24 ☾ SIE
Wundervoll. Ich bin ganz verzaubert von dieser Vorstellung, dass wir heute Besuch bekommen und ich daher von meiner Fessel ... nein ... von dem Bett befreit werde. Danke. Natürlich nicht! All das denke ich mir in der Vorstellung, es ihr – anstatt dabei in ihren Rücken zu starren – direkt ins widerliche Grinsegesicht sagen zu können mit einem extra ironischen Unterton. Und noch viel mehr. Ich bin aber auch froh, dass es so etwas wie Gedankenlesen nicht gibt. So trotte ich ihr einfach nach.
»Fia, jetzt könntest du auch auf die Toilette gehen.«
Stimmt. Ja! Ja! Neue Hoffnung keimt in mir auf. Ich blicke sie an und antworte mittels eines Schulterzuckens. Sie lächelt mir zu und deutet in eine Richtung, in der ich noch nicht war. Genau genommen war ich bisher nur in dem Fesselbett-Raum, dem großen Raum mit der Kochstelle und dem Tisch zum Essen. Sowie natürlich dem Eingangsbereich. Sie zeigt jetzt jedoch nicht in Richtung Tür, sondern zum anderen Gang, der aus dem großen Speiseraum hinausführt. Mit einem Blick versichere ich mich, dass es wirklich in Ordnung ist, wenn ich dorthin gehe, um mich dann vorsichtig dem Flur zu nähern. Kleine Schritte setze ich, weil ich Angst habe, dass sie mich bei jedem zurückrufen könnte. Oder schlimmer, dass es ein Trick ist und ich mit höherer Entfernung mehr Konsequenzen zu rechnen habe. Allmählich komme ich bei dem Gang an und sehe, dass es sowohl nach rechts als links geht. Daher drehe ich mich um und erschrecke.
»Da lang, gleich hinter der Tür. Und dann kommst du bitte mit sauberen Händen direkt zurück zum Kochen«, sagt Hilde in einem gelassenen Ton direkt bei mir stehend.
Anschleichen ist wirklich eine ihrer Fähigkeiten. Ich nicke und gehe auf die Tür zu und öffne sie. Ihre Beobachtung spüre ich auch noch jetzt – im gesamten Körper brennend nachziehen –, nach dem ich die Tür schnellstmöglich hinter mir wieder zugezogen habe. Meine Hände an diese gelegt, bilde ich mir ein, dass sie ganz nah auf der anderen Seite steht, ich sie und ihren Atem sogar spüren kann. Aber das ist sicherlich nur Einbildung. Ruhig atmen. Eine nach der anderen nehme ich meine Hände von der Tür und schaue mich in dem kleinen Raum um. Es gibt ein Fenster. Doch ... es hat lauter Gitterstäbe davor. Eins, zwei, drei ... Vier Stück. Wahrscheinlich aus dem gleichen Material wie das Teil an meinem Fuß. Ich ruckle daran. Die Aussicht sagt mir nichts. Keine anderen Häuser zu sehen, der See ebenso nicht. Als würde mich das Haus verhöhnen, geben die Stäbe hier genauso wenig nach, wie es auch schon die Fessel nicht tat. Ich lasse ab und widme mich wieder dem Raum. Zu jeder Seite kann ich ungefähr zwei Schritte machen. Eine Waschmöglichkeit und eine Toilette ist vorhanden. Hilde muss mehr Geld haben. Mehr als Frederik. Sie hat eine Toilette. Bei Frederik habe ich so etwas nicht entdecken können. Bei ihm habe ich nur diesen einen Eimer gefunden. Doch Hilde hat wirklich ein Badezimmer. Wieso ist das hier so unterschiedlich? Das ist doch ungerecht! Um nicht zu viel Zeit zu verlieren, betrachte ich noch einmal alles mit einem Schnellblick. Nichts, was mir hilfreich erscheint. Ergeben bringe ich meinen Toilettengang eilig hinter mich und wasche mir die Hände. Gerade als ich die Klinke runterdrücken möchte, fällt mir etwas auf dem Boden links davon auf. Es funkelt leicht. Im Bücken kann ich erkennen, dass es sich um ein sehr dünnes Stück von einem Metall handeln muss. Von was es mal abgefallen ist?! Keine Ahnung. Ich stecke es mir in die Kleidung rein und hoffe, dass es unbemerkt bleibt. Vielleicht wird es mir nützlich sein.
Darauf vorbereitet, dass Hilde eventuell sogar hinter der Tür lauert, drücke ich die Tür auf. Doch niemand steht dort. Ich puste erleichtert die Luft aus. Mit hibbeligen und hektischen Schritten bewege ich vom Badezimmer zurück zur Kochstelle. Etwa fünf Fußlängen entfernt bleibe ich stehen, da sie sich nicht umdreht und ich lieber auf Abstand auf Anordnungen warten möchte.
»Da bist du ja«, spricht sie nach weiteren mehreren verstrichenen Sekunden. »Komm her. Dieses Gemüse zu meiner Rechten schneidest du in Streifen und zwar in gleichgroße. Und dieses hier zu meiner Linken in gleichgroße Würfel. Verstanden?«
Während ich bereits nicke, fällt mir auf, dass ich nicht sie, sondern die beiden riesigen Gemüsehaufen angestarrt habe. Schnell korrigiere ich das und sehe in ihre amüsierten Augen. Zitternd warte ich ab, doch es folgt nichts. Es scheint, als wäre es schon Genugtuung für sie.
Sie überreicht mir die Schneideutensilien sowie Behältnisse und lässt mich dann alleine dort. Das wird ja ewig dauern.
Könnte ich es einfach wagen? Schnell zur Tür und weglaufen? Und wenn die Tür abgeschlossen ist und ich Schlimmeres an Strafe zu befürchten habe?
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