Kapitel 2

Nach fünf Minuten habe ich dann die Aufgabe gelöst, werfe die Kreide vor die Füße des Lehrers und geh wieder zu meinem Platz. Der offene Mund vom alten Sack ist mir natürlich nicht entgangen, aber der kann mich mal.

Meine beiden Brüder ignorierend, die mich gerade feiern, lege ich meinen Kopf auf meine Arme und schließe die Augen. Ein kurzes Schnurren entfährt mir, dann bin ich auch schon eingeschlafen.

💜

Pov Jule

„Jule." „Jule." „Jule!"

Von einem nervigen Rütteln am Arm werde ich geweckt. „Verpiss dich und lass mich schlafen", murmel ich leise, was mir einen Schlag auf dem Kopf einbringt. Au Idiot. Genervt öffne ich meine Augen. Mit meiner Hand fahre ich über meinen Kopf und reibe ein bisschen. Das war voll knapp an meinen Katzenohren!

Verschlafen richte ich meinen Körper auf und schau mich erstmal verwirrt um. Dann fällt mir ein, dass ich in der Schule bin und lasse meinen Kopf wieder auf meine Arme gleiten. Hier ist es einfach zu langweilig. „Jule! Man jetzt bleib halt mal wach. Es ist Pause und du musst doch zum Direktor!" Ich will doch nur schlafen. Ist das zu viel verlang?

Jammernd richte ich mich wieder auf und schau meine zwei Brüder mit einem Muss-Ich-Wirklich-Blick an. „Ja, und jetzt beweg deinen Kanckarsch dahin", mit den Worten zieht mich Jimmy vom Stuhl hoch und schubst mich aus dem Klassenzimmer. Frustriert und noch verschlafen lasse ich es einfach über mich ergehen.

Langsam laufen wir zu dritt los. Ich in der Mitte. Meine Brüder links und rechts von mir. „Warum musst du ins Direktorat?", frägt mich Jimmy neugierig. Laut atme ich aus und zucke mit den Schultern. Ich kann leider nicht in den Köpfen von anderen reinschauen. „Hast du echt keine einzige Vermutung?", frägt mein andere Bruder Jesse ebenfalls neugierig. Natürlich hab ich die, aber ich bin zu faul , um sie euch zu erklären.

Leider sind meine Brüder da einer anderen Meinung und so krieg ich von beiden Seiten einen Ellenbogen in die Seite. Auuu. Ich hab auch Gefühle. Seid doch mal zärtlicher! „Du sollst mit uns reden! Du kannst ja meinetwegen jeden ignorieren, aber nicht uns!", fährt Jesse mich an. Laut seufze ich. Ich weiß, aber ich hab gerade echt keine Lust zu reden.

„Naja, ich geh dann mal zu meinen Freunden. Ihr könnt dann gerne zu uns kommen", sagt Jesse gähnend und geht dann. Wie angewurzelt bleibe ich stehen und schaue mit großen Augen meinem Bruder nach. Ich hasse es, wenn ich außerhalb von meinen Brüdern getrennt bin. Es kommt dann immer so ein Unwohlsein in meinem Körper auf. Auch wenn ich weiß, dass ich ihnen ihren Freiraum lassen muss, fällt es mir manchmal ziemlich schwer sie gehen zu sehen. Wer weiß, was in der Zeit passiert in der ich weg bin. Es gibt so viele böse Menschen, die es genau auf Nekos abgesehen haben... was wenn jemand von Jesses Freunden so einer ist? Panik breitet sich in meinem Körper aus. Schnell schlägt mein Katzenschwanz hin und her. Ich kann ihn beschützen. Ich sollte zu ihm. Ich darf ihn nicht verlieren! Schnell!

Sanft wird mein Arm festgehalten. Dann werde ich an meinen Schultern zu Jimmy umgedreht, welcher mich beruhigend ansieht. Sobald er aber meine roten Augen sieht, weiten sich seine und er nimmt mich schnell in die Arme. Sofort entspanne ich mich wieder. Meine roten Augen sind ein Zeichen dafür, dass mein Vampir ganz dicht an der Oberfläche ist, was nicht immer gut ausgegangen ist. „Es wird ihm nichts passieren. Es ist alles okay." Jimmy ist zwar ein Kindskopf, doch er ist immer für mich da, genauso wie Jesse. „Komm du musst zum Direktor. Die halbe Pause ist schon um." Er nimmt meine Hand und zieht mich. Gedanken versunken stolpere ich ihm hinterher, während ich in die Richtung schaue, wo Jesse weggegangen ist.

Vorm Direktorat angekommen lässt er meine Hand los und sagt: „So du gehst da jetzt rein. Ich geh zu Jesse, so ist er auch nicht alleine. Außerdem brauch ich seine Hilfe. Ich hab da was ganz tolles geplant." Teuflisch grinst er und geht dann. Jetzt haben mich beide verlassen. Genau wie bei Jesse schaue ich noch in seine Richtung und überlege ihm nachzulaufen.

