14 ☾ SIE
Nur noch ein kleiner Abhang liegt zwischen mir und dem unfassbar schönen schimmernden Gewässer. In Begleitung des Wiesenduftes steige ich diesen gekonnt mit zwei großen Schritten hinab. Überprüfend blicke ich zurück und stelle zufrieden fest, dass ich auch hier gut geschützt bin. Hm, ich kenne die Regeln dieser Region nicht. Mehr riskieren mag ich nicht noch zusätzlich. Also ziehe ich nur den Pullover sowie die Schuhe aus. Beides lege ich sorgfältig an den Rand neben meinen Beutel. Ein prickelnder Schauer überkommt mich, der mich auch jetzt noch begleitet, während ich vorfreudig auf das Wasser zu tapse. Kurz davor bleibe ich stehen und mit einem leisen Freudenschrei schreite in das Blaue hinein. Allmählich lasse ich mich umhüllen. Wunderbar. Gleichzeitig fühle ich, wie es unzählige Partikel von mir nimmt und ich leichter werde. Die Frische gibt mir so viel Energie, dass ich klar und frei durchatmen kann. Und doch ist das Wasser warm genug, sodass der Körper nicht erzittert wird.
Ich lasse mich auf dem Rücken treiben, genieße das Blaue komplett um mich herum. Oben und unten sowie zu meinen Seiten. Über mir der Himmel mit seiner Sonnenkraft, dessen Strahlen ich dankend aufnehme sowie ringsherum die sanfte Energie des Wassers. Ein Blick zur Seite lässt erahnen, dass ich an der anderen Seite gemütlich im Wasser am Ufer angelehnt liegen könnte. Ohne Körperanspannung. Mittels einer halben Rolle liege ich nun auf dem Bauch im Wasser und schwimme die kurze Distanz auf die andere Seite des Ufers. Es sieht wirklich einladend aus. Und das Beste ist, ich hatte recht. Gemütlich einladend und entspannt im Wasser liegen. Hinter mir den Abhang hoch, kann ich zwitschernde Vögel ausmachen. Sie unterhalten sich gerade. Vielleicht erzählen sie sich ebenso, dass es ein ungewöhnlich schöner Tag ist. Ja, das ist es. Mit meinen Füßen strample ich leicht im Wasser herum. Habe ich sie nun verschreckt? Auf einmal sehe ich den Schwarm der Vögel im hohen Bogen über mich hinweg auf die andere Seite fliegen. Sie scheinen aufgescheucht und hektisch aufgebrochen zu sein. Eine richtige Einheit bilden sie noch nicht und lassen sich auch schnell wieder nieder, als sie drüben angekommen sind.
»Nanu.«
Mindestens genauso aufgeschreckt reagiere ich nun und rutsche leicht vom Hang ab, was zur Folge hat, dass ich kurz den Halt verliere und ... untertauche. Unter Wasser bleiben kann ich nicht, da ich keine Luft mehr holen konnte. Japsend komme ich wieder an die Oberfläche, klatsche mit meinen Handflächen auf dem Wasser wild herum, um irgendwie wieder die Kontrolle über meinen Körper zu erhalten und drehe mich um.
»Habe ich dich etwa so doll erschreckt?«
Ich nicke nur, ich will mich nicht schon wieder bloßstellen müssen und hoffe, dass die Frau schnell wieder geht.
»Das wollte ich nicht. Tut mir leid.«
Sie schaut mich an, als würde sie auf eine Aussage meinerseits warten, doch den Gefallen tue ich ihr nicht. Besser gesagt, dieses Fiasko biete ich uns nicht.
»Mein Name ist Hilde. Und wie heißt du?«
Kann ich ihr diesen Namen nennen? Auch wenn es gar keiner ist? Frederik hielt ihn für einen Namen. Sie scheint mir mein Grübeln anzusehen.
»Ist schon in Ordnung.«
»Fia«, sage ich schnell.
»Ein hübscher und ungewöhnlicher Name.« Sie mustert mich noch ein wenig länger, aber nicht so wie die meisten anderen. Vielleicht mag sie mir ja helfen?
»Bist du denn ganz alleine?«, fragt sie und scheint ehrlich interessiert zu sein.
Als Antwort nicke ich wieder.
»Ich wohne nicht weit weg. Wenn du möchtest, kannst du mitkommen und dich dort ein wenig aufwärmen, etwas Kraft auftanken und auch mit zu Abend essen.«
Unschlüssig überlege ich hin und her. Auf der anderen Seite ist noch der Beutel mit meiner Flasche und meinem Gewand, daneben sind meine anderen Kleidungsstücke. Aber all das kann ich nicht kommunizieren. Einen Versuch kann ich ja wagen. Ich deute dorthin.
»Nein. Ich wohne hier auf dieser Seite«, ist ihre Antwort. Ja, so etwas hatte ich schon befürchtet.
Sie hält mir ihre Hand hin. Ohne groß nachzudenken, lege ich meine Hand hinein, woraufhin sie mich hinauszieht.
Sie lächelt mir verhalten zu und bedeutet mir mit einer Handbewegung die Richtung einzuschlagen, aus der sie wohl kam. Zunächst zurückblickend zu der Stelle, an der ungefähr meine anderen Habseligkeiten liegen, dann zu ihr aufschauend, entschließe ich mich den Pfad zu betreten. Nach nur ein paar Schritten gelangen wir bei dem einzigen Häuschen an, das hier steht. Sie hat recht, weit ist es nicht. Es sieht nicht so kaputt aus wie die anderen, die ich bisher gesehen habe. Von hier aus scheinen alle Fenster heile. Das Häuschen wirkt zwar klein, aber ordentlich. Eigentlich sieht nichts daran beschädigt aus. Die Frau – Hilde – geht an mir vorbei, öffnet das kleine Tor und winkt mich durch. Als wir vor der Tür stehen, dreht sie sich zu mir um.
»Sag mal, Fia. Wie alt bist du eigentlich?«
Kurz überlege ich, wie ich am besten antworten soll. Hoffentlich versteht sie es richtig ... Dann halte ich ihr links einen und rechts vier Finger hoch.
»Vierzehn Jahre alt also. Das ist ja noch sehr jung, um so allein herumzulaufen.«
Ja, mag sein, dass es so wirkt. Aber das habe ich mir nicht wirklich ausgesucht. Wieder einmal nicke ich bloß.
»Viel reden tust du nicht, hm?«
Auf mein erneutes zustimmendes Nicken muss sie grinsen.
»Das ist nicht schlimm. Na komm, lass uns reingehen.«
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