. Sein Tod war kein Friedlicher... wofür auch seine weit aufgerissenen, trüben Augen sprachen.
Ein schweres Schluchzen durchfuhr meinen Körper und ich schlang meine Arme um mich, zog den Umhang, welcher bestimmt auch mit dem Blut meines Freundes getränkt war, enger. Ich zitterte stark als steckte ich im tiefsten Packeis. Nur meine Tränen brannten wir Feuer auf meinen Wangen. Sie tropften in die Lache vor mir und versanken in dem dunklen Rot vollständig.
Irgendwann spürte ich Luxus erneut, und wie er mich von der Leiche wegzog. Er drückte mich in in seine Arme und gab mir die Zeit die ich brauchte.
Mein Kopf fühlte sich so an, als würde er explodieren. So viele Gedanken und Empfindungen wollten gehört und verarbeitet werden. Selbst mein Herz schmerzte bei jedem Schlag und wusste nicht wie ich damit umgehen sollte.
Ich weinte bitterlich, schluchze und verfluchte die Welt. Warum musste man mir meine geliebten Menschen wegnehmen?! Verdiente ich es nicht glücklich zu sein?!
Erst Großmutter und nun auch noch er?
"Elijah", hörte ich sanft und ich blickte zu dem Schwarzhaarigen auf. Die Angst, dass ich ihn auch noch verlieren könnte, überkam mich und ließ mich gleich noch heftiger Schluchzen und Wimmern. Ich krallte mich in seine Kleidung und schmiegte mich wieder an ihn, das Gesicht in dem Stoff versteckt. Erneut waren meine Laute der Trauer und des Verlust das einzige in diesem Raum, und das hielt auch noch mehrer Minuten an.
Irgendwann kam nichts mehr aus meinen Augen. Jede Träne welche ich besaß, hatte ich vergossen. Mein Kopf hämmerte, meine Nase lief und ich fühlte mich elend - gleichzeitig doch auch erleichtert. "Das... Die Spuren, sie sind die selben wie bei deiner Großmutter", wies mich Luxus darauf hin.
Jetzt wo er es sagte...
"Das ist bestimmt kein Zufall. Jemand ist hinter dir her", schlussfolgerte er und schloss mein Gesicht in seine Hände, nur um es kurz darauf anzuheben, auf dass ich ihn ansehen musste. "Aber hab keine Angst, ich beschütze dich. Ich lasse nicht zu, dass sie dir was antun", versicherte er mir ernst und einfühlsam.
Dabei war es ich, um den ich mir sorgen machte, sondern er selbst. Und er war mies darin sich selbst zu beschützen.
Ich darf nicht zulassen, dass ihm das selbe passiert.
Ich muss selber stärker werden, um ihn ebenfalls beschützen zu können.
Ich kann diese Sache nicht vergessen.
Ich werde dafür sorgen, dass mir diese Bastarde niemals mehr jemanden wegnehmen.
Ich weiß nur noch nicht wie...
Doch! Ich wusste wie. In mir schlummerte eine Bestie mit gewaltigen Kräften. Ich muss sie mir nur zum Nutzen machen. Dann wird es mir möglich sein, stärker zu werden, auf dass ich die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehe. Sie werden nicht ungestraft davon kommen, nicht solange ich noch lebe. Ihr Vergehen wird sie bis an ihr Lebensende verfolgen. Die Wut brodelte in mir hoch und verschlang alles andere in mir. In mir tobte es, und meine Muskeln zitterten erneut vor Zorn. Zum ersten Mal wünschte ich mir, dass es den Gott wirklich gab, denn dann gab es auch die Hölle. Ich wünschte mir das Schlimmste für diese Wichser, und das waren Qualen bis in alle Ewigkeit.
"Nein, wir werden uns gegenseitig beschützen. Ich kann nicht mehr zulassen, dass man mir meine Familie wegnimmt. Diese Bastarde müssen bestraft werden. Die Zeit in der ich auf mir herumtrampeln ließ, ist vorbei", knurrte ich dunkel und vor Überzeugung strozend. Ich konnte spüren wie die Kraft des Löwen durch mich hindurch floss und mir den nötigen Mut für das kommende gab. Auf Luxus Gesicht bildete sich ein leichtes Lächeln. "Na schön. Ich werde dir folgen, wenn du sie finden willst, und wenn es bis ans Ende der Welt geht", versicherte er mich ehrlich. Ich nickte erleichtert. Ohne ihn würde ich es nicht schaffen. "Wir haben aber keine Anhaltspunkte. Keine Spuren, keine fremden Gerüche.. Unser einzige Chance ist, dass andere die Mörder gesehen haben", erklärte er, und erneut nickte ich verstehend.
Wir schwärmten aus um nach Zeugen zu suchen, doch keiner der Angestellten war hier und von Sagi war auch keine Spur zu finden. Als ich mich erneut mit Luxus vor dem Zimmer traf, schien auch er erfolglos zu sein.. allerdings fand er eine Feder außerhalb des Gebäudes. Ibis Feder. Er ist also noch höchstwahrscheinlich am Leben und ist geflohen. Ein Lichtblick. Wir mussten ihn also nur finden. Er hat bestimmt die Gesichter gesehen.. und.. auch was sie seinem Liebsten angetan haben. Ich wollte mir nicht vorstellen, wie es ihm gerade ging.
Jetzt wo sie gerade zusammen waren, wurde ihm Noah auch gleich wieder entrissen.
Ich hoffte die Eule befand sich hier in der Nähe, doch selbst wenn nicht.. Ich würde die ganze Welt bereisen um wenigstens ihn wieder zu finden, auch im wissen, dass er Luxus wichtig war.
Scheint als würde ich das Niederlassen noch aufschieben müssen, denn ein letztes Abenteuer bestünde uns noch vor.
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