Nein. Sie sollen sich nicht eingeengt fühlen. Es wird schon nichts passieren. Ich muss meine Gefühle etwas mehr unter Kontrolle kriegen. Kopfschüttelnd sortiere ich meine Gedanken und konzentriere mich auf das was jetzt vor mir liegt.

Um ehrlich zu sein, ich hab echt keine Lust da jetzt rein zu gehen. Am Ende muss ich irgendwas erklären. Etwas fragwürdig starre ich die Türklinke an, ehe ich mit den Schultern zucke und einfach rein gehe. Dass ich eventuell hätte klopfen sollen, verdränge ich einfach. Juckt mich auch nicht.

„Ja?", war meine einzige Frage, als ich im Zimmer stand und der Direktor und meine Klassenleiterin mich anstarren. Der alte Sack räuspert sich kurz und setzt sich auf seinen Bürostuhl. Dann fängt er an zu sprechen:

„Also. Jule. Ähm. Wo soll ich anfangen?

Am Anfang vielleicht? Ich hab nicht ewig Zeit.

„Deine Lehrer sind zu mir gekommen und haben alle das gleiche über dich gesagt und zwar, dass du komplett unterfordert bist und deswegen im Unterricht die ganze Zeit schläfst. Manche Lehrer geben dir sogar schon Abiturstoff zum lernen, doch auch diesen hast du anscheinend so schnell kapiert, dass du wieder schläfst. Deswegen hatten wir die Idee, dass du dein Abitur dieses Jahr schon machen kannst. Doch dann haben wir nochmal bei dir daheim angerufen und uns wurde gesagt, dass du hochintelligent bist. Das ist fantastisch. Ich habe bei einem alten Bekannten von mir angerufen, der morgen kommt und dich mal genauer anschaut. Er entscheidet dann, ob du hier bleibst oder auf eine spezielle Schule gehst, wo mehr solche sind wie du. Na, was sagst du?" Erwartungsvoll lächelt er mich an.

Sprachlos mit offenem Mund starre ich ihn an. Der kann doch nicht einfach irgendwas bestimmen, was er für richtig hält! Und dazu noch ohne meine Meinung! Wütend starre ich ihn an.

„Ich will, dass alles so bleibt wie es gerade ist! Sagen sie ihrem Bekannten ab!"

Der kann mich mal. DING DONG! Oh, die Pause ist um. Egal. 

„Aber Jule überlegt doch mal. Das hat so viele Vorteile für dich. Du könn-"

„Einen Scheißdreck! Sie sind nicht mein Beziehungsberechtigter! Sie können nicht einfach so über mein Leben entscheiden!"

„Ja aber Jule! So ein Talent kann man nicht-"

„Mir scheiß egal! ES IST MEIN LEBEN UND ICH SAG NEIN!"

Brodelnd vor Wut mit zusammen gebissenen Zähnen und zusammen geballten Fäusten, liefern wir uns einen Starrwettbewerb. Selbst meine Katzenohren haben sich feindselig aufgestellt. Wie kann er das hinter meinen Rücken entscheiden?! Ich bin so kurz davor meine Selbstbeherrschung zu verlieren. Niemand wird mich von meinem Brüdern trennen!

Doch plötzlich lehnt er sich ganz entspannt zurück und sagt: „Nun denn. Sie sind ja noch nicht volljährig. Anscheinend wissen sie noch nicht, was gut für sie sind. Dabei dachte ich wirklich sie wären schlauer. Aber okay. Ich werde ihren Erziehungsberechtigten in die Schule bitten. Du kannst gehen."

Wütend renne ich aus dem Zimmer raus und knalle so laut es geht die Tür hinter mir zu. Blind vor Wut renne ich in den Pausenhof zu den Bäumen. Ohne Rücksicht hämmer ich meiner Faust in die harte Rinde. Und das immer und immer wieder. Der ist ein wildfremder Mann! Wie kann er sich einfach in mein Leben einmischen! Dem sollte man mal wieder eine scheuern! Es geht ihn einen Scheißdreck an, was ich mit meinem Leben anfange!

Langsam werden meine Schläge schwächer und schließlich  lasse ich mich verzweifelt am selben Baum herunter gleiten. Meine Arme legen sich über meine Knie und mein Kopf auf meine Arme ab. Warum muss alles so kompliziert sein? Warum muss sich immer jemand in mein Leben einmischen? Warum können mich nicht alle in Ruhe lassen? Warum musste Papa sterben? Warum? Warum kann ich mich noch an jeden Moment mit ihm klar erinnern? Eine kleine Träne verlässt mein Auge und fließt mir übers Gesicht. 

Das Blut, was meine zitternden Arme hinunter fließt und die Spreißel, die in meinen Händen stecken ignorierend, hole ich mein Handy aus meiner Hosentasche und rufe daheim an.

Ich will einfach nur mit den anderen nach Hause und mich in mein Bett legen. Dabei versuchen alles zu vergessen. 

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Meine Gedanken die ganze Zeit: "Lass ich das Kapitel heute, morgen oder doch erst am Sonntag rauskommen?"

Bis bald. 👋🏻

Lina Dream

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