4 ☾ SIE

Ich begebe mich auf die Suche nach einer Waschstelle und finde nichts hier in diesen Häuslichkeiten. Außer einem Eimer ... mit Wasser, was hoffentlich sauber ist. 

Nicht zimperlich sein. Mach es. Und so tunke ich zur Probe ein Stückchen Stoff meines Kleides in den Eimer. Es geht besser, aber was bleibt mir übrig? Wo bin ich hier nur gelandet? Schnell lasse ich meine Hände eintauchen und bespritze ebenso mein Gesicht. Dabei fällt mir eine Verhärtung um mein linkes Handgelenk auf. Hatte ich das schon immer? Ein Gefühl sagt mir Ja. Es scheint nichts Schlimmes zu sein. Nein, es ist sogar wunderschön. 

In Ordnung, das ist genug. Ich möchte mich beeilen, also reiße ich meinen Blick davon los. Obwohl mir alles andere als wohl dabei ist, gehe ich noch einmal in diesen Raum zurück. Tapsend nähere ich mich dem Schrank, öffne ihn und erblicke einige Kleidungsstücke. Ich befühle und begutachte sie. Sie sind gut, auch wenn nicht meinen ähnlich. Dann sehe ich etwas, was nach ... Ja, es ist ein Beutel. Leicht freudig klappe ich ihn auf und verstaue mit dennoch schlechten Gewissen ein paar wenige Kleidungsstücke hinein. Bekleidung für meine Füße wäre wirklich famos. Daher schaue ich mich noch einmal um und tatsächlich stehen in der Ecke des Raumes Schuhwerke, die meiner Größe entsprechen. Hier muss jemand meines Alters wohnen. Mit geschlossenen Augen schicke ich dieser Person meinen Dank. 

Dann nehme ich jedoch endlich Abschied von Frederiks Hütte sowie Fritzi, die mich dabei durchgehend – wie ich meine – traurig ansieht. 

Vor der Tür bemerke ich erst, wie falsch sich hier alles anfühlt. Mein Körper bebt. Meine Beine wollen nicht losschreiten. Mein Atem ist auf einem niedrigen Level. 

Was ist nur passiert? 
Wo muss ich hin? 
Wo bin ich? 

Erst mal weg, irgendwohin. Schlag irgendeinen Weg ein. So unsichtbar wie möglich, so leise wie du kannst. 

Meine Erinnerung kommt bestimmt wieder! Irgendwann. Du musst nur daran glauben! Und was, wenn nicht? Vielleicht ist das ja auch besser? Wie kann es besser sein, wenn ich nicht weiß, wie ich nach Hause kommen soll. 

Ich muss irgendwen fragen. Eventuell hilft mir jemand. Vielleicht weiß ja jemand Rat. 

Da ich weiß, von wo ich gestern kam, schlage ich die völlige entgegengesetzte Richtung ein. Dort möchte ich nicht zurück. Irgendetwas war da. Obwohl ...? Vielleicht sollte ich genau deswegen dort hingehen, um es herauszufinden? Um Antworten zu bekommen? 

Ich drehe wieder um und blicke in den Wald. Also doch? 

Oder ich setze meine Hoffnungen zunächst in neue Optionen und diese bewahre ich mir, wenn nichts anderes mehr möglich ist? 

Was würde mein Papi sagen? Lass deinen Bauch entscheiden. Das funktioniert momentan nicht so gut. Ich stehe nun an dieser Stelle und bewege mich weder in die eine noch in die andere Richtung. Da oder da? Entscheide dich. 

Plötzlich ertönt ein Geräusch, was mich erschreckt und in Bewegung treibt. Nach hinten, um mich hinter größeren dichteren Gebüschen versteckt halten zu können. Aus meinem sicheren Abstand sehe ich, wie mehrere Gestalten an die Hütte herangehen. Fritzi hat sich wohl auch erschrocken, denn sie bellt. Wie gestern. Hatte sie auch Angst vor mir? Bevor ich meine Gedanken weiter darüber ziehen lassen kann, wird meine Aufmerksamkeit von etwas anderem gefangen genommen. Einer der drei Männer kommt in meine Richtung. Unmittelbar halte ich meinen Atem an, hoffe inständig, dass er nicht noch näher an mich herannaht, dass ich unentdeckt bleibe. Doch gleichsam kann ich die Unterschiede zwischen ihm und Frederik ausmachen. Als wären sie aus unterschiedlichen Welten. Wer sind die bloß? Sie passen in das Bild nicht hinein. Ihre Kleidung ist dermaßen anders als die von Frederik. Sie heben sich dadurch deutlich hervor und fallen damit enorm auf. Ist das gewollt? Und etwas Gutes? Sollte ich mich ihnen offenbaren? Vielleicht können sie mir Unterstützung bieten. 

Der Mann dreht sich von mir weg, er wurde gerufen. Ich konnte den Namen nicht richtig hören. Etwas in der Art wie Ben oder Stan ... 

Jetzt oder nie! 

»Frederik scheint nicht da zu sein«, höre ich nun einen von ihnen sagen. 

»Aber der Köter ist doch da.« 

»Lasst uns einfach dort warten, bis er kommt«, wobei der, der als Erster geredet hatte, auf den Wald zeigt. 

»Gut und dann befragen wir ihn zu letzter Nacht.« 

Ihre Worte versetzen mir einen Stich nach dem nächsten. Köter ... Letzte Nacht ... Hat das etwas mit mir zu tun? Gut oder schlecht? In meinem Kopf ist alles so wirr. Ich beobachte sie, wie sie zum Wald schlendern. Meine Hände sind ganz feucht, mein Herz pocht wild und stark, dabei dränge ich mich automatisch weiter nach hinten durch die Büsche und dann muss ich wieder an Papis Worte denken. Niemanden vertrauen, den ich nicht kenne. Aber hier kenne ich überhaupt gar keinen. 

Etwas anderes zwingt mich noch weiter und tiefer nach hinten, eine Ahnung, die sich immer weiter nach vorne schleicht. Genauso tief, wie ich nach hinten gedrückt werde, wird diese Eingebung in mein Bewusstsein gedrängt, wo es mich nun quälend auslacht. Wieso bemerke ich erst jetzt, dass ich nicht einmal mehr weiß, wie sich mein Zuhause nennt ...? 

Wieso weiß ich nur, dass es nicht hier ist? 
Wofür entscheiden?
Mein Geist ist nicht fähig ... Mein Körper übernimmt. Während ich überlege, ob ich auf mich aufmerksam machen oder fliehen soll, befinde ich mich bereits in einer Drehung. 
Ein Blick hinter mir zeigt mir einen ganz anderen Weg an, den ich vorher nicht sah. 

